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Michael Strogoff - Klassische Feiertagsunterhaltung

Michael Strogoff»Michael Strogoff«
Klassische Feiertagsunterhaltung

Russland droht Sibirien 1875 an die aufständischen Tataren zu verlieren. Deshalb muss der Zar dringend wichtige Informationen nach Irkutsk an seinen Bruder schicken. Dieser ist Großherzog in der Region. Es bleibt nur die Möglichkeit, dieses durch einen Geheim-Kurier zu erledigen, da die Telegraphenleitung längst von den Tataren sabotiert wurde. Der Zar schickt Rittmeister Michael Strogoff, der sich durch über 5.000 Kilometer Feindgebiet durchschlagen soll.

Gleichzeitig gelingt dem tatarischen Stammesfürsten Ivan Ogareff die Flucht aus der Gefangenschaft. Den Kurier Strogoff erwarten auf seiner Reise unvorstellbare Qualen. Er lernt Nadia Fedor kennen, die nach Irkutsk unterwegs ist, um ihren Vater zu treffen. Er überredet sie mit falschen Pass als seine Ehefrau mit ihm zu reisen. So kann er seine Tarnung perfektionieren. Doch die Tataren sind überall und Ogareff ahnt bald, dass ein Mann aus dem Kreise des Zaren ihm gefährlich werden kann. In Omsk trifft Strogoff auf seine Mutter. Sie verrät ihn ungewollt und somit gerät er in die Fänge von Ogareff. Dieser macht Storgoff dem Tataren-Anführer Feofar Kahn zum Geschenk. Er wird von einem glühend heißen Schwert geblendet. Blind und nun aufs Nadias Hilfe angewiesen, geht er seinen Weg weiter um Irkutsk zu erreichen.

Michael StrogoffImmer wieder spannend
Dieser spannende Vierteiler gehört nicht umsonst in meine kleine private Videothek. Nicht jeder Film schafft es dort hin. Besondere Klassiker schon. "Michael Strogoff" gehört dazu. Ist es doch eines jener Abenteuervierteiler, die einen als Kind die Festtage zusätzlich versüßt haben. Meistens liefen die Vierteiler - zu denen neben Michael Strogoff auch weitere bekannte Werke derWeltliteratur zählen wie "Zwei Jahre Ferien", "Die Schatzinsel" und "Der Seewolf" - an den Adventssonntagen. So saß man an jenen Abenden mit der Familie gemütlich vor dem Fernseher und verfolgte die eher ungemütlichen Abenteuer der verschiedenen Helden.
"Michael Strogoff" war eine Ausnahme, den er lief am Advent. Der erste Teil lief am 28. Dezember 1976 und Teil 4 wurde am 6. Januar 1977 gezeigt. Damit lagen zwischen den einzelnen Folgen nie mehr als drei Tage.

Die Produktion war eine Co-Produktion - wie immer bei den Vierteilern. Diesmal beteiligten sich Frankreich, Österreich und Italien an dem Projekt. Es sollte wiederum eine Mammut-Produktion werden, deren Drehzeit 5 Monate betrug. Der französische Regisseur Jean Pierre Decourt war ein Jahr lang auf der Suche nach dem geeigneten Hauptdarsteller. Dazu sah er sich zuerst in seinem Heimatland um. Später in Italien. Nirgends fand er einen Darsteller, dem er die Strapazen der anstrengenden Dreharbeiten zutrauen würde. Seine Frau erinnerte ihn schließlich an Raimund Harmstorf, den sie im "Seewolf" fünf Jahre zuvor gesehen hatte. Der Regisseur traf den Schauspieler daraufhin "Im Bayrischen Hof" und war sofort überzeugt. Harmstorf war sein Mann. Auch äußerlich glich er den Beschreibungen in Jules Verne Roman. (2)

Die weibliche Hauptrolle übernahm die junge italienische Schauspielerin Lorenza Guerrieri. Für Strogoff Gegenpart Ivan Ogareff wurde der in Paris lebende ungarische Darsteller Valerio Popesco besetzt.
Frankreich verzichtete auf sein Vorrecht den Hauptdarsteller zu stellen, da sie mit Harmstorf absolut fündig geworden waren. Das ZDF in Mainz fühlte sich dadurch geschmeichelt. (3)

Die Überarbeitung übernahm Walter Ulbrich, der schon beim "Seewolf" federführend als Produzent war. Er nutzt hier allerdings das Pseudonym Robert Brandau. Deutscher Redakteur hier ist Alfred Nathan.

Harmstorf passierte nicht dasselbe wie beim "Seewolf". Dort wurde er später synchronisiert. Hier spricht er selbst und kam einer Synchronisation zuvor, indem er sich dieses vertraglich verbat.

Viele Stunts übernahm der ehemalige Zehnkämpfer selbst. Bei den aufreibenden Dreharbeiten kamen zwei Stuntmen um Leben, als sie unter die Hufe fliehender Pferde gerieten. Harmstorf selbst zog sich allerhand Blessuren zu. U.a. eine Schulterfraktur. (3a)

Michael StrogoffRealistische Aufnahmen
Der historische Hintergrund der Geschichte bezieht sich auf die russische Expansion nach Zentralasien. Der Vierteiler wirkt noch heute recht authentisch und ist spannend wie damals. Die Reiter- und Kampfszenen sind spektakulär. Auch das Setting (es wurde in Ungarn gedreht) überzeugt. Somit hat "Michael Strogoff" nichts von seiner Faszination verloren. Was am Ende des Vierteilers fehlt ist die Ballszene im Palast des Zaren. Dieser optimistische Schluss wurde zwar gedreht, aber dem deutschen Publikum vorenthalten. Der letzte Teil endet mit dem Tod Ogareffs und der Kamerafahrt von seiner Leiche weg über die Landschaft von Irkutsk. Das letzte was der Zuschauer hört sind die herzzerreißenden Schreie von Sangarre, die ihrem Geliebten verloren hat. Zur Veröffentlichung der DVD äußerte sich Alfred Nathan erneut zu dem Umstand. Es war für ihn auch rückblickend richtig, diesen Schluss auszublenden. Nach all den Strapazen und blutigen Schlachten war dieses Happyend etwas zu dick aufgetragen und geradezu eine Operette, zumal Michael ja auch seine Mutter verloren hat. Ihr Tod wird in den Teilen aber leider kaum thematisiert. In der französischen Version fehlt die Szene nicht und andere auch nicht, Das ZDF kürzte den 6stündigen Film letztlich um einige Minuten. Auch das Schicksal der beiden Journalisten bleibt in der ZDF-Version ungeklärt. Das Wiedersehen Nadjas mit ihrem Vater wird ebenso unterschlagen. Auch die Idee, den vierten Teil nochmal separat komplett im ZDF zu zeigen, verwarf der Redakteur.(4) Die Entscheidung den Schluss wegzulassen ist nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar empfand ich ich die Entscheidung von Concorde die Schluss-Szene (die zumindest als Fragment in den Rückblicken der Teile 2-4 erscheint) nicht wenigstens als Bonus auf die DVD zu packen. Denn gerade die DVD-Veröffentlichung ermöglicht dieses ohne das Gesamtwerk zu zerstören. Letztlich war "Michael Strogoff" mit der höchsten Sehbeteiligung der erfolgreichste Vierteiler.

Synchronfassung
Zum Erfolg beigetragen hat auch die klassische Musik von Vladimir Cosma, einem rumänischen Komponisten. Als Synchronsprecher der ausländischen Darsteller wurden bekannte Stimmen bekannter deutscher Schauspieler genutzt. Joachim Kemme als Ogareff, Helga Trümper als Nadia und daneben noch viele weitere wie Reinhard Glemnitz, Holger Hagen, Rüdiger Bahr, Hartmut Reck, Karin Kernke.
Die DVD biete zumindest ein umfangreiches Booklet, deren Inhalt aber größtenteils dem Buch "Seewolf und Co." von Oliver Kellner und Ulf Marek entnommen sind.

Spoiler
Am Ende der Geschichte obsiegt der Kurier und der Zar. Doch Michael Strogoff hadert mich sich und sieht die Geschehnisse kritisch. War es das alles wert? Diese Reflexion lässt Strogoffs Handeln in einem anderem Licht Michael Strogofferscheinen. Strogoff hat nur im Auftrag gedient ohne zu hinterfragen. Und Ogareff war ein Rebell, der von etwas Neuem träumte.

Michael Strogoff (Fernsehfilm in vier Teilen)
nach dem Roman "Der Kurier des Zaren" von Jules Verne
mit Raimund Harmstorf, Lorenza Guerrieri, Valerio Popesco, Rada Rassimov, Vernon Dobtcheff, Pierre Vernier, József Madaras u.v.a.
Buch: Claude Desailly
Regie: Jean Pierre Decourt
Musik: Vladimir Cosma
Deutsche Bearbeitung: Robert Brandau
Gesamtlänge ca. 342 Minuten
Erstausstrahlung: ZDF 1976/77

(2,3)= DVD "Michael Strogoff" (Concorde)
(3a, 4)= Kellner, Marek: Seewolf und Co.

© by author 02/23

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