DOUGLAS „DOUG“ DARKEST 1: ERBE DER SCHATTENGÖTTER
DOUGLAS „DOUG“ DARKEST:
ERBE DER SCHATTENGÖTTER
Presswindböen ließen ihr schockgrünes T-Shirt mit dem Aufdruck I don`t hate Zombies, I just love killing them! flattern und sorgten dafür, dass sie kurz fröstelte und ihre Brustwarzen hart wurden.
Du Biest! durchfuhr es sie.
Du sollst doch keine fremden Männer auf dumme Gedanken bringen, dachte sie. Du weißt, was dann regelmäßig passiert.
Aber da öffnete sie bereits die Beifahrertür des Jeeps und glitt lächelnd hinein, ihren kleinen schwarzen Rucksack schlagbereit in der Rechten. Sicherheitshalber.
Seit sie mit Doug zusammen war, hatte sie gelernt, misstrauisch zu sein. Nicht nur seiner Macken wegen.
Klar, sie hätte den Reißverschluss der Lederjacke immer noch züchtig hochziehen können.
Aber sie war auch immer noch ein bisschen sauer auf Doug im Allgemeinen und seine besonderen Fähigkeiten im Besonderen.
Ihr schottischer Kontaktmann winkte noch immer, als Carmina es sich bereits auf dem Ledersitz neben ihm gemütlich machte, die langen Beine ausstreckte und sich angurtete. Wobei er das Winken einstellte und ihr stattdessen fürsorglich behilflich war.
„Willkommen im schottischen Niemandsland, Miss …!“
„Cate“, schwindelte sie, mit zuckersüßer Stimme. „Nur Cate, für Sie.“
Er strahlte übers ganze Gesicht. „Nett. Danke, schöne Frau.“
Carmina strahlte auch ihn an, und brachte es außerdem noch fertig, ihn zu taxieren, während er gegen das Lärmen des hinter ihr bereits wieder hochschwirrenden BND-Helis anbrüllte.
„Und? Cate? Hatten Sie einen guten Flug?“
Carmina hatte vor allem die Nase voll davon, dass ein gewisser Douglas „Doug“ Darkest sie schon wieder versetzt hatte, weil es mal wieder wichtiger war, sich undercover in eine supergeheime Männertruppe einzuschleichen … und mit diesem Kommandounternehmen dann auch noch loszuziehen. Weil er ja überall und nirgends gleichzeitig die Welt retten musste.
Angeblich!
„Ich bin Rory. Auch einfach nur Rory, für Sie“, stellte ihr Kontaktmann sich vor, als sie in Gedanken versunken beharrlich schwieg. Sie fand ihn auf Anhieb zwar süß und sympathisch mit seiner Unsicherheit. Irgendwie aber auch … unpassend.
Irgendwie nicht echt.
Es wäre ihr lieber gewesen, wenn ein Profi wie Doug und kein Chauffeur des Highland sie abgeholt hätte. Und das nicht ausgerechnet in einem so superauffälligen Jeep.
Schließlich wurde sie immer noch gesucht.
„Meinen Familiennamen könnten Sie vermutlich auch beim besten Willen nicht aussprechen“, fügte er gerade noch ein bisschen verspätet hinzu.
Fast ein bisschen zu gönnerhaft, wie Carmina fand.
Trotz seines buschigen Schnauzbarts sah Rory jünger aus als er war, vor allem, wenn er so breit grinste, wie jetzt; außerdem roch er gut.
„Schätze, da haben Sie recht. Wo Rory allein doch schon die anglizierte Form des traditionellen gälischen Namens Ruaidhri ist – des Namens des letzten irischen Königs …“
Er lachte laut auf. „Ertappt! Und das auf schottischem Territorium. Verraten Sie mich bloß nicht!“
„Na, mal sehen“, erwiderte Carmina und strich sich die langen, rabenschwarzen Haare hinter das linke Ohr zurück. „Und nur, damit wir auch das gleich klargestellt haben: Ich bin nicht so gut darin, mich mit Anderen zu unterhalten. Vor allem zur Zeit nicht. Ich bin sauer auf einen Kerl, der fast so nett ist wie Sie, und das schon seit dem Start meines Fliegers in New York City. Also, so lange schon bin ich sauer. Nett ist er natürlich schon länger.“
„Das kostet Sie viel Lebensenergie, dieses zornig sein“, diagnostizierte Rory und schenkte ihr ein treuherziges Zwinkern.
Diesmal musste Carmina laut auflachen. „Eher dieser eine spezielle Kerl kostet mich das.“
„Na, wenn er`s insgesamt wert ist –“
„Sorry, aber könnten wir das Thema bitte wechseln und beide still sein? Wenn ich sauer bin, habe ich … na ja, einfach gewisse Kommunikations-Defizite. Und ich möchte Ihnen nicht weh tun.“
„Sie? Mir?“
„Ja. Ich glaube schon.“ Carmina senkte den Blick auf ihren Rucksack. Der weiterhin auf ihrem Schoß lag.
Rory drückte die Brust raus. „Dabei sehen Sie aber verdammt hinreißend aus, wenn sie sauer sind. Wenn ich das noch kurz anmerken darf, bevor ich mucksmäuschenstill bin.“
„Vielen Dank … Rory.“
Dieses Mal hatte sie nicht geschwindelt. Das mit dem Kommunikations-Defizit stimmte … Im Grunde hatte sie dieses Defizit allen Menschen gegenüber. Und nicht nur, wenn Doug mal wieder spurlos verschwunden war.
Die Kommunikationsdefizit-Sache hatte ihren Grund. Allerdings sprach sie darüber nie, nicht mal mit ihrem Dauerverlobten. Monster, Geheimlaboratorien und Übersinnliches als Smalltalk-Themen waren nicht jedermanns Sache. Und die von Chauffeur Rory definitiv wohl sowieso nicht.
Obwohl Schottland ja zumindest Nessie hatte.
Rory gab Gas. Kommentarlos.
Gleichzeitig bemerkte sie, wohin genau er starrte. Mit einem energischen Ruck schloss sie ihre Lederjacke jetzt doch noch, was nicht unkompliziert war, wenn man sich bereits angegurtet hatte.
Rory tat, als bemerke er gar nicht, wie sie sich verrenkte und herum zappelte.
„Sie wirken plötzlich ein bisschen … äh – nervös“, sagte er schließlich ein wenig unsicher, weil ertappt, während sie sich wieder gemütlicher zurechtsetzte.
„Aber … äh … nur, weil Sie sich nicht auf`s Fahren konzentrieren.“ Carmina rückte die Schultern vielsagend ein wenig Marke Supermodel nach hinten.
Sein Oberlippenbart sträubte sich minimal. „Ach, das! Nein! Sie missverstehen! Ich versuchte nur die ganze Zeit, diese Aufschrift auf Ihrem Shirt zu entziffern“, versicherte er hastig und ein wenig heiser.
„Ich hasse Zombies nicht, ich lieb`s nur, sie wegzuballern, steht da“, half Carmina aus. „Ich bin ein Fan. Zombie, George A. Romero, Sie verstehen? Dawn of the Dead? Die müssten hier in Europa doch auch längst im Kino angelaufen sein.“
„Keine Ahnung. Ich bin seit 1968 Kubrick-Fan, seit ich 2001 – A Space Odyssey gesehen habe“, gestand er und grinste schief.
„Na, dann!“ Carmina grinste auch schief.
„Amando de Ossorios Die Nacht der Reitenden Leichen …“
„Und?“
„Dieser Film … der war`s. Der hat mich in diesem meinem Urteil schwer bestätigt. Und natürlich das ganze Tamtam um das Ungeheuer von Loch Ness.“
„Das will ich übrigens nach Möglichkeit auch noch fotografieren! Ich hab mir da so eine kleine Zug-Reiseroute zusammenstellen lassen –“
Carmina Carlaccos brach abrupt ab. Wenn sie in Phasen wie der derzeitigen war, mochte sie es auch nicht, wenn sie selbst zu viel ausplauderte.
„Äh … aber apropos Zombies. John Landis` Musikvideo, 1983, zu Michael Jacksons Thriller … diese tanzenden Zombies … Also, die fand ich dann wieder gut“, schob Rory eifrig nach. Obwohl er ja eigentlich mucksmäuschenstill sein wollte.
Männer, dachte Carmina. Aber sie spürte, dass sie nicht mehr ganz so stinksauer war wie in New York, beim Einchecken auf dem John F. Kennedy International Airport.
Also nickte sie diesmal nur, weil sie eh schon viel zu viel geredet hatte. Jedenfalls für ihre Verhältnisse.
Rory räusperte sich. „Das mit dem Zombie-Spruch und allem war ein amerikanischer Gag, zur Auflockerung des Kennenlern-Klimas …
Stimmt`s? Ah, ich verstehe, Cate. Ihr Amerikaner. Immer witzig. Wirklich, wirklich witzig!“, stieß er erleichtert heraus. „Ich wollte wirklich nicht … Die Lichtverhältnisse …“
Als Carmina gar nicht mehr darauf reagierte, fuhr er tatsächlich konzentrierter und zog den Jeep in Kurven, die man eigentlich nicht auf nur zwei Reifen schlingernd hätte schneiden sollen. Prompt würgte er den Motor beim Schalten ab. Der Wagen stand wieder auf allen vier Breitreifen. Rory startete ihn. Und würgte den Motor gleich noch einmal ab. Weil er im gleichen Moment sah, dass ihm ein schattenhafter Rolls mit aufgeblendeten Lichtern entgegen geschossen kam.
Geisterhaft lautlos.
„Scheiße!“, schrie Rory.
In letzter Sekunde startete er den Jeep doch noch so blitzartig, schaltete hoch und zog ihn mit aufjaulendem Motor nach links und bretterte in einen Hang hinab, wie Carmina das nun eher von einem Stunt-Driver erwartet hätte.
„Scheiße!“, stieß Rory noch einmal heraus, inbrünstig „Und das passiert ausgerechnet mir. Also nicht das … äh … auf Ihre Brüste glotzen, die übrigens sehr wohlgeformt und schön und zum Glück zwar beachtlich genug, aber Gottlob keine solchen geschmacklosen Airbags sind, wie manche Ladies sie heutzutage mit sich herumschleppen, sondern … Ach, Sie wissen schon. Das mit dem Motor abwürgen. Womit bewiesen wäre, wie dämlich alle Polen-Witze sind. Wir Iren haben es mit Kraftfahrzeugen aller Art auch nicht so. Tut mir leid, ich rede wirklich zu viel.“
„Wie gesagt, Rory, ich bin eh sauer. Aber … ja! Tun Sie.“
Carmina ließ es betont dienstlich klingen und räusperte sich. „Aber Kubricks 2001 mag ich auch.“
Vielleicht, fügte sie in Gedanken hinzu, weil ich mir manchmal selber wie der durch den Weltraum davon schwebende Schwarze Monolith vorkomme.
Rory atmete sichtlich auf und lachte. „Unsere erste Gemeinsamkeit! Freut mich. Normalerweise kommen Horror- und SF-Freaks nicht so gut klar miteinander.“
„Normalerweise kommen Menschen allgemein nicht gut klar miteinander, und mit Monstren erst recht nicht“, flüsterte Carmina. Eigentlich wollte sie das Thema wechseln, bevor das hier in eine Grundsatzdiskussion ausartete.
Eigentlich.
Plötzlich jedoch explodierte die Welt ringsum in einer grau- schwarzen Stichflamme!
****
„Okay, Jungs“, sagte die bildschöne Xenja Janova mit hinreißendem, kaum wahrnehmbarem russischen Akzent und einem Lächeln speziell für Douglas „Doug“ Darkest, für das andere Männer gewiss bereit gewesen wären, zu töten … und zwar jeden und jederzeit. „Operation Infiltration Omega läuft, und zwar … Ab genau jetzt! – Sauerstoffmasken aufsetzen, tief und gleichmäßig atmen. Auch du, Fjodor, mein Lieber …“
„Aye, Professorin!“, antworteten die Männer des geheimen Einsatzkommandos rings um Doug wie ein Mann.
„Sehr gut, meine Höllenhunde!“, lobte die Janova. „Sehr gut, Fjodor!“
Fjodor, das war diesmal sein Tarnname. Und die Professorin sprach ihn so betont aus, als wüsste sie verdammt genau, dass es eben nur das war: ein Tarnname.
Doug fluchte lautlos in sich hinein und hielt Xenjas Blick stand.
Ihr Lächeln wurde intensiver, perfekte Zähne schimmerten im Halbdunkel des H34-Kampfhubschrauber-Frachtraums. „Und jetzt … Denkt an was Schönes. An einen Moment in eurem Leben, in dem ihr so richtig durch und durch voller HASS und Aggressionen gewesen seid – und euch zugleich ab-so-lut hilflos gefühlt habt.
Ja, meine geliebte Höllenmeute … seid wütend und denkt an was Schönes, aber vor allem …an blutige Fleischfetzen!“
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Carmina „Cate“ Carlaccos spürte einen Stich in der linken Armvene und erwachte mit einem unwilligen Schnauben und geballten Fäusten.
Nur kurz erkannte sie ringsum noch das pulsierende Halbdunkel eines Zugabteils.
Eines Zugabteils?
Dann war es vorbei.
Ihre Augäpfel drehten sich nach oben.
Sie spürte einen sengenden Blick über ihren rassigen Körper gleiten, und, dass jemand … oder etwas sich tief über sie beugte, und gierig oder hungrig in ihr Gesicht atmete ... und ihre Brüste berührte.
„Wenn du das bist, Rory, lass das lieber, Freundchen“, stieß sie hervor, „ich bin nämlich mittlerweile noch viel schlecht gelaunt.“
So schnell verrauchte ihr Zorn sowieso nicht, wenn Doug ihn erst mal entfacht hatte.
Sie bekam keine Antwort.
Aber – ihre Warnung war ohnehin nur als animalisches Zischen zu hören gewesen.
Sie war wie gelähmt. Es gelang ihr nicht einmal, die Augen zu öffnen. Und es schien, als gebe es nur noch dieses Zugabteil.
Und ihren Feind.
Sie dachte: Vielleicht ist es besser so. Vielleicht haben sie mich endlich doch aufgespürt … Wenn, dann werden sie sich vergewissern, dass sie sich die Richtige geschnappt haben. Dann bringen sie mich erst zurück, wenn sie sich sicher sind.
Dann hab ich noch eine zweite Chance.
Erst viel später dachte sie wieder an die Laboratorien, aus denen sie damals, splitternackt und bluttriefend, abgehauen war.
Und von denen Douglas Darkest niemals etwas erfahren durfte.
Um keinen Preis der Welt.
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„Blutige Fleischfetzen, aye, Professorin!“, wiederholte auch Doug alias Flodor und nickte, während er dem Vibrieren der Turbinen des alten H-34-Kampfhubschraubers nachspürte. Als er den Blick wieder hob, war Xenja Janova bereits wieder im Cockpit verschwunden.
Wäre das harte, stählerne KLACK nicht gewesen, mit dem das schwere Schott einrastete – man hätte die Janova für eine Geistererscheinung halten können. Unwillkürlich verglich Doug sie mit Carmina, die mit ihrem Höllenfeuer-Frust in NYC zurückgeblieben war.
„Geheimnisvoll wie eh und je“, murmelte der Söldner spöttisch, der neben ihm saß.
Alonso Ibarra Gutiérrez nannte er sich.
Doug zwinkerte dem Hünen mit dem kahl geschorenen Kopf und dem gepflegten Vollbart zu.
„Scharfer Bart, scharfe Zöpfchen, Mann.“
„Gefiel schon meiner Mama“, brummte Alonso gutmütig.
„Alonso, sie hatte Geschmack, deine Mama, sie wusste, was Style ist.“
Doug boxte ihm verschwörerisch gegen den Muskelpanzer über den Rippen.
Alonso brummte noch einmal gutmütig. „Und damals war dieser Bart nur ein Flaum …“, führte er dann aus.
Männer konnten sowas von mitteilsam sein!
Nun, auch eisenharte Kerle hatten alle ihre kleinen Spleens und Macken, wie Doug genau wusste. Kein Grund also, sich aus der mentalen Balance kippen zu lassen.
Wäre da nur nicht Carminas Höllenfeuer-Frust gewesen, alles hätte so cool sein können!
Verärgert darüber, dass er dieses Thema immer verdammt emotional anging, räusperte Doug sich den Hals frei. „Und jetzt? Wo sind wir überhaupt?“
„Demnächst planmäßig über Kairo“, raunte Alonso ihm zu, dann brüllte er lautstark genug, um das gedämpfte Wischen der Rotoren zu übertönen: „Ihr habt es gehört, Männer! Es geht los!“
Als erster zerrte er sich die Atemmaske aus der Halterung über sich, stülpte sich das Plexiglas-Ding über Mund und Nase, arretierte die Halterungen und atmete regelmäßig weiter.
Doug tat es ihm gleich. Auch er atmete tief ein – obwohl er sofort merkte, dass ihm kein euphorisierendes Sauerstoffgemisch in die Lungen strömte, sondern … pure ölige Schwärze.
Etwas Mörderisches.
Mit Widerhaken.
****
Doug ignorierte es.
Er ignorierte auch das ungeheuerliche Tuscheln, das mit der Schwärze kam und in ihm widerhallte.
Er hatte sich undercover in diese Höllenmeute gemogelt, und vorerst galt jetzt nur noch eines: Befehl ist Befehl.
Keiner aus diesem verschworenen Haufen – zwölf Mann, jeder einzelne ein knallharter Söldner und Massenmörder wie angeblich auch er – widersetzte sich der Anordnung. Als sie alle ihre Masken arretiert hatten, schloss Doug die Augen. Atmete weiter. Und dachte an Carmina. Das hatte bei ihm noch immer funktioniert, wenn es überlebensnotwendig war, einen Anflug jäher, tierhafter Angst und Panik zurückzudrängen.
Dieses Mal funktionierte es nicht.
Was, wenn dich das Miststück Janova reinlegt, durchfuhr es ihn. Wenn du draufgehst bei dieser Aktion?
Den Überblick über die Anderen allerdings verlor er seltsamerweise auch mit geschlossenen Augen keine Sekunde lang.
Im Gegenteil.
Nicht einer von ihnen sprach, aber alle verrieten sie sich trotzdem ständig durch winzigste Bewegungen, ihr Ein- und Ausatmen, oder hin und wieder ein gelegentliches stählernes Scharren, wenn sich eine minimale Verlagerung ihres Körpergewichts auf die mit den Kolben auf dem Boden abgestützten tschechischen Kalaschnikov-Maschinenkarabiner übertrug.
Schlagartig schienen alle seine Sinne neu gebootet worden zu sein!
Dougs Wahrnehmungen waren raubtierhafter und präziser als je zuvor.
Verblüfft riss er die Augen wieder auf. Den anderen Männern erging es nicht anders als ihm.
Auch sie hatten es gemerkt!
Sollten sie überrascht oder geschockt sein, weil sie ihr bisheriges Leben damit endgültig hinter sich ließen – anmerken ließ es sich keiner von ihnen.
Er … witterte es!
Ja. Wieder nickte er, diesmal jedoch kaum merklich.
Wittern. Ja, das war genau der richtige Ausdruck.
Eine Art Countdown lief. Auch das wusste Doug plötzlich.
Weil er dieses Wissen mit der Schwärze und dem Tuscheln einatmete.
Einsatzbereit kauerten sie dicht an dicht im Frachtraum des alten amerikanischen H-34. In den Camouflage-Kampfanzügen längst toter amerikanischer Soldaten. Diese Tarnung würde am Einsatzort jeder flüchtigen Überprüfung stand halten, und mehr würde es nicht geben. Selbst die nationale Kennzeichnung der Maschine hatten sie vor dem Start auf Anweisung Xenja Janovas noch mühsam entfernt.
So viel Aufwand für einen kleinen Blitzkrieg, dachte er.
Alle atmeten sie unter ihren Plexiglasmasken, die sie im Halbdunkel des Frachtraums wie ungeheuerliche Kakerlaken-Aliens aussehen ließen.
Atmeten.
Atmeten tief und gleichmäßig.
Und irgendwann atmeten sie nicht mehr gleichmäßig.
Irgendwann warteten sie alle nur noch gierig, zitternd, sabbernd, darauf, dass sie loslegen konnten mit dem großen Schlachten.
Was verbirgt sich unter der geheimnisvollen Bezeichnung „KOMMANDOUNTERNEHMEN INFILTRATION OMEGA“?
Und was wird aus Carmina?
Kommentare
Zur Erläuterung: Das erste und längste Kapitel handelt lediglich von Carminas Brüsten, ihrer Lederjacke und der Aufzählung diverser Filmtitel. Die sich daraus ergebende Unterhaltung mit ihrem "Kontaktmann" ist nichtssagend und führt nirgendwo hin. Für den Plot völlig unnötig.
Da tun sich doch einige Fragen auf:
1. Ist Carmina eine BND-Agentin oder eventuell eine wichtige Zeugin in einem internationalen Kriminalfall?
2. Falls sie eine Agentin ist, welchen Auftrag hat sie?
3. Wieso reden Carmina und Rory nicht über die bevorstehende Mission, sondern machen nur uninteressanten Smalltalk?
Dann lernen wir in einem wenige Zeilen langen Kapitel den Protagonisten der Serie kennen, vielnehr seinen Namen. Als greifbare Person lässt er sich nicht identifizieren. Und er sagt ja auch nicht mal etwas von Belang. Dieses Manko zieht sich durch alle seine Kapitel.
Als er dann seine Sauerstoffmaske aufsetzt und "pure ölige Schwärze ... mit Widerhaken" in seine Lungen eindringt, kommt tatsächlich ein Anflug von Spannung auf.
Aber Pustekuchen! Doug Darkest ignoriert es einfach.
Es gibt einen einzigen Satz, der aufhorchen lässt:
"Erst viel später dachte sie wieder an die Laboratorien, aus denen sie damals, splitternackt und bluttriefend, abgehauen war."
Leider ist das, wie auch die Charakterisierung der Hauptpersonen, reine Exposition. Warum "zeigt" man uns das nicht in einem separaten Kapitel, statt es nur mal eben nebenbei zu erwähnen? Das wäre doch ein spannender Auftakt gewesen und hätte Carmina geheimnisvoll erscheinen lassen. Stattdessen sollen wir uns damit beschäftigen, warum sie "Kommunikationsdefizite" hat.
Insgesamt werden Nebensächlichkeiten unangenehm ausgewalzt. Spannung, Action und Humor findet man nirgends. Da der Text nur etwa ein Zehntel eines Heftromans ausmacht, wäre eine kompakte Schilderung der Ereignisse wünschenswert gewesen. Gerade das erste Kapitel liest sich so, als hätte niemand gewusst, womit man es füllen soll.
"Carminas höllisches Geheimnis" knüpft vermutlich bei den Laboratorien an, denen sie entkommen ist. Vielleicht erfahren wir dann auch, wie sie vom roten Jeep im Zugabteil gelandet ist.
Gibt es eigentlich zu jeder Episode ein Cover, oder ist "Erbe der Schattengötter" der Gesamttitel des Abenteuers?