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Herrlich nostalgisch - Hammerharte Horror Schocker

Hammerharte Horror SchockerHerrlich nostalgisch
Hammerharte Horror Schocker

Komm, Sterblicher, zahle den Obulus für Charon, steige in meine Barke, und ich werde dir einige dieser Geschichten erzählen.

Mit diesen Worten startet die Horror-Anthologie Hammerharte Horror Schocker aus dem Weissblechverlag. Der Fährmann Charon ist eine Figur aus der griechischen Sagenwelt, der die frisch Verstorbenen über den Fluss Styx in das Reich der Toten geleitet.

Hammerharte Horror Schocker 1Für die Überfahrt ist ein Obulus zu entrichten, der den frisch Verstorbenen in Form einer Münze bei deren Beerdigung in den Mund gelegt wird.

Es ist nun an Charon uns durch das Heft mit seinen Geschichten zu leiten. Fortan wird er uns in jeder Ausgabe auf ersten Seite erscheinen und ein paar einleitende Worte an die Leserschaft richten sowie uns mit einigen Worten zu der nächsten Geschichte innerhalb eines Bandes überleiten.

Hammerharte Horror Schocker 1Weissblech Comics
1992 erblickt Weissblech Comics das Licht der Welt. Mastermind und Gründer Levin Kurio veröffentlich seitdem Comics, die vor lauter Thrash-Granaten nur so blühen. Leicht bekleidete Barbarinnen und blubbernde Aliens sind an der Tagesordnung. Ernst gemeint ist das alles nicht, man benötigt aber schon ein gewisses Faible für derben Trash, um einen Gefallen an den Stoffen zu finden.

Ab 2004 erscheint nun die Serie Hammerharte Horror Schocker. Die Serie ist eine Anthologie, in der Geschichten von deutschsprachigen Künstlern erscheinen. Die Gestaltung orientiert sich an den alten EC-Comics aus den 50ern, die damals schon die Grenze des Machbaren ausloten und in den USA schließlich zur Einführung des Comics-Codes führen. Im deutschsprachigen Raum erscheinen ab den 70er Jahren im Bastei Verlag die Gespenster Geschichten, die es auf immerhin 1654 Ausgaben schaffen und später nochmal mit 3 Ausgaben fortgesetzt werden. Die Gespenster Geschichten sind allerdings sehr viel harmloser und kindgerechter gestaltet. Weissblech Comics will an diese Tradition anschließen, indem endlich wieder eine Horror Anthologie in Deutschland erscheint. Rücksicht auf Kindertauglichkeit muss man nicht nehmen, da Weissblech Comics sich vornehmlich an eine erwachsene Leserschaft richten und die Hefte in der Regel erst ab 18 Jahren erhältlich sind. Außerdem hatte sich die Comickundschaft mit den Jahren sowieso verändert. Nicht mehr Kinder und Jugendliche sind die eigentliche Zielgruppe, sondern Erwachsene.

Unterm SumpfUnterm Sumpf
Die junge Klara lebt in einer eintönigen Kleinstadt und lernt dort den zugezogenen Harald kennen. Er ist so anders, wie die Menschen im Ort und verliebt sich in ihn. Es entsteht Gerede in der Stadt, vor allem, als die Polizei Harald zuhause aufsucht. Seine alte Freundin sei vermisst, er aber habe damit nichts zu tun.

Die Gerüchteküche im Ort brodelt und Klara gerät mit ihren Eltern in Streit. Sie möchten, dass sie sich von ihm trennt. Klara wendet sich von ihren Eltern ab und zieht mit Harald nach Hamburg. Dort kann sie endlich frei leben. Jetzt kann sie endlich nachholen, was sie vorher so vermisst hat. Durchlebte Nächte, Clubs und Drogen prägen nun ihr Leben.

Nach einiger Zeit neigen sich die finanziellen Reserven dem Ende entgegen. Klara beginnt in einer Fabrik zu arbeiten. Harald hingegen hat keine Lust, sich an einem geregelten Leben zu beteiligen. Seine Laune wird zusehends schlechter. Eines Tages wirkt er wie ausgewechselt und lädt Klara zu einem Tagesausflug ein.

Sie landen in einem Waldstück, in dem er schon des Öfteren gewesen ist. Sie durchstreifen das Moor und auf einmal ist Harald verschwunden. Schemenhafte Gestalten erscheinen nach Hilfe schreiend im Wald und führen Klara schließlich zu einer Stelle, in der Harald im Moor versinkt. Mehrere halbverweste Frauen drücken und ziehen ihn immer weiter in den Morast hinein.

Klara flieht und wird schließlich von der Polizei aufgegriffen. In der Nähe waren mehrere Frauen tot im Moor gefunden worden. Es scheint, dass Harald seine Freundinnen immer an dieser Stelle umgebracht zu haben scheint, wenn er ihrer überdrüssig geworden ist. Jetzt haben die untoten Frauen sich an ihm gerächt.

Levin Kurio ist der Autor der ersten Geschichte der Anthologie und wird auch den überwiegenden Anteil der Geschichten im Horror Schocker beisteuern. Er legt eine klassische kleine Gruselgeschichte vor, in der sich die Handlungen des Täters am Ende gegen sich selbst richten. Das ist ein Twist, der in vielen klassischen Gruselgeschichten immer wieder zu lesen ist und der auch gut in diese Geschichte hineinpasst.

Zeichner ist Rainer F. Engel, der dem erfahrenen Weissblechleser kein Unbekannte sein dürfte. Er gibt der Geschichte diese schöne, thrashige Note, die den Charme vergangener Zeiten aufleben lässt.

Winter 1389Winter 1389
Der Inquisitor Tocemadus bricht mit seinem Gefolge nach Rom auf. Auf dem Weg durch die Alpen werden sie von einem Schneesturm überrascht. Eine junge Frau kreuzt ihren Weg und weist ihnen den Weg nach Auburg, wo sie Unterschlupf finden können. Einer der Wächter ist entzückt von der schönen Frau. Tocemadus vermutet hinter dem Verhalten des Soldaten eine Teufelei der Frau.

Tocemadus gelangt nach Auburg. Die Alpen sind vor dem Frühjahr nicht überquerbar und er erhält Unterschlupf bis zum kommenden Frühjahr.

Der Inquisitor möchte die Zeit nutzen, um Jagd auf die Schergen des Teufels zu machen und nimmt dabei die junge Marianna in den Blick. Sie hatte Tocemadus den Weg nach Auburg gewiesen. Er lässt Marianna festnehmen und veranstaltet einen Hexenprozess, in dem sich die Zeugen immer weiter in anschuldigende Aussagen hineinsteigern.

Im Anschluss soll Marianna in einer hochnotpeinlichen Befragung in eine eiserne Jungfrau gesperrt werden. Das Ungetüm kippt um und erschlägt einen der Soldaten unter sich. Anscheinend haben Ratten die Jungfrau untergraben. Nun traut sich keiner der Folterknechte Marianna weiter zu misshandeln, aus Angst, ebenfalls ein Opfer der Hexe zu werden.

Tocemadus verhängt ein Gottesurteil, wobei die vermeintliche Hexe in einen See springen soll. Überlebt sie, ist sie unschuldig. Marinna taucht in den See hinein, um anschließend in die Luft aufzusteigen. Tatsächlich hat Tocemadus dieses eine Mal nicht geirrt, denn Marianna ist wirklich eine Hexe. Mit den Worten „Lauf, mein Herold, und trage den Tod in ihre Städte“ scheucht Marianna eine Ratte auf den Inquisitor zu, die ihm in den Unterarm beißt. Derweil entflieht die Hexe.

Im Frühling setzt Tocemadus seinen Weg nach Rom fort. Auf seinem Arm haben sich schwarze Pusteln gebildet. Vom Fieber geschüttelt wird er in Genua sterben. In der Folge breitet sich die Pest in Norditalien aus, die einen großen Teil der Bevölkerung dahinraffen wird.

Diese Geschichte ist ebenfalls von Levin Kurio verfasst worden. Die leicht erhöhte Seitenanzahl im Vergleich zur vorhergehenden Geschichte macht sich bemerkbar. Die Dialoge sind ausgefeilter und die Handlung ist flüssiger zu lesen.

Die Zeichnungen sind ebenfalls von Kurio verfasst, der die Tuschezeichnungen aber Roman Turowski überlässt und der eine wirklich schöne Arbeit abliefert. Die Schattierungen sind überwiegend sehr großflächig gehalten, die in Kombination mit den satten Farben schöne und klar strukturierte Bilder ergeben.

Das Thema Inquisition ist sehr schön in diese Kurzgeschichte gepackt. Der Soldat ist angetan von Mariannas Schönheit. Die Verantwortung hierfür schiebt der Inquisitor allerdings Marianna zu, in dem er behauptet, dass sie ihn wohl verhext haben müsse. Eine ähnliche fragwürdige Dialektik findet sich wieder, als der Graf Marianna zu verteidigen versucht, da sie ihn von einer Krankheit geheilt habe. Der Inquisitor hingegen stellt dies infrage, könnte doch die vermeintliche Hexe die Leibesschmerzen verursacht haben, nur um sich später als Helferin profilieren zu können. Diese Umkehrung der Täter-Opfer-Rolle ist tief verankert in der Geschichte der Inquisition und zeichnet sich in den berüchtigten Hexenproben –und prozessen ab. Bis heute finden sich vergleichbare Rollenzuschreibungen in verschiedensten Kulturen dieser Welt wieder. In Teilen des Islams müssen sich Mädchen und Frauen bedecken, um bei Jungen und Männern keine Begierde zu wecken. Aber auch in unserer aufgeklärt geglaubten Welt, sehen einige Männer freizügig gekleidete Frauen immer noch als sexuelles Freiwild an.

Martin der EntdeckerMartin der Entdecker
Martin ist als Rucksacktourist auf Borneo unterwegs und auf der Suche nach Gegenden, die noch nicht vom einsetzenden Massentourismus überrannt sind. Mit einem Freund entdeckt er in einem Souvenirladen ein paar Schrumpfköpfe, in dem Glauben, dass es sich hierbei am Nachbildungen aus Plastik handele. Die Wege der beiden trennen sich und Martin erfährt in einer Kneipe, dass es eine Siedlung gäbe, in der noch Menschen ohne Kontakt zur Zivilisation leben.

Martin bricht auf, um die Siedlung zu suchen. Tagelang irrt er durch den Dschungel und bricht schließlich ohnmächtig zusammen. Als er wieder erwacht, erblickt er einen Eingeborenen. Diese haben ihn im Dschungel gefunden und in ihre Siedlung gebracht. Martin wähnt sich am Ziel seiner Träume, als sich ihm jemand von hinten mit einem Messer in der Hand nähert.

Ein halbes Jahr später gehen wieder zwei Rucksacktouristen auf den Souvenirladen zu. Sie erblicken die Schrumpfköpfe und vermuten wieder Repliken aus Plastik. Einer der Schrumpfköpfe hat die Gesichtszüge von Martin

In der letzten Geschichte hat Levin Kurio neben der Aufgabe als Autor auch das Artwork komplett übernommen. Die Geschichte ist mit 4 Seiten relativ kurz gestaltet. Entsprechend kurz sind die Dialoge und die Handlung kommt schnell voran. Die Handlung ist auf das wesentliche reduziert, so dass man keinen Augenblick das Gefühl hat, dass hier irgendwas fehlt oder zu viel ist. Die Zeichnungen und der Erzählfluss der Panels sind kompakt gestaltet, wie man es aus vielen alten Episoden aus den Gespenster Geschichten des Bastei Verlages kennt.

Das ist herrlich nostalgisch und macht sehr viel Spaß zu lesen. Erfahrene Leser wissen natürlich sofort, dass Martin wahrscheinlich als Schrumpfkopf im Souvenirladen enden wird. Aber gerade das macht den Reiz an der Sache aus. Es ist gar nicht wichtig, dass die Geschichte mit einem überraschenden Twist endet. Die Erzählung wandelt in bekannten Erzählstrukturen und löst so nostalgische Gefühle aus.

Hammerharter Horror Schocker 1
Erscheinungsdatum: Juni 2004

Unten am Sumpf
Text:        Levin Kurio
Artwork:    Rainer F. Engel

Winter 1389
Text:        Levin Kurio
Bleistift:    Levin Kurio
Tusche:        Roman Turwski

Martin der Entdecker
Text:        Levin Kurio
Artwork:    Levin Kurio

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