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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem Yaqui-Aufstand?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Yaqui-Aufstand?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Heute eine Erinnerung an eine kleine, längst vergessene Episode an der südlichen Grenze der USA. Auch solche Vorfälle gehörten zur Geschichte der „Frontier“.

Am 12. August 1896 – vor 126 Jahren – kam es an der Grenze zwischen Mexiko und Arizona zu einem gewaltsamen Konflikt, in den Amerikaner, Mexikaner und Indianer verwickelt waren. In diesem Grenzbereichen im Südwesten der USA und Mexiko gab es seit Jahrzehnten Spannungen. Die Bevölkerung war gemischt. Es wurde nie vergessen, dass Gebiete wie Arizona einst mexikanischer Besitz gewesen und von den Amerikanern nach Ende des Krieges 1848 okkupiert worden waren.

Der sogenannte Yaqui-Aufstand – auch Nogales-Aufstand genannt – begann im mexikanischen Bundesstaat Sonora und schwappte für einige Tage nach Arizona über.

In Mexiko herrschte zu dieser Zeit Präsident Porfirio Diaz, der nach einer der vielen Revolutionen an die Macht gelangt war. Zahlreiche seiner Gegner waren über die Grenze in die USA geflüchtet. Darunter der Journalist Lauro Aguirre, der die feste Absicht hatte, Diaz zu stürzen. Er gründete in Arizona nicht nur mit dem Geldgeber Flores Chapa eine Zeitung, mit der er versuchte, Landsleute hinter sich zu scharen, er nahm auch Kontakte mit den indianischen Völkern im Grenzbereich auf, wie den Yaqui und den Pima die ihn dabei unterstützen sollten. Er verfasste die Streitschrift „Restaurador de Constitucion y Reformista“, in der er dokumentierte, dass Diaz die mexikanische Verfassung von 1857 brach, indem er alle Rechte der mexikanischen Bürger außer Kraft setzte, Pressezensur durchführte, Wahlen fälschte und die eingeborene Bevölkerung menschenrechtswidrig behandelte. Er hatte ganze Stammesgruppen aus ihren Heimatgebieten vertrieben und sie nach Yucatan deportieren lassen.

Aguirres Plan war, im August 1896 das Zollhaus in Nogales an der Grenze zwischen Sonora und Arizona einzunehmen und dort Geld und Waffen für eine weitere Revolution zu erbeuten.

Aguirre fand Zustimmung, da Porfirio Diaz eine harsche Anti-Indianer-Politik betrieb und die mexikanische Landwirtschaft, die größtenteils von mexikanischen und indianischen Mischlingen betrieben wurde, gnadenlos unterdrückte. Viele dieser Farmer flüchteten vor den Schergen von Diaz ins benachbarte Arizona und siedelten sich nahe Tucson und Phoenix an, suchten aber nach einer Möglichkeit, in ihre Heimat zurückzukehren und den Diktator zu verjagen.

Im März 1896 ließ die amerikanische Regierung Aguirre und Chapa auf Antrag der mexikanischen Regierung verhaften. Der mexikanische Konsul behauptete, dass die beiden Männer von amerikanischem Territorium aus illegale Verschwörungen in Mexiko initiieren würden.

Das war zwar nicht falsch, aber Aguirre und Chapo verletzten keine amerikanischen Gesetze, worauf sie nach kurzem Gerichtsverfahren vollständig freigesprochen wurden.

Faktisch gestärkt, setzten sie ihre revolutionäre Arbeit fort. Zu einer Galionsfigur wurde die Rebellin Teresa Urrea, die in jener Zeit als Mystikerin galt und in der Öffentlichkeit mit esoterischen und revolutionären Thesen Aufmerksamkeit erregte und viele Anhänger um sich sammelte. Sie hatte die Pläne für die Einnahme des Zollhauses entworfen. Yaqui- und Pima-Indianer, sowie mexikanische Revolutionäre – viele von Ihnen ehemals Angestellte der „Southern Pacific Railroad“ – schlossen sich unter ihrer Führung zusammen.

Die 60 oder 70 Männer nannten sich „Teresitas“ und griffen am 12. August das Zollhaus in Nogales an. Der mexikanische Konsul, Manuel Mascarena, rief die amerikanische Armee zu Hilfe. Es bildete sich eine Miliz in Arizona, die versuchte, das Zollhaus zu schützen.

Am 13. August marschierten die schwarzen Soldaten der 24. US-Infanterie unter Führung von Brigadegeneral Frank Wheaton auf, um die Revolutionäre zu vertreiben.

Mindestens 3 Buffalo Soldiers wurden getötet. Die mexikanischen Aufständischen verloren 7 Mann, die Teresitas verloren ebenfalls 7 Kämpfer.

Der Angriff auf das Zollhaus scheiterte. Die Mexikaner mussten sich zurückziehen. Ein Aufgebot von Polizisten des Staates Sonora nahm die Verfolgung auf. Die Posse holte die Teresitas ein und stellte sie erneut zum Kampf. Der Kommandeur wurde getötet. Am 14. August rückten die mexikanische Armee und Rurales (Grenzpolizei) unter Colonel Emilio Kosterlitzky an, um die 24. US-Infanterie zu verstärken. Die Rebellen aber entkamen. Einige von ihnen gingen zurück ins südliche Arizona, die anderen verstreuten sich in Mexiko. Damit endete dieser amateurhaft geführte Aufstand, an dem amerikanische Miliz, Buffalo Soldiers, mexikanische Infanterie und Polizeikräfte aus Sonora beteiligt gewesen waren.

Aguirre druckte weiter seine revolutionäre Zeitung und versuchte 1902 noch einmal einen Angriff auf die Stadt Ciudad Juarez. Er scheiterte erneut. Er starb am 9. Januar 1925.

Teresa Urrea wurde zur unerwünschten Person in Amerika. Die Amerikaner weigerten sich allerdings, sie an Mexiko auszuliefern. Aber Porfirio Diaz erreichte, dass sie von ihrem Exil in El Paso (Texas) nach Clifton (Arizona) deportiert wurde, um keinen Einfluss mehr auf die revolutionären Bewegungen im Grenzbereich zu Mexiko nehmen zu können. Hier starb sie am 11. Januar 1906.

Porfirio Diaz, der 1877 nach erbitterten Auseinandersetzungen erstmal Präsident von Mexiko geworden war, wurde insgesamt neunmal Führer des Staates, den er diktatorisch regierte, bis er 1911 endgültig zum Rücktritt gezwungen wurde und nach Frankreich ins Exil ging, wo er am 2. Juli 1915 in Paris starb.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

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