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»13 Fragen«: Kompromisse nach 45 Minuten?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-Kolumne»13 Fragen«
Kompromisse nach 45 Minuten?

„Leute, wir müssen reden. Unbedingt. Wir müssen über Dinge in der Gesellschaft reden.“ - „Prima, machen wir dann eine richtiggehende Debatte daraus, mit zwei, drei Leuten, einer Unmenge Zeit und Moderierenden, die auch wissen wovon sie reden?“ - „Unsinn, wir nehmen 6 Leute, eine*n Moderator*in, eine Konfliktfrage und nach 45 Minuten müssen die Teams einen Kompromiss gefunden haben.“ - „Aber … aber …“ -

„Stimmt, da fehlt noch was. Wir malen mal Kästchen auf den Boden und dann können die nach Zustimmung oder Ablehnung ein Kästchen vor oder zurücktreten. Dann machen wir so lustige Bing-Geräusche drunter.“ - „Aber …“ - „BING-GERÄUSCHE!“ - So ähnlich stelle ich mir vor, dass beim Format von „13 Fragen“ vorgegangen wurde. Noch nie davon gehört? Na ja, es läuft ja auch nicht unbedingt zur Hauptzeit im ZDF, sondern eher auf YouTube. Nein, es ist wohl kein Teil von FUNK. Aber ja, die Sendung ist genau so wie geschildert: 6 Leute - ein*e Moderator*in - und Kästchen. Und Kompromiss.

Es ist ja keine Frage, dass man miteinander reden muss. Vor allem in unseren Zeiten wären Gespräche ab und an sehr von Nöten. „13 Fragen“ ist so ein Format, in dem geredet wird. Wie einer Talkshow. Es werden Personen eingeladen, die eine gewissen Meinung zu einem Thema haben. Wie in einer Talkshow. Am Ende ist der Zuschauende auch nicht unbedingt weiser. Wie bei einer Talkshow. Ein Kompromiss soll dann gefunden werden. Wie bei einer Debatte. Wobei … debattiert wird nicht. Also der Versuch einer Debatte wird gestartet, was am Ende dabei herauskommt ist auf jeden Fall - eine Talkshow.

Eine Debatte erfordert Moderatoren, die vermitteln. Die notfalls eine Diskussion laufen lassen, notfalls aber auch eingreifen. Die Rolle des Moderierenden erstreckt sich nicht nur auf das Ablesen von 13 Fragen von Karten und gelegentlichen Einwürfen. Deswegen sind gute Moderator*innen schwer zu finden und Lanz ist auch nur halbwegs einer. Wer sich eine Folge von „13 Fragen“ zu irgendeinem Thema anschaut wird merken: Die Moderierenden lesen nur ab. Allenfalls ergänzen sie mal mit einem Kommentar - der dann auch immer irgendwie abgelesen wird - aber sie sind weder vermittelnd noch wirklich vorhanden. Im Grunde könnte man sie streiten. Also zumindest auf jeden Fall in dieser Funkton. Moderierende sind auf jeden Fall in dieser Sendung fehlend. Und das merkt man auch.

Wobei das Problem ja noch tiefer liegt: Die Konfrontationsfrage. Häufig so gestellt, dass man entweder nur Ja oder Nein sagen kann. Das ist für eine Talkshow super, weil die Zuschauenden sofort Sympathiepunkte verteilen können. Weil sie ja auch schon durch die Frage aufgefordert wurden, Stellung zu beziehen. Und zwar entweder dafür oder dagegen. Ein Mitteldingen gibt es nicht. Ein Aufeinander-Eingehen und Verstehen erfordert aber gerade das Dazwischen. Gerade das Ausrangieren von Meinungen erfordert nicht das Beharren auf der eigenen Meinung. Die Sendung möchte gerne den Rahmen dazu geben - es fragt sich aber, ob ihr das gelingt, wenn es eine Konfliktfrage gibt. Wie löst man einen Konflikt? Jedenfalls mit einer Menge Geduld, Verstehen und Zuhören. Und gerade das ist schwierig bei einer Sendung, die nur 45 Minuten Zeit hat. Wobei wir auch nicht sehen, was NCIHT gesendet wird. Es mag ja sein, dass sich nach dem Kompromiss alle Protagonisten leutselig in den Armen liegen.

Eine Debatte ist nun mal keine Talkshow. Zudem: Wenn am Ende ein Kompromiss stehen soll - wozu soll das dienen? Toll, dass sich dann sechs Leute in einem Studio auf irgendwas geeinigt haben. Das bringt aber die Debatte in der Gesellschaft über das eigentliche Thema nun auch nicht wirklich voran. Es ist ein Placebo. Wie am Ende des Krimis meistens der Mord geklärt wird, so steht am Ende jeder Sendung ein Kompromiss, der relativ wirkungslos verpufft. Was das ZDF sich auch immer dabei gedacht haben mag - gut, Bildungsauftrag und so, ja, die Idee ist ja auch an sich nicht schlecht, aber … So richtig gesellschaftliche Auswirkungen wird eine Sendung, die kaum jemand kennt eh nicht haben. Das Spannende an dieser Sendung ist auch nicht die Debatte an sich, weil ja nicht debattiert wird. Das Spannende ist, wie ein gut gemeinter Ansatz in die Binsen geht.

Vielleicht sollte man zwei Dinge klarstellen: Eine gute Debatte kann Tage, ja, Wochen dauern. Es ist natürlich wichtig miteinander zu reden. Aber 45 Minuten für ein Thema zu nutzen und dann was mit Kompromissen anstellen zu wollen … Schwierig. Und dann gibt es Debatten, bei denen es keinen Kompromiss geben kann oder wird. Manchmal ist das im Leben halt so. Ob ich jetzt darauf beharre, dass die WM in Katar eine gute oder eine schlechte Idee ist - ich kann hier schlecht zu einem Kompromiss finden. Insofern ist „13 Fragen“ halt eine Talkshow mit Kästchen. Ein Erkenntisgewinn ist nicht unbedingt gegeben. Zudem: Die Redaktion sollte auch nochmal an ihren Faktenchecks arbeiten. Die sind nämlich - weil ja in der Sendung auch laufend noch Textkästchen eingeblendet werden - vorhanden. Allerdings sind es eher Info-Kästchen statt Fakten-Kästchen. „13 Fragen“ ist so eine Sendung, nach der ich mich zumindest frage: „Habe ich etwas gelernt? Nein. Hatten die Interessante Gäste? Auch nicht. Gab es eine Debatte? Auch nicht.“ Vielleicht ist dieses Format auch einfach nichts für mich. Mag sein.

Kommentare  

#1 Andreasdoria 2022-11-18 09:30
Ich finde, das gesamte Fernsehprogramm ist ein Placebo, vor allem für diejenigen, die nicht einschlafen können.

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