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Noch 'ne Story, diesmal aus dem »Time Gladiator«

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, Moin Rolf, wenn diese Zeilen erscheinen, treibst Du Dich irgendwo zwischen Damaskus und Petra herum (den Reisebericht erwarten wir dann...) Aber jetzt erstmal wieder eine Geschichte. Der Tee ist serviert...

Noch 'ne Story, diesmal aus dem »Time Gladiator«

Wie ich versprochen habe, kommt noch mal eine Story. Und zwar eine aus der älteren Steinzeit, also aus der zweiten Hälfte der 70er, als Werner und ich noch bei der AGSF gelegentlich Storys für das Fanzine »Time-Gladiator« schrieben und im Traum nicht daran dachten, unsere Texte mal irgendwann richtig gedruckt und als Heft am Kiosk kaufen zu können. Natürlich ist auch diese Geschichte stilistisch geglättet worden.

 

Das Blatt, auf dem die Story überlebt hat, ist eine Fotokopie der damaligen Fanzine-Seite mit einer der wirklich seltenen Giesa-Zeichnungen, wo die Frau auf dem Bild noch was anhat. Aber das geht ja aus dem Text hervor.

Weil es sich hier um einen ›freien Text‹ aus ›grauer Vorzeit‹ handelt und deshalb keine anzüglichen Bemerkungen und Seitenhiebe für Insider drin sind, ist hierzu nicht viel zu sagen. Nur dass ich eben damals regelmäßig zur Blutspende ging. Nach dem 25sten Mal stellten sie irgendwelche Antikörper bei mir im Blut fest (ja doch, ich war mal mächtig krank, aber dann doch noch wieder fit geworden, bevor ich einen Arzt aufgesucht hätte) und bin seit dieser Zeit für Blutspende nicht mehr geeignet. Dennoch war genau das damals inspirierend für die Story...

Und wenn ich wieder im Nordhessischen bin, gibt es erst einmal einen Reisebericht...
Blutspende
(Teil 1)

Ich hatte das Schild nur im Unterbewusstsein wahrgenommen. Weißer Untergrund mit einer leuchtend roten Schrift. Und einem kurzen, aber sehr eindringlichen Text. Man forderte die Bevölkerung auf, etwas vom Überschuss ihres Lebenssaftes für die unschuldigen Opfer des unersättlichen Molochs „Straßenverkehr“ zu spenden.

Was sich in mir beim Überfliegen des Textes festsetzte war, dass es sich offensichtlich um einen neuen Verein handeln musste, der dem Roten Kreuz und anderen gemeinnützigen Vereinigungen der Krankenpflege zu einer Art Konkurrenz wurde. Aber vermutlich nichts, was man sich merken müsste.

Nur der Slogan: „Blut ist Leben“, geschrieben in eben dieser Farbe, blieb im Gedächtnis haften.

Drei Tage später, während meines Abendspazierganges, der meist in der Gaststätte im Inneren unseres Bürgerhauses endete, sah ich dieses Plakat erneut. Diesmal eben direkt vom Eingang des Bürgerhauses.

Von der Gesellschaft, die unten auf dem Plakat recht kleingedruckt genannt wurde, hatte ich noch nie gehört. Aber auch alle die großen weltumspannenden Hilfsorganisationen hatten ja einmal ganz klein angefangen. Was mich etwas verwunderte war, dass auf diesem Plakat kein Zeichen oder Symbol abgebildet war. Das Rote Kreuz oder das Kreuz der Johanniter und Malteser suggerierten hier unbewusst das Gute dieser Sache.

Obwohl ich gestehen muss, dass mich das Malteser-Kreuz auf diversen Flaschen, deren Inhalt gut gekühlt vorzüglich schmeckt, weitaus mehr anspricht. Und überhaupt – christliche Nächstenliebe verkauft sich in der heutigen Welt nicht mehr besonders gut.

Jedenfalls war ich neugierig geworden. Weiß der Teufel, was mich bewog, hoch erhobenen Hauptes am Eingang zur Kneipe vorbei zu gehen und die Räume aufzusuchen, in denen man einerseits ein gutes Werk tun und andererseits etwas für zu hohen Blutdruck tun konnte.

Im Vorzimmer, wo die notwendigen Personalien aufgenommen wurden, stellte ich fest, dass ich für heute als der letzte Blutspender eingetragen würde. Zwar zeigte mir ein Blick in den großen Raum, dass noch genügend Leuten auf den Liegen ein gewisser Teil ihres Blutes abgezapft würde, doch um dieser Zeit war abzusehen, dass sich nach mir niemand mehr hierher verirren würde.

Was mir in unschuldiges Weiß gekleidet entgegen lächelte hatte genau das Format, das ein Typ wie ich zwar verehren kann wie ein Pfarrer die heilige Jungfrau Maria, wo er aber niemals dran kommt.  Dennoch schaltete ich mein Gesicht auf Lächeln und den Flirt-Sektor meines Gehirns auf „Aktivieren“.

„Von der Wiege bis zur Bahre. Formulare, Formulare!“ versuchte ich den Dialog abseits vom üblichen bürokratischen Frage- und Antwort-Spiel in  eine etwas lockere Form zu bringen. 

„Ich würde an Ihrer Stelle nicht so sehr über eine Bahre lästern!“ gab sie honigsüß zurück und über den blassen Teint ihres Gesichtes glitt ein Lächeln. „Eine Bahre ist ein praktisches Gerät und man weiß nie genau, wenn man mit einer Trage in die Operations-Sektion eines  Krankenhauses gebracht wird, ob aus eben dieser Trage nicht plötzlich eine Bahre wird.“  Wieder ein Lächeln und nun erst erkannte ich, dass die vollen, roten Lippen zu ihrer sehr hellen Gesichtsfarbe absolut nicht passen wollte.  Der Lippenstift, den diese Frau benutze, musste wohl sehr intensiv sein. Und die Zähne, die durch ihr Lächeln hinter diesen leicht geöffneten Lippen zu erkennen waren, hätten sich für jede Fernsehwerbung für Zahnpasta geeignet. 

„Egal ob Trage oder Bahre!“ dachte ich so bei mir. „Mit so einen Karbolmäuschen wie dir würde ich es gern mal auf so was treiben.“ Wie gesagt, das dachte ich. Und als ich ihre nächsten Worte hörte, zuckte ich zusammen, als habe mich ein glühendes Eisen berührt.

„Ein Bett ist aber viel bequemer als so eine schmale Kranken-Trage!“ Die Stimme der Krankenschwester schien zu flüstern. Doch ich verstand jedes Wort. Teufel noch eins, hatte das kleine Biest meine Gedanken gelesen? Man hört ja heute so viel über Telepathie und sonstige Sachen aus der Welt der Esoterik, für welche die Wissenschaft keine  Erklärung hat, die aber dennoch Realität sind.

Oder hatte sie ganz einfach meine Erregung bemerkt und mit etwas angewandter Psychologie daraus ihre Schlüsse gezogen. Vielleicht hatte sie ja tatsächlich auch ähnliche Gedanken, dass man den anschließenden Feierabend zu zweit schöner verbringen kann und das etwas Bettgymnastik für besseren Schlaf sorgen kann.

Mir war das egal. Und das angedachte Feierabend-Bier verblasste vor solchen Aussichten zu Nichts. Wie auch immer – ich blieb am Ball.

Was nun kam, war Flirten in den Kategorien der Meisterklasse. Wie bei einem freundschaftlichen Duell mit leichtem Florett kamen unsere Worte und Redewendungen. Teils lustig und teils zweideutig. Wir beide wussten ganz genau, auf was das alles hinaus laufen sollte.

Auf dem Gang hörte ich die Leute den Gang zum Treppenhaus gehen. Der Raum der Blutspende leerte sich langsam. Doch unser Gespräch ging weiter, obwohl sie mich eigentlich bereits hinüber zum Arzt und dann eben zur direkten Spende hätte schicken können.

Ich weiß nicht, wieso ich nicht bemerkt hatte, dass sich die Frau erhoben hatte und ihren Schreibtisch umrundete. Plötzlich stand sie neben mir und beugte sich zu mir herab. Ihre rechte Hand strich mit unglaublicher Sanftheit über mein Haar.

„Irgendwie gefällst du mir, Kleiner!“ hörte ich ihre leicht rauchige Stimme, die auf mich wie das Streicheln mit einem seidenen Tuch wirkte.  „Was reden wir lange um eine Sache, die wir beide wollen, drum herum? Alles beginnt – mit einem Kuss!“

Ihre Hand an meinem Kopf drehte ihn so, dass ich zu ihre aufsah. Sie war halb über mich gebeugt und ich erkannte in ihren Augen das flackernde Feuer mühsam unterdrückter Gefühle.

„Gib dich, hübscher Junge!“ Ihr flüstern rieselte über meinen Körper wie prickelnder Champagner. „Gib dich mir....und meinem Kuss. Ein Kuss, der uns vereinigt...“

Jedes Wort, das sich vielleicht aus mir heraus drängen wollte, blieb bei mir im Hals stecken. In ihren Händen war ich völlig willenlos. Langsam bog sie meinen Kopf zurück und ich spürte, wie ihre Fingernägel sanft über meinen Hals glitten. Doch ich wollte nur eins. Von diesen kirschroten, feuchten  Lippen den Kuss meines Lebens zu empfangen.

Im gleichen Moment zerplatzen alle Träume und Illusionen. Von einer unheimlichen Gewalt wurde die Krankenschwester zurück gerissen. Die hochgewachsene, zornbebende Gestalt, die sie ergriffen hatte und sie  schüttelte wie es ein Hund mit einer gefangenen Ratte macht, war ganz sicher der leitende Arzt.

Die Krankenschwester kreischte wie ein kämpfende Katze. Mit einer kräftigen Bewegung schleuderte sie der Arzt in eine Ecke des Raumes, wo sie gegen die Wand prallte und zu Boden ging. Ihr Fauchen wurde zu einem Zischen, wie es eine gereizte Kobra ausstößt. Das Gesicht der Frau glich einer rächenden Furie.

Ich sah, wie der Arzt die Hand erhob und einige Worte in einer Sprache redete, die ich niemals zuvor gehört hatte. Vermutlich war es Lateinisch, was Ärzte und teilweise auch das Pflegepersonal ja beherrschen. Sicher war es etwas,  was ich als Patient eben nicht verstehen durfte.

Die Worte brachten eine eigenartige Wirkung hervor. Die vorher vor Wut kochende Frau schien in sich zusammen zu fallen. Die demütige Haltung mit dem gesenkten Haupt war wohl für sie so etwas wie eine Unterwerfungsgeste. Ich sah, wie sich die Gestalt des Arztes langsam entspannte.

„Sie bekommen Ihr Geld hier für die Schreibarbeiten und nicht fürs Küssen oder sonstige zwischenmenschliche Beziehungen zu den Patienten!“ hörte ich den Arzt jetzt wieder in völlig normalen Tonfall reden. Wie beiläufig ergriff er meine bereits ausgefüllten  Unterlagen und überflog sie mit der Routine eines Mannes, der genau weiß, welche Angaben für ihn von Interesse sein müssen.

„Soso!“ hörte ich den Doktor leise murmeln. „B – Rhesus positiv. Delikat. Delikat. Ein wahrer Genuss...!“ Diese Bemerkung befremdete mich etwas. Doch aufkommendes Misstrauen wurde sofort wieder eingeschläfert, als mir bewusst wurde, dass gerade Mediziner und auch der Berufsstand, der gelegentlich von ihnen beliefert wird, einen merkwürdigen Sinn für Humor hat.  Mit ist ein anderes Individuum bekannt, der ein gut florierendes Bestattungsunternehmen betreibt und beim Essen in Gesellschaft die Speisen grundsätzlich mit den Schilderungen der interessantesten und appetitlichsten Beisetzungen würzt.

Ich fühle die Hände des Arztes an meinem Körper, als er mich sanft und doch mit einer gewissen Festigkeit hinüber zu den Liegen schob, von denen sich gerade der letzte Patient erhob und dem Ausgang zustrebte. Befremdet bemerkte ich, dass auch hier alle Vorhänge geschlossen waren, obwohl jetzt in den Sommermonaten draußen noch heller Tag war.  Eigentlich Verschwendung, in dieser Zeit Strom zu vergeuden. Aber die Leute hier hatten sicher ihre Gründe, das zu tun.

Die Krankenschwester folgte uns mit dem geschmeidigen Gang einer jagenden Katze bis zur Tür des Raumes. Ein kurzes Wort des Arztes in einer Sprache, die ich nicht verstand. Aber auf die Frau wirkte sie wie ein Peitschenhieb. Sie blieb an der Tür stehen und wagte nicht, uns zu folgen. Nur das Verlangen in ihren Augen loderte zu mir herüber. Nun, gleich hatte sie Feierabend. Und ich würde draußen auf sie warten.

„Legen Sie sich hin und entspannen Sie sich!“  Das Zischeln aus dem Mund des Arztes sollte vielleicht beruhigend klingen, wirkte auf mich aber eher wie der Triumph eines Jägers, der seine Beute in die Höhle schleift, um sie dort in Ruhe zu verzehren. Warum hatte ich plötzlich den Eindruck, hier offenen Auges in eine Falle getappt zu sein, aus der es keinen Ausweg gab.

Falle? Eigentlich sah doch alles ganz normal aus. Ich hatte beim Roten Kreuz und den anderen Organisationen oft Blut gespendet.  Nichts in diesem Raum war hier anders. Alles ganz normal.  Sogar die Feldbetten, auf denen man während des Spende-Vorgangs lag, waren genau so unbequem wie immer. Und auch hier lag man auf einer raschelnden Schicht von weißem Papier, mit denen das Bett überzogen war. 

Der Arzt begann jetzt, mit den üblichen und mir bestens bekannten Gerätschaften zu hantieren. Gleich würde die Nadel meine Haut durchstoßen und aus einer der Venen den Lebenssaft abzapfen.

Durch meine Erfahrungen mit diesen Dingen gewitzt fiel mir ein, dass es von Vorteil wäre, den Schlips auf Halbmast zu setzen und den obersten Kragenknopf zu öffnen.  Man weiß ja nie, ob einem  dabei nicht doch mal übel wird.

Gesagt - getan. Der bunte „Kulturstrick“  wurde weit herab gezogen und dann entblößte ich, indem ich die obersten Knöpfe des Hemdes öffnete, meine Heldenbrust.

Inzwischen war der Arzt soweit und kam mit der Hohlnadel zum Abzapfen und daran hängenden Schläuchen zu mir herüber und – prallte zurück.

Es war, als habe er einen Fausthieb erhalten, wie ihn Muhammad Ali in seinen besten Tagen ausgeteilt hat. Wie ein sinnlos Betrunkener torkelte er durch den Raum. Die Krankenschwester an der Tür kreischte, dass es mir wie eine Eisschauer über den Rücken lief.

Ob diese Reaktion vom Geruch oder dem Anblick des Blutes kam, mit dem der Arzt und die Schwester täglich zu tun hatten? Irgendwann rastet vielleicht auch in diesem Beruf jeder mal aus. Auch wenn die Reaktionen, die ich hier vom medizinischen Personal innerhalb kürzester Zeit gesehen hatte, mehr als merkwürdig waren.

„Nehmen Sie es ab. Nehmen Sie das Ding ab!“  Die Stimme des Arztes klang wie das Stöhnen eines Delinquenten auf einer Folterbank bei Anwendung des dritten Grades.

Mich halb von der Bettstelle erhebend zuckte ich hilflos mit den Schultern. Mit dem, was ich hörte und dem Anblick, der sich mir bot, war ich hoffnungslos überfordert. Ich sah hinüber zur Tür und hoffte, von der Schwester durch Worte oder Handzeichen etwas Hilfe zu bekommen.

Doch als ich mich zu ihr wandte schlug sie die Hände vor die Augen und  brach wimmernd in sich zusammen. Sicher war sie jetzt noch blasser als vorher und sie würde eine ganze Menge Rouge auflegen müssen, um eine halbwegs menschliche Gesichtsfarbe zu bekommen.

Menschliche Gesichtsfarbe? Ja, der Doktor hätte auch mal wieder etwas Sonne auf der Haut benötigt. Beide waren so leichenblass wie.. aber Unsinn... so was gab es nicht. Erfindungen cleverer Schriftsteller und gewiefter Filmproduzenten, die mit solchen Schauer-Geschichten richtig Geld machten. Der gesunde Verstand eines Menschen der heutigen Zeit weigert sich, diese Dinge überhaupt nur in Erwägung zu ziehen. 

„Nehmen Sie es – bitte – bitte – ab!“ klang wieder die Stimme des Arztes. Das vorher Herrische und Gebieterische war aus ihr verschwunden. War da nicht eine Art Flehen in der Stimme zu erkennen?

Es dauerte einige Zeit, bis ich begriff, was er mit „es“ meinte, das ich abnehmen sollte. Wie Schuppen fiel es mir von den Augen.

Das kleine, goldene Kreuz, das ich an einer Kette um den Hals trug. Das sollte ich ablegen. Warum?

„Bitte... bitte tun Sie es..!“ war die Antwort auf meine Frage. „Unsere Empfindungen, wen wir solche Symbole sehen... Sie verstehen... unsere Religion verbietet...“

Aha, das also war es. Hat sich was mit dem Begriff „Nosferatu“, der mir eben wieder durch den Kopf schießen wollte. Auch wenn hier alles zusammen zu passen schien – es war einfach absurd anzunehmen, dass dieser uralte Aberglaube auch nur einen Schein von Realität hatte.

Kaum hatte ich den Verschluss der Kette geöffnet und sie samt dem Kreuz abgenommen und in der Tasche meiner Hose versenkt, wurde der Arzt wieder normal. Und auch die Krankenschwester an  an der Tür hörte auf zu wimmern und erhob sich wieder.  

„So eine komische Sippe ist mir meiner Lebtag noch nicht begegnet!“ dachte ich kopfschüttelnd. Ich hatte zwar gehört, dass die Zeugen Jehovas lehren, das Christus nicht am Kreuz sondern an einem Pfahl gestorben ist und sie das allgemeine christliche Kreuz deshalb als heidnisches Zeichen verabscheuen. Aber eine solche, extreme Reaktion – das ging über mein Begriffsvermögen. Nun ja, unser Herrgott hat einen großen Tiergarten...

Mit fachgerechtem Griff führte der Arzt jetzt die Hohlnadel mit der Absaugvorrichtung in meine Vene ein. Ich ertrug den kleinen Schmerz des Einstichs mit der Gleichmut eines Comanche am Marterpfahl.

Sofort begann sich mein roter Lebenssaft sprudelnd durch die transparenten Plastikschläuche zu einer kleinen Flasche zu bewegen. Fasziniert betrachtete der Arzt dieses Schauspiel. Von der Seite her sah ich, dass seine Augen wie die eines Adlers leuchteten, der eine sichere Beute erspäht. Ein Blick, wie ich ihn auch von meinen Kumpels kenne, wenn sich der schäumende Gerstensaft in die Gläser ergießt.

Nun ja, vielleicht dachte der Herr Doktor ja in diesem Moment auch an ein wohlgezapftes Bierchen nach Dienstschluss. Meinen Segen dazu hatte er, wenn er nur dann auch den Feierabend seiner weiblichen Angestellten akzeptieren würde. Denn das süße Girly im weißen Kittel – das wollte ich unbedingt wie ein Geschenk mit nach Hause nehmen. Und dort auspacken und damit spielen...

Minuten später war ich fertig. Kunstgerecht wurde ich vom Arzt verbunden und dann mit einigen höflich gemurmelten Dankesworten nach draußen geschoben. Nun ja, der Doc war sicher froh, jetzt Feierabend zu haben und es war klar, dass er mir jetzt keine lange Liegezeit zur Erholung geben wollte. Er sah ja, dass ich die Sache gut überstanden hatte und eigentlich fit war.

Wie fit – das sollte das Mädchen nachher noch feststellen. Ich würde unten am Seiteneingang auf sie warten. Da, wo der Transportwagen  für  die Gerätschaften abgestellt war.

Mechanisch zog ich die Kette mit dem goldenen Kreuz aus der Tasche und hängte sie mir wieder um. Dabei stellte ich fest, dass mein Haustürschlüssel fehlte. Der war mir, als ich das Kreuz in die Tasche schob, beim Rausziehen der Hand sicher raus gefallen.  Und jetzt lag er bestimmt noch oben.

Der Arzt und die Krankenschwester waren bestimmt noch am Zusammenräumen und Verpacken ihres Equipments.  Ich musst noch mal hinauf, den ohne Hausschlüssel hatte ich ein echtes Problem. Vielleicht ergab sich dabei dann auch eine Gelegenheit, mit der Süßen eine diskrete Verabredung zu treffen.

Als Beamter ist man gewöhnt, sich leise und unauffällig zu benehmen. Daran lag es wohl, dass mich niemand hörte, als ich die Tür mit der Heftigkeit öffnete, als sollte ich mir beim Amtsleiter einen Elfmeter abholen. Ganz vorsichtig lugte ich durch den Spalt. Erst mal feststellen, was sich da tut.

Nun, was sich da tat, war in der Tat mehr als merkwürdig. Und ich überlasse es dem geschätzten Leser, sich über das, was ich sah,  sich ein Urteil zu bilden.

Auf einem Tisch in der Mitte des Raumes standen verschiedene Flaschen mit einer dunkelroten Flüssigkeit. Flaschen, die ich kannte. Auch mein Blut war durch dünne Plastikschläuche in eine solche Flasche geflossen.

Das konnte nur eins bedeuten. In diesen Flaschen befand sich das von friedlichen Bürgern für wohltätige Zwecke gespendete Blut.

Rot wie Rubin und strahlend wie Burgunder leuchtete der Lebenssaft im Licht der Lampen. Der Arzt hatte mir den Rücken zugekehrt. Doch ich sah in das Gesicht jenes süßen Mädchens, dass ich eigentlich in dieser Nacht vernaschen wollte.

Jetzt wurde mir klar, wer dann vernascht worden wäre.

Die Farbe ihrer Haut glich weißem Satin. In ihren Augen glitzerte rötliche Gier, wie wie die herauf wabernde Magma eines ausbrechenden Vulkans loderte. Zwischen den geöffneten Lippen blitzen die Zähne einer Raubkatze.
 
Ich sah, dass sie auch der Arzt eine der Flaschen mit dem Blut in der Hand empor hob. Der Verschluss war geöffnet und die Situation glich dem feierlichen Toast eines Gastgebers vor einem exzellenten Gastmahl.

„Prost!“ sagte der Arzt....

Ende
So, während diese Teestunde erscheint, bin ich in Damaskus. Und weil ich aber derzeit noch in meiner „Erdaußenbasis“ im schönen Dorf Nassenefurth sitze, will ich gleich die nächste Teestunde noch fertig machen.

Ihr lest sie aber erst in einer Woche. Bis dann also...

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