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Die Klagenfurter Kneipen-Krimis, Johannes Heyn und ›interfiktive Heftromane‹

KKK - Klagenfurter Kneipen-KrimisJohannes Heyn und
›interfiktive Heftromane‹

Zu »Lindwurmtöter«, dem im Oktober 2006 im ›Eigenverlag Roland Zingerle‹ herausgegebenen zweiten Heft der Klagenfurter Kneipenkrimi-Serie, wurde für Marketingzwecke ein PR-Kurzfilm gedreht. Der Kärntner Regionalsender KT1 war mit dem Vorschlag, einen Werbespot für die neu etablierte Publikation herstellen zu wollen, an den davor selbst in der Public Relations-Branche tätigen Schriftsteller Roland Zingerle herangetreten. (Zur Vorgeschichte siehe auch: „Die Anfänge des Kneipen-Krimis ")

 

Lindwurmtöter Mit einem Zuschuss von 300 Euro aus Zingerles Kasse wurde ein 3-Minuten-TV-Bericht angefertigt, in dem der Autor selbst, sein Inseratenverkäufer Franz Pölzl (in der Einstiegssequenz rechts im Bild) und Ewald Stermitz als „Lindwurmtöter“-Mordopfer Matthias Gottschamel Auftritte hatten.

MMag. Roland Zingerle schrieb mir zu diesem Thema:
Ewald Stermitz ist der Vater eines Studienkollegen und hat sich dazu bereit erklärt, sich eine Woche lang nicht zu rasieren, um den Stadtstreicher Gottschamel mimen zu können. Herr Stermitz wurde für eine Szene am Lindwurmbrunnen angekettet, kniete am Boden und hatte einen Plastiksack über den Kopf gezogen. Die Vorrübergehenden, z.T. nicht wenig irritiert, machten allesamt einen großen Bogen um den Drangsalierten.
Der Kneipenkrimi-Beitrag lief eine Woche lang auf KT1 und kann hier abgerufen werden.

Die von Zingerle erhoffte Resonanz auf den Spot, z.B. Rückmeldungen von Leserinnen und Lesern seiner Krimis oder von neugierig gewordenen Zaungästen der Dreharbeiten blieb jedoch aus.


Verleger Achim Zechner 1.) Der "Soundtrack" und der Weg zu Heyn
Das als Hintergrundmusik im Promofilm verwendete Instrumentalstück hatte ein mit dem Schriftsteller befreundeter Hobbymusiker namens Bernhard Wohlbang komponiert. Dieses „offizielle Kneipenkrimi-Lied“ wurde u.a. auch bei Zingerles Lesungen, als Homepage-Musikuntermalung bzw. als Backgroundnummer bei Radio-Interviews mit dem Germanisten eingesetzt.

Ein weiterer guter Bekannter des zweifachen Magisters, der Journalist und Gitarrist Christian „CHL“ Lehner schuf darüberhinaus einen Kneipenkrimi-Song mit dem Titel „Augen wie ein Adler“, der im Stil der klassischen 1970er-/1980er-Jahre Austropopmusik (~ Ambros / Fendrich / Danzer) eingespielt und eingesungen wurde.
Dieses Fünfminuten-„Loblied“ auf die zwei Kneipenkrimi-Freizeitdetektive Hubert Pogatschnig und Ludwig Melischnig kam bei Liveauftritten Lehners im Rahmen der Heftpräsentationen zum Vortrag und ist auf CHLs Homepage anspielbar.

Nachdem auch Roland Zingerles zweiter in Eigenregie produzierter Kneipen-Krimi rasch Werbekunden und Fans gefunden hatte, dauerte es nur noch Tage bis mit „Johannes Heyn“ eines der Kärntner Verlagshäuser die Heftserie unter seine Fittiche nahm: Verlagsleiter Achim Zechner hatte zu dem Zeitpunkt die Geschäftsführung von seiner Mutter übernommen und versuchte nun mit dem Zukauf der außergewöhnlichen Interfiktionskrimis etwas frischen Wind in den Betrieb zu bringen.

Zingerle, der seine zusammen 2.500 Romanexemplare bis dato nicht mit Gewinn absetzen hatte können, fand während des zweiten Vorsprechens bei den Klagenfurter Verlegern mit „Heyn“ einen finanziell vergleichsweise potenten Vertriebspartner:
Es war mein Ziel, die Herstellungskosten der beiden ersten Hefte mit den Werbeeinnahmen abzudecken, so dass die eigentlichen Verkaufserlöse das Zubrot darstellen sollten.
Nur: Die ersten Kneipen-Krimis, die ich noch selbst veröffentlicht habe, waren weit von jeglicher Kostendeckung entfernt.
Der Verlag Heyn - formell 1881 vom aus Bremen stammenden Buchhändler Johannes Heyn gegründet - ist ein Familienunternehmen, das u.a. Lieder- und Rezeptsammlungen, Werke zeitgenössischer österreichischer Künstler sowie Arbeiten zur Kärntner Geschichte und Volkskultur herausgibt.

Noch im Oktober 2006 folgte eine erste Abmachung zwischen Roland Zingerle und Achim Zechner über vier neu zu schreibende Klagenfurter Kneipen-Krimis für das kommende Kalenderjahr.
Mit dem Erwerb der "humoristischen Kärntner Regionalkrimis im Groschenheftformat" (= die Genre-Einordnung durch den Autor) ging allerdings keine breitere Verstärkung des Verlagsprogrammes in Richtung populäre Spannungsliteratur einher: Heftromane außerhalb der unnachahmlichen Pogatschnig-Detektivserie gab es bei Johannes Heyn bisher nicht.


Buchladen Heyn mit  Kneipenkrimi-Anschlägen2.) Teamwork
Im Jahre 2007 verfasste MMag. Zingerle die Nummern 3 bis 6 des Klagenfurter Kneipen-Krimis, die ab sofort in einer Auflage von 5.000 Stück pro Band erschienen.

Zu den Titeln der Geschichten und zu weiteren Details – siehe die dazugehörige Liste; über die Promotion und über die Verfügbarkeit der Krimis folgen demnächst ergänzende Artikel.

Zingerle, der mühsamen Heftzustellungsfahrten zu den Buchläden bzw. der Auslieferungsgänge zu anderen Verschleißstellen enthoben, vermerkt:
„Heyn“ hatte es beim Vertrieb natürlich leichter, da das neue Produkt über die bereits bestehenden Kanäle ausgeliefert wurde und damit ein viel breiterer Markt bedient werden konnte. Auch die Herstellung war für den Verlag günstiger, da er bei seinem Grafiker und seiner Druckerei bessere Konditionen bekam.
Eine Vorgängergesellschaft der Druckerei Theiss, bei der die Kneipen-Krimis Nr. 3 bis Nr. 18 angefertigt wurden, hatte selbst schon einige Jahrzehnte davor Heftromane publiziert: Der nach einem Generationswechsel bzw. nach einer Geschäftsfortführung längst aufgelöste Verlag „Ploetz & Theiߓ war mit den Abenteuer-Heftreihen „Roman der Woche“ (ca. 1947) und dem „S 1,50 Roman“ (= „Schilling 1,50 Roman“, ca. 1950) Kärntens führender Nachkriegs-Groschenheftproduzent gewesen.

Lektoriert wurden die neuen Stories über Heyn bzw. Band Nr. 8 von Susanne Schubarsky, einer Villacher Krimischriftstellerin, die kurzfristig einspringen musste, da die "diensthabende" Lektorin zu dieser Zeit mit anderen Projekten eingedeckt war.

Für das Layout, die grafische Gestaltung und die Titelbildmontagen konnte nach der Kooperation mit Johannes Heyn ab 2007 auf die Dienste des Verlagsgrafikers Reinhold Grimschitz zurückgegriffen werden – siehe dazu auch die Covergalerie mit den Heftumschlagsbildern.

Nicht mehr weitergeführt wurden die von Roland Zingerle eigens für die  jeweiligen Auftraggeber getexteten, gezielt dem Krimigenre angepassten Werbeanzeigen: Die Inserenten lieferten ihre – jetzt ohne Zutun des Autors – selbst erarbeiteten Annoncen für die Heftromane direkt an Achim Zechner ab. Der Chef persönlich war für die Einschaltungen in die Serie verantwortlich und bemühte sich an Stelle von Franz Pölzl, neue Sponsoren zu gewinnen.
Ursprünglich war Herr Pölzl noch mit im Boot, der als freier Inseratenverkäufer stets versucht hatte, seinen Anzeigenkunden Paketeinschaltungen für mehrere Medien anzubieten. Heyn hatte verständlicherweise kein Interesse an dieser Vorgehensweise und die Zusammenarbeit mit meinem wichtigsten Mitstreiter der Anfangsphase wurde beendet.
Die Spanne der Auftraggeber von Anzeigenschaltungen in den Kneipen-Krimis reichte von überregionalen Banken über Klagenfurter Eisdielen bis hin zu hiesigen Grabsteinhändlern.
Die zusätzlichen finanziellen Beiträge der „Interfiktionsgäste“ (siehe unten) gingen ausschließlich an „Johnannes Heyn“, nachdem ein recht komplizierter Aufteilungsschlüssel für die einlangenden Gelder der Roman-Mitwirkenden zwischen Zingerle und dem Verlag in Pauschalzahlungen an Ersteren umgewandelt wurden.

Das starke Engagement Heyns führte die Klagenfurter Kneipen-Krimis in der Tat erstmals in die Gewinnzone: Der – selbstredend auf das Einzugsgebiet Kärnten beschränkte – Erfolg der amüsanten Pulp-Publikation hielt an und sicherte MMag. Zingerle mühelos noch drei weitere Jahresverträge mit Achim Zechner.


DEr Autor Zingerle3.) Interview-Auszüge: „Mitbestimmung“ im Kneipen-Krimi
Auch nach dem Start der Zusammenarbeit mit Johannes Heyn wurde das bereits im Einleitungsartikel erwähnte Interfiktions-Literatur- und Werbekonzept Zingerles für alle folgenden Romane beibehalten: Einzelpersonen, Unternehmen (meist: Gaststätten) oder Konsumgüter konnten weiterhin in die Hefthandlung eingekauft werden.

Statisten waren nun nach Bezahlung von 45 Euro als sie selbst, als „Nebenhelden“ in den Krimis mit von der Partie. Die Beträge, die Ladenbesitzer oder Firmen beizusteuern hatten, lagen je nach Umfang der Beteiligung an der Erzählung deutlich darüber.
Vor allem zu Beginn haben mich einige meiner Freunde unterstützt, die sich und ihre Familien sukzessive als Romanakteure in die Hefte einschreiben haben lassen. Später folgten noch Bekannte meiner Frau – alles eingefleischte Kneipen-Krimi-Fans; aber der Großteil der Interfiktionskunden kam "von außen".
Nach der meist telefonischen Kontaktaufnahme der potentiellen "Heftgäste" mit Roland Zingerle befragte dieser seine Story-Einsteiger nach deren Aussehen, nach Vorlieben und Eigenheiten oder ob es spezielle Wünsche der Einzuarbeitenden gab: Z.B., ob diesen im Krimi etwas Besonderes zustoßen sollte:
Was mich dabei über all die Jahre hinweg am meisten erstaunte: Es kamen kaum Anregungen von Seiten der Auftraggeber. Sie erwarteten im Gegenteil, dass mir etwas Originelles einfallen würde. Unterbreitete ich dann konkrete Vorschläge, war tatsächlich jeder einzelne von ihnen von meinen Ideen begeistert.
Persönlichen Kontakt zu den in den Kneipenkrimis dargestellten „Mitmischern“ gab es häufig erst bei den Heftpräsentationen, wo Zingerle nachträglich seine lebenden Romanfiguren kennenlernen konnte:
Viele Gastrollen im Klagenfurter Kneipen-Krimi waren für Dritte als besonderes, als nicht alltägliches Geburtstagsgeschenk gekauft worden. Keiner von den so Beschenkten hatte eine Ahnung davon, dass sie oder er in den Geschichten vorkommen würden. Bei den Präsentationslesungen, zu denen sie eingeladen wurden, habe ich die jeweiligen Textstellen über diese Personen vorgetragen und die meist völlig Überrumpelten damit überrascht.
Krasse inhaltliche Wünsche der Interfiktionskundschaft, die z.B. in Richtung exzessive Gewalttätigkeit oder dreiste Geschmacklosigkeit gegangen wären, gab es nicht:
Ich habe immer betont, dass ich jeden „Auftragsmord“ ablehne, der einen Dritten betrifft; also wenn z. B. jemand seinen Vorgesetzten in der Erzählung killen wollte. Dabei hatte ich weniger moralische Bedenken, sondern viel mehr juristische: Immerhin wäre ich – sozusagen als „Schreibtischtäter“ – haftbar gewesen.
Bei Geschäftsleuten, die in die Krimihandlung verstrickt wurden, musste selbstverständlich bis zu einem gewissen Grad auch auf das Prestige und das Image des Unternehmers Rücksicht genommen werden:
Entweder, indem das eigentliche Verbrechen in einem erfundenen Betrieb der gleichen Branche stattfand – was die Seriosität des Kunden hervorhob – oder indem der Auftraggeber zwar anfangs verdächtig, dann aber doch unschuldig war.
Dass die Inhalte der Kneipen-Krimis auf Vorstellungswelten allzu seriös-konservativer Wirtschaftstreibender hingebogen wurden oder dass gewagtere Einfälle (der biederen Finanziers wegen) nicht mehr gebracht werden konnten, kann man dem diesbezüglich wenig zimperlichen Autor nicht vorwerfen:

Die Tochter einer Mitwirkenden musste z.B. aus plot-technischen Gründen kurzerhand als „Handtaschendiebin“ herhalten und einem im Krimi eingebauten Klagenfurter Gastronomen wurde aus ähnlichen Motiven eine Vergangenheit als Legionär angedichtet:
Im 13. Roman – „Mordbuben“ habe ich einem Caféhausbesitzer die Rolle eines ehemaligen Fremdenlegionärs zugedacht. Ich brauchte die Figur als väterlichen Freund von Chefinspektor Leopold Ogris.
Herr G., selbst natürlich nie bei der Fremdenlegion aktiv, hat zum Glück nichts dagegen einzuwenden gehabt.

4.) Die Abwicklung eines ausgesuchten Interfiktions-Auftrittes
Bei einer Besprechung zwischen Verlagseigner Achim Zechner und dem Klagenfurter Juwelier Max Habenicht wurde gemeinsam projektiert, den jüngsten Bijouterie- und Markenuhren-Prospekt des Schmuckexperten für den 6. Klagenfurter Kneipen-Krimi („Seelenverkäufer“) an insgesamt 2.000 Heftexemplaren in Form eines Zusatzumschlages anzubringen.

Max habenicht Max Habenicht, der bei seinen vorherigen Promotions-Tätigkeiten noch keinerlei avancierte PR-Methoden eingesetzt hatte, erläutert die Vorgänge vier Jahre danach in einer Mail-Zuschrift:
Die damals in Klagenfurt stark präsenten Kneipen-Krimis waren die idealen Träger für meine Werbebotschaften, da sie beim Lesen einfach länger in Händen gehalten werden, als dies sonst bei klassischer Reklame der Fall ist.
Ich habe vorab über die Firma Heyn 1.700 Hefte mit Zusatzcover für meine Stammkunden angefordert und auf Vorrat weitere 300 Nummern mit Doppelumschlag bestellt. Letztere wurden gekauft, um sie später in meinen beiden Geschäften an Besucher zu verteilen.
In den Vorbereitungsgesprächen mit Herrn Zechner kristallisierte sich heraus, dass es eine Bereicherung für das Projekt wäre, wenn ich auch als „Romangast“ in der Geschichte mitwirken würde. Das geschah insbesondere deshalb, um eine direkte Verknüpfung mit meiner Ringe- und Uhren-Werbung herzustellen.
Die zusätzlichen Außenblätter, die zusammen von Johannes Heyn und den Lieferanten Max Habenichts gestaltet wurden, können en detail unter Punkt 3 in der „Klagenfurter Kneipen-Krimi Bildergalerie“  betrachtet werden.

Eine Besprechung zum genauen Ablauf des interfiktiven Einsatzes von Max Habenicht fand im Augsut 2007 in dessen Unternehmensszentrale in der Bahnhofsstraße statt:

Roland Zingerle hatte sofort nach Zustandekommen der Abmachung mit dem Schmuckanbieter seine „Seelenverkäufer“-Exposéhandlung entsprechend erweitert und jetzt einen Diamantenschmuggel in die Story um ein mysteriöses Wörthersee-Schiff mit eingeflochten: In der neuen Variante sucht Chefinspektor Leopold Ogris einen „Juwelier Max Habenicht“ auf, um sich von diesem den Wert beschlagnahmter Schmuggelbrillianten bestimmen zu lassen.

Die Unterredung zwischen dem Sachverständigen Habenicht und dem Kommissar im Roman spielte sich dabei in etwa so ab, wie sie davor zwischen dem realen Juwelier und seinem Gast, MMag. Zingerle geführt wurde.

Der freischaffende Autor im O-Ton:
Herr Habenicht hat für seine Handlungsteilnahme größte Aufmerksamkeit darauf verwendet, alle fachspezifischen Angaben und Kriterien zur Farb- bzw. zur Reinheitsbestimmung von Diamanten möglichst anschaulich wiederzugeben. Es war ihm ein zentrales Anliegen, dass sämtliche Vorgänge während einer Expertise im Heft korrekt dargestellt werden.
Mir persönlich blieb dieser Besuch auch deshalb in besonderer Erinnerung, da ich Brillianten – allesamt ernüchternd kleine Splitter – im Wert von mehreren 10.000 Euro in Händen halten durfte.
Zur Vervollständigung seiner Informationen wurde vom Edelstein-Gutachter eine Grafik über die „Qualitätskriterien eines Vier-Carat-Diamanten“ für die Erzählung zur Verfügung gestellt – Skizzen, die später im 6. Kneipen-Krimi seitenfüllend mit abgedruckt wurden.


5.) Die Habenicht-Extraausgabe von „Seelenverkäufer“
Rückseite mit Zusatzumschlag Wie alle in der Serie ab Heft Nummer 4 mit eingebauten Individuen, Betriebe oder Konsumprodukte kamen auch die Namen „Max Habenicht“ und die dreier bekannter Uhrenmarken, die er Chefinspektor Ogris im Laden anpreist, in einer Schriftart zur Veröffentlichung, die sich von der Typographie des Haupttextes deutlich abhebt.

Diese Akzentuierungen hatten nicht nur den Zweck, den Lesern klarzumachen, dass es sich dabei um wirkliche Menschen und tatsächlich erwerbbare Waren handelt: Auch juristische Implikationen spielten eine Rolle, da die Kenntlichmachung von Reklame laut Mediengesetz verpflichtend ist.

Die in früheren Bänden verwendete Kursivschrift für alles „interfiktiv Eingekaufte“ hätte theoretisch auch als eine inhaltliche Hervorhebungen gewertet werden können, weshalb der Verlag statt der kursiv gesetzten Namen bzw. der als zu aufdringlich empfundenen Fettschrift eine andere typographische Zeichensetzung für die Roman-„Mitmischer“ auswählte.

Mit Erscheinen des offiziellen 6. Klagenfurter Kneipen-Krimis wurden zeitgleich Max Habenichts „Spezialausgaben“ mit den ausklappbaren Werbeumschlägen und mit dem vom Juwelier verfassten Vorwort per Post an die 1.700 Personen aus seiner Kundenkartei verschickt.

Die übrigen 300 Exemplare (sonst zum regulären Preis von Euro 2,90 pro Nummer erhältlich) kamen wie geplant in den Filialen gratis zur Verteilung, wo sie im November restlos an die „Laufkundschaft“ ausgegeben wurden.

Habenichts Fazit zu seiner ungewöhnliche Postwurf-Aktion mit Romanheften als Geschenk an potentielle Käufer(innen) nimmt sich heute erkennbar positiv aus
Dank-Mails oder Anrufe nach diesen Zusendungen langten zwar nicht bei uns ein, da die Empfänger bei solchen Dingen generell sehr zurückhaltend reagieren. Während der Verkaufsgespräche im Fachgeschäft haben uns Stammkunden aber wiederholt auf diese Initiative bzw. auch auf meine „Gastrolle“ in der Geschichte angesprochen. Besucher, Bekannte und Freunde haben mir zur Werbekampagne durch die Bank eine gute Resonanz vermittelt
Das Gesamtpaket fiel letztlich deshalb so ansprechend aus, da die Krimis sehr stark lokalbezogen ausgelegt waren und daher auch eine klar fokussierte regionale Werbewirksamkeit gegeben war.
Zwei Jahre danach, im Herbst 2009 wurde bei Heyn – nach dem Erfolg der vorangegangenen Kooperation – für „Die Patin“, den 14. Kneipen-Krimi erneut ein literarischer Auftritt eines Klagenfurter Juweliers angedacht: Max Habenicht sollte nach bewährtem Muster für eine Involvierung in die Handlung um Diamantendiebe und die „Anziehungskraft von Pretiosen“ gewonnen werden.

Darüber hinaus wurde noch über den neuerlichen Erwerb einer Heft-Teilauflage mit eigenen Bijouterie-Deckblättern als ein zweites Anliegen Achim Zechners verhandelt.

Da der Schmuck- und Uhrenfachmann aufgrund der Wirtschaftkrise und den damit einhergehenden Einnahme-Rückgängen sein Werbebudget jedoch massiv reduzieren musste, kam aber keine der beiden vom Verlag erhofften Beteiligungen zustande.


6.)
Andere heraus ragende Interfiktions-"Statisten"
Auch Politikern wäre es theoretisch gestattet gewesen, sich in die Kneipen-Krimis einpflegen zu lassen, um dort Propaganda für sich, für ihre jeweilige Partei oder für ein konkretes Vorhaben zu betreiben. Da aber keiner der Kärntner Bürgerinitiativen-Vertreter, keine Abgeordnete und kein Amtsträger diese Möglichkeit genutzt hatte, kam MMag. Zingerle auch nicht in die Verlegenheit, über deren Miteinbeziehen oder Nicht-Mitwirken entscheiden zu müssen.

KHauptsponsor der Klagenfurter Kneipenkrimis war bis einschließlich Band Nr. 10 die Brauerei Schleppe; treuester Nebensponsor der „Kulturwirt Joainig“ aus der Wörthersee-Gemeinde Pörtschach.
Die Joainig-Inhaber, Kurt und Maria Eisler hatten sich als einzige Interfiktionsgäste in jeden einzelnen der 19 Romane aufnehmen lassen:
Der „Joainig“ war einer der Mitgliedsbetriebe des Projekts „Kärntner Kulturwirt“, das ich seinerzeit für das Bildungswerk geleitet habe. Mit dem Wirt Kurt Eisler verstehe ich mich seither ausgesprochen gut.
(= Links im Bild mit Gattin Maria und mit Inseratenverkäufer Franz Pölzl.)
Abgesehen von unserer Zusammenarbeit beim Kneipen-Krimi habe ich mit ihm auch Veranstaltungen in seinem Gasthaus durchgeführt und nicht zuletzt fand auch meine Hochzeitstafel beim Joainig statt.
Da der „Kulturwirt“ in Pörtschach und nicht am Handlungsort Klagenfurt ansässig ist, mussten die Helden der Romane, Hubert Pogatschnig, Ludwig Melischnig bzw. Kommissar Ogris in allen Geschichten auch mindestens einen Ausflug in die Nachbargemeinde Pörtschach unternehmen.
Inhaltlich waren diese Ausfahrten nicht sonderlich schwierig zu gestalten, zumal dem Joainig meist das letzte Romankapitel gehörte, in dem alle noch offenen Fragen beim gemeinsamen Abendessen der Protagonisten geklärt wurden.
Stellvertretend für diverse weitere lebende Akteure in den von Roland Zingerle geschaffenen Krimis seien noch ein paar besonders kuriose interaktive Teilhaber an den Fun & Crime-Stories herausgegriffen:

In Band 8 der Serie („Beton“) ließ sich z.B. Georg K. eine Rolle als aggressiver Penner, als „Lindwurm-Sandler“ auf den Leib schreiben:
K. - ein Jugendfreund Zingerles - wollte einmal völlig schräg in Szene gesetzt werden und hat sich seinen unglaublichen Auftritt tatsächlich so gewünscht, wie er dann für ihn ausformuliert wurde.

Ein Kunde namens Michael T. tritt im Kneipen-Krimi Nr. 13 unter seinem vollständigen Namen als selbsternannter "Gentleman-Gauner" in Erscheinung – eine ebenfalls reichlich gewagte Vorgabe, die der Publizist umzusetzen hatte:
Auch das war exakt Herrn T.s  eigener Wunsch. Ich denke, dass hier ein ähnliches Phänomen am Werke ist wie das Bedürfnis, sich im Fasching zu verkleiden: Ein Schlüpfen in eine Rolle, die man im normalen Leben unmöglich spielen könnte. Wollte ich mich in eine Romanhandlung einkaufen, ich würde vermutlich auch die Position des Bösewichts einnehmen; das hat doch irgendetwas.
Eine übermütige junge Dame, auf der Suche nach einem extravaganten Geschenk für ihre Freundin Martina M., ließ letztere über Roland Zingerle eine ganz besondere Ehre zuteil werden: Martina wurde in der 17. Geschichte mit dem Kneipenkrimi-Detektiv Hubert Pogastschnig verkuppelt.
Ein launiger, wenn auch eher kurzer interfiktiver Flirt: Da im Folgeband Nr. 18 keine Zahlung von Frau M. oder ihrer Freundin für eine Fortsetzung der Liaison erfolgte, wurde auch ihre rein am Papier bestehende Beziehung zu Pogatschnig schnell wieder beendet.

Christian CHL LehnerDas vermutlich drastischste Gastspiel (im 6. Kneipen-Krimi) hatte allerdings Christian „CHL“ Lehner, auf dessen Initiative u.a. auch die Veranstaltungsreihe „(Kärntner) Woche Kriminacht“ zurückgeht: Lesungen deutscher und österreichischer Kriminalroman-Schriftsteller, an denen auch Roland Zingerle mehrfach als Vortragender teilgenommen hat.
CH Lehner ließ sich in „Seelenverkäufer“ ermorden.
Er meinte, das sei ein einzigartiger Auftritt, was so gesehen natürlich auch stimmt. Wovon ich jedoch zunächst nichts wusste war, dass Christian Lehner davon ausging, er würde im nächsten Heft sozusagen „wiederauferstehen“. Seine Rückkehr unter die „Lebenden“ im siebten Roman wurde jedoch vorab so nicht abgesprochen und konnte erst im 8. Band der Serie nachgeholt werden.
Auch Roland Zingerle selbst fügte sich und Mitglieder seiner Familie mehrmals in die Krimistories ein: Denkwürdig war hier insbesondere sein Erscheinen im 11. Heft („Der überlistete Tod“), wo der Autor als Romanfigur auf seine eigene Schöpfung, auf Hubert Pogatschnig trifft und von diesem beflegelt wird.


Bildquellen:
Alle Fotos © MMag. Roland Zingerle, außer:
Die Abbildung unter Punkt 3 = Copyright Wolfgang Wagner
Das Porträtfoto unter Punkt 4 © Max Habenicht, Klagenfurt

 

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