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... Michelle Stern über Pseudonyme, Schreibwerkstätten und Meerjungfrauenporno

Michelle Stern ... Michelle Stern ...
... über Pseudonyme, Schreibwerkstätten und Meerjungfrauenporno

Michelle Stern ist eine facettenreiche Schriftstellerin. Sie ist eine Autorin, die sich in vielen Genres zuhause fühlt. Sei es in der Science Fiction (Sternenfaust, Atlan und Sunquest), in der abenteuerlichen Welt von Maddrax oder auch in erotischen Gefilden. Liebenswerterweise stellte sie sich dem Zauberspiegel zur Verfügung, um ein paar Worte über Gott und die Welt und ihren Beitrag bei FanPro zu sprechen: Atlan-Sternensplitter 3, Geheimplan Quinto-Center.

 

Zauberspiegel: Beim Betrachten deiner Homepage fiel mir sofort auf, was ich als erstes fragen muss: warum so viele Pseudonyme?  Hoffentlich kein Fall von Persönlichkeitsspaltung?  
Michelle Stern: Nein, an einer Persönlichkeitsspaltung liegt es nicht, obwohl ich je nach Pseudonym unterschiedliche Persönlichkeitsanteile besonders ausleben kann. Die Pseudonyme sind jeweils bestimmten literarischen Richtungen vorbehalten. So darf Sarah Schwartz unzüchtige Erotik verfassen und zur Tiefenentspannung der Leser beitragen, Michelle Stern begibt sich ins All und liefert Heftromane ab, und Stefanie Rafflenbeul verfasst fantastische Romane außerhalb des Heftroman-Bereichs.
Die Pseudonyme dienen der Abgrenzung. Wobei ich mit Rafflenbeul vorlieb genommen hätte, bei den Heftromanen. Doch der Redakteur von Bastei meinte, der Name sei viel zu lang. Er wollte einen Nachnamen mit weniger Silben. Deshalb entstand Michelle Stern.

Zauberspiegel: Sind die Pseudonyme willkürlich entstanden? Oder gab es da grosse Idole, die du damit ehren willst?
Michelle Stern: Obwohl ja Susan Schwartz eine meiner Lieblingsautorinnen und auf jeden Fall ein Vorbild ist, stammt der Vorschlag Sarah Schwartz witziger Weise von meiner Verlegerin im Erotik-Bereich. Allerdings konnte ich nicht Nein sagen.
Michelle Stern hat sich mein Mann ausgesucht.

Geheimplan Quinto CenterZauberspiegel: Endlich hat es eine Frau geschafft, die Männerdomäne bei FanPro zu durchbrechen. Ein paar Worte dazu?
Michelle Stern: Ich habe jede Menge weibliche Autoren bei FanPro gelesen, deshalb nehme ich an, Du meinst die Atlan-FanPro-Domäne?

Zauberspiegel: Genau.
Michelle Stern: Ich muss gestehen, ich weiß nicht, wie viele Frauen jemals Atlan geschrieben haben. Allgemein gibt es in der deutschen SF weniger Frauen als Männer. Das liegt sicher nicht am Talent, sondern am Interesse. Besonders in der Vergangenheit war PERRY der Zeit entsprechend eher an Männer adressiert, und Frauen konnten sich mit der Serie schwer identifizieren. Außerdem könnte ich jetzt eine lange Rede über Erziehung, Umwelt und den ganzen Rest halten. Das erspare ich Dir lieber. Ich freue mich jedenfalls sehr, von der Redaktion die Möglichkeit bekommen zu haben, an der Serie mitzuwirken und die weibliche Beteiligungsquote anzuheben. 

Zauberspiegel: Mache ich zuviel Aufhebens darum?   Wink
Michelle Stern: Nein, ich finde solche Fragen spannend, gerade weil ich ab dem dritten Lebensjahr ohne direkte weibliche Bezugsperson aufwuchs und selbst immer wieder Erfahrungen sammeln konnte, wie mentale Unterschiede zwischen den Geschlechtern entstehen und welche ungeschriebenen Regeln es gibt. Oft fühlte ich mich in Kindheit und Jugend zwischen rosa Röckchen und Babypuppen wie eine Methanatmerin auf Larsaf III.

Zauberspiegel: Ein herrliches Bild, das du herauf beschwörst. Holen wir noch ein wenig aus, bevor wir auf „Sternensplitter 3“ zu sprechen kommen. Ich kenne deine Arbeiten bis zu diesem Zeitpunkt nur von Maddrax her. Mit Band 262 „Route 66“ habe ich endlich den Einstieg gefunden. Ob das an deiner Schreibe lag? Mehrere vergebliche Versuche (200 & 250) schafften dies nämlich nicht.
Michelle Stern: Vielen Dank für das Kompliment. Route 66 war ein schon fast experimenteller MX. Die Grundidee des Redakteurs stellte für mich eine spannende Herausforderung dar, und ich konnte auch ein bisschen Humor unterbringen. Von daher tippe ich auf eine Kombination von Schreibe und Story.

Zauberspiegel: Bei „Sternenfaust“ bist du ebenfalls im Team der Autoren vertreten. Zwischen SF und utopischen Settings hin und her zu pendeln, scheint dir keine Schwierigkeiten zu bereiten?
Michelle Stern: Nein, gar nicht. Warum auch? Fantasie habe ich genug.

Zauberspiegel: Das finde ich toll. Ein Gut, das du erst noch mit den Lesern teilst. Auf deiner Homepage habe ich Einträge zu den Serien „Sunquest“ und „Elfenzeit“ gesehen. Wie kam es zu diesen Engagements?
Michelle Stern: Beides kam über Uschi Zietsch (Susan Schwartz) zustande. Nachdem ich an einem ihrer sehr empfehlenswerten Schreibworkshops teilgenommen hatte, fragte sie per Mail an, ob ich bei "SunQuest" mitmachen würde. Ich war begeistert. Auch für "Elfenzeit" schlug sie mich vor. In der ersten Schreibwerkstatt an der ich teilnahm, befand sich auch ein Mensch namens Marc A. Herren. Der dürfte den Perrylesern inzwischen ein Begriff sein.

Zauberspiegel: „Ein Mensch namens Marc A. Herren“! Über diese Bezeichnung musste ich grinsen. Ich lasse das nun so stehen. Mit Sicherheit wird das auch Marc ein Grinsen entlocken, falls er dies liest. Du sagst, das Seminar sei empfehlenswert. Was hast Du dort für Erfahrungen mitgenommen?
Michelle Stern: Ich habe viele interessante Menschen getroffen, die meine Leidenschaft teilen, und das hat meinen Wunsch, Schriftstellerin zu sein, verstärkt. Darüber hinaus durfte ich einiges über das Handwerkszeug des Schreibens mitnehmen.

Zauberspiegel: Hat dir dieser Besuch(oder auch mehrere davon) auf deinem Weg weitergeholfen?
Michelle Stern: Ja, sehr. Ich kann Schreibwerkstätten für alle, die ernsthaft schreiben möchten, nur anraten. Auch die letzte Schreibwerkstatt die ich besuchte, von Michael Turner und Frank Borsch, hat mir sehr gut gefallen und mich weiter auf meinem Weg unterstützt.

Zauberspiegel: Ich finde es sehr interessant, dass du dich als Autorin, die bereits veröffentlicht, auch weiterbildest. Ich nehme mal an, dass mit solchen Besuchen auch das Angehen und die unterschiedlichen Meinungen, wie man schreiben kann, sehr lehrreich sind?
Michelle Stern: Oh ja. Besonders Frank und Michael liegen überhaupt nicht auf einer Wellenlänge, was das Schreiben betrifft und hatten auch unterschiedliche Seminarvorstellungen. Aber beide Ergebnisse lassen sich mehr als sehen. Ich muss gestehen, ich fand es direkt heilsam, mal einen Menschen wie Frank Borsch kennenzulernen, der geregelt und nach Fahrplan schreibt. Mit Expos und Erzählsträngen in unterschiedlichen Farben, ganzen Extra-Programmen zum Plot und so weiter. Wenn ich Uschi Zietsch und MMT in diesem Bezug als Vorbild nehme, sieht das viel exzessiver aus. Auch was die Schreibzeiten betrifft. Das soll keine Wertung sein. Es hat mir einfach gezeigt, wie breit das Spektrum ist, und das finde ich hilfreich, um mich selbst freier zu bewegen.

Zauberspiegel: Kam bei einer solchen Gelegenheit auch der Kontakt zu Gerry Haynaly zustande, mit dem du den Band 164 von „Sternenfaust“ geschrieben hast?
Michelle Stern: Richtig. Auch Gerry habe ich auf einer späteren Schreibwerkstatt von Uschi Zietsch getroffen. Er hat mich dann auf dem Wien-Con 2010 angesprochen, ob er nicht einen Sternenfaust-Roman mit mir machen könnte, da er die Serie ebenfalls liest und schätzt.

Zauberspiegel: Wie kann ich mir da diese Zusammenarbeit vorstellen? Gerry (ich lernte ihn letztes Jahr kennen, als wir gemeinsam an einer Exposéwerkstatt waren, nebst Marc A. Herren, Dennis Mathiak, Wolfgang Oberleithner und Roman Schleifer, die dir von „Sunquest“ sicher ein Begriff sind) schrieb die Geschichte und du hast den Roman anschließend überarbeitet, weil du die größere Erfahrung besitzt?
Michelle Stern: Nein, überarbeiten musste ich nicht. Jeder hat seine Hälfte geschrieben, und ich stand Gerry gern mit Antworten zur Verfügung, wenn er Fragen hatte. Seinen Teil habe ich abschließend gelesen und ihm Vorschläge gemacht, was er noch ändern könnte. Überarbeitet hat er dann selbst.

Zauberspiegel: Wie hast du angefangen zu schreiben?
Michelle Stern: Mit etwa 12 Jahren nach einem Umzug, der mich von meiner Familie getrennt hat. Da ich niemanden kannte und aus Wut und Trauer auch erst mal niemanden kennen wollte, saß ich sehr viel in meinem Zimmer und verfasste vor allem Gedichte.

Zauberspiegel: Wie und wann kam da der nächste Schritt zustande, von den Gedichten zur ersten Geschichte in Prosa erzählt?
Michelle Stern: Ich habe damals einfach losgelegt und über das geschrieben, was mich belastete. Eine längere Geschichte trug den plakativen Titel "Rauschgift betrügt", eine andere erzählte von einer Frau, die ihr Kind verloren hat. Beides hatte mit meinem damaligen Umfeld zu tun, bevor ich vierzehn Jahre alt war. Ein paar Jahre später kam der ultimative Auftakt: Ich las "Vampires Diary" im Cora-Verlag, das damals noch nicht als Serie verfilmt wurde und ja in den letzten Jahren einen neuen Boom erlebte. Das Ende hat mir nicht gefallen, also schrieb ich ein anderes. Außerdem begann ich ab da, Mystery-Romane zu verfassen. Der Verlag wollte meine Romane auch später nicht, weil ich Deutsche bin und nur amerikanische Sachen genommen wurden. Für mich erwiesen sich diese frühen Versuche trotzdem als lehrreich.

Zauberspiegel: Hast du für die Schublade geschrieben, bevor du beim Wettbewerb (William Voltz-Award, „Der letzte seiner Art“) den zweiten Platz belegtest?
Michelle Stern: Für die Schublade und für das Internet. Ich habe noch jede Menge alter Sachen, darunter einen komplett fertigen DSA-Roman (= Das Schwarze Auge). Leider finde ich ihn inzwischen überarbeitungswürdig, und habe ihn deshalb trotz des netten Angebots von Florian DonSchauen nicht noch einmal eingesandt. Nach der ersten Einsendung gab es auch einen Kontakt zwischen mir und FanPro, aber damals war ich noch zu unsicher, und was du ausstrahlst, das kommt ziemlich oft zu dir zurück.

Zauberspiegel: Was bedeutet für dich das Schreiben?
Michelle Stern: Ein Freund meinte mal zu mir, Schreiben sei für mich doch auch so was wie Sex. Das will ich an dieser Stelle lieber nicht offiziell bestätigen. Aber es macht schon verdammt viel Spaß. Ohne Schreiben wäre mein Multiversum ärmer.

Zauberspiegel: Kennst Du Schreibblockaden? Schon mal gehabt? Wie reagierst du, wenn das passiert?
Michelle Stern: Das lässt sich gut in meinem Werkstattbericht zu ATLAN nachlesen, der auf die Verlags-Homepage gestellt werden soll. Auch bei mir gibt es Phasen, in denen ich etwas am Roman nicht mag. Ich würde das nicht Blockade nennen. Es ist das vorbewusste Wissen, dass etwas nicht stimmt, oder eben im Moment nicht so gut ist, wie es das sein sollte oder könnte. Solche Gefühle sind konstruktiv, um das Beste aus dem Text zu holen. Wichtig ist nur: Nicht in diesem Gefühl bleiben. Ich esse dann zu viel Süßigkeiten und mache weiter.

Zauberspiegel: Bist du hauptberuflich Autorin, oder wendest du dafür jede freie Minute auf?
Michelle Stern: Ich habe noch einen Nebenjob, der mich derzeit sehr fordert. Und ich habe jede Menge Freunde, Hobbys sowie einen wundervollen Ehemann. Also jede freie Minute gebe ich nicht her. Ich erstelle mir Zeitpläne, auch wenn ich mich keineswegs immer an sie halte. Oft arbeite ich auch exzessiv viele Stunden am Stück, aber das ist dann eben eine Phase oder der drängende Abgabetermin.

Zauberspiegel: Da du eine so vielbeschäftigte Autorin bist, haben sich bei dir auch schon Abgabetermine überworfen?
Michelle Stern: Meistens komme ich gut mit meinen Schreibzeiten hin. Allerdings bin ich auch ziemlich schnell im Schreiben. Man könnte also sagen, ich leiste mir meine Faulheit. Wenn es sein müsste, könnte ich in acht Stunden bequem 40.000 Zeichen schreiben, eher mehr. Aber das gebe ich mir nicht. Vielleicht irgendwann mal als Experiment, oder wenn ein verzweifelter Redakteur anruft: "Ich brauche in vier Tagen einen Roman". Das wäre eine echte Herausforderung. Dafür würde ich dann auch mit Überarbeitung Nachtschlaf opfern. Bislang liegt meine kürzeste Heftromanzeit bei sieben Tagen. Üblicherweise nehme ich mir inklusive Überarbeitung drei Wochen. Das sind mit Recherchen zwei bis vier Stunden pro Tag unter der Woche.

Zauberspiegel: Hast du eigene Bücher/Ideen, die im Entstehen sind, oder in nächster Zeit veröffentlich werden?
Michelle Stern: Ideen jede Menge, mit dem Entstehen gehe ich es langsam an. Ich hoffe darauf, im Winter noch einen Teil für "Elfenzeit - Schattenlord" zu machen. Außerdem erschien gerade erst ein "Meerjungfrauenporno", wie die Bildzeitung in ihren LoveNews titulierte. Darüber hinaus warten einige Erotik-Leserinnen sehnsüchtig auf den Abschluss meiner Trilogie über eine junge Frau, die dank genetisch verankerter Erinnerungen in den Brennpunkt mehrerer Vampir-Orden geraten ist.

Zauberspiegel: Klingt nach einem interessanten Konzept. Am besten sollte ich da reinlesen und mich wieder bei dir melden, wie die Geschichte auf mich wirkte.
Michelle Stern:Das ist schon typische Frauenliteratur mit ganz viel Liebe drin *g*. Aber versuch's ruhig.

Zauberspiegel: Was ist dein Wunsch für die Zukunft und der Karriere als Autorin?
Michelle Stern: Ich würde sehr gern langfristig bei PERRY einsteigen. Auch würde es mich natürlich freuen, wenn meine Erotikromane noch erfolgreicher werden und ich weiterhin an so spannenden Projekten wie "Elfenzeit" teilhaben darf. Außerdem würde ich verdammt gern einen Jugendroman schreiben, im Bereich Phantastik. Aber der soll so gut und so vielschichtig sein, dass ich mich wohl nie an das erste Wort herantraue.

Ende 1. Teil ... den 2. Teil am 10. August hier ...
 

Kommentare  

#1 Jonas Hoffmann 2011-08-03 01:13
hmm, dann hat sich StF sicher erledigt wenn PR lockt :cry: :cry: Schade!
#2 Lefti 2011-08-03 01:28
Sehr schönes, interessantes Interview.
#3 Michel 2011-08-03 09:30
... und plötzlich wurde ich rot im Gesicht. :P

Das Lob gilt natürlich meiner lieben Interviewpartnerin.

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