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Feral 06

FeralFeral 6

Die sechste Ausgabe von Feral enthält drei Horror-Geschichten. In der ersten Geschichte gibt eine junge Frau für ihre Karriere als Popstar ihren eigenen Willen auf und setzt schreckliche Ereignisse in Gang.
In der zweiten sucht ein Autor in einem abgelegenen Haus nach Inspirationen für seinen neuen Roman und zum Schluss werden die Erlebnisse der Jette Greif im Berlin der 20er Jahre fortgesetzt.

Auf den ersten zwei Seiten des Magazins finden sich wieder zwei Seiten Feral News. Herausgeber Ömer Yalinkilic gibt einen Überblick über die Projekte der nächsten Ausgaben und informiert, welche vorerst zurückgestellt sind.

Der zweite Teil der News ist Flash Delirium gewidmet. Das Unternehmen besteht aus den beiden Autoren der ersten Storyline dieser Ausgabe. Der Leser bekommt nicht nur die Comicgeschichte der beiden zu lesen  sondern, sondern erhält einige Informationen zum Entstehungsprozess der Geschichte.

Das ist interessant zu lesen und bettet die Geschichte in den entsprechenden Kontext ein. Bereits in den letzten Ausgaben hatten die Einstiegsgeschichten immer einen Bezug zu anderen Comics oder Filmen. Das darf gern so weitergeführt werden.

In den ersten Ausgaben war Herausgeber Ömer Yalinkilic mit seinen eigenen Comicgeschichten noch sehr stark im Magazin vertreten. Diese Ausgabe ist die erste, in der ausschließlich die Arbeiten anderer Kreativer zum Zug kommen. Das zeigt, dass sich Feral immer breiter aufstellt und von einer reinen Hobbyproduktion weg entwickelt. Es ist interessant, diesen Entwicklungsprozess zu beobachten.

Popsinger (18 Seiten)
Stacy hat einen großen Traum. Sie möchte Popsängerin werden und eifert ihrem Vorbild Mercy nach, die bereits ein weltbekannter Star ist. Sie nimmt eine Single auf und ein zwielichtige Manager nimmt sie unter Vertrag.

Ihr Traum scheint in Erfüllung zu gehen, denn ihre Karriere nimmt richtig Fahrt auf. Die anfängliche Freude lässt allerdings schnell nach. Sie merkt, dass ihr Manager sie zu einem Produkt machen möchte, nach dem sich die Massen sehnen. Den Erfolg möchte sie nicht missen und so gibt sie sich den Forderungen hin.

Schließlich ist sie dort angelangt, wo sie hinwollte. Sie gehört zu den Reichen und den Berühmten. Auf einer Party eines Filmstars offenbart ihr Manager, dass er eine Filmkarriere mit ihr plane. Ihr altes Idol, Mercy, ist ebenfalls auf der Party und warnt sie vor dem Manager und dessen Machenschaften.

Aber wieder ordnet Stacy sich widerstandslos unter. Sie mischt sich unter die Gäste und lässt sich in den Keller führen, um dort an einer Sexorgie teilzunehmen. Sie fühlt sich schmutzig, aber trotzdem lässt sie sich weiter als Star vermarkten.

Irgendwann hat Stacy ihren freien Willen völlig aufgegeben. In der Schweiz nimmt sie an einer schwarzen Messe teil, auf der Vermummte aufeinmal ihre Mutter vorführen. Sie halten ihr einen Dolch hin, mit dem sie ihre Mutter erstechen soll und sie tut es.

Die Verhüllten verwandeln sich in Dämonen, die die Ankunft ihres Meisters erwarten. Stacy ist zum Schlüssel der Erweckung des Dämons geworden, indem sie sich völlig unterordnet und dabei sogar ihre Mutter mit dem Dolch tötet. Voller Verzweiflung rammt sich Stacy den Dolch in den Bauch. Als sie stirbt, wird die Beschwörung unterbrochen. Der Dämon fährt zurück in die Hölle, aus der er gekommen ist.

Fazit
Popsinger ist eine interessante Kooperation eines amerikanischen Autorenpaares und eines in Berlin lebenden Zeichners. Christopher Elston und Chassity Lassiter sind bereits seit einiger Zeit in der Filmbranche unterwegs und an verschiedenen Projekten im Bereich Horror beteiligt. Am ehesten dürften sie Comiclesern durch ihre Serie Rabbit’s Badass Song bekannt sein. Die beiden haben sich mit dem Zeichner Halil Mete zusammengetan, der ihre Comics grafisch umsetzen soll. Sie wollten sehen, ob ihre Zusammenarbeit gut funktioniert und haben die vorliegende Geschichte Popsinger produziert, die sie im August 2022 kostenlos ins Netz gestellt haben.

Die Finanzierung des Hauptcomic-Titels erfolgte über eine Crowdfunding-Kampagne über die Webside Kickstarter. Es kamen nahezu 7.000$ zusammen und die erste Ausgabe von Rabbit’s Badass Song konnte im Oktober 2022 veröffentlicht werden.

Stacy gerät in die Fänge einer Sekte, die ihren Meister beschwören und ihn aus der Hölle auf die Erde holen will. Hierzu benötigen sie einen Menschen, der sich völlig unterordnet und seinen freien Willen aufgibt. In Stacy scheinen sie ein willkommenes Opfer gefunden zu haben.

Sie bauen sie zu einem Star auf und sie ist bereit, des Ruhmes wegen, ihre Ideale immer weiter über Bord zu werfen. Ihr Manager verlangt immer mehr Dinge von ihr  die sie eigentlich gar nicht möchte. Als sie auf der Party an der Sexorgie teilnimmt, ordnet sie sich auch körperlich unter. Jetzt ist sie soweit, dass es sich für sie sogar gut anfühlt, wenn sie nachgibt.

Die Sekte sieht den Zeitpunkt gekommen, um den Dämon zu beschwören. In einer letzten, endgültigen Geste der Unterwerfung soll Stacy zeigen, dass sie bereit ist. Die Götzendiener haben ihre Mutter in die Messe entführt und halten Stacy einen Dolch hin. Sie ersticht ihre Mutter zum Beweis der Unterwerfung.

Stacy flieht und erkennt, dass sie der Schlüssel zur Ankunft des Dämons ist. Voller Verzweiflung rammt sie sich den Dolch in den Bauch und stirbt. Damit beweist sie, dass ihr freier Wille noch nicht ganz versiegt ist. Die Beschwörung misslingt und der Dämon fährt zurück in die Hölle.

Die schleichende Unterwerfung Stacys ist sehr gut beschrieben. Sie könnte jederzeit die fortschreitende Entmündigung unterbrechen, müsste dafür aber ihr Leben als Popstar aufgeben. Auf der Party trifft sie ihr ehemaliges Idol Mercy, die schwer von Alkohol und Drogen gezeichnet ist. Ihr Stern als Popstar ist längst verglüht, denn sie hat sich den Forderungen des Managers nach Unterwerfung widersetzt. Mercy versucht noch, sie zu warnen, aber Stacy mag nicht hören.

Halil Mete zeigt mit dieser Geschichte, dass er in der Lage ist, verschiedene Settings zu zeichnen. Die ersten Seiten bestehen noch aus klar abgrenzbaren Panels und die Figuren sind klar gezeichnet. Im Laufe des Erzählflusses werden die Zeichnungen wilder und verspielter. 

Spätestens ab der Sexorgie erkennt der Leser, dass er in einem Horror-Comic angekommen ist. Ab diesem Zeitpunkt fängt er an mit den Perspektivwechseln zu spielen, was auf den ersten Seiten noch nicht der Fall ist. Das bewirkt, dass die Dynamik der Geschichte immer weiter zunimmt, bis sie schließlich mit Stacys Tod den Höhepunkt erreicht.

Ort des Bösen
Der Horror-Schriftsteller Dave braucht Inspirationen für sein nächstes Buch. Ein Freund empfiehlt ihm, die Nacht in einem alten Haus im Wald zu verbringen. Mit seiner Freundin Jessica macht er sich auf den Weg und sie erreichen das Anwesen in den Abendstunden.

Nun erzählt Dave seiner Freundin, dass sich um das Haus seltsame Geschichten ranken. Es gehört zu einem Geflecht von Häusern, die sich über die ganze Welt verteilen. Die Gebäude werden von Menschen gemieden, da sie von Dämonen bewohnt werden, die sich nur innerhalb dieses Geflechtes bewegen können.

Kurze Zeit später verlässt Dave den Raum und bleibt verschwunden. Als Jessica ihm folgen will,  trifft sie auf eine Schar Dämonen, die sie quer über das  Grundstück jagen. Jessica gerät in Gefangenschaft der Dämonen und deren Meister fährt in ihren Körper und übernimmt dessen Kontrolle. So kann er endlich im Körper Jessicas das Geflecht der Häuser verlassen.

Fazit
Die Geschichte ist von Oliver Wünsch geschrieben und gezeichnet und stammt aus dem Jahre 1989. Herausgeber Ömer Yalinkilic ist auf dieses Geschichte gestoßen und wollte sie gern in Feral veröffentlichen.

Die Geschichte ist eine klassische Gruselgeschichte über ein Paar, das die Nacht in einem alten Gemäuer verbringt und es nicht überlebt. Dave kennt die Gerüchte über das Haus und nimmt sie nicht ganz ernst. Er möchte den Gruselfaktor dazu nutzen, sich Inspirationen für seinen neuen Roman zu verschaffen. Nur leider sind die Gerüchte wahr. Er selbst überlebt nicht und Jessicas Körper wird von dem Dämon benötigt, um endlich das Häusergeflecht verlassen zu können.

Die Zeichnungen sind größtenteils in klaren Panels angeordnet. Lediglich in einer Verfolgungsszene und der Gefangennahme Jessicas werden die Zeichnungen etwas dynamischer und gehen leicht ineinander über. Die Figuren sind mit klarem Strich gezeichnet und agieren vor großflächigen Grautönen.

In den Credits der Geschichte ist ein Kolorist vermerkt. Wie alle Geschichten in Feral ist auch diese in Schwarz-Weiß gedruckt. Wahrscheinlich ist die Story im Original koloriert, was den Einsatz der Grautöne erklärt. Allerdings ist diese Geschichte in Schwarz-Weiß schön anzusehen von daher tut es der Lesefreude keinen Abbruch.

Etwas Fremdes und Kaltes
Die Ereignisse aus der letzten Ausgabe werden fortgesetzt: Jette findet den toten von Norman in seiner Wohnung. Sein Kopf ist geöffnet und jemand hat ihm sein Hirn entnommen. Zur gleichen Zeit entdeckt ein Polizist von Normans leer stehende Limousine. Auf dem Rücksitz findet er ein weiteres Gehirn, das aber nicht das von Normans ist.

Jette nimmt nun Kontakt zu dem Gehirnspezialisten Dr. Mabuse auf. Von Norman hatte versucht, ihn zu dem Thema Hypnose zu konsultieren. Das Verhalten des Regisseurs verunsicherte den Arzt und daher hatte er die Polizei über den Aufenthaltsort von Normans informiert.

Am Abend ist Jette bei Rachel. Als sie berichtet, dass ihr Bruder Benno von Normans Limousine zum Filmgelände zurückfahren wollte, ahnt sie die Zusammenhänge. In dem Augenblick betritt Benno den Raum. Er hat eine Narbe, die sich einmal um den Kopf zieht.

Benno beginnt mit der Stimme von Normans zu sprechen und es wird klar, dass jemand dessen Hirn in Benno verpflanzt hat. Das Hirn auf der Rückbank der Limousine war demnach das Bennos.

Aber trotzdem hat Bennos Geist seinen Körper noch nicht ganz verlassen. Als Benno kurzfristig die Kontrolle über seinen Körper zurückerlangt, stürzt er sich in den Tod.
Am folgenden Tag erreicht Jette und Rachel ein an Benno adressiertes Päckchen. Darin befindet sich eine Kopie des Films von Normans. Als Jette die Filmrolle aus der Dose nimmt, sticht sie sich an einem Dorn. Der ist mit einer Flüssigkeit präpariert und sie fällt in Ohnmacht.

Fazit
Autor M.W. Ludwig und Zeichner Kritzkunst setzen die Ereignisse aus der letzten Ausgabe gekonnt fort. Es wird deutlich, dass es sich wirklich um eine zusammenhängende Fortsetzungsgeschichte handelt. Jette erhält zum Ende dieser Episode eine Filmspule von Normans, so dass die Ereignisse um dessen Film aus der vorangegangenen Episode noch eine Rolle spielen werden.

Unklar ist, wer Benno eine Dose mit dem Film zugeschickt hat und den Dorn mit einer Flüssigkeit präpariert hat. Diente dies lediglich dazu, Unbefugten den Zugriff auf den Film zu erschweren oder handelte es sich um einen gezielten Anschlag? Jette wird zum Opfer des Schutzmechanismus und fällt in Ohnmacht. Die nächste Episode wird zeigen, welche Auswirkungen die Substanz auf sie hat.

Der Leser bekommt nun auch den legendären Dr. Mabuse erstmals zu Gesicht. Zeichner Kritzkunst hat ihn dem Schauspieler Klaus Kinski nachempfunden. Das weckt Assoziationen zu den alten Edgar Wallace Filmen, die zeitlich zwar nicht in den 20ern angesiedelt sind, aber doch die Zwielichtigkeit Mabuses unterstreichen.

Dr. Mabuse ist praktizierender Arzt mit Schwerpunkt Hirntraumata. Im Zuge der Ermittlungen zu von Normans Tod befragt Jette den Arzt. Der vertritt die Auffassung, dass Hirnverpflanzungen durchaus möglich sind. Damit ahnt der Leser natürlich sofort, dass Mabuse für die Verpflanzung der Hirne verantwortlich ist. Vielleicht will Autor M. W. Ludwig den Leser aber auch nur auf eine falsche Fährte locken. Möglicherweise ist Dr. Mabuse in dieser Story gar nicht der berühmte Verbrecher, als den ihn der Leser kennt; oder er ist es noch nicht.

Die Zeichnungen von Kritzelkunst sind wiederum der grafische Höhepunkt dieser Ausgabe. Es bleibt zu hoffen, dass die Erlebnisse von Jette weiter mit diesem Kreativteam in Feral erscheinen. Neben den fantastischen Zeichnungen ist auch der Fortgang der Story und das Setting im Berlin der 20er Jahre interessant.

Feral 6
Erscheinungsdatum: April 2023
Preis: 6,66€

Popsinger
Text: Christopher Elston, Charity Lassiter
Zeichnungen: Halil Mete

Ort des Bösen
Text: Oliver Wünsch
Zeichnungen: Oliver Wünsch

Etwas Fremdes und Kaltes
Text: M. W. Ludwig
Zeichnungen: Kritzelkunst

Chapter-X Comic

© Torsten Pech (11/2023)

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