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# 121: Die große Pause...

As Time Goes By# 121: Die große Pause...

Es muss in den Jahren ab 1976 gewesen sein. Die Schäden der Sturmflut waren beseitigt und Jürgen Grasmück, den ich zu dieser Zeit nur als Dan Shocker kannte, hatte mir den Grundstock zu meiner neuen Sammlung in Form zweier signierter Hefte geschickt. Das stachelte nun meinen Ehrgeiz an. Ich wollte auf diesem Geschenk ine neue Sammlung aufbauen.

Von meiner alten Sammlung waren nur ein paar Hefte übrig geblieben, die eben oberhalb der Wasserlinie gelegen hatten und damit auch nicht vom Schlick (den das Wasser mitbrachte) völlig ruiniert waren.


Nun kamen die Hefte in Drochtersen bei Papier Kröhnke zumeist am Montagmorgen an. Sie wurden dann zusammen mit der Tagespresse ausgelegt und lagen bereit abgeholt zu werden, wenn Papier Kröhnke um acht Uhr morgens öffnete. Man muss sich den laden nicht as reines Zeitschriftengeschäft vorstellen. Es gab auch allerlei Schul- und Bastelbedarf dort. Und dazu wurden dort auch die neuen Schulbücher bestellt und abgeholt (die musste man damals noch bezahlen, Lernmittelfreiheit war ein Traum). Darüber hinaus war es ein Schuhgeschäft und Leserhandel. Heute gibt es das Geschäft nicht mehr. Ein paar kleinere Händler haben Einzug gehalten. Unter anderem eröffnete die erste Döner-Bude Drochtersens dort, damit war dieses Fastfood komplett in Deutschland angekommen und der Trend im Grunde vorbei. Neue Heftromane hingegen kann man in Drochtersen nicht mehr kaufen.

Die Schule in Drochtersen begann um 7:30 Uhr. Zwischen 8:15 und 8:20 Uhr gab es eine kleine Pause, aber die reichte nicht, um von der Klasse zu Kröhnke zu kommen. Außerdem fiel es auf, wenn man in dieser Zeit das Schulgelände verließ. Das gab immer Ärger.

Nun den: Um fünf Minuten nach Neun kam dann die erste große Pause. Sie dauerte 15 Minuten. Das war mehr als genug. Also, ab... über da Gelände Kindergartens und dann rechts. Dann an zwei Häusern vorbei und schon stand ich bei Kröhnke vor der Tür. Rein und auf den Stander mit den Romanheften zu.

Zunächst wurde nach den Romanen von Dan Shocker Ausschau gehalten (die kamen mir nie häufig genug). Dann kam Vampir Horror und der Dämonenkiller an die Reihe. Tolle Romane und dann die Bastei- und Kelterromane.. Ich hatte quasi mein komplettes Taschengeld mit einem Aufschlag zum Erwerb von Heften. Das ließ ich dann nahezu komplett da und es gab Wochen, da die Summe meines Taschengeldes nicht ausreichend war. Dann wanderten die Hefte in ein Regal und wurden zurückgelegt.

Das steigerte sich dann später, als ich für mehr als ein Jahr Perry Rhodan las (da kaufte ich in Antiquariaten dann auch die vierte Auflage nach) oder Mythor (wie ich auf die Serie stieß, werde ich auch noch mal erzählen) dazu kam. Da gab es Wochen, da ich nahezu zwanzig Romanhefte kaufte (als jeweils aktuell erscheinende Hefte). Da müsste ich heute quasi alles kaufen, was am Kiosk liegt.

Nun jedenfalls schlich ich dann stolz wie Bolle zurück aufs Schulgelände, nicht ohne noch schnell ne Zippe durchzuziehen und schon mal ein wenig in den Heften zu blättern und mir erste Eindrücke zu verschaffen. Wenn ich dabei nicht aufpasste, erwischte mich die Pausenaufsicht. Dazu muss man sagen: davon gab es zwei Sorten. Die erste sah nur eskalierende Situationen und achtete nicht auf alles. Eine andere Gruppe sah alles und wollte auch Schüler ertappen, die unerlaubt das Schulgelände verließen. Es gab Montag, da musste man gewaltig aufpassen...

Aber meistens ging alles gut und ich erreichte unbehelligt das Schulgelände und verbrachte den Rest meiner Pausenzeit damit in den Heften zu schmökern. Und wenn es dann wieder in die Schulstunde ging, dann...

Aber davon erzähle ich in zwei Wochen...

Kommentare  

#1 McEL 2009-07-24 01:35
:lol: Da fühle ich mich doch an meine eigene Schulzeit erinnert und welche Rolle die Hefte (damals Perry Rhodan und ebenfalls Dan Shocker) darin spielten: Sie waren eine willkommene Ablenkung vom meistens stinklangweiligen Unterricht, und ich entwickelte 1001 Trick, wie ich sie unter der Schulbank lesen konnte, ohne vom Lehrer erwischt zu werden... Denn die Pausen waren ja viel zu kurz, um meine Neugier zu befriedigen, wie es denn nun auf der nächsten Heftseite und übernächsten etc. weiterging. :-) Nostalgie!!! Waren das noch Zeiten! Mir blieb allerdings gar nichts anderes übrig, als die Hefte in der Schule zu lesen, denn meine Eltern hatten (nicht nur diese) eine bescheuerte Ansicht, dass Heftromane (Zitat:) "Schund ist, der meine Seele vergiftet!" Diese Ansicht rührte ausschließlich daher, weil sie nie auch nur einen einzigen dieser Romane gelesen hatten. Und über Dinge, die man nicht kennt, lässt sich ja herrlich (vor)urteilen ... Ich bin jedenfalls schon sehr gespannt, wie Deine Geschichte weitergeht, Horst!
#2 Harantor 2009-07-24 07:54
Zitat:
und ich entwickelte 1001 Trick, wie ich sie unter der Schulbank lesen konnte, ohne vom Lehrer erwischt zu werden?
Darum geht es beim nächsten Mal. Von der Grundschule bis zur Erwachsenenbildung: Lesen unter der Schulbank. Geschichten vom erwischt werden und so.
#3 Thomas Tippner 2009-07-24 08:28
Schöner Erlebnisbericht...
Auch wenn ich mir dich nicht so wirklich als flinker Kletterer vorstellen kan :lol:
Aber schön, was du alles fü dein Hobby auf dich genommen hast
#4 Larandil 2009-07-24 08:47
Hmtja. Bei mir gestaltete sich das ab der 7. Klasse alles ein wenig anders: da war der typische Heftroman wie gemacht dafür, in der Stunde gelesen zu werden, die der Bus von der Kreisstadt mit dem Gymnasium bis zu unserem Wohnort brauchte. Terra Astra, Perry Rhodan, auch mal Macabros, bisweilen ein Landser ... selten brauchte ich damals mehr Zeit für die Erstlesung als der Bus, um mich nach Hause zu bringen.
#5 G. Walt 2009-07-24 16:35
Uch ich stiess damals beim Heftromanlesen auf wenig Verständnis - sei es bei den Mitschülern oder bei der Mutter.
Letztlich war es meiner Mutter aber wohl lieber, als dass ich mich in düsteren Häuserecken herumtreibe und Fluppen rauche oder Alohol trinke.

So wie du habe ich es nie gemacht. Ich freute mich auf den Montag nach der Schule, und habe mir die Hef´te dann besorgt. Meistens auch in einem Laden für Schreibbedarf, später dann nur noch in der Bahnhofsbuchhandlung, da es dort alles gab.
#6 Laurin 2009-07-25 21:06
Mal ehrlich, lesen war unter uns Schülern damals eher verpöhnt und außer dem Schulbuchzwang wurden Buchstaben generell gemieden. Gekauft und gelesen habe ich Perry Rhodan so nur zu Haus um die ungnädigen Blicke der Mitschülerschaft zu meiden. Dies ging jedenfalls so, bis mein Kumpel einen John Sinclair Roman mitschleppte mit dem sinnigen Kommentar... "den mußt du mal lesen, die Serie ist echt gut!"
Ich glaube, das war das einzige mal, das sich bei uns in der Schule ein Roman verirrt hatte :sigh: .
Im Elternhaus erntete eher die Tatsache das ich SF- Romane gelesen habe (und denn Grusel) ein Kopfschütteln. Romane selber waren aber nicht verpöhnt, denn mein Vater zog sich Western, mein Bruder den Landser und meine Mutter die Heimat-Romane rein. Und meine Schwester war für das Gruseln im allgemeinen zuständig, so das sie mir damals meinen ersten Dan Shocker ausgeliehen hat.
Es war ein Taschenbuch in dem es um Larry Brent und Draculas Umhang ging. Den Heftroman-Zweiteiler habe ich mir (Draculas Höllenfahrt) dann auch jetzt wieder schnellstens zugelegt.
#7 G. Walt 2009-07-25 22:03
Stimmt, Lesen war in der Schule damals sehr uncool. Das galt für sämtliche Lektüre. Als dann die Hörspiele von Larry Brent rauskamen, fanden das aber alle genial. So jedenfalls kann ich mich erinnern.
#8 Harantor 2009-07-25 22:17
Da ich damals mit den coolen Jungs abhing, im Fußballtor stand und Bier wie ein Großer trank (zumindest ab der B- Jugend) galt meine Vorliebe des Lesens als Spleen, den man nachsichtig betrachten mußte. Immerhin war das Lesen dieser seltsamen Heftchen einer der Gründe für meinen Spitznamen Hexen Hermann, den ich mit Stolz zu führen pflege. Auf dem Fußballplatz wurde der dann wegen Überlänge auf Hexe zusammengestrichen. Aber auch davon ahbe ich in As Time Goes By schon erzählt...
#9 Laurin 2009-07-26 01:53
Hexe oder Hexer ist ja noch genehm, aber wer wollte bei uns schon "Bücherwurm" genannt
werden :sigh:
#10 Harantor 2009-07-26 02:13
Wie gesagt: Ansonsten gehörte ich ja zu den coolen Jungs. Und ich war groß und kräftig (muskulös). Das Sixpack habe ich erst etwa mit Anfang 20 gegen das Faß getauscht (will sagen, ab bildete sich meine Leibesfülle heraus). Da traute sich keiner Bücherwurm zu sagen ;-)
#11 Peter 2009-07-26 18:49
Meine Romane habe ich immer "frei Haus" geliefert bekommen, da meine Mutter einen Zeitschriftenladen hatte.

Ich habe die Große Pause vielmehr dazu genutzt, schnell mal nach Hause zu fahren (mit dem Fahrrad), um nach neuen Fanzines und Post zu schauen...

DAS waren noch Zeiten...
#12 Psycho-Krüppel 2011-05-05 20:16
Als ich 18 Jahre alt wurde, habe ich alle meine Comics und Heftromane weggeschmissen. Ich glaubte damals, nun erwachsen zu sein und mit all dem nichts mehr zu tun zu haben. Heute, als Vierzigjähriger, tut es mir manchmal leid, dass ich mich von all dem so vorschnell getrennt habe...

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