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Ren Dharks Weg von Kelter zu HJB - Zur Einführung einer neuen Kolumne

Ren Dhark & das WeltallRen Dharks Weg von Kelter zu HJB
Zur Einführung einer neuen Kolumne

Obwohl ich nie ein großer Fan der Serie Ren Dhark war, ist diese Erfindung Kurt Brands für mich eine wichtige. Ich hatte nämlich gut drei Jahre als Nachlassverwalter damit zu tun. Eine spannende Zeit.

Aber wenn es HJB nicht gegeben hätte, wären Ren Dharks Abenteuer wohl noch immer mit der Heftnummer 98 beendet und er harrte der nächsten Neuauflage, statt seit 20 Jahren immer neue Abenteuer zu erleben.


Kurt BrandWie es dazu gekommen ist, will ich zur Einführung einmal erzählen ...

Ren Dhark erschien dreimal bei Kelter. Nach seinem Ausscheiden bei Perry Rhodan wollte Kurt Brand seine eigene Weltraumserie entwerfen und fand in Kelter einen Verlag, der das Wagnis eingehen wollte gegen den Platzhirsch Perry Rhodan in dessen Revier (dem Weltall) anzutreten. Letztlich nannte sich die Serie Ren Dhark und erschien zwischen 1966 und 1969 in 98 Bänden. Zwei Neuauflagen erschienen von 1977 bis 1981 und von 1987 bis 1990. Obwohl jeweils Pläne für eine Fortsetzung in den Schubladen lagen, konnte der Verlag sich nicht durchringen, die Serie letztlich weiterzuführen. Aber bis heute gilt die Saga um Ren Dhark als das Hauptwerk Kurt Brands.

Ich lernte Kurt Brand in den achtziger Jahren kennen. Da war er 68 oder 69 Jahre alt und auf Initiative von Werner Kurt Giesa zum Buchmesse Con gekommen. Ich war auf dieser Veranstaltung damals so eine Art Eintänzer in der Fischbratküche und machte Kurzinterviews mit den Ehrengästen, versteigerte für einen guten Zweck dieses oder jenes oder führte mit W.K. und Rolf Michael den Grafen und sein Pferdeknecht auf (wobei ich sogar gesungen habe - was, wie ich versichere - kein ungetrübtes Vergnügen ist, obwohl ich schon auf der Bühne der Hamburger Staatsoper sang).


Im Laufe dieses Cons plauderte ich in offizieller Funktion und später privat sehr angeregt mit Kurt, aber nicht etwa über Ren Dhark, sondern über das Raumschiff namens Promet. Das war meine Lieblingsserie von Kurt und ich erfuhr so einiges. Da mich Kurt mit breitesten Kölner Akzent ansprach, meinte Rolf am Ende des Cons, dass Kurt mich mag. Er konnte auch nahezu akzentfreies Hochdeutsch, aber wer das zu hören bekam, war bei Kurt nicht wohl gelitten und hatte sich seinen Zorn zugezogen.

Zu Kurt Brands 73. Geburtstag erhielt ich dann gar eine Einladung nach Kaltern. Ich verpasste die eigentliche Feier, weil ich am Nachmittag vor der Feier zuviel des Weins genossen habe, aber ich hatte es mir mit Kurt nicht so ganz verdorben. In der Folge telefonierte man hier und da. Dann erfuhr wir, dass Kurt Krebs hat, was kurz nach dem Perry Rhodan Weltcon 1991 diagnostiziert wurde. Fortan trieb ihn nur noch ein Wunsch an. Er wollte unbedingt 75 Jahre alt werden. Ein Ziel, dass er nicht mehr erreichen sollte. Aber er hat es versucht ...

Werner Kurt GiesaKurt Brand begann Dinge zu ordnen. Im Zuge des Versuches des Milton Verlags entweder Ren Dhark  oder Raumschiff Promet zu publizieren, überwarfen sich Brand und Giesa, weil Kurt sich von WK verraten fühlte. Es ging um die Übernahme von Telefonkosten durch den Verlag. WK war dergleichen nicht mehr gewohnt (er telefonierte auf eigene Kosten) und der Verlag wollte nicht zahlen (weil der nicht davon ausging, dass das Übernehmen solcher Auslagen durch den Verlag eigentlich zum Guten Ton gehöre.). Kurt, der dergleichen vom Kelter- und Moewig Verlag gewohnt war, reagierte sehr böse. Insbesondere war er erbost, W.K. nicht auf seiner Seite zu finden. Aber im Nachlass fanden sich Belege für die Übernahme von Telefonkosten sowohl durch Moewig als auch durch Kelter. Insbesondere ging es dabei jeweils um Abstimmungen unter den Autoren. Und so schied WK als Nachlassverwalter aus. Basta. Da war Kurt von geradezu knallharter Konsequenz.

Daher fragte er mich mich, ob ich nach seinem Tod den Nachlass verwalten wolle.
Dazu kam der Satz, dass der Giesa nichts mit Ren Dhark zu tun haben sollte. Das hat er bis zu seinem Tod mehrfach wiederholt und stand in der Agenda ganz oben.

Kurt Brand hatte sich wohl Gedanken gemacht, was aus seinem Werk werden sollte. Bei Ren Dhark wollte er mindestens die Hälfte der Romane rauswerfen [zu den Details sind wir nicht mehr gekommen und es spielt auch keine Rolle mehr, wie sich dann zeigen sollte]. Dhark sollte moderner, schneller werden. Ihm schwebte so manches vor, was getan werden müsse, um die Serie auf die Höhe der Zeit zu bringen. Es schwebte ihm eine Buchausgabe nach dem Muster der Silberbände der Rhodan-Serie vor. Im Heft stellte er sich eine tiefgreifende Bearbeitung und Neuordnung. Kurt war zu dieser Erkenntnis gelangt, als seine Weltraumreporter-Romane im Taschenbuch nicht mehr so recht gelaufen waren und nach drei von fünf geplanten Taschenbüchern bei Bastei Lübbe eingestellt wurden. Er hatte registriert, dass die SF der Sechziger obsolet geworden war. Um sein Lieblingskind zu retten schienen ihm Einschnitte und Überarbeitungen nötig, denn auch die 3. Auflage von Ren Dhark war nicht mehr so toll gelaufen.

Ich hörte zu und machte mir meine Notizen [die nicht mehr vorhanden sind] und schwor mir, für Ren Dhark jemanden zu suchen, der dieser Aufgabe gerecht werden könnte, nachdem WK außen vor war. Mir schwebte auch von vornherein ein Name vor ...

1Nun gut, nach dem Tode Kurt Brands war Kelter natürlich der erste Ansprechpartner. Ich schrieb dem Verlag Anfang 1992 einen langen, ausführlichen Brief, in dem ich den Melcherts (damals war der heutige Senior noch der Junior) Kurts Pläne und Ideen erläuterte. Ich erhielt einen Termin und man wollte sich über die Zukunft der Serie austauschen. Zweieinhalb Stunden saß man zusammen, diskutierte dies, besprach jenes. Am Ende hatte ich das Gefühl, der Kelter Verlag wäre geneigt ... Das Gefühl hielt nicht einmal 24 Stunden.

Als ich am nächsten Morgen dann den Briefkasten öffnete, war ein Brief des Kelter Verlags drin. Bei der Lektüre desselben kam mir fast der Kaffee wieder hoch, den ich just getrunken hatte. Darin wurde mir - und damit den Erben - eröffnet, dass die Serie Ren Dhark noch mehrere unbearbeitete Auflagen erleben solle und selbst die Aussicht auf eine Fortsetzung eher gering sei. Aber eben nachdrucken wolle man. Ich glaube, dass das der Moment war, in dem ich Kelter den grünen Punkt für literarisches Recycling verlieh.

Ich für meinen Teil wollte zunächst nur meine Lebenszeit zurück, die ich am Vortage offensichtlich verschwendet hatte. Nach Beratung mit Maria schoben wir Kelters Plänen erst einmal einen Riegel vor, denn der Autor bzw. dessen Erben haben - so will es das Verlagsgesetz - vor einer Neuauflage ein Recht auf eine angemessene Bearbeitung. Solange Kelter nicht gewillt war, diese zu gewährleisten, würden wir (eben insbesondere Maria als Erbin und ich als Handlanger) uns jeder weiteren Neuauflage verweigern.

Ein Patt also.

1In dieser Lage erschien Hansjoachim Bernt auf der Szene. Er trug sich mit dem Gedanken Ren Dhark als Hardcover nach dem Muster der Silberbände aufzulegen. Sein Konzept war schlüssig wie auch seine Kalkulation. Nach kurzer Zeit hatten wir unsere Vorstellungen zusammengeführt. Das ging erstaunlich schnell und schmerzlos. Die Farbgebung der Ren Dhark-Serie sollte dabei an die Erstauflage angelehnt sein, ebenso wie das kreisrunde Titelbild ein Comeback feiern sollte und man war von vornherein daran interessiert, dass nach der Auflage der 98 Hefte die Serie fortgesetzt werden würde. Das war eine gute Basis.

So liebend gern ich da auch meine Rolle als Nachlassverwalter heroisieren möchte. Nein ich habe Hansjoachim Bernt nicht nieder gerungen (weder verbal noch physisch) oder ihm Bedingungen diktiert, die den Erfolg des Projektes garantierten. Ich musste auch gar nicht so sehr die Interessen der Erben wahren, denn auch die hatte Bernt schon im Auge. Nein, das waren gute, klare Verhandlungen mit einem schnellen Ergebnis und nichts, aber auch nichts war dabei, dass ich zur Legendenbildung zu meinen Gunsten nutzen könnte. Also kein Nachlassverwalter in eherner Rüstung, der einem gierigen Schurken (Verleger) in seine Schranken weist. So bitter das für die Dramaturgie ist, so wahr ist es.

Und so kam auch Manfred Weinland an seine Aufgabe, Ren Dhark für die Hardcover zu bearbeiten. Auch hier erzielten wir zügig Einigkeit. Dass WK später dann an Ren Dhark mitarbeitete lag nicht mehr in meiner Verantwortung und war daher für mich nicht mehr von Interesse.

Aber grundsätzlich lief das: Perfekt.

Doch nun galt es die Nabelschnur des Kelter Verlags zu durchtrennen. Das erwies sich als nicht so einfach. Zum ersten behauptete Kelter, dass man mit Rechten nicht handeln könne. Das hinterließ auf meiner Stirn Falten, denn das ganze Verlagswesen besteht aus dem Handel mit Rechten. Als das vom Tisch war, meinte Kelter Urheberrechte geltend machen zu können und wenns am Titel wäre. Das sah nach einem Gang vors Gericht aus, aber letztlich konnte der vermieden werden, als Maria dem Kelter Verlag eine eher niedrige Summe anbot, die man in Wandsbek akzeptierte ...

1Der Weg war nun frei für HJB. Und seit 20 Jahren erscheinen da Ren Dhark-Romane. Die Entscheidung war also richtig und es zeigt sich, dass er (und später der jüngst verstorbene Hajo Breuer) durchaus ein gutes Konzept für die Serie hatte und hat und hoffentlich auch weiterhin haben wird.

Warum ich das alles erzähle?

Wenn Kelter Ren Dhark weiter vermarktet und Hansjoachim Bernt die Serie nicht übernommen hätte, gäbe es nun keinen Anlass eine Kolumne zum Thema im Zauberspiegel zu starten ...

Eben das tun wir hiermit, denn Michel Wuethrich hat Ren Dhark für sich entdeckt und wird nun diese Kolumne übernehmen. Bereits in der kommenden Woche erzählt er, wie er dazu kam. Und schon eine Woche später wird er eines der aktuellen Bücher in Augenschein nehmen. Danach geht es dann in monatlicher Folge weiter. Ich weiß, Michel wird sich das Universum von Kurt Brands Schöpfung erschließen und es mit viel Freude unseren Lesern näher bringen.

Für mich wird eine Lücke im Angebot des Zauberspiegel geschlossen ... Weitere offene Baustellen bleiben, aber das sind andere Geschichten..

Viel Spaß mit Michel wie er Ren Dharks Weg ins Weltall begleitet. 

Kommentare  

#1 Achim Mehnert 2014-10-25 09:18
Schöne Einführung, Horst.
Ich freue mich auf Michels Kolumne.
#2 Alter Hahn 2014-10-27 14:11
Was dort geschrieben steht, kann ich bestätigen, weil ich mit dabei war und alles mit gehört habe. Das, was Kurt Brand noch am letzen Tag gesagt hat, als ihn Hermann und ich in Kaltern besuchten - udn er ca. 2 Stunden nach unserer Abreise ins Koma fiel, aus dem er nciht merh erwachen sollte. Ich dass es ja unlängst erst hier im Zauberspiegel ausgeplaudert - nur steht jetzt in diesem Beitrag auch dabei, warum Kurt so zornig auf Werner war. Und ich bestätige auch das, was H.H.V. Allwörden erst mit Kurt und am Abend seiner Beerdigung mit Maria als Kurts Witwe über die Nachlassregelung gesprochen hat.

Das Kapitel "Milton-Verlag", wo die Wurzel des Übels liegt, ist eine ganz andere Sache - war aber der tatsächliche Grund des Zerwürfnises von W.K.Giesa mit seinem literarischen "Vater" Kurt Brand.

Dem Chef dieses Verlages wäre damals sogar fast ein Dan Shocker auf dem Leim gegangen - als wir zusammen im Raum hinter der damaligen Esoterik-Buchhandlung in Hanau zusammen saßen. Damals hat Jürgen den Kopf geschüttelt, das ich mein "Zeitreise"-Konzept zurück gezogen habe und aus dem "Milton -Projekt" ausgestiegen bin, bevor ich einsteigen konnte.

Die ersten drei oder vier Hefte dieses Verlages sahen auch richtig gut aus - mit Bildern von Yakub Yalcinkaya, der vergeblich immer wieder versucht hat, bei Bastei unter die TiBi-Zeichner zu kommen. Ja, die Hefte des "Milton-Verlages" sahen wirklich schön aus... nur kamen danach keine mehr.. oder nicht mehr sehr viele.

Und der Schreibtisch eines Chefredakteurs dieses Verlages (der Preis dafür, dass er wegen der Telefonkosten gegen Kurt Brand gestanden hat) hat W.K.Giesa auch nicht gesehen. Und als Werner wieder in Kurts Nähe war, konnte der nichts mehr sagen - weil er tot war. Und so lange er lebte, haben Hermann und ich W.K.G.gegenüber eisern darüber geschwiegen, was Kurt Brand in seinen letzten Tagen von ihm gehalten hat.

All diese Dinge gehören ja zur "Geschichte des Heftromans" - genau so wie die "Star-Gate"-Legende, die eine Zusammenarbeit von W.K.Giesa mit Volker Krämer als (wenn ich recht informiert bin) damals Herausgeber der "Star-Gate"-Serie war. Doch weil beide nicht mehr befreagt werden können wird diese Story wohl ungeschrieben bleiben.

Ich weiß nur das, was Werner mir damals davon erzählt hat - und weil ich nicht im Geschäft war, habe ich es auch überwiegend vergessen. Denn in den Hintergründen - da wurde in einer ganz andren Liga gespielt als beim Milton-Verlag. Die Serie wurde nicht eingestellt, weil es zu wenig Interessenten gab - sondern weil einige Leute an maßgeblichen Stellen saßen, die mit ihren Beziehungen Vertriebswege bei der Verbreitung von Druckwerken beeinflussen konnten.

Denn wenn Hefte nicht rechtzeigig zum Einzelhandel kommen, dan kauft der Gelegenheitsleser eben was anderes. So einfach war das, eine gute SF-Serie schon in den Anfängen kaputt zu machen... aber als Werner dann co-Autoren suchte, hat er Volker Krämer mit ins Boot geholt...
#3 joe p. 2014-10-27 19:27
Zitiere Artikel:
"Es ging um die Übernahme von Telefonkosten durch den Verlag. WK war dergleichen nicht mehr gewohnt (er telefonierte auf eigene Kosten) und der Verlag wollte nicht zahlen (weil der davon ausging, solche Übernahmen gehören nicht zum guten Ton)."
Ich nehme mal an, das soll heißen: "weil der nicht davon ausging, dass das Übernehmen solcher Auslagen durch den Verlag eigentlich zum Guten Ton gehöre." Dann wird allerdings ein Schuh draus.

Harantor sagt: Stimmt und es ist korrigiert.
#4 joe p. 2014-10-27 20:04
Telefonieren konnte in den alten Zeiten durchaus ins Geld gehen.
Dass der Eine damals sagte "Telefonrechnung ist halt persönliches Schicksal", während der Andere entgegnete "Heh, Moment mal..." ist jedenfalls nachvollziehbar.
#5 Harantor 2014-10-27 20:11
zitiere joe p.:
Telefonieren konnte in den alten Zeiten durchaus ins Geld gehen.

Es gilt ebenzu bedenken, dass das vor der Flatrate wr und Kurt zudem in Kalter (Südtirol/Italien) wohnte und das Telefonieren nach Deutschland ins GEld ging. Aber Kurt war eben den Ersatz von Telefonkosten gewohnt (vertraglich abgesichert).

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