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Moskau in der Zarenzeit - »Mord im Savoy« (Savoy-Hotel 217)

Mord im Savoy (Savoy-Hotel 217)Moskau in der Zarenzeit
»Mord im Savoy« (Savoy-Hotel 217)

Als Gustav Ucicky (1898-1961) im Jahr 1936 mit den Ufa-Stars Hans Albers und Brigitte Horney den Film „Savoy-Hotel 217“ realisierte, war das nationalsozialistische Regime unter Adolf Hitler bereits einige Jahre an der Macht und nicht besonders gut auf Russland zu sprechen. Dennoch gab man grünes Licht für die Verfilmung eines Originaldrehbuchs von Gerhard Menzel, das im Russland des Zarenreiches angesiedelt war. Der Filmklassiker ist nun erstmals auf DVD zu haben.

Mord im Savoy (Savoy-Hotel 217)Heute mag es etwas befremdlich anmuten, dass ein Film wie „Savoy-Hotel 217“ im Jahr 1936 gedreht werden konnte und dem Propagandaministerium Adolf Hitlers kein Dorn im Auge war. Aber wie auch dem Text von Anne Siegmayer im beiliegenden Booklet der DVD-Erstveröffentlichung des Films zu entnehmen ist, wurden in der NS-Zeit in Filmen zwar kaum mehr russische Themen umgesetzt, „eine Ausnahme bildeten allerdings Filme wie ‚Savoy-Hotel 217‘, die im zaristischen Russland spielten, dadurch indirekt auch als antisowjetisch interpretierbar und somit unproblematisch waren.“ Der in Wien geborene Gustav Ucicky war seinerzeit bereits seit einem Jahrzehnt als Filmregisseur tätig und hatte mit der Curt-Goetz-Verfilmung „Hokuspokus“ mit Gustaf Gründgens oder mit „Yorck“ mit Werner Krauss in der Titelrolle eines preußischen Generals einige erfolgreiche Filme inszeniert. Sein letzter, ebenfalls von Gerhard Menzel geschriebener, Film „Das Mädchen Johanna“ über die legendäre Jeanne d’Arc hatte allerdings die angesetzten Produktionskosten weit überschritten und den Regisseur in Misskredit gebracht. Umso kostengünstiger und schneller entstand dann in nur wenigen Wochen im Winter des Jahres 1936 im Ufa-Atelier in Neubabelsberg Ucickys nächster Film „Savoy-Hotel 217“, der in einer Wiederaufführung im Jahr 1950 dann den etwas reißerischeren Titel „Mord im Savoy“ verpasst bekam. Das Leinwandpaar Hans Albers und Brigitte Horney sollte danach übrigens noch ein zweites Mal gemeinsam vor der Kamera stehen, sieben Jahre später im teuersten Film des Dritten Reiches, Josef von Bakys „Münchhausen“.

Mord im Savoy (Savoy-Hotel 217)Im Jahr 1911 wartet die Tänzerin Natasja Andrejewna Daschenko (Brigitte Horney) im Edel-Hotel Savoy in Moskau auf die Scheidungspapiere von ihrem Rechtsanwalt Schapkin (Jakob Tiedtke). Währenddessen wird sie von ihrem Noch-Ehemann Fedor Fedorowitsch Daschenko (Alexander Engel) noch immer eifersüchtig beäugt, zumal sie ihr Begleiter Sergej Gawrilowitsch Schuwalow (René Deltgen) unverblümt zu umgarnen scheint. Auch Andrei Antonowitsch Wolodkin (Hans Albers), der Chef-Kellner des Hotels, hat eine bewegte gemeinsame Vergangenheit mit Natasja. Während sie Schapkin zu einer gemeinsamen Besprechung in ihrem Hotel-Zimmer Nr. 217 empfängt, möchte sie ausschließlich von Wolodkin bedient werden. Dessen langjährige Freundin Anna Fedorowna Orlowa (Käthe Dorsch) ist gleichermaßen eifersüchtig und hat bei Filou Wolodkin auch reichlich Anlass dazu. Als er mit dem neuen Zimmermädchen Darja (Gusti Huber) zu schäkern beginnt, will Orlowa das Mädchen kurzerhand wieder vor die Tür setzen. Wolodkin macht sich aber für sie stark und verbringt sogar den Abend gemeinsam mit Darja. Doch wenig später fallen Schüsse im Savoy-Hotel, die Tänzerin Natasja wird tot in ihrem Zimmer aufgefunden. Als Täter kommen gleich mehrere in Frage…

Mord im Savoy (Savoy-Hotel 217)Ein noch immer recht unterhaltsamer Kriminal- und Liebesfilm, der durch die herausragenden darstellerischen Leistungen von Hans Albers, Brigitte Horney und Gusti Huber besticht. Spannend, aber zwischendurch auch immer wieder locker-komisch in seinen Gesangs- und Varietészenen (Hans Albers darf hier beispielsweise den Klassiker „In meinem Herzen, Schatz...“ intonieren, dessen Titel Hans-Christoph Blumenberg 1989 auch für seine Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm über Albers verwendete). Gustav Ucicky hält das Interesse seiner Zuschauer durchgehend wach und kann geschickt verbergen, dass ausnahmslos im Studio gedreht wurde. Die DVD-Erstveröffentlichung, die Pidax-Film nun in Zusammenarbeit mit der Murnau-Stiftung herausgebracht hat, bietet ein gutes Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,19:1) und einen für seine Entstehungszeit auch noch sehr gut verständlichen deutschen Originalton (in Dolby Digital 2.0 Mono). Optional sind eine Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte und deutsche Untertitel für Hörgeschädigte verfügbar. Die weiteren Extras umfassen eine kleine animierte Bildergalerie, den kompletten Cineromanzo „L’anello tragico“ als PDF im DVD-ROM-Teil der Scheibe sowie den auf 12 Seiten erweiterten Nachdruck des „Illustrierten Film-Kuriers“ (Nr. 2473) zum Film, der neben einer umfangreichen Inhaltsbeschreibung, zahlreichen Fotos und Creditangaben auch den eingangs erwähnten filmhistorischen Text von Anne Siegmayer enthält.

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