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Die Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA - Folge 2 »Der Frosch mit der Maske«

Edgar Wallace bei EUROPADie Adaption des Respekts - Edgar Wallace bei EUROPA
Folge 2 »Der Frosch mit der Maske« 

G. Walt: Ich möchte mal bei Edgar Wallace bleiben, diese Serie die Sie 1983 für EUROPA gemacht haben. Da haben Sie sich sehr dicht an der Vorlage gehalten. Übrigens als Einziger, der diese Krimis je adaptiert hatte. Gab es einen Grund dafür?
H.-G. Franciskowsky: Immer der Respekt vor dem Autor, dem Erfinder. Wenn ich einen Roman geschrieben habe, möchte ich nicht, dass das Werk von irgendwem verhunzt wird, sondern soweit wie möglich Original bleibt. Denn nur das Original ist das originäre daran.
Der Frosch mit der MaskeKein anderer setzte Wallace origineller um als Franciskowsky. Zumindest im Hörspiel gilt das bis heute. Auch wenn der Hörplanet nun ebenfalls auf Wallace-Originalität verweist, so haben doch die Werke nicht die Genialität der EUROPA-Werke aus den 80er Jahren. Schon gar nicht was die Kunst angeht, den Hörer zu fesseln und knackig zu unterhalten. Nicht zuletzt aus diesem Grunde werde ich mich der Serie nochmal widmen. Ausführlich. Inzwischen erschienen die Hörspiele auch bei Streamingprotalen wie Spotify und sind so allen zugänglich. ich empfehle sie wärmstens.
 
 
Handlung:
Inspektor Genter schleust sich in die Organisation der Frösche ein. Eine berüchtigte Bande. Er stirbt noch bevor er seinen ersten Auftrag annimmt um den Chef der Bande zu enttarnen. Wer ist der Frosch mit der Maske? Der Hilfsdirektor der Staatsanwaltschaft Richard Gordon nimmt die Ermittlungen zusammen mit Inspektor Elk auf.

Dabei verliebt er sich in Ella Bennett. Ihr Vater John Bennett führt ein merkwürdiges Leben. Jeden Tag bricht er auf, doch niemand weiß genau wohin er geht um zu arbeiten. Ihr Bruder John Bennett ist ein Träumer. Er träumt vom großen Geld ohne viel dafür tun zu müssen. Dabei überschreitet er die Grenzen des Gesetzes. Gordon ahnt nicht, dass der Frosch die Familie Bennett im Visier hat und sich ebenfalls in Ella verliebt hat. Der Verbrecher tötet jeden, der sich dem Mädchen nähert. So gerät auch Gordon ins Fadenkreuz der Frösche.

Klappentext:
Ein unheimlicher Verbrecher macht in London von sich reden: Der Frosch mit der Maske. Schonungslos mordet er, wenn ihm jemand in die Quere kommt. Vor allem dann, wenn sich jemand dem Mädchen nähert, das er liebt. Doch das ahnt Richard Gordon nicht, als er Ella kennenlernt ... (EUROPA)

Meinung:
Die zweite Ausgabe von Franciskowsky´s Wallace ist etwas dünner geworden als die "toten Augen". Diesmal kommen gar nur 41 Minuten zusammen. Dabei hätte es gerade dem Frosch gut getan, etwas mehr Fülle zu bekommen. Denn das Hörspiel krankt grundsätzlich an zwei Dingen. Zum einen ist der Frosch nur zu leicht schon im Voraus durch den Hörer  zu enttarnen, weil man seine Stimme heraushört und zweitens ist die Zahl der Verdächtigen sehr gering. Am Ende bleibt tatsächlich nur noch einer übrig, der der Frosch sein kann. Was man dem Hörspiel zu Gute halten kann ist die temporeiche Inszenierung. "Der Frosch" liebt weniger Details als die "toten Augen", mag aber auch seine Charaktere. So nimmt man sich Zeit für die Zeichnung der Familie Bennett.

Vor allem Ray Bennett wird näher betrachtet. Er gerät auf die schiefe Bahn, ist ein Träumer und Spieler. Schließlich wird er des Mordes verdächtigt. Der Frosch versteht es seine Leichtfertigkeit zu nutzen um ihn als Werkzeug einzusetzen. Er will an dessen Schwester Ella heran und sie heiraten. John Bennett ist die eigentliche geheimnisvolle Figur. Doch er geht in der Kürze des Hörspiels etwas unter. Erst am Ende gewinnt sein Part nochmal an Bedeutung als er seinem Sohn als mutmaßlichen Mörder gegenüber steht. Die Inszenierung ist noch mal ein ganzes Stück flotter als bei den "toten Augen". Es gibt einiges mehr an Action, aber auf wesentlich kürzeren Strecken. Das Finale ist weniger gehetzt als im ersten Teil. Aber auch hier wird auf Tempo gedrückt. Die Musik ist wieder sehr facettenreich und ideal für einen Krimi dieser Art.

Die Schwierigkeit ist immer einen literarischen Stoff kommerziell zu vermarkten, besonders wenn der Stoff sehr alt ist. Franciskowsky verschweigt auch hier in welcher Zeit das Hörspiel spielt, lässt aber die Treue zum Original (wenn auch mit etlichen Kürzungen) bestehen. Die Figuren Maitlant, Johnson und Elk geraten daher etwas in den Hintergrund, obwohl sie von Natur aus interessanter sind als die wirklichen Protagonisten. Der Roman trägt dem Rechnung. Die Verfilmung von 1959 hält sich ebenfalls eng an den Roman, wertet doch das Ganze noch mit einer Gansgtergeschichte auf. So bekommt der Frosch eine eigene Vergangenheit und ist nicht bloß nur der Biedermann und Buchhalter, dem nichts im Leben gelingt.

Gedanken:
Die Verlobung: Ella und Gordon verloben sich während der Geschichte still und heimlich. Als der Vater nach Hause kommt sagt Ella wie selbstverständlich: "Vater, wir haben uns verlobt". Das erinnerte ein wenig an die "toten Augen" und Holt's Antrag an Miss Ward. Doch hier lässt Franciskiwsky im Vorlauf einige Andeutungen fallen, die Ella und Gordon bereits zuvor als Paar vermuten lassen. Jedenfalls gibt es einige Zeitsprünge im Hörspiel, die vermuten lassen, dass Ella und Gordon sich hier näher kennengelernt haben könnten. Jedenfalls kam ein Antrag zu Wallace Zeiten einer Verlobung gleich, wenn er angenommen war.

"Die Kunst glücklich zu sein, besteht darin keine Bedürfnisse zu haben": Was Wallace sich wohl gedacht hat, als er Johnson den Satz in den Mund legte? Wallace selbst jedenfalls hatte viele Bedürfnisse als Spieler. Diese spiegeln sich womöglich eher in der Figur des Ray Bennett wieder, der hier von Johnson beeindruckt, nie den richtigen Weg findet.

"Ich bin Hilfsdirektor der Staatsanwaltschaft": Richard Gordon stellt sich als solcher vor. Gibt es so was  Einen Hilfsdirektor der Staatsanwaltschaft. Man kennt wohl einen Staatsanwalt selbst, der auch mal die Ermittlungen führen kann und es sowieso tut. Aber einen Hilfsdirektor. Ich meine entweder ist man Direktor oder nicht? Aber warum macht das Wallace? Und wieso übernimmt Franciskowsky das genau so? Ich vermute dass dem Hörspielautoren auch kein besserer Begriff einfiel. Und aus dem Hilfsdirektor einen Inspektor zu machen, hätte für Franciskowsky wohl einen zu deutlichen Eingriff in die Vorlage bedeutet. Also bleibt es beim Hilfsdirektor. Womöglich hat Wallace aber einen Director of the Public Prosecutor's Office, also einen richtigen Drektor gemeint. Die Übersetzung ins Deutsche ist manchmal ungnädig und der Respekt vor dem Autoren dort wohl weniger ausgeprägt als bei Franciskowsky. In der Verfilmung von 1959 war man schlauer. Man hat einfach den Direktor gestrichen und einen Detektiv aus ihm gemacht. Und aus Sergeant Elk wurde ein Inspektor und damit der eigentliche Yard-Ermittler.

"Ich bin nur Sergeant. Das Schicksal war in Punkto Beförderungen immer grausam gegen mich": Das sagt Sergeant Elk, als Ray Bennett ihn versehentlich als Inspektor vorstellt. Im Film von 1959 war ihm dann endlich die Beförderung gegönnt. Dagegen hat man Gordon dort zum Detektiven degradiert. Elk ist übrigens eine Figur die in Wallace ´s Romanen öfter vorkommt.

Uwe FriedrichsenDie Sprecher:
Einige Sprecher aus den "toten Augen" sind auch hier zugegen. Wolfgang Völz sprach noch den Verbrecher Reverend Daerborn und ist jetzt der Sergeant Elk. Das zeigt wie facettenreich und wandlungsfähig der Schauspieler ist. Erst der düstere Daerborn, dann der ulkige und muntere Elk. Beide Rollen sind dabei höchst wahrscheinlich zeitgleich aufgenommen worden, was es umso erstaunlicher macht. Der Ermittler Gordon wird von Uwe Friedrichsen gesprochen. Für ihn ein Routine-Job und eine übliche Rolle. Er verkörperte die Helden bei EUROPA stets überzeugend ("Perry Rhodan"). Dabei musste er nicht viel ändern. Der Facettenreichtum eines Darstellers kommt ja immer erst beim Kontrast zwischen Gut und Böse zum Vorschein. Friedrichsen war zumindest bei EUROPA immer der Gute. Er passte aber gut auf die Rolle eines jungen und dynamischen Ermittlers, der nicht allzu draufgängerisch daherkam. Die Völz-Tochter Rebecca übernahm die Rolle der Ella. Auch für die eher Routine. Wolfgang Kieling übernahm die Rolle des Johnson. Der grandiose Schauspieler ist leider nur allzu deutlich heraus zu hören unter der Maske des Frosches. Ein verstellen der Stimme hätte der Spannung gut getan, wie man es z.B. später beim "roten Kreis" machte, wo man die Stimme Manfred Steffens wählte um den Mörder nicht zu verraten. Also einen anderen Sprecher wählen, wäre eine Möglichkeit gewesen. Eventuell jemanden, der nur eine kleine Rolle inne hat und schon im Studio ist. Paul Edwin Roth war in den "toten Augen" noch Sir John. Hier spricht er den Vater John Bennett. Ray Bennett wird von Michael Harck gesprochen, der den Typus des jungen Burschen öfter übernahm. Grusel-Experten kennen ihn als Zeitansage bei Larry Brent.

Cover:
Beim Cover tat man sich diesmal schwer. Ein schreiendes Mädchen in dunkler Hafengegend. Da ist das Schreien wohl eher etwas verunglückt. Um etwas Thrill in das Bild zu bringen hat man dann wohl die Pistole dazu gemalt um auch die letzten Zweifler davon zu überzeugen, dass dies ein Krimi ist. Doch so stark abgegrenzt in einem Kästchen ist die Bedeutung der Pistole eher schleierhaft. Ich finde das man hier gepatzt hat. Ein schöneres Cover ist da Maritim bei seiner gleichnamigen Vertonung gelungen.

Parallelen:
Wolfgang Völz (hier als Sergeant) spielte auch einmal in einem echten Wallace Film mit. "Der grüne Bogenschütze" (1960). Auch dort mimte er einen Sergeant. Auch Uwe Friedrichsen beehrte in "Der Gorilla von Soho" einmal einen Wallace-Film als Assistent des "Inspektors" Horst Tappert.

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