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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit General Ambrose Burnside?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit General Ambrose Burnside?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 11. Dezember 1862, im amerikanischen Bürgerkrieg – begann General Ambrose Burnside die Schlacht von Fredricksburg. Es wurde nicht nur eine sehr verlustreiche Kampagne, er leitete damit auch das Ende seiner militärischen Karriere ein.

Am 5. November 1862 hatte Präsident Abraham Lincoln den zögernden, zaudernden und ständig nach Verstärkungen rufenden Kommandeur der Potomac-Armee, Generalmajor George B. McClellan seines Postens enthoben und Ambrose Burnside an dessen Stelle gesetzt. Burnside glaubte nicht, diesem Posten gewachsen zu sein, gehorchte aber dem Befehl des Präsidenten, da ihm gesagt wurde, dass alternativ General Joseph Hooker ernannt werden könne; Burnside wollte Hooker als Kommandeur verhindern.

Lincolns Entscheidung war ein Fehlgriff. Später schrieb General U. S. Grant: „Burnside war ungeeignet für das Kommando einer Armee, und niemand wusste das besser als er selbst.“

Burnsides erste Maßnahmen waren organisatorischer Natur. Er verkleinerte den Stab der Potomac-Armee und ordnete die Verfolgung der Nordvirginia-Armee an, die sich nach der Niederlage bei Antietam auf dem Rückzug befand. Von Anfang an gab es Probleme.

Die Überquerung des Rappahannock River in der Nähe der Kleinstadt Fredericksburg in Virginia erfolgte mit Verzögerung, da die Wetterverhältnisse die verfügbaren Überlandwege fast unpassierbar gemacht hatten. Die Flüsse der Region führten Hochwasser. Die Lieferung der notwendigen Pontons erfolgte aufgrund bürokratischer Unzulänglichkeiten sehr langsam.

Als die Potomac-Armee den Fluss kreuzte, stand sie unter Dauerfeuer der Konföderierten und erlitt hohe Verluste, noch bevor sie ihre Positionen oberhalb von Fredericksburg einnehmen konnte. Am 20. November brachte General Edwin V. Sumner seine Artillerie auf den Stafford Heights oberhalb der Stadt in Stellung. Es gelang der Union nicht, daraus einen bemerkenswerten Vorteil zu ziehen. Die Einwohner der Stadt flüchteten. Konföderierte besetzten die leeren Häuser und leisteten erbitterten Widerstand.

General Lee schickte James Longstreet mit dem 1. Korps auf die Anhöhen im Westen von Fredericksburg. „Stonewall“ Jackson stellte sein 2. Korps südlich der Stadt auf.

Burnsides Artillerie konnte die Konföderierten nicht schwächen. Allerdings geriet Fredericksburg in Brand. Als Burnside am 11. September den Angriff auf die Stadt mit etwa 55.000 Mann und 116 Geschützen einleitete, wurden zumindest die Scharfschützen vertrieben, die seiner Armee erheblichen Schaden zugefügt hatten. Danach drang General Sumner mit 31.000 Mann in die Stadt ein. Diese Bewegung war schon damals sehr umstritten, weil die Unionssoldaten die unbeschädigten Häuser plünderten.

Burnsides Überlegung war, den rechten Flügel der Nordvirginia-Armee aufzurollen. Lee durchschaute das Vorgehen der Nordstaatler. Als Generalmajor John Reynolds gegen Jacksons Stellungen anrannte, wurde er erwartet und geriet unter heftigen Beschuss der CSA-Artillerie unter Major Pelham; er musste seinen Sturm abbrechen.

Auch ein zweiter Angriff auf Jacksons Korps am 13. Dezember scheiterte. Bei einem dritten Vorstoß drang General George G. Meade in die Stellungen Jacksons ein, wurde aber durch einen Gegenangriff der Division Jubal Earlys wieder vertrieben. Vielleicht wäre es Meade gelungen, Early standzuhalten, aber innerhalb des Unions-Stabes kam es zu Kompetenzstreitigkeiten, die verhinderten, dass Meade notwendige Verstärkungen erhielt.

Longstreet stellte rd. 300 Kanonen auf den Marye’s Heights auf. Sie konnten die ansteigende Ebene westlich der Stadt bestreichen und die Union von zwei Seiten vernichtend unter Beschuss nehmen. Hinter dem Steinwall an der Sunken Road wartete die CSA-Infanterie von General McLaws – etwa 2.000 Mann bildeten die Angriffsspitze. Dahinter rückten weitere 7.000 Mann an.

Drei Unions-Brigaden stießen am späten Vormittag des 13. Dezember gegen die Sunken Road vor. General Winfrield Scott Hancock schaffte es, mit seinen Truppen bis auf Revolverschussweite an den Steinwall heranzugelangen. Dann wurde er genauso wie die anderen stürmenden Truppen von den Konföderierten zurückgeschlagen. So erging es auch den Einheiten unter den Generälen Willcox und Sturgis. Das Kreuzfeuer von Longstreets Artillerie brach ihren Angriff. Augenzeugen sagten später, der Hang, den die Infanterie hinaufrannte, sei „blutgetränkt“ gewesen. Selbst von General Lee sind Stellungnahmen überliefert, in denen er Mitleid mit der Potomac-Armee äußerte.

Während der diversen Angriffswellen entstand durch die Kommunikationsprobleme zwischen den verschiedenen Unions-Offizieren auch ein moralischer Schaden, weil es immer wieder ein Zurückweichen der vorderen Einheiten und ein gleichzeitiges Heranführen frischer Truppenteile gab, so dass sich Verwirrung und Frustration breit machten. Während einige Regimenter noch zu stürmen versuchten, zogen sich andere aus den Kämpfen zurück.

Am 14. Dezember war die Schlacht verloren. Die Kämpfe flauten ab. Die Unionstruppen hatten genug damit zu tun, ihre Verwundeten zu bergen und zu versorgen. Als die Nacht anbrach, gab Burnside den Rückzugsbefehl. Auch Lee zog seine Truppen zurück. Beide Armeen gingen ins Winterlager. Auch Burnsides Alternativplan, die Nordvirginia-Armee von der konföderierten Hauptstadt Richmond abzuschneiden, scheiterte. Burnside hätte nach der Niederlage vor Fredericksburg noch immer die Möglichkeit gehabt, sich zwischen die südstaatliche Armee und die Hauptstadt Richmond zu stellen; aber dafür fehlte ihm die Entschlusskraft und vermutlich auch die Fantasie.

In den Nordstaaten gab es eine aufgeheizte Stimmung, nach einer Serie von Niederlagen den Süden endlich in die Defensive zu drängen. Dafür war Burnside nicht geeignet. Er entschied, im Januar 1863, erneut in die Offensive zu gehen, die Nordvirginia-Armee an der linken Flanke zu treffen und dann nach Richmond zu marschieren. Aber nicht nur seine unzureichenden strategischen Fähigkeiten waren gegen ihn, sondern auch die Witterung. Nach einem scheinbar günstigen Start der Kampagne, schlug das milde Wetter Ende Januar plötzlich um. Die Potomac-Armee geriet in schwere Regenfälle, die sämtliche Wege in grundlosen Morast verwandelten und die Artillerie und Versorgungsfahrzeuge zum Stocken brachten. Burnsides Feldzug ging als „Mud March“ (Schlamm-Marsch) in die Geschichte ein. Am 24. Januar stoppte der glücklose General die Kampagne.

Burnside bat inständig um seine Ablösung. Lincoln ernannte daraufhin – widerwillig – am 26. Januar 1863 General Joseph Hooker zum Kommandeur der Potomac-Armee.

Burnside ging nach dem Krieg in die Politik. In der Armee und in der Öffentlichkeit beliebt – trotz seiner Misserfolge – wurde er zum Gouverneur von Rhode Island und schließlich zum Senator dieses Staates gewählt.

Der bekannte Militärhistoriker Bruce Catton schrieb über ihn: „Burnside war ein einfacher, ehrenwerter, loyaler Soldat, der immer versuchte, sein Bestes zu geben; aber sein Bestes war nicht gut genug. Er war keiner dieser sich selbst überschätzenden Generale, die sich für Napoleon hielten. Er war bescheiden und hätte nie über den Rang eines Colonels hinaus befördert werden dürfen. Das war seine militärische Tragödie.“


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

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