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One Hit Wonder - Die Schwierigkeit, es beim ›Töten‹ allen recht zu machen

SternengeflüsterOne Hit Wonder
Die Schwierigkeit, es beim ›Töten‹ allen recht zu machen

Lesern von Serien kann man es häufig nicht recht machen. Das Aussortieren bekannter Charaktere führt meist zu Entrüstungen. Das unrühmliche Ende Bruder Williams oder der Tod David Alyawarries, der das Potential, aber nicht die Chance hatte, sich zu entfalten; beide sind sie in diesem Zyklus verstorben. Bei Alyawarry dürfte der Tod endgültig sein, bei Bruder William gibt es nur geringe Hoffnungen auf eine Rückkehr. Die Begeisterung über die Tode hielt sich in Grenzen. Sternenfaust hat aber noch eine zweite Ressource für ›dramatische Tode‹: Die Jägerpiloten und die Marines.

In der originalen ›Star Trek‹-Serie starben regelmäßig Besatzungsmitglieder mit einem roten Hemd. Daher wurde im Forum der Serie schon einmal die Analogie mit den ›Redshirts‹ gezogen. Denn tatsächlich ist die Halbwertszeit von Jägerpiloten und Marines in der Serie recht gering.


Das ist logisch. Marines und Jägerpiloten werden auf einem Raumschiff schließlich nur dann benötigt, wenn man Feindberührung hat. Daher ist es verständlich, dass das Sterberisiko für diese beiden Berufsgruppen weitaus höher ist, als zum Beispiel für die Navigatorin der Sternenfaust. Das Problem ist jedoch, dass sich die Serie – vernünftigerweise – nicht auf anonyme Tode konzentriert. Szenen, in denen Dana Frost ein x-beliebiges Crewmitglied mit auf eine Außenmission nimmt, wo es kurz darauf durch einen Unfall, ein Alien oder irgendetwas anderes getötet wird, gibt es selten. Das ist gut so, schließlich sind solche Szenen recht unnötig. Sie zeigen zwar die Gefahr, die mit Weltraumreisen immer verbunden ist, bewegen den Leser aber nicht.

Die andere Seite ist jedoch auch unbefriedigend. Gerne werden in der Serie Piloten oder Marines eingeführt, die irgendein persönliches Problem haben, dem Leser angedient werden und dann auf den letzten Seiten entsorgt werden.

Überzeugend wirkte das in dem Roman „Der Maulwurf“. Da wurde eine überzeugende Gruppendynamik zwischen einer Marine-Abteilung geschildert. Zum Schluss sorgte ein Missverständnis dafür, dass die Gruppe auf einer Außenmission anfällig für telepatische Manipulationsversuche wurde. Kaum ein Marine überlebte.

Kampf um TorrentIm jüngsten Heft „Kampf um Torrent“ wurde wiederum ein Jägerpilot, der mit einem Trauma nach einem Kampf nicht richtig klarkommt, eingeführt. Die Schilderung seiner Probleme nimmt viel Platz in dem Roman ein, zum Schluss opfert er sich „heldenhaft“, um die Sternenfaust zu retten.

Nach solchen Geschichten fragt man sich in der Regel, wozu das Ganze? Wozu so viel Platz, so viele Bemühungen auf Charaktere zu „verschwenden“, die zum Schluss dann doch sterben? Denn ein Heft reicht dann doch nicht, um eine Bindung mit dem Charakter aufzubauen, die einen tatsächlich berühren würde. Stattdessen ärgert man sich vielmehr, dass der Platz nicht zum Beispiel dafür genutzt wurde, um die Nachkriegssituation auf Kridania zu beschreiben. Oder dafür, die Charaktere auf der „Sternenfaust“-Crew mehr in den Mittelpunkt zu rücken.

In zwei Punkten lohnt sich die Konzentration auf das „Fußvolk“ jedoch. Man verliert nicht aus den Augen, dass es so etwas wie eine „Basis“ auf der Sternenfaust gibt, die ganz andere Probleme hat, als die Brücken-Elite. Und in diesem Zyklus wurde auch viel Wert darauf gelegt, dass die Blindheit militärischer Institutionen für die Situation von Individuen gezeigt wird. In beiden erwähnten Beispielen gab es ein soziales Problem, das von den Vorgesetzten entweder nicht erkannt oder nicht ernst genommen wurde. Die sozialen Schwächen militärischer Organisationen auf einem Kriegsschiff zu beschreiben, ist eine nette Idee.

Es bleibt aber die Frage, wie man den einen „zufriedenstellenden“ Tod hinbekommt. Adric war für mich eine „gelungene“ Aussortierung. Er ist eigentlich ein schlechtes Beispiel, weil er eigentlich kein Mensch, sondern ein getarnter Orphane war. Doch ihn hat man vom ersten Band des Zyklus aufgebaut, ihm nicht zu viel Platz eingeräumt, sondern immer mal wieder in kleinen Szenen auftauchen lassen. Zum Schluss hatte sein Schicksal eine wichtige Rolle für den Ausgang des Zyklus und wirkte somit schlüssig.

Nebencharaktere eignen sich meist auch gut. Allerdings hat die Serie auf der Sternenfaust selbst nicht mehr besonders viele Nebencharaktere (solange man die nicht besonders häufig auftretenden Mitglieder der Hauptbesatzung der Sternenfaust nicht als Nebencharaktere zählt). Und Personen wie Danas Ex-Mann eignen sich zwar gut, aber halt auch nur einmal.

Abgrund des GeistesDieser Versuch kann aber auch schiefgehen. Im „Erdanaar-Zyklus“, in dem man die Serie personell quasi neu startete, konzentrierte sich die Charakterhandlung eine Weile fast ausschließlich auf die Jägerpilotin „Emma“. Nachdem man sie in der Zyklusmitte in „Abgrund des Geistes“ im Rahmen einer undurchsichtigen Telepathen-Handlung aus der Serie schrieb, wurde auf einmal deutlich, dass neben ihr charakterlich nicht viel passiert war. So war nicht nur ihr Tod spannungsmäßig eher misslungen, sondern man ärgerte sich auch noch über den bisherigen Verlauf des Zyklus.

Es ist manchmal nötig, dass Charaktere sterben. Sei es, um die ganze Menschheit zu retten oder einfach nur, um die Sternenfaust zur Flucht zu verhelfen. Die Schwierigkeit besteht darin, Personen zu finden, die über das Attribut „Material“ hinausgehen. Dabei steht einer Serie wie „Sternenfaust“ aber nur ein begrenzter Pool an etablierten Charakteren zur Verfügung, von denen einige den Lesern auch so ans Herz gewachsen sind, dass jede Todesart für Unmut sorgen wird. Daher bleibt meist halt nur die Option, auf bisher unbekannte Piloten und Marines zurückzugreifen, um eine deutliche Prise Gefahr zu vermitteln. Bei den meisten „Ein-Heft-Opfern“ kommt jedoch das Gefühl auf, dass eine Alternative klüger gewesen wäre. Schließlich muss ernste Gefahr nicht immer mit einem Toten verdeutlicht werden. Betroffenheit kann sicherlich auch noch auf andere Art und Weise erzeugt werden.

Kommentare  

#1 immer mal wieder 2011-05-31 12:00
Zitat:
Überzeugend wirkte das in dem Roman ?Der Maulwurf?.
Ich fand das völlig überzogen. Jeder Marine wusste, dass es sich um eine Simulation handelt! Dafür brennt man keinem Kumpel was auf den ?Ar***?. Gruppendynamik hin oder her.
#2 mDiS 2011-05-31 20:04
Das fand ich nicht.

In meinen Augen zeigte der Roman, woran das dogmatische Festhalten in hierarchischen Strukturen an eigentlich dehnbaren Werten wie "Ehre", "Loyalität" und "Kameradschaft" führen können. Glaubt die Mehrheit der Gruppe, einer dieser Werte wurde verletzt, kann durch aus das passieren, was in "Der Maulwurf" geschildert wurde.

Außerdem bedarf es in fast jeder Gruppe einer Art "Sündenbock". Daher bildet sich auch in fast jeder Gruppe eine sanfte oder starke Art von Mobbing heraus. Dabei ist es dann egal, was das "Opfer" getan hat, hauptsache es lässt sich daruf rumhacken, damit sich der Rest besser fühlt.

In solchen Fällen kommt es dann darauf an, dass es Institutionen oder neutrale Personen gibt, die solche vorgegebenen Gruppen bewachen. Und in dieser Tätigkeit scheiterte sowohl der Chef der Marines, als auch (wobei es sich hier nicht um einen Mobbing-Fall handelte!) der Chef der Jäger.

Soziale Kompetenz wird im Schlachtfeld vieleicht nicht gebraucht, für ein "menschliches" Heer wäre sie aber angebracht. "Sternenfaust" zeigt, dass ein Weg dazu, auch in der Zukunft noch nicht gefunden ist.
#3 immer mal wieder 2011-06-01 13:45
Schade, dass der Artikel vor dem aktuellen Heft (165) rausgekommen ist. Passt auch in das Schema, auch wenn in einer "abgewandelten" Form.

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