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Die textende KI

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDie textende KI

"Der Roman Die Rote Zora handelt von einer jungen Kämpferin namens Rote Zora, die sich für die Rechte der Unterdrückten und Benachteiligten einsetzt. Sie und ihre Freunde, die "Zoras", kämpfen gegen das Unrecht in ihrem Land und setzen sich für Gerechtigkeit und Gleichheit ein.

Ob der Roman als sozialistisch bezeichnet werden kann, ist schwer zu sagen, da es darauf ankommt, wie man den Begriff "sozialistisch" definiert.

Einige mögliche Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, sind die Tatsache, dass der Roman sich mit sozialen und politischen Themen beschäftigt und dass die Hauptfigur, Rote Zora, für Gerechtigkeit und Gleichheit kämpft. Allerdings ist der Roman aus der Perspektive eines Kindes geschrieben und könnte daher auch einfach als Geschichte über Freundschaft und Abenteuer interpretiert werden, ohne dass ein direkter sozialistischer Bezug hergestellt wird. Letztendlich muss jeder Leser für sich selbst entscheiden, ob er den Roman als sozialistisch betrachtet oder nicht."

Das klingt doch eigentlich schon recht vernünftig. Fast schon so, als hätte ich das geschrieben. Habe ich aber nicht. Denn das wurde von der KI des Programms ChatGPT verfasst. Eine KI, die nach gewissen Anweisungen Texte verfasst. In diesem Fall hatte ich darum gebeten, die Rote Zora mit einzubeziehen und die Frage zu beantworten, ob der Roman sozialistisch ist oder nicht. Der Autor Kurt Held war ja Kommunist, musste 1933 aus Deutschland fliehen und hat dann später nach seinen Werken für Erwachsene sich auf Kinderbücher verlegt. Dass der Autor auch eigentlich anders heißt und dass es anekdotisch gesehen ein Vorbild für die Rote Zora gegeben hat, dass Senj wirklich im ehemaligen Jugoslawien liegt und dass es zudem eine erfolgreiche Serie gab - all das beinhaltet der obige Text nicht. Aber das könnte er. Wenn die zugrunde liegende Datenbank nämlich diese Fakten beinhalten würde.

Das Ganze kann man jetzt erstmal als reinen Gag abtun, zumal ChatGPT nur Dinge bis 2021 kennt. Aktuelle Nachrichten wird die AI also kaum schreiben können, aber es ist schon so, dass bei Sport- oder Börsenberichten schon jetzt große Konzerne AIs einsetzen. Vielleicht sogar schon die eigene Lokalzeitung. Ohne dass sie es verrät. Warum sollte man auch Reporter auch in Regionalligen schicken, wenn die KI genauso gut aus den gemeldeten Toren und den Spieler*innen einen lesbaren, flüssigen Text stricken kann? So wie den hier:

„Im Finale, das am 8. Juli 1991 im Olympiastadion von Rom stattfand, trafen die Mannschaften aus Argentinien und Deutschland aufeinander. Die deutsche Mannschaft gewann das Spiel mit 1:0 und wurde somit zum dritten Mal Fußball-Weltmeister. Das Tor des Sieges erzielte Andreas Brehme in der 85. Minute durch einen Strafstoß.“ Generiert die AI übrigens, wenn man einen Text über die WM 1991 anfordert.

Wie erwähnt: ChatGPT hat allerdings eine Begrenzung, da er Informationen bis 2021 auflisten kann, darüberhinaus allerdings nicht. Zudem: Rezensionen schreiben liegt ihm auch fern. Und noch andere Beschränkungen sorgen dafür, dass man momentan noch - noch - nicht vor ihm zittern muss, wenn man Texter*in ist. Aber es gibt ja nicht nur diese KI. ChatGPT hat nur dafür gesorgt, dass das Thema der schreibenden KI stärker bekannt ist, weil die anderen Dienste in der Regel kostenpflichtig sind. Ja, natürlich betonen die Dienstleister wie Jarvis auch, dass diese Tools ja nur als „Hilfestellung“ für die schreibende Zunft gesehen werden sollen, Recherche und Archiv sollte man in der Regel noch selber machen und ja, die Tools sind auch nicht unbedingt immer perfekt. Aber sie sind schon sehr nahe dran.

Sie werfen damit die Vertrauensfrage auf: Wenn eine künstliche Intelligenz einen Text schreibt, muss sie ja zuerst trainiert worden sein. Dass KI`s zu Diskriminierungen neigen, sollte man durch diverse Dokumentationen von Gesichtserkennungssoftware kennen. Wenn weiße Männer Programme trainieren, können sich abwertende Urteile von Frauen leicht einschleichen. Was dann dazu führen könnte, dass die Rote Zora nicht unbedingt als Kämpferin für Gleichheit sondern als gefährliche Terorristin gesehen werden könnte. Da ein großer Teil der Linken sich auch mit der Romanfigur identifiziert könnte die KI da auch Dinge einfach verwechseln. Die Notwendigkeit eines Korrekturvorgangs entfällt also nicht automatisch dadurch, dass der Text von einer Maschine verfasst worden ist. Was ja an sich schon atemberaubend genug sein kann, denn wenn Maschinen schon schreiben können, dann entwickeln die ja bestimmt irgendwann den Drang zur Weltherrschaft. Oder so. Abgesehen mal davon: Möchte ich einem Text vertrauen, der von einer Maschine stammt? Und ich nicht mal sicher sein kann, ob der von einer Maschine geschrieben worden ist? Kommen wir zur vierten Kränkung der Menschheitsgeschichte?

Zudem: Wenn ich eine politische Analyse lese, dann kann ich eventuell noch erahnen, ob da ein Mensch oder eine Maschine hintersteckt. Ob die Rote Zora sozialistisch ist oder nicht, kann die KI momentan noch nicht festlegen, weil sie dazu keine eigene Meinung hat. Also montiert sie einen Sowohl-Als-Auch-Text, der oberflächlich hingelesen schon wirkungsvoll ist. Klar, am Ende muss der Leser sich immer ein eigenes Bild machen. Aber ein menschlicher Rezensent würde auf das letzte Kapitel des Buches verweisen und zudem auf den Konflikt zwischen Gorian und der Gesellschaft. Im letzten Kapitel des Romans klagt Gorian nämlich den Magistrat der Stadt an, der die Umstände für die Gründung der Bande durch sein Verhalten überhaupt erst möglich machte. Der Rezensent würde dann hier noch Weiteres dazu ausführen, warum die Rote Zora durchaus sozialistisch gelesen werden kann. Die KI hat dazu keine Meinung. Aber sie könnte durchaus zumindest eine Zusammenfassung von Meinungen anbieten, wenn genügend Material da wäre. Sprich: Wenn genügend Rezensionen an sie verfüttert wurden. Mmmm, lecker Meinungen!

Die sehr alte Frage ist jetzt: Müssen bei solchen Tools Texter*innen um ihren Job fürchten? Platon war bekanntlich ein Fan von Automaten, weil die den Menschen die Arbeit abnehmen würden, so dass der Mensch sich selbst mehr bilden könne in seiner Freizeit. Hat sich leider nicht so ganz erfüllt. Sicherlich entfällt etwas, wenn KI`s anfangen Katalogtexte zu schreiben oder sogar Börsenberichte und den Sportteil füllen. Es ist aber auch so: Man kann nicht alles an Maschinen auslagern. Vielleicht fällt ein kleiner Teil der Routinearbeiten weg. Bestimmt. Oder jemand schreibt so gute Katalogtexte, dass diese wirklich unersetzlich sind. Das mag vorkommen. Vor allem im Bereich von Design-Ware. Gewisse Dinge fallen nur Menschen auf. Die Macher der Tools unterstreichen ja immer, dass diese nur eine „Hilfestellung“ sein sollen, wenn es um längere Artikel geht. Wer eine längeren Artikel geschrieben hat, aber jetzt keine Lust zur Zusammenfassung hat - der profitiert natürlich von diesen Tools. Durchaus ist auch die Vorstellung, dass die Technik noch besser wird durchaus Furcht einflössend. Es wird wohl wieder so eine Mischung-Kombination sein: Einige Routinen werden auf Maschinen übertragen, dafür kann man dann vielleicht einen demnächst einen neuen Job als KI-Trainer für Texte antreten. Gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Wobei: Weist man die KI nur anweist über die Rote Zora zu schreiben und dabei Marx zu zitieren, dann bezieht sie sich auf die Gruppierung, die in den 80ger Jahren in Deutschland tätig war. Man muss also auch noch wissen, wie genau man Dinge formulieren muss, um Ergebnisse zu bekommen … Und DER Text ist tatsächlich so gut, dass er glatt als Aufsatzleistung durchgehen könnte … 

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