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Nackte Angst

Schrott auf DVD und BluRayNackte Angst

Was ist ein schlechter Film? Nun, diese Betrachtung ist sehr subjektiv, denn es liegt immer im Empfinden des Zuschauers.

Filme die ich schlecht finde muss ein anderer nicht zwangsläufig auch so ansehen. Für mich sind zum Beispiel die weitaus meisten der heutigen A-Filme schlecht. Da wird es manch einen Leser geben, der nun die Stirn runzelt und ein Fragezeichen über dem Kopf trägt.

Nächstes Schein-Franchise.

Um Frauen quälen zu können, lassen sich Filmemacher ab und zu mal andere Sachen einfallen. Berechtigt ist die Frage, ob es wirklich ein solch zahlreiches Publikum dafür gab/gibt. Aber wenn man zurück blickt - diese Filme gab es schon immer. Die Tatsache, dass ich über den einen oder anderen Vertreter dieses Thriller-Subgenres schreibe zeigt ja, dass auch ich ihn bewusst angesehen habe.

Battle of the DamnedNaked Fear(2007)
(Naked Fear)
Regie: Thom Eberhardt, mit Danielle De Luca, J.D. Garfield, Arron Shiver, Lisa Hill, Mel MacKaron, Kevin Wiggins, Jenny Marlowe, Rima Miller.
Diane (Danielle De Luca) ist von Zuhause fort um eine Karriere als Tänzerin zu beginnen. Leider gerät sie dabei an einen schmierigen Typen in einem Kaff in New Mexico. Da sie mittellos ist, zwingt er sie im Nachtclub eines Freundes als Stripperin aufzutreten. Eines Abends trifft sie auf Colin (J.D. Garfield), der sie überwältigt und betäubt. Sie erwacht nackt irgendwo fernab jeder Zivilisation. Colin erklärt ihr, dass er sie zu jagen gedenkt und gibt ihr 15 Minuten Vorsprung. Zunächst flieht sie planlos, doch als es ihr gelingt sich dem Jäger zu entziehen und sie sich der Abgeschiedenheit bewusst wird, beginnt sie sich zu wehren. Sie trifft auf einen Mann mit seinen beiden Söhnen, die sich auf einem Pfadfinderausflug befinden. Colin spürt sie dort auf und tötet die drei. Diane flieht zu einer Straße, wo sie ein Auto stoppen kann und mit diesem schließlich Colin überfährt.

Das Groteske an der Sache ist, mir hat das Ding gefallen. Und da bin ich nicht der einzige. Im Netz findet man eine ganze Reihe von Rezensionen, die ihn zumindest als brauchbar einstufen. Nicht alle dieser Filme sind plump. Auffallend ist zunächst, dass der Film sich Zeit nimmt Diane vorzustellen und damit eine Grundlage schafft ihr Handeln zu verstehen. Es gibt während der Jagd keinerlei Hinweise auf eine sexuelle Motivation. Dass Colin seine Opfer der Kleidung beraubt hat andere Gründe. Es zeigt sich, dass er kein planloser Jäger ist. Die Opfer sollen aus dem Nichts etwas für sich erschaffen, um ihm die Stirn bieten zu können. Das erhöht den Reiz der von der Tierjagd gelangweilten Seele.

Der Film ist nachvollziehbar, sowohl in seinem Ablauf wie in seinen menschlichen Reaktionen. Natürlich könnte man bemängeln, dass Diane ihre Chance nicht nutzt, als sie Colin das erste Mal überwältigt. Sie könnte seine Waffe nehmen und ihn töten. Zu jenem Zeitpunkt aber ist die Angst größer. In einer derartigen Situation ist logisches Denken ausgeschaltet. Also flieht sie nur und lässt den Mann bewusstlos liegen. Wenig später, als sie sich der Skrupellosigkeit des Mannes bewusst wird, durch die Morde an den Campern, ist sie bereit ihn umzubringen.

Danielle De Luca spielt die Rolle der Diane exzellent. Man ist sehr schnell bereit sich mit ihr zu identifizieren und so fiebert man mit ihr. Sie handelt menschlich und nicht konstruiert vorgegeben. In dieser Hinsicht sind also auch das Drehbuch und die Regie ausgefeilt. Bis zum Ende bleibt das Geschehen nahe an dem was man Realität nennen könnte. Regisseur Thom Eberhardt ist kein Frischling. Bereits 1984 drehte er mit DER KOMET (NIGHT OF THE COMET) einen Film der mir gut gefiel. Die kleine Endzeitvision mit Catherine Mary Stewart und Kelly Maroney ist ein spaßiger B-Film. Er hat nicht viele Filme gedreht. Manche dürften seine Arbeiten mit den Titeln CAPTAIN RON (1992)  oder GENIE UND SCHNAUZE (WITHOUT A CLUE, 1988) kennen. In jedem Fall gehört er zu jenen, die einen Film nicht einfach dahin rotzen um ein notgeiles Publikum zu befriedigen. Umso enttäuschender ist der Epilog, den ich hier mal nicht spoiler, Er stellt alles Vorherige in Frage, denn er ist derart an den Haaren herbei gezogen, dass man heulen möchte.

Trotzdem: NAKED FEAR ist ein Beweis dafür, dass es nicht immer nur einfältig zugehen muss, auch wenn die Hauptdarstellerin die Hälfte des Films nackt herum läuft. Und auch wenn hier eine Frau erniedrigt und gejagt wird, so heißt es nicht, dass er nur auf den reinen Voyeurismus setzt. Das Drehbuch wurde übrigens von einer Frau namens Christine Vasquez geschrieben. Ob es daran liegt?

Naked Fear 2Naked Fear 2 (2009)
(Match Dead)
Regie: Jon Bonnell, mit Kathleen Benner, James Ray, Michael Harrelson, Greg Joseph, Ashley Francis, Penelope Jones, Mike de Alba
Eine Vorgeschichte brauchen wir dieses Mal nicht. Valora (Kathleen Benner) wacht auf und sieht sich einem Mann gegenüber, den sie im Internet kennen gelernt hat. Ridley (James Ray) ist ein komischer Kauz. Er tötet gerne Menschen, vorwiegend junge Frauen. Das wusste Valora aber bis hierhin noch nicht. Er gibt den Opfern eine Chance zur Flucht, erschießt sie dann aber ohne Gnade. Bei Valora ist es irgendwie anders, denn er hat sich in sie verliebt. Sie erwidert diese Gefühle jedoch nicht, weshalb er sie in einem Schuppen fernab jeglicher Zivilisation gefangen hält. Er treibt ein paar kranke Spielchen mit ihr (nicht sexueller Art) und lässt es auch immer wieder zu, dass sie ihn angreifen kann. Unterdessen suchen ihr Grandpa (Michael Harrelson), bei dem sie aufwuchs, und sein Freund Guy (Greg Joseph) nach ihr. Sie nehmen Ridley ins Visier, der Guy erschießt, als dieser auf seinem Grundstück spioniert. Als der Großvater dann auch erscheint wendet sich das Blatt. Zwar kann Ridley ihn ebenfalls töten, doch dann gelingt es Valora sich zu befreien und ihren Peiniger zu überwältigen.

Das ist im Groben die ganze Geschichte, hunderttausend Mal dagewesen und entsetzlich einfältig. Wer hier glaubt einen zweiten Teil zu dem gelungenen Thriller NAKED FEAR vor sich zu sehen, der dürfte kaum mehr als drei Filme in seinem Leben gesehen haben. Zudem hat man sogar den Originaltitel MATCH.DEAD im Vorspann gelassen. Wird wohl schon keiner merken, wird man sich bei Sunfilm/Tiberius gedacht haben. Zudem hat man das Cover dem ersten Teil angeglichen, was die Annahme erhärtet eine Fortsetzung zu erwerben. Das grenzt schon an Betrug, denn das nackte Mädel auf dem Titelbild kommt im Film nicht vor. Überhaupt geizt der Film damit. Und wenn man schon auf so etwas achtet, dann sieht man häufiger den nackten Körper des Kerls als der Dame. Uiiih, das will man als voyeuristischer Zuschauer, der sich die Disc ob des Titels und des Bildes besorgt hat, aber gar nicht sehen. Immerhin bot der Vorgänger fast den ganzen Film lang ein nacktes Mädel.

Der Film glänzt, aber nicht durch Inhalt und Handwerk, sondern dadurch, dass er fast ausschließlich bei grellem Sonnenschein gedreht wurde und seine Bilder zuweilen extrem überbelichtet sind. Das hat zur Folge, dass man hin und wieder die Augen schließt um nicht zu erblinden - der Helligkeitsregler via Fernbedienung scheitert leider. So ist der Film schon rein optisch kein Genuss. Die Schauspieler tun ein Übriges, vom Drehbuch ganz zu schweigen. Wie so oft bei billigeren Filmen neigen die Darsteller dazu ihre Handlungen und Dialoge zu überzeichnen. Mimik und Bewegungen sind zu deutlich betont. Die Kamera fängt diese Ausdrücke mit Großaufnahmen ein. So kann keiner der Protagonisten überzeugen.

Albern geradezu ist der Handlungsverlauf. Offenbar wissen Grandpa und Guy von vornherein, dass Ridley das Mädchen gefangen hält. Die Dialoge weisen mehrfach darauf hin. Warum sie dann erst sehr spät versuchen einzugreifen erschließt sich nicht, wenn man von der Tatsache absieht, dass das Geschehen Spielfilmlänge erreichen soll. Über die Motivation des Killers, der nach eigenen Angaben schon etwa 50 Leute umgebracht hat, erfährt man übrigens gar nichts.

Sämtliche Actionszenen, von denen es eine Handvoll gibt, die aber zusammengerechnet kaum drei Minuten erreichen, sind mit wackeliger Kamera und Zeitraffer aufgenommen, sodass  man als Zuschauer letztlich gar nichts zu sehen bekommt.

Indes finde ich es putzig, dass er inhaltlich eher dem britischen Film BROKEN ähnelt als dem originalen NAKED FEAR. Vielleicht hätten sich die Labels MIG und Sunfilm kurzschließen sollen, um ein gefaktes Endlosfranchise zu kreieren.

Naked Fear 3Naked Fear 3 (2016)
(From the Shadows)
Regie:
Scott C. Robert, mit Kalimba Bennett, Britt George, Brennan Taylor, Sheila Cavalette, Steve Filice, Noel Olken, Erika Lenhart
Wow, sie haben sogar den Originaltitel im Vorspann gebleicht und NAKED FEAR 3 drüber gemalt. Da kommt dann doch mal niemand auf die Idee, dass es sich um einen Fake handelt.

Ja, es geht wieder um eine Frau die von einem Kerl gequält wird. Irgendwann hat man als Zuschauer die Nase voll, es langweilt zu sehr und vielen Machern solcher Filme fällt wahrlich nicht viel ein. Dieses Ding ist ein besonders klares Beispiel dafür. Man ist dann schon dankbar für einen Film wie den originalen NAKED FEAR, der nichts Neues aber wenigstens etwas Interessantes erzählt.

Dieses Mal trifft es die arme Terri (Kalimba Bennett). Sie wird entführt und in ein Kellerloch gesperrt. Dort beginnt ein Typ, der sich Big Brother (Britt George) nennt, sie zu peinigen. Der Grund dafür ist so weit hergeholt, dass er wahr sein könnte. Terri hat den Lottojackpot geknackt und der böse Knilch ist scharf auf den Lottoschein. Da das Mädel ihm nicht verraten will, wo sie das Stück Papier versteckt hat, quält er sie halt. Das geht so weit, dass er vor ihren Augen eine andere Frau ermordet. Terri kann den nächsten Mord verhindern, indem sie das Versteck verrät. Weil Big Brother aber nicht auffliegen will, bevor er das Geld hat, sperrt er beide Frauen zusammen. Das führt dazu, dass sie einander befreien und schließlich den kranken Typen platt machen.

Liebe Filmemacher, warum könnt ihr einen solch simplen Stoff nicht einfach und linear erzählen? Warum muss es ständig Flashbacks und Umschnitte auf Nebenschauplätze geben? Es ist auch bei Billigfilmern eine Unsitte geworden, einfache Geschichten zu verschachteln um den Eindruck eines künstlerischen Anspruchs zu vermitteln. NAKED FEAR 2 hat das schon getan, aber hier wird es auf die Spitze getrieben. Die erste Hälfte ist so hoffnungslos durcheinander, dass niemand, vermutlich auch der Regisseur/Cutter, durch den Wust an Bildern und Dialogen durchsteigt. Zudem ist der Film so extrem dunkel gehalten, weshalb man oft erst viel zu spät merkt, dass man sich plötzlich in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort befindet.

Ohnehin bekommt man wenig zu sehen. So krank manche Sequenzen auch sein mögen - wir sehen sie nicht. Oftmals gibt nur die Tonspur Aufschluss darüber was gerade geschieht. Und kriegen wir doch einmal eine Ahnung davon, dann kommt die Schere zum Einsatz, die der Gewalt die Spitzen nimmt. Waren die vorgenannten Filme ungekürzt, so muss man hier auf ein paar Momente verzichten. Dabei ging der deutsche Vertreiber so ungeschickt vor, dass jeder Schnitt durch einen heftigen Sprung in der Tonspur deutlich wird. Überdies ist kaum anzunehmen, dass die FSK etwas beanstandet hätte, denn ob der Finsternis kann man die schlimmen Bilder eh' kaum sehen.

Und dann wieder dieses hektische Kameragewusel, diese kurzen Schnittfolgen, Bildverfremdungen. Soll das Kunst sein? Es ist, angesichts eines solchen Films, völlig unverständlich, dass die Macher sich nicht auf das konzentrieren was der Film sein soll. Leute, lasst euch originellere Geschichten einfallen und zeichnet die Charaktere differenzierter, dann könnt ihr aus dem Einheitsbrei heraus - nicht mit unsinnigen Bild- und Tonexperimenten, die den Zuschauer nur verärgern.

NAKED FEAR 3 ist zwar inhaltlich etwas besser als der Vorgänger, aber er ist dennoch nicht wirklich ein goutierbarer Film. Er schwimmt auf der Welle der so genannten "Torture Porns", ist dafür aber zu harmlos, nicht zeigefreudig genug. Selbst ich, der nun wahrlich eine Menge Dumpfkram ertragen kann, konnte mit beiden Nachfolgern von NAKED FEAR nicht viel anfangen. Es ist schade, dass der deutsche Vertreiber den wirklich bemerkenswerten Film von Thom Eberhardt durch zwei wertlose Scheinfortsetzungen so verwässert und abgewertet hat.

Kommentare  

#1 Laurin 2018-10-21 00:56
Stimmt auffallend. NAKED FEAR war für einen Film mit mehr als geringem Budget schon auffallend gut umgesetzt worden.
Danach geht es allerdings geradewegs abwärts, wobei NAKED FEAR 3 durchaus noch als besser als NAKED FEAR 2 zu betrachten ist. Im Grunde kann man allerdings auch gut auf die zwei Filme verzichten, die man einfach unter gleichem Titel auf den Markt geschmissen hat, auch wenn sie mit dem eigentlichen Film nicht wirklich zusammenhängen sondern nur sehr grobe Ähnlichkeiten aufweisen.
Bin da mal ehrlich, da mir alle drei Filme vorliegen: Ich bin auch bei den gleichen Titeln auf die "Scheinfortsetzungen" hereingefallen und hatte mich damals schon entsprechend über NAKED FEAR 2 + 3 eher geärgert.
#2 Andreas Decker 2018-10-21 14:04
Ich kenne nur den ersten, der lief mal im Fernsehen. Ich war auch angenehm überrascht. Gut gemachte Variation eines durchgenudelten Themas. Obwohl ich mich an den Epilog nicht wirklich erinnern kann. Ging das nicht in die Richtung Rape/Revenge-Thriller?
#3 Norbert 2018-10-21 19:36
Ja, das zumindest deutet die Schlusssequenz an, was mich ob des vorherigen Ablaufs ärgerte. Nun, immerhin konnte es dadurch möglich sein, dass tatsächlich eine Fortsetzung entstand.
Film 2 und 3 muss man auch nicht kennen. Es gab damals eine Box mit allen 3 Filmen jeweils einzeln in Amarays, die unter zehn Euro kostete, weshalb sich eine Einzelanschaffung nicht lohnte. Für den ersten hat es sich dann schon ausgezahlt, der Rest ist halt Beiwerk.

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