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Charaktere statt Action

Perry, Action und ich - Mein Rhodan-TagebuchCharaktere statt Action
PRA lässt die Waffen ruhen – zumindest über weite Strecken

Erinnert ihr euch noch an den zweiten Band des »Demetria-Zyklus«? Bestimmt, ist das doch ein Roman gewesen, den man nur schwer wieder vergessen kann (nicht, dass man das wirklich möchte). »Sturm der Kriegsandroiden« hieß er, und als Autor zeichnete sich niemand anderer als der PRA Exposéautor Christian Montillon höchstpersönlich verantwortlich.

Was den Roman so unvergesslich macht, war die geballte Ladung Action, die dem Leser geboten wurde. Rhodan und Co stolperten von einer Schießerei in die nächste. Zeit zum Luftholen blieb keine; kaum war der eine Gegner ausgeschaltet, schon war der nächste Feind heran und nahm die Helden unter Beschuss.
Feuergefechte nonstop, Zerstörung, wohin man auch sah, explodierende und verschmorende Roboter, deren Überreste die Straßen von Trafalgar City pflasterten – man kam sich vor wie in einem Ego-Shooter. Man mag dazu nun stehen, wie man will, mir jedenfalls hat Christians Roman äußerst gut gefallen. Er hat genau das gehalten, was der Serientitel ankündigt: Action, Action, Action.

Dass PRA dieses Actionlevel nicht durchgehend halten würde, war abzusehen. Dass es dann aber einen Roman geben würde, in dem die Actionszenen allenfalls eine Nebenrolle spielen, hat mich dann doch ein wenig überrascht. Die Rede ist von »Die Plasma-Pendlerin«, dem 14. Band der einst als Miniserie geplanten Reihe.

Wenn Charaktere im Vordergrund stehen

Es wäre gelogen, würde ich erzählen, dass man beim Lesen von »Die Plasma-Pendlerin« vollständig auf Action verzichten müsste. Anders als noch im Auftaktband der zweiten Staffel wird schon zu Beginn des Romans auf Rhodan geschossen, ganz so, wie man es von den Heften des »Demetria-Zyklus« her gewohnt ist. Im Verlauf der Handlung treffen Rhodan und Tanisha immer wieder auf Posbis, die ihnen an die Gurgel wollen und die sie nur mit Waffengewalt aufhalten können.

Im Ganzen gesehen machen solche Szenen jedoch nur einen, ich will nicht sagen verschwinden geringen, aber dennoch recht unbedeutenden Teil der Story aus. Statt ein Actionfeuerwerk sondergleichen zu zünden, wie es Christian Montillon getan hat, befasst sich Marc A, Herren mit einem ganz anderen Aspekt der Geschichte, nämlich mit den Charakteren.

Achtung: Die folgenden Passagen enthalten eine Menge Spoiler zur Handlung des 14. PRA-Romans. Wer sich die Spannung also nicht nehmen lassen möchte, der sollte zunächst das Heft lesen und erst dann den Rest dieses Beitrags.

Da wären zunächst einmal Perry Rhodan und Tanisha Khabir zu nennen, die gemeinsam an Bord des Posbi-Raumers sind. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, das Raumschiff kampfunfähig zu machen bzw. herauszufinden, warum die Posbis auf einmal als Aggressoren auftreten, haben der Großadministrator und die Mutantin viel Zeit, sich miteinander vertraut zu machen und mehr über den anderen, aber auch über das eigene Innenleben, herauszufinden. So kommt es, dass Tanisha sich als starkes Mädchen erweist, das ein für sein Alter enormes Verständnis an den Tag legt. Andererseits zeigt sich auch, dass sie im Grund genommen nichts weiter als ein kleines Mädchen ist, das nie eine wirkliche Kindheit hatte und das gezeichnet ist von den schrecklichen Erfahrungen, die es auf Tarkalon hat machen müssen.

Was den Großadministrator anbelangt: Der sonst so selbstsichere, überlegen wirkende Rhodan, der scheinbar in jeder Situation genau weiß, was zu tun ist, zeigt, dass auch er nichts weiter ist als ein Mensch wie jeder andere, ein Individuum mit Gefühlen, das durchaus Fehler machen kann, deren Auswirkungen ihn so schnell nicht wieder loslassen. Besonders deutlich wird dies in den Szenen, in denen Tanisha wütend auf ihn ist und er nicht weiß, wie er sich verhalten soll, sowie in den Sequenzen, die von Rhodans Sohn Thomas berichten, bei dem der unsterbliche Terraner als Vater anscheinend vollkommen versagt hat.

Und dann ist da noch Paulie Dangerfield, ein ehemaliger Soldat und jetziger Ausbilder, der kurz vor seiner Pensionierung steht. Als die Posbis Tarkalon angreifen, wird das Raumschiff, auf dem er stationiert ist, vernichtet. Paulie selbst ist der Einzige, der dem Sperrfeuer entkommen und an Bord einer Rettungskapsel flüchten kann. Verloren in den unendlichen Weiten des Weltraums, eingesperrt nur mit sich und seinen Gedanken, hadert er mit seinem Schicksal und verflucht die Ungerechtigkeit des Lebens. Dass Paulie der Erste ist, der den geheimnisvollen Kristallmond zu Angesicht bekommt, welcher namensgebend ist für die zweite Staffel PRA, wird dabei fast zur Nebensache.

Es wäre falsch nun anzunehmen, dass sich Herren ausschließlich auf die drei genannten Personen und ihre Charaktere konzentriert. Handlungsmäßig geschieht nämlich so einiges in diesem Beitrag zu PRA, angefangen bei dem Versuch Rhodans, die Posbis zu stoppen, bis hin zur Entdeckung des kranken Plasmas, das dafür sorgt, dass die Posbis durchdrehen. Doch zweierlei muss man klipp und klar festhalten: Der Schwerpunkt des Romans liegt eindeutig auf den Figuren und ihrem Innenleben, und die Action kommt in diesem Roman deutlich kürzer als in allen vorangegangenen Romanen.

Plasma-Pendeln
Weniger Action – ein Trend in der zweiten Staffel? Keine Ahnung. Um solche Aussagen treffen zu können, ist es noch zu früh. Es ist aber auffällig, dass mit Tanisha Khabir zum ersten Mal eine Mutantin im Mittelpunkt der Handlung steht, die über eine defensive, in der direkten Konfrontation wenig effektive Gabe verfügt: Das Plasma-Pendeln.

Ich höre schon die ersten Einwände. Tanisha kann doch teleportieren, mit gewissen Einschränkungen zwar, aber immerhin. Stimmt, das will ich ihr auch gar nicht in Abrede stellen. Fakt ist aber, dass die Gabe, die die Mutantin eigentlich ausmacht, jene des Plasma-Pendelns zu sein scheint.

Doch was ist das überhaupt, dieses „Plasma-Pendeln“? Soweit ich das verstanden habe, handelt es sich hierbei um die Fähigkeit Plasma, wie es etwa Teil der Posbi-Organismen ist, geistig zu durchdringen, ähnlich wie es Telepathen mit organischen Gehirnen zu tun vermögen. Plasma-Pendler können dann mit dem Bewusstsein des Plasmas in Kontakt treten und krankhafte Stellen und feindliche Einflüsse erkennen, die diese organische Substanz angreifen und schädigen. Mehr noch, es ist Plasma-Pendlern sogar möglich, das Plasma von diesen Einwirkungen zu befreien, sprich es zu heilen.

Tanisha verfügt also über eine, wie ich zugeben muss, äußerst originelle Gabe, wie sie mir in dieser Art noch nicht untergekommen ist. Hut ab vor den Machern von PRA: Ideen haben sie. Dennoch bleibt festzuhalten: Tanishas Fähigkeit ist, wie es im Moment aussieht, eine, die vor allem der Heilung und (vielleicht) auch der Kommunikation dient. Mit der Fähigkeit, Atome zu spalten, Dinge per Gedankenbefehl zu bewegen oder durch Wände zu sehen und so den Gegner auszuspionieren (alles Mutantenfähigkeiten, die verschiedene Akteure aus der ersten Staffel PRA besessen haben), hat dies recht wenig zu tun, eignen sich diese doch deutlich besser für Attacken auf Kontrahenten und feindlich erscheinende Subjekte.


Weniger Action in Staffel 2?
Schon der Auftakt zum »Kristallmond-Zyklus« verlief deutlich ruhiger als der Beginn des Handlungsbogens um Demetria und die Regenten der Energie. Nun ist auch der Folgeband, was die Action anbelangt, recht unspektakulär verlaufen, und die Fähigkeit des Plasma-Pendelns, die im neusten Band der Reihe vorgestellt wurde, scheint wenig dazu geeignet zu sein, im Kampf Mann gegen Mann für spannende Kampfsequenzen zu sorgen. Heißt das nun, dass sich Fans in Staffel zwei auf weniger Action einstellen müssen?

Wie schon gesagt: Ich weiß es nicht. Was ich bisher lesen durfte, legt diesen Schluss allerdings nahe.

Was bedeutet das nun?

Zuerst mal: Ob es wieder ein Actionfeuerwerk wie in Staffel eins gibt, ist fraglich. Nicht unmöglich, aber im Moment erscheint es mir doch ziemlich unwahrscheinlich.

Weiterhin: Weniger Action heißt nicht gar keine Action. Nur weil es in einem Band mal etwas gemäßigter zugegangen ist und weil nicht gleich drei Dutzend Raumschiffe auf anderthalb Seiten in die Luft geflogen sind, heißt das noch lange nicht, dass man in Zukunft fast komplett auf Action verzichten muss. Dramatische Schusswechsel gab es schließlich auch in diesem Roman, und ich bin mir sicher, dass uns in Zukunft noch so manch Atem beraubende Actionszene bevorsteht. Nicht umsonst werden die Macher ihre Serie »Perry Rhodan Action« genannt haben. Eine völlige Abwendung von diesem Konzept kann ich mir daher nicht vorstellen.

Und schließlich: Ist es denn wirklich schlimm, wenn die Action ein wenig zurückgeschraubt und statt dessen den Charakteren etwas mehr Platz eingeräumt wird? Nicht zwangsläufig, meine ich. Denn auch wenn mir in »Die Plasma-Pendlerin« die Action ein klein wenig gefehlt hat, so hat mir der Roman dennoch enorm gut gefallen, und ich habe mich bei der Lektüre bestens unterhalten. Gut, etwas „bleihaltiger“ hätte es schon zugehen können, aber wenn die zweite Staffel PRA ruhiger daherkommt als die erste, dann werde ich auch damit leben können, besonders dann, wenn

a) die Romane auch weiterhin das Niveau der ersten beiden Bände besitzen und
b) es auch in Zukunft immer mal wieder ordentlich hektisch wird und heiß her geht.

Und  wer weiß? Vielleicht ist das, was uns bisher geboten wurde, nur die Ruhe vor dem Sturm...? Den Machern von PRA würde ich alles zutrauen – ganz besonders Christian Montillon. Wer einmal ein solches Actionfeuerwerk zündet wie er es zu Beginn der Serie tat, der ist bestimmt gerne bereit, es noch mal zu tun...

So viel dazu. Was meint ihr zu diesem Thema? Wird die zweite Staffel PRA weniger actionreich? Und wenn ja, ist das gut oder schlecht? Schreibt eure Meinungen, ich bin gespannt, was ihr zum bisherigen Verlauf des »Kristallmond-Zyklus« zu sagen habt.

Ansonsten bis in zwei Wochen, wenn erneut Achim Mehnert mit


Trabant der Opulu
Perry Rhodan Action 15 Trabant der Opulu
das Steuer übernehmen darf.

Kommentare  

#1 Holzi 2008-10-06 23:36
Hab ihn soeben durch. Der Roman hat mir außerordentlich gut gefallen, ich bin auch der Ansicht, dass durchaus reichlich Action vorhanden war. Ich hatte nach dem Auftaktband schon etwas Sorge. Die Action in diesem Band ist deutlich subtiler als in den Openern der ersten Staffel, aber dennoch nicht weniger unterhaltsam.

Beschreibungen und Stil von Marc A. Herren gefallen mir außerordentlich gut. Auch hier zeigt er sich wieder als einfühlsamer Beschreiber von Charakteren, einen Perry der dermaßen "zum Anfassen" war ohne jedoch zum Weichei zu werden hatten wir schon ewig nicht mehr. (Wenn wir ihn überhaupt je hatten.) Ganz grosses Lob an dieser Stelle dafür!

Paulie war vielleicht ein klein wenig dick aufgetragen (und sein deus ex machina als getarnter Posbi möglicherweise etwas unglaubwürdig) aber das tut einem allgemein prima Roman keinen Abbruch.

Marc A. Herren for Taschenbuch! :lol:
#2 Gabriel Adams 2008-10-07 15:53
@Holzi

Was die Qualität des Romans angeht, kann ich dir hundertprozentig zustimmen. Das Heft ist sehr unterhaltsam. Für den Fall einer dritten Staffel (wogegen ich nichts einzuwenden hätte) ist zu hoffen, dass Marc auch wieder mit von der Partie ist.
#3 Marc A. Herren 2008-10-20 21:16
zitiere Holzi:
Hab ihn soeben durch. Der Roman hat mir außerordentlich gut gefallen, ich bin auch der Ansicht, dass durchaus reichlich Action vorhanden war. Ich hatte nach dem Auftaktband schon etwas Sorge. Die Action in diesem Band ist deutlich subtiler als in den Openern der ersten Staffel, aber dennoch nicht weniger unterhaltsam.

Beschreibungen und Stil von Marc A. Herren gefallen mir außerordentlich gut. Auch hier zeigt er sich wieder als einfühlsamer Beschreiber von Charakteren, einen Perry der dermaßen "zum Anfassen" war ohne jedoch zum Weichei zu werden hatten wir schon ewig nicht mehr. (Wenn wir ihn überhaupt je hatten.) Ganz grosses Lob an dieser Stelle dafür!

Herzlichen Dank! Dieses Lob hat mich ganz besonders gefreut. Wie ich festgestellt habe, gibt es gerade bei PRA zwei extrem unterschiedliche Erwartungshaltungen, was die Action anbelangt. Spagate sind dementsprechend schwierig. ;-)
zitiere Holzi:

Paulie war vielleicht ein klein wenig dick aufgetragen (und sein deus ex machina als getarnter Posbi möglicherweise etwas unglaubwürdig) aber das tut einem allgemein prima Roman keinen Abbruch.

Fair enough. Möglicherweise hast du sogar recht. ;-) ;-)
zitiere Holzi:

Marc A. Herren for Taschenbuch! :lol:

:-*

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