Schlüsselspieler mit Stammplatzgarantie
Schlüsselspieler mit
Stammplatzgarantie
Eine von vielen Inspirationsquellen für mich waren immer
schon Comics, speziell Superhelden-Comics und hier ganz besonders jene, die von
einem Team handeln, wie etwa die ruhmreichen Rächer oder die diversen X-Gruppen
aus Professor Xaviers Dunstkreis. Dies hauptsächlich wegen der überwältigenden
Freiheiten und Möglichkeiten, die sich durch die Chemie und gruppendynamischen
Prozesse im Team ergeben.
Designtechnisch haben mir immer schon Teams gefallen,
deren Mitglieder eine sehr unterschiedliche Erscheinung hatten (Körperbau), die
aber dennoch durch ihre Uniformen als zusammengehörig identifiziert werden
konnten. Spontan fallen mir hier etwa die kanadischen Helden Alpha Flight ein,
oder auch die Mitglieder des Green Lantern Corps, einer Gruppierung, in welcher
auch diverse außerirdische Lebensformen in einer Grüne-Leuchte-Uniform steckend
durchs Comic tobten.
Für die Infininauten, also die im Laufe der
Jahrhundertausende wechselnde Besatzung Lizz Athangets Schiff EXTRABALL,
schwebte mir von Anfang an eine ähnliche Machart vor. Zumindest was die
Bandbreite an Denkweisen, Weltsichten und Erscheinungsformen der Mitglieder
betrifft, auch das Tragen einer Uniform, wenngleich die Figuren natürlich keine
Superhelden sein werden. Die Ästhetik bezüglich der Innenillustrationen und
Titelbilder wird dennoch gelegentlich erkennbar in jene Richtung tendieren.
Für den engsten Kreis der Infininauten um Kommandantin
Lizz Athanget und ihren Roboter Leetus wollte ich drei bis vier Charaktere.
Jeder davon sollte mir als Autor (neben den Handlungssträngen, die sich aus
seiner ganz eigenen charakterlichen Beschaffenheit ergeben) noch durch eine
Zusatzfunktion dienlich sein.
Bei dem Empathen Urgru ist diese Zusatzfunktion eine
hintergründige Ausweitung meiner Möglichkeiten der Charakterisierung der
anderen Figuren. Urgru erlaubt durch sein empathisches Talent, dem Leser
indirekt (Urgrus) Eindrücke der anderen Figuren zu vermitteln. Erlaubt es,
teilweise hinter die Masken der anderen Charaktere blicken zu lassen. Außerdem
wird Urgru als Schuhlöffel dienen, dem Leser beim Serieneinstieg behilflich
sein. Urgru stößt nämlich erst im ersten Band zu den Infininauten und obendrein
eher unfreiwillig-zufällig. Er muss sich auf der EXTRABALL und in der Gegenwart
der Ewigalten Lizz erstmal genauso zurechtfinden wie der Leser. In gewisser
Hinsicht fungiert er dadurch in Band Eins als Identifikationsfigur für den
Neuleser.
Der Empath ist einer Rasse angehörig, die ähnliche
Wurzeln mit uns Menschen hat, deren DNA gewisse Schnittmengen mit jener der
Menschheit aufweist, sich aber parallel dazu und unabhängig davon entwickelt
hat. Er hat humanoiden Körperbau mit zwei Armen und zwei Beinen, misst aber
lediglich 120cm Körpergröße. Seine ledrige, graue Haut spannt sich über einen
knochigen, vollkommen haarlosen Körper, der durch die Übergröße des Kopfes
(speziell des Hirnschädels) regelrecht ausgemergelt hager wirkt. An seinen
Händen hat er je zwei dicke Finger nebst einem gegenüberliegendem Daumen; die
Füße sind ident beschaffen und können eingeschränkt als Greifwerkzeuge benutzt
werden, ohne dabei allerdings an die Geschicklichkeit etwa eines irdischen
Affen heranzureichen. Aufgrund des Gewichts seines Schädels hat er eine stark
ausgeprägte Nacken und obere Rückenmuskulatur, unter welcher sein kurzer Hals
fast verschwindet. Einem Betrachter mag es bald so vorkommen, als säße Urgrus
Kopf ohne Hals direkt auf den Schultern. Auffallend sind sein Schädel und sein
Gesicht. Über den Hirnschädel ziehen sich dicke Adern, sein Gesicht weist
markant-wulstige Augenbrauenbögen und Lippen auf.
Urgru ist als blinder Passagier von seiner Heimatwelt
geflohen (über die Notwendigkeit und Hintergründe dieser Flucht hüllt er sich
in Schweigen eine Thematik, die sich durch einige Bände ziehen wird) und
versehentlich in einem Frachtbehälter eingeschlossen worden. Dieser Behälter
findet über abenteuerliche Umwege auf die EXTRABALL. Urgru ist die Figur, die
in den Reihen der Infininauten am ehesten einem Gutmenschen entspricht. Er
wird sukzessive zur moralischen Instanz des Schiffes werden, dadurch auch
irgendwie zum Gewissen von Lizz, die davon nicht immer sonderlich angetan sein
wird. Auf seiner Heimatwelt war er aufgrund seiner empathischen Begabung und
seiner angelernten Profession des Linguisten als Unterhändler in der Händlerkaste
tätig. Auf der EXTRABALL wird er diese Fähigkeiten bestmöglich zur
Verständigung und zum Verhandeln mit fremden Rassen einsetzen. Urgru stammt aus
einer Ecke der Galaxis, in welcher intelligente Maschinen wie etwa der Roboter
Leetus nicht in Benutzung sind. Als Empath ist ihm somit Leetus nicht nur ein
technologisches Wunder, sondern schwerwiegender noch: ein gefühlsloses Rätsel
und beunruhigend suspekt.
Zweite Figur im Bunde ist Tsy-Ruusa, der
Wissenschaftsoffizier der Extraball.
Er entstammt der äußerst langlebigen Rasse der
Chthoniden, einer Lebensform, die vom Körperbau entfernt an irdische Schlangen
erinnert, allerdings mit vier Armen ausgestattet ist, in Form von knochenlosen
Muskelsträngen. Alle paar Jahrhunderte häuten sich Chthoniden und sind danach
etwas größer und länger als zuvor. Zum Zeitpunkt der Handlung hat Tsy-Ruusa
eine Körperlänge von über vier Metern, wirkt aber im Erscheinungsbild
wesentlich kompakter, da seine Spezies sich teils schlängelnd, teils
raupenartig voranschiebt und oftmals ihren Körper federartig zusammenrollt und
darauf steht.
Chthoniden kennen vier Geschlechter. Neben einem rein
männlichen und einem rein weiblichen gibt es noch zwei Geschlechter dazwischen,
quasi Hermaphroditen, bei denen entweder die männliche oder die weibliche
Hälfte etwas überwiegt. Die rein weiblichen Vertreter können mehrere Dutzend
Eier in ihrem Leben legen, benötigen dazu aber zwingend einen rein männlichen
Partner. Die beiden Hermaphroditen-Geschlechter können in ihrem ganzen Leben nur
ein einziges Ei legen, dieses aber durch Selbstbefruchtung ohne Partner.
Tsy-Ruusa ist ein Hermaphrodit mit dominanten männlichen Aspekten.
Sein eines Ei hat er vor langer Zeit gelegt, aber aus
unbekannten Gründen schlüpfte nie ein Junges daraus. Dieser Schicksalsschlag
hat Tsy-Ruusa dazu motiviert, Mediziner zu werden, um der Ursache auf den Grund
zu gehen. Sein Volk ist auf dem technischen Kenntnisstand unserer irdischen
Renaissance und er selbst nicht mehr als ein rückständiger Medikus, als Lizz und
Leetus seiner Welt einen Besuch abstatten. Auf den aufgeklärten Tsy-Ruusa wirkt
Lizz (quasi von-Däniken-artig) fast wie eine Göttin aus dem All. Sein
wissenschaftlicher Wissensdurst und der Umstand, dass ihn nach der Totgeburt
seines Eis nichts mehr auf seiner Heimatwelt hält, treiben ihn dazu, an Bord
der EXTRABALL anzuheuern, da sich für den ambitionierten Forscher dadurch
vollkommen ungeahnte Möglichkeiten und Horizonte auftun. Lizz betrachtet die
Entscheidung für Tsy-Ruusa aufgrund der Langlebigkeit seiner Rasse als
Langzeitinvestition, obwohl er am Anfang wie ein rückständiges Urzeitrelikt im
hochtechnisierten Umfeld der EXTRABALL wirkt.
Zielstrebig eignet sich der Chthonide während seiner
Reisen mit der Ewigalten und ihrem Roboter in kürzester Zeit Kenntnisse aus
allen Bereichen der Wissenschaft an, für die seine Heimatwelt noch
Jahrhunderttausende gebraucht hätte.
Zum Zeitpunkt der Handlung ist Tsy-Ruusa ohne Zweifel
eine wissenschaftliche Bereicherung der EXTRABALL; seine Fachkenntnisse liegen
mittlerweile weit jenseits der Wissenschaftsdateien von Leetus oder den
fachgebietsspezifischen Grundlagenkenntnissen von Lizz Athanget selbst.
Mit seinem Ei hat er seit langem emotional abgeschlossen,
bewahrt das bereits teilweise verteinerte Objekt aber nach wie vor bei sich
auf, in einer Art Schrein in seinem Labor an Bord der EXTRABALL. Er ist
unermüdlich am Erforschen des Kosmos, hat eine ethikfreie, rein
wissenschaftliche Geisteshaltung, welche ihn mitunter in Debatten mit dem
moralischen Urgru treiben wird.
Lizz Athanget gegenüber ist er ewig dankbar dafür, dass
sie ihm die Möglichkeit geboten hat, das All zu erforschen. Er ist ihr
gegenüber loyaler als sonst irgendein Crewmitglied in der langen Geschichte des
Schiffes und auch der gegenwärtig Längstdienende auf der EXTRABALL, die er vor
gut 30.000 Jahren zum ersten Mal betreten hat. Nicht zuletzt das ermöglicht ihm
auch, in einer Tonart mit Lizz Athanget zu sprechen, die sie wohl von keinem
anderen Besatzungsmitglied dulden würde.
Trotz seiner Langlebigkeit befindet sich Tsy-Ruusa
bereits im Spätherbst seiner Existenz ein Umstand mit welchem er selbst
wesentlich weniger Probleme hat als Lizz, die üblicherweise das für sie fast
schon alltägliche Hinwegsterben ihrer Besatzungsmitglieder gewohnt ist, in
diesem Fall aber aufgrund der ausgesprochen langen Dauer der Zugehörigkeit des
Chthoniden zur Besatzung gelegentliche emotionale Probleme damit hat, ihn
altern und vor ihren Augen vergehen zu sehen.
Tsy-Ruusas Zusatzfunktion ist natürlich der Umstand,
dass er Wissenschaftler ist. Vieles im Kosmos bedarf einer Erklärung, und ich
als Autor tue mir leichter, diese Sachen von einem Wissenschaftler erklären zu
lassen, als von einem nicht greifbaren, allwissenden Erzähler. Auch bekommt die
Thematik Infinium (der Stoff, der für Lizz zum Jungbrunnen geworden ist) durch
Tsy-Ruusas Anwesenheit eine eigene Dynamik, da er es ist, der die meiste
Forschungsarbeit an jener seltenen Substanz erbracht hat, was ihm natürlich bei
Lizz und (in wesentlich pragmatischerer Weise) auch bei Leetus einen besonderen
Stellenwert einräumt.
Letzte Figur im engeren Kreis ist das Energiewesen
Lichterloh.
Lizz und Leetus sind bereits vor sehr langer Zeit auf
Lichterloh getroffen, haben sich damals aber auf die seltsame
Energieerscheinung keinen (wissenschaftlichen) Reim bilden können. Im Laufe der
Jahrhunderttausende stattete Lichterloh wieder und wieder der EXTRABALL einen
Besuch ab, und es dauerte geraume Zeit, bis Lizz verstand, dass es sich nicht
um verschiedene Instanzen eines Phänomens handelte, sondern immer um die
gleiche. Noch länger dauerte es, bis offensichtlich wurde, dass Lichterloh eine
Intelligenz ist, wenn auch eine vollkommen fremdartige.
Das Wesen Lichterloh ist als großes Rätsel in die Serie
eingebaut. Es ist im engeren Sinn kein dezidiertes Mitglied der Besatzung,
sondern als wiederkehrender Besucher geduldet und willkommen. Oftmals verschwindet
Lichterloh für Jahrhunderte oder gar Jahrtausende von der EXTRABALL in die
Tiefen des Alls, um plötzlich wieder aufzutauchen und nur ein paar Tage kurz
oder Jahrhunderte lang mit der Ewigalten das All zu durchqueren.
Die eigentliche Erscheinung Lichterlohs ist eine etwa 4m³
große Wolke aus Schwaden von Energie, die in allen Farben des Spektrums
schillern und knisternd aufflackern. Das Wesen beherrscht es allerdings, sich
zu Formenergie zu verdichten und dabei jedwede beliebige Gestalt anzunehmen.
Kommunikation mit Lichterloh ist meist eine Einbahnstraße. Das Wesen hat
gelernt, etwa die minimalen Ströme der beim Sprechen ausgeatmeten Luft zu
verstehen, wiewohl seine ganz eigene, abstrakte Denkart oftmals eine
zusätzliche Verständnisbarriere darstellt. An Bord der EXTRABALL befindet sich
Lichterloh meist in den Schaltkreisen des Schiffes oder hält zumindest Kontakt
damit. Auf diesem Weg kann mit ihm über die Bordkommunikation gesprochen
werden, wenn auch die Antworten (so überhaupt welche kommen) oftmals Parsecs
von Interpretationsspielraum offen lassen.
Was Lichterloh dazu treibt, wiederholt die EXTRABALL
heimzusuchen, ist Lizz nach wie vor ein Rätsel. Bei der ersten echten
Kontaktaufnahme (die in einem der ersten Vergangenheitsabenteuer-Bände erzählt
werden wird), gab es kurz einen immens schmerzhaften Kontakt zwischen den
beiden, indem Lichterloh seine Energie direkt durch Lizz Nervenbahnen jagte.
Lizz meint, dass Lichterloh ein unsterbliches Wesen ist, dass ewig den Kosmos
durchquert, ohne tieferen Grund oder Antrieb, aber fast schon voyeuristisches
Interesse an Lizz hat, welche für es eine Abnormität und Singularität im All
darzustellen scheint. Auch Lizz Suche nach den Mundlosen Sprechern scheint
Lichterloh irgendwie zu belustigen und zu faszinieren.
Die Figur Lichterloh ist ein dramaturgischer Joker für
mich, der inspirationstechnisch wohl ein (sehr, sehr, sehr) entfernter
Verwandter der ST:TNG-Figur Q sein dürfte, außerdem eine Spielwiese was die
klassische SF-Thematik der Begenung mit vollkommen Fremdartigem betrifft. Ein
ganz eigenes Verhältnis besteht zwischen Lichterloh und Leetus, da der Roboter
direkt auf energetischem Weg mit Lichterloh kommunizieren kann, und der
Hintergrund dieses Verhältnisses also inwiefern genau Leetus von Lichterloh
profitiert und nicht etwa aufgrund dessen unberechenbarer Fremdartigkeit in
Konflikt mit seinem Schutzauftrag über Lizz kommt wird einer der ganz
wichtigen roten Fäden und Rätsel in der Serie werden.
Jeder Band der Serie Infininauten wird übrigens (neben
der Protagonistin) eine und nur eine Figur der Besatzung schwerpunktartig
behandeln. Band 1 ist da natürlich ein gewisser Sonderfall, wobei selbst hier
eine Erkennbare Gewichtung auf Urgru liegen wird. In Band 2 wird neben Lizz
Athanget Leetus im Mittelpunkt stehen, Band drei wird Lichterloh im Zentrum der
Handlung haben, und so fort . . .
Bleibt noch, euch auf die kurze Leseprobe aus Band 1
hinzuweisen, die eine knappe Szene zwischen Lizz und Urgru erzählt. Nächste
Woche handle ich die graphische Gestaltung (Umschlag & Rota-Seite) ab, der
darauf folgende Artikel wird das meiner Meinung nach sehr interessante Thema
Wie schreibe ich einen ersten Band zu einer Serie beleuchten, bei jenem
Artikel (dem neunten der Artikelreihe) wird es dann übrigens die nächste
Leseprobe geben, in Form einer Infiniumtraum-Rückblende in die Zeit als Lizz
noch als kleines Mädchen bei ihrem Vater lebte, Leetus ihr neu beigestellt
worden und ihre Welt noch leidlich in Ordnung gewesen ist.
Bis dahin verbleibe ich wie immer mit infiniten Grüßen!
Wolfgang
Leseprobe aus Band 1...
Lizz Athanget schritt langsam den Korridor entlang. Immer
noch tat ihr jeder Schritt weh, jedes neue Aufsetzen eines Fußes schickte
Wellen des Schmerzes hoch bis in ihre Haarspitzen, ließ ihren ganzen Körper,
jedes ihrer Organe sich gepeinigt daran erinnern, dass die letzte Infung noch
keine drei Tage her war, und die Kommandantin eigentlich noch hätte sediert
ruhen müssen.
Hier unten, wo sie sich die Schäden an der EXTRABALL vor
Ort persönlich angesehen hatte, gab es nun niemanden mehr, der ihr über den Weg
hätte laufen können großteils lagen sie aufgebahrt im Frachthangar, Kech-Kech
auf der Medi-Station sie brauchte ihr Gesicht nicht länger der
Schmerzverzerrung zu versperren. Unfreiwillig bleckte Lizz die Zähne, ihre
Kaumuskulatur trat deutlich erkennbar hervor, als sie die Kiefer aufeinander
presste und sich das Pochen in ihren Schläfen offenbar nicht zwischen
Unangenehmheit und Unerträglichkeit entscheiden konnte.
Bevor sie nach rechts hin zum Zentralschacht des Schiffes
biegen wollte, verharrte sie einen Moment und blickte den Oktagonkorridor
entlang zu dessen Rechtsknick am Bugende. Das Schott zur Medi-Station dort
vorne stand offen.
Die Innenbeleuchtung der Station war abgeschaltet. Sie
trat in das offene Schott und wollte den Schließmechanismus betätigen, als sie
die Stimme des neuen Besatzungsmitglieds, dieses kleinen Empathen vernahm.
Diesem Wesen geht es nicht gut, meinte Urgru.
Athanget war versucht, die Beleuchtung einzuschalten,
erkannte den Kleinwüchsigen dann aber auch so als schemenhaften Schatten vor
Medi-Bucht 4 stehend. Schnell gewöhnten sich Lizz Augen an das schummrige
Licht, das die diversen Anzeigen auf dem Display der Bucht abstrahlten, und sie
konnte sehen, dass Urgru sich die Nase an der innen beschlagenen Scheibe
plattdrückte und hinein auf den Frejokken darin schaute.
Deshalb liegt Kech-Kech auch in der Bucht, erklärte sie
sachlich.
Diese Maschine ist eine Heiler-Maschine?
Sozusagen. Was kümmert es dich? fragte die
Kommandantin, und eine neuerliche Schmerzwelle ließ den Satz noch schroffer
klingen, als sie ihn beabsichtigt hatte.
Urgru schien den Tonfall geflissentlich zu ignorieren,
gab vorerst keinerlei Antwort. Nach einer Weile meinte er: Und hilft es?
Hilft was?
Dieses Heiler-Gerät.
Wir werden sehen, sagte Lizz. Wiewohl der Bericht, den
sie von Tsy-Ruusa über den Zustand des Bordingenieurs bekommen hatte, und der
Umstand, dass Kech-Kech mittlerweile seit elf Stunden in der Bucht lag, ohne
dass sich an seiner kritischen Verfassung nennenswert etwas verändert hatte,
nicht viel Anlass zur Hoffnung gaben.
Es mag das nicht, gab Urgru bedrückt von sich, kaum
mehr als flüsternd.
Der Kommandantin begann dieses Gespräch langsam zuwider
zu werden. Was mag was nicht?
Dieses Wesen will nicht in diesem Heiler-Gerät sein. Im
Halbdunkel sah Lizz, dass der Kleinwüchsige ihr nun den Kopf zuwandte und sie
ansah.
Lizz wusste nicht ganz, worauf Urgru hinaus wollte. Und
jedes tiefere Nachdenken tat höllisch weh in ihrem Schädel. Ihr dämmerte aber,
dass der Neue sich auf Kech-Kechs Gemütszustand beziehen musste. Mit einem
hilflosen Schulterzucken tat sie die Bemerkung des Empathen ab. Nun, wer ist
schon gerne schwer verletzt? Der Frejokke wird wissen, dass wir alles für ihn
unternehmen, was in unserer Macht steht. Mehr als ihn in die Medi-Bucht zu
stecken, ist das aber leider nicht . . .
Urgru sah wieder in die Bucht, trat einen Schritt weg von
dem Gerät. Das Wesen Kech-Kech weiß, dass es bald nicht mehr sein wird. Der
Empath schritt hin zum Schott, blieb direkt vor Lizz stehen und legte den
übergroßen Kopf in den Nacken, zu ihr hochzusehen. Und es will nicht in diesem
Gerät bald nicht mehr sein, Kommandantin Lizz Athanget.
Die Ewigalte sah zu ihm hinab, er stand keine zwanzig
Zentimeter vor ihr. Aus dem Meer von Schmerzen in ihrem Kopf tauchte ein Impuls
an die Oberfläche, dem Kleinwüchsigen mit ihrem Knie ins Gesicht zu treten, ihn
mit dem riesigen, hässlichen Schädel gegen die Schotteinfassung zu schmettern
und seinen dann in welcher Farbe auch immer blutüberströmten, zuckenden Körper
hin zum nächsten Außenschott zu schleifen und ins All zu blasen.
Urgru machte erschrocken einige unsichere Schritte
rückwärts, weg von Lizz, sah sie entsetzt an. Seine großen dunklen Augen, seine
wulstigen Brauenbögen und Lippen verstärkten diese so menschliche Mimik hin bis
ins Groteske, fand Lizz. Sie konnte nicht anders, als den Kleinwüchsigen mit
zuckenden Schultern lautlos auszulachen.
Mein liebes, neues Besatzungsmitglied Urgru! Mich fragt
auch niemand, ob ich sterben möchte.
Die Kommandantin wandte sich ab, machte sich auf den Weg
zurück zum Zentralschacht. Über die Schulter rief sie ihm noch zu: Geh zu
Tsy-Ruusa eine Uniform ausfassen, Empath! Außerdem soll er dir die Zugangscodes
und Befehlsgewalt über Kajüte NB-3 geben, Roch-Roch braucht sie ja nun nicht
mehr.
Sie nahm die Abzweigung und war damit aus Urgrus
Blickfeld verschwunden, schob aber lauthals eine letzte Meldung nach. Das ist
die Kajüte gleich neben meiner. Eine Offizierskajüte. So schnell macht man
Karriere auf meinem Schiff, das hättest du nicht gedacht, was?