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... Rowena Morril über Fantasy-Kunst, Feminismus und Technik

Rowena Morrill ... Rowena Morril ...
... über Fantasy-Kunst, Feminismus und Technik

Rowena Morril gehört in die erste Riege der Fantasy-Künstler. Ihr Name wird zu Recht in einem Atemzug mit Frank Frazetta und Boris Vallejo genannt.

Wir lernten uns in Facebook kennen und schwatzten dort über Veilchengelee, Löwenzahnhonig und andere Dinge. Doch für den Zauberspiegel legten wir das Gewicht der Fragen natürlich auf ihre künstlerische Tätigkeit.

 

Zauberspiegel: Hallo Rowena, ich danke dir für das Interview mit uns. Du bist die große Dame der Fantasy-Kunst. Was ist die Inspiration für deine Arbeit?
Rowena Morril: Als ich ein Kind war, habe ich Märchen aus aller Herren Länder geliebt. Ich erfand meine eigenen Geschichten und bestand darauf, meine Schwester nachts wach zu halten, indem ich ihr diese erzählte. Ich glaube, ich habe die kreative Seite von meiner Mutter geerbt. Als ich ein Kind war, lebten wir zudem in Japan. Da war alles exotisch und faszinierend für mich.

Zauberspiegel: In Deutschland gibt es einige Leute, die glauben, du wärst der weibliche Vallejo. Bist du mit dieser Aussage einverstanden?
Rowena Morril: Als ich nach New York City zog, wusste ich, ich würde Geld verdienen müssen. Ich hatte keine Ahnung vom Bereich der Illustrationen. Aber es gab nicht viele Künstler, die menschliche Figuren zeichnen konnten. Ich hatte Porträts in Philadelphia gezeichnet, so fand ich sehr schnell Arbeit im Bereich der Illustration. Ich traf Boris (Vallejo), da wir für die gleichen Unternehmen tätig waren. Aber ich glaube nicht, dass man sich eines meiner Bilder ansehen und denken würde, dass Boris es gemalt hätte.

Zauberspiegel: Wie arbeitest du heute? Noch mit Tusche und Farben oder auf dem Tablett?
Rowena Morril: Ich habe immer mit Ölfarben auf Leinwand gemalt, die mit Gesso vorbehandelt ist, oder auf Hartfaser, mein Lieblingsmaterial. Es dauert länger, auf Hartfaser mit Gesso zu arbeiten, da man sie mit Sand behandeln muss.

Zauberspiegel: Noch eine Zusatzfrage zur Technik. Bitte hilf einem Mann, der nicht viel über die Techniken weiß. Kannst du uns mehr darüber erzählen, über die Hartfaserplatten mit Grundierung und das Schleifpapier?
Rowena Morril: Ich benutze doppelt dickes, glattes Zeichenpapier, meist Strathmore. Das klebe ich mit einem ein Zoll breiten Klebeband auf allen Seiten auf einen 1/4 Zoll dicken Schaumkern. Das mache ich, damit das Zeichenpapier sich bei Nässe nicht wellt. Dann nehme ich Liquitex-Grundierung und verdünne es mit Wasser, bis es die Konsistenz von Sahne hat. Mit einem 3 Zoll breiten Pinsel trage ich drei sehr dünne Schichten Gesso auf, wobei jede Schicht sehr schnell aufgesetzt werden muss, damit es nahtlos und glatt wird. Die vorhergehende Schicht muss vollständig trocknen, bevor ich die nächste auftragen kann.
Die Hartfaserplatte muss unbehandelt sein. Behandelte Hartfaser ist wachsartig und glatt. Zuerst schleife ich die Hartfaserplatte mit mittlerem Schleifpapier. Dann bringe ich verdünnte Grundierung in sechs oder acht Schichten auf. Alle drei Schichten schleife ich. Für den Endschliff nehme ich feines Sandpapier. Schließlich schaffe ich mit einer sehr dünnen Schicht Gesso der Oberfläche ein wenig Textur. Ich arbeite gerne auf einer sehr glatten Oberfläche. Wenn ich etwas Textur will, male ich sie mir selbst.

Zauberspiegel: Wie entstehen deine Bilder? Gibt es Modelle, nach denen du deine Zeichnung erstellst, gehst du rein nach deiner Phantasie? Oder wie gehst du vor?
Rowena Morril: Ich verwende alles, was zum Ergebnis führt, das ich erzielen möchte. Ich bringe Dinge wie Glas, Steine, Äste, etc. in mein Studio. Ich benutze auch Fotografien. Ein Modell müsste für meine Posen für 30 Stunden in einer sehr unbequemen Position sitzen. Das wäre unmöglich. Ich bin nie sklavisch einem Foto gefolgt, denn es gibt immer eine gewisse Verzerrung. Aber ich setze die Lichter, gestalte die Kostüme und arbeite mich dann so nah an das heran, was ich erreichen möchte. Dann arbeite ich in das Bild hinein, was ich möchte. Soweit ich betroffen bin, verwende ich alles, was funktioniert.

Zauberspiegel: Feministinnen behaupten manchmal (heutzutage nicht ganz so häufig wie in den achtziger Jahren), dass deine Bilder sexistisch wären. Was sagst du zu diesen Kritikern - als eine Frau?
Rowena Morril: Ich bin noch nie eine Feministin gewesen. Ich liebe die Tatsache, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind! Ein Agent, ich war damals ganz am Anfang meiner Karriere, erzählte mir, dass Darstellungen von Frauen sich fünfmal besser verkaufen als Illustrationen von Männern. Das hat dann doch meine Aufmerksamkeit erregt.
Auch hat das meine Erfahrung darüber gezeigt im Laufe der Jahre! Männer kaufen Bilder von Frauen, weil ihnen diese gefallen. Frauen kaufen Bilder von Frauen, weil sie sich mit ihnen identifizieren. Ich habe natürlich auch Zeichnungen von Männern gemacht, aber diese nur selten verkauft. Sehr interessant!

Zauberspiegel: Ich bin ein Schwergewichts-Champion, jenseits der 200 Pfund. Wenn ich Fantasy-Kunst sehe - nicht nur deine Arbeiten -, denke ich manchmal, dass es nur schöne Menschen und Monster gibt. Warum sieht man so selten fette oder hässliche Menschen?
Rowena Morril: Ich habe kürzlich gelesen, dass man, wenn man schreibt, über extreme Leute schreiben sollte, weil die Leser nicht wirklich über normale Leute lesen wollen. In meiner Kunst geschah es intuitiv, heroische Menschen zu malen. Wenn jemand den Alltag will, dann muss er nur sein eigenes Leben leben (mit Ausnahme von Horst). Ich glaube, viele Leute möchten aus sich selbst herausgenommen werden, in eine andere Welt, wenn sie ein Buch lesen oder ein Kunstwerk sehen.

Zauberspiegel: Deine Drachen faszinieren mich. Sie sind dynamisch und voller Kraft. Bevorzugst du diese Kreaturen? Was ist so besonders an Drachen?
Rowena Morril: Es ist so viel Spaß, eine Fantasy-Kreatur zu malen! Drachen machen vielleicht am meisten Spaß. Ich schaffe meine Drachen immer im Modus des "alles ist nur ein Spaß." Ich mache sie grinsend und fröhlich. Ich mag keine abstoßenden Kreaturen.
Ich mache eine Zeichnung und finde dann Referenz bei Reptilien, Fischen, was ich mir vorstellen kann. Dann wende ich diese Texturen auf meine Zeichnungen an.

Zauberspiegel: Wie denkst du, hat sich die Fantasy-Kunst in den letzten drei Jahrzehnten verändert?
Rowena Morril: Als ich mit Fantasy-Gemälden um 1977 begann, war alles „free-for-all“. Außerdem sollte die Kunst damals sehr sinnlich sein. Im Laufe der Zeit wurde dann zu mir gesagt, alles stärker zu verdecken, denn Kinder können die Bücher in den Supermärkten sehen. Dann gab es mehr Bestrebungen durch Teams von Art-Direktoren und Redakteuren, die allesamt ein Mitspracherecht bei den Buchumschlägen wollten: Artwork gesteuert vom Ausschuss. Nun ist fast alles digital. So gab es große Veränderungen. Auch durch das Internet werden Verlage zunehmend obsolet. Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung.

Zauberspiegel: Fantasy, als literarische Gattung, hat begonnen, sich in viele Sub-Genres aufzuteilen. Neben High Fantasy und Sword & Sorcery gibt es Urban Fantasy, Romantik Fantasy, Dark Fantasy. Wie wird sich dadurch die Arbeit von Künstlern verändern, oder hat es dies bereits getan?
Rowena Morril: Schön, dass es so viele Sub-Genres gibt. Je mehr, desto besser! Ich würde die Änderungen annehmen und all die verschiedenen Möglichkeiten für Ausdruck lieben! Es ist wunderbar für Kreativität. Veränderung ist aufregend und inspirierend!

Zauberspiegel: Ich habe bemerkt, dass Rowena Katzen hat. Welche Art von Katzen hast du? Löwen, Leoparden oder normale Kätzchen, wie der Rest von uns? Haben deine Katzen in deiner Arbeit eine Rolle gespielt?
Rowena Morril: Ja, ich habe nur Mischlingskatzen. Ich liebe sie! So weich, seidig und tröstlich, wie nur eine Katze sein kann! Ich habe meine Kätzchen einige Male in meinen Bildern verwendet, vor allem bei der ägyptischen Malerei. Hooray für Katzen!

Zauberspiegel: Vielen Dank für das Interview.

Kommentare  

#1 Carn 2011-04-24 16:31
Ich denke schon, dass Rowena, zumindest in der Anfangszeit, einen ähnlichen Stil wie Boris Vallejo pflegte. Vielleicht ist sie unbewußt darauf eingegangen, weil Vallejo zu dieser Zeit sehr erfolgreich war und er für alle möglichen Verlage Cover produzierte.
Mit dem Stellenwert kann ich nicht ganz konform gehen - Frazetta ist eine Legende, ein stilprägender Künstler im Fantasybereich, dem tausende nacheiferten und der Auftragsarbeiten mit Kunst kombinierte. Rowena ist sicherlich eine respektierte und wohlbekannte Fantasykünstlerin, aber Frazetta ist ein Unikum, das seinesgleichen sucht.

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