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Digitale Souveränität oder das Gute Leben mit der Digitalisierung

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-Kolumne

Digitale Souveränität ...
... oder das Gute Leben mit der Digitalisierung

Was ist das Gute Leben? Gute Frage. Schlimm und kompliziert und komplex genug, denn das Gute Leben ist nicht für jeden gleich. Jeder hat seine eigene Vorstellung davon und wenn schon Philosophen seit Jahrhunderten darüber diskutieren, wie man das Gute Leben leben könne... Eine Frage ohne Boden. Noch komplizierter wird es, wenn man fragt: Wie sieht das Gute Leben eigentlich in oder mit der Digitalisierung aus?


Oder gar: Wie gelange ich an die Digitale Souveränität - und das ist nicht gleichzusetzen mit dem Thema Datenschutz oder Datensicherheit oder irgendwelchen Leaks, die Journalisten aufbereiten.

Wenn ich in meinem Leben der Souverän bin, der Inhaber der Staatsgewalt für das eigene Leben also, dann müsste ich auch wissen nicht nur wo ich selbst Spuren im Netz hinterlasse und wie ich mit gewissen Diensten umgehe - das gilt ja schon für das Suchen mit der Google-Suchmaschine - sondern ich müsste auch wie der wunderbare ideale Homo oeconomicus in der Lage sein alles zu durchrauschen. Alles zu wissen. So zum Beispiel ob meine Krankenkasse Daten von mir hat und wieviele - und warum werden die gespeichert? Wie lange? An wen gibt die Krankenkasse Daten weiter? Für welche Zwecke? Digitale Souveränität heißt: Ich selbst weiß, wo wer meine Daten verarbeitet und wer sie nutzt und habe zustimmend mit dem Kopf genickt und gnädigst erlaubt, diese Daten zu speichern. Zu vervielfältigen. Weiterzugeben.

Allein: Das ist eine Vision, die nicht erfüllbar ist. Überall werden Daten von mir hinter meinem Rücken gesammelt. Programme tracken, welche Webseiten ich besuche - damit sie mich später mit Werbeanzeigen auf anderen Seiten versorgen können. In Cookies, die gegen meinen Willen gesetzt werden, werden Informationen über mein Surfverhalten gespeichert. Werbefirmen dringen ungesehen und ungefragt in meine Souveränität ein. Ich merke davon nichts. Meine Kreditwürdigkeit hängt nicht nur davon ab, ob ich meine Rechnungen pünktlich bezahle. Sie kann davon abhängen in welchem Stadtviertel ich wohne. Scoring geschieht hinter meinem Rücken und selbst wenn ich einmal im Jahr bei der Schufa einen Wisch beantragen kann - da steht längst nicht alles drin. Und wie der Score sich zusammensetzt? Betriebsgeheimnis. Selbstverständlich. Haufen von Datenbergen rund um mich her und ich ahne noch nicht einmal etwas von ihnen. Das müsste ich aber, wenn ich wirklich ein Digitaler Souverän wäre. Oder zumindest müsste man mich in Kenntnis darüber setzen, welche Daten von mir gesammelt werden. 

Die Frage nach dem Guten Leben in der Digitalisierung trifft da genau den Kern. Ist das Gute Leben jetzt dieses Arbeiten 4.0, dass sich eh nur jene erlauben können, die in der Wissensbranche arbeiten und nicht als Kundenberater vor dem PC sitzen müssen eine geregelte Zeit? Ist das Gute Leben jetzt eines, in dem ich per Smartphone dem Haus mitteile, bitte jetzt die Heizung aufzudrehen da ich gerade aus dem Büro komme? Welche flüchtigen Daten gebe ich da schon wieder aus der Hand? Das Gute Leben: Boni von der Krankenkasse, die per App nachschaut ob ich mich auch wirklich bewege und was ich tue. Wenn nicht: Sorry, dann erhöhen wir den Beitrag wegen des Risikos. Die Schöne Neue Welt, die solche Bürger trägt: Das Gute Leben im Digitalen?

Es gibt keine Antworten auf die Fragen. Weil wir gerade mal mit den Schiffen über den Ozean gesegelt sind und den ersten Streifen des Neulandes entdeckt haben. Irgendwo weiter hinten sehen wir zwar Berge, aber wir müssten uns erst einen Weg durch den Dschungel schlagen - nachdem wir uns häuslich am Strand und in der Nähe eingerichtet haben. Das Ideal der Digitalen Souveränität ist für jeden ein anderes. Sicherlich aber sollten wir uns neben dem Wirrwarr um Tools, Werkzeuge, Servern, Angriffen auf Banken, der Angst vor dem nächsten Virus - wir sollten uns bewußt machen, dass wir diese Frage noch nicht mal ansatzweise angefangen haben zu diskutieren. Und ich denke, wenn wir damit nicht bald anfangen ist die Frage nach der Gestaltung der Zukunft eine, die nicht mit der Antwort einer Digitalen Souveränität zufriedenstellend auflösbar ist.

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