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Bäume gegen Eisen: Der Herr der Ringe

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneBäume gegen Eisen
»Der Herr der Ringe«

Sollten die verschiedenen Experten recht haben, die die alten Kalender in unsere umrechneten, dann war gestern der Doppelgeburtstaqg von Frodo und Bilbo Beutlin. Bekanntermaßen war das eine sehr, sehr explosiver 111. Geburtstagsfeier. Der Anstoß für eine Reise, die Frodo in das Herz des Feindeslandes führen wird und bei der er eine Menge erleben wird. Frodo wird die Welt retten.

Das idyllische Auenland, in dem handwerklich gute Anbauweisen vollzogen werden, wird er gegen die bösen Mächte von Saruman verteidigen, die nichts Anderes im Kopf haben als Erz zu schürfen, Eisen zu schmeiden und Bäume zu fällen. Irgendwie hat das in dieser Zeit doch sehr an Aktualität gewonnen.

Jetzt kann man viel in einen Roman hineininterpretieren, wenn man möchte. Man kann „Dracula“ durchaus als eine Studie über unterdrücke Sexualität verstehen. Dracula agiert Nachts, er konvertiert seine Opfer mit einem Biss - zwischen Bissen und Küssen, stellt Heinrich von Kleist fest, besteht nicht so wirklich ein Unterschied. Es ist also durchaus denkbar und machbar, angesichts der Zeitumstände und der Kultur den Roman „Dracula“ so zu interpretieren. Kann man den „Herrn der Ringe“ aber wirklch so lesen, dass Tolkien hier die Industrie verteulfelt? Bekanntermaßen entstand „Der Kleine Hobbit“ in den Schützengräben des ersten Weltkriegs. Tolkiens Generation, die den Krieg als umwälzendes und geradezu unheimliches In den Alltag hereinbrechendes katatstrophisches Ereignis empfand, ist daher vielleicht wirklich von der Sehnsucht der Idylle der Vorkiriegszeit geprägt. Die gesellschaftlichen Umwälzungen gerade in England - „Downton Abbey“-Fans wissen, was ich meine - lassen das Morgen fragwürdig erscheinen. Diese Atmosphäre fängt Virginia Woolf in „Mrs. Dalloway“ ein: Einerseits organisiert Mrs. Dalloway eine Party, als hätte es den Krieg nie gegeben. Aber andererseits ist die Gesellschaft mit den Folgen des Kriieges konfrontiert: Die Ereignisse um Septimius Warren Smith erzählen davon. Im Roman berühren sich die beiden Welten erst am Ende durch den Nervenarzt.

Tolkien bezieht deutlich Position: Das gemütliche, von den Großen Völkern nicht beachtete Auenland wird zu Beginn des Romans als bio-ökologische Idylle geschildert. Da klappert die Mühle wirklich noch am rauschenden Bach. Klipp. Klapp. Da macht man alles noch per Hand, Maschinen gibt es nicht und der Hobbit ist sehr naturverbunden. Es gibt auch allenfalls große Dörfer, aber richtige Städte sind im Auenland nicht zu finden. Dementsprechend fröhlich kann man durch das Land wandern. Richtige Gefahren gibt es abgesehen von Hunden, wenn man Pilze klaut, oder Stromschnellen nun wirklich nicht. Die Schwarzen Reiter sind das erste Einbrechen der kommenden Industrialisierung. Saruman ist deren Treiber - zumindest im Auenland. Also eigentlich ist das Ganze ein riesiger Schrebergarten: Besucher sind zwar geduldet, aber man bleibt besser unter sich.

Bekannterweise ist die Idylle aber durch Sauron im Großen und Saruman im Kleinen bedroht. Dass sprechende und gehende Bäume gegen die eiserne Technik antreten und gewinnen ist für sich genommen schon eine sehr technikfeindliche Botschaft. Auf der einen Seite das Warme, Oganische - auf der anderen Seite das Kalte, Künstliche. Es wäre etwas vermessen das auf die Bewegung der Klimaretter zu übertragen, denn ihr Ziel ist nicht die Abschaffung der Technik an sich. Aber ihr Aufstand richtet sich auch gegen die Porlitiker*innen, die nach den Prinzipen der Ausbeutung und des Kapitalismus handeln. Hier die Hobbits mit ihren liebenswürdig absonderlichenen Lebenszielen - Einklang der Natur und so weiter. Auf der anderen Seite Saruman künstliche erzeugte Orks, die durch die Habgier den Boden ausbeuten und das Auenland auf den Kopf stellen. Klingt auf einmal gar nicht mehr so abwegig.

Am Ende des Romans wird die Ordnung im Auenland wieder hergestellt. Aber wir wissen: Man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Wir haben während der Lockdowns heftig darüber diskutiert. Aber wir können nicht in eine alte Normalität zurückkehren, weil viele Dinge sich weiterentwickelt haben. Long Covid. Mehr Depressionen. Maskenregeln. Und so weiter und so fort. Die Idylle ist zudem eine ideale Vorstellung von einer Idee, einer Landschaft, einem Ort. In die Zukfunft gedacht verwandelt sich die Idylle in die Utopie. Das von Schäfer*innen bevölkerte Arkadien gab es schon zur Zeit der Griechen nicht. Ebenso ist natürlich auch das Auenland eine idealistische Vorstellung einer Welt, die von der altertümlichen britischen Landwirtschaft geprägt ist. Tolkie beschört diese Idylle in seinen landwirtschaftlichen Wortbildern von reifen Maisfeldern, prallen Feld, Gastmähler, bei denen die Tische bersten, um das Feuer tanzende Hobbits. Für manche Leser*innsen ist diese Welt so schwer aushalten, dass die erst ab aeiner spätere Seitenzahl anfangen zu lesen.

Mit dem Herrn der Ringe endet ein Zeitalter. Was die Menschen mit der Welt von Mittelerde anfangen werden wissen wir nicht. Wir können allenfalls vermuten, dass eine gute werden wird. Während wir momentan aber dies für unsere Zukunft genau wissen. Wenn wir uns nicht behern, wenn die Erwärmung über 1,5 Grad hinausgeht. Ja, im Detail wissen auch wir nicht was die Zukunft bringt, während die Hobbits aber eher nicht gegen das Gewohnte ausbrechen werden, müssen wir es tun. Wir müssen überlegen was tun, wenn wiir katastrophalische Zustände verhindern wollen. Dass die Politik hier den jungen Menschen nicht weit genug geht ist auch ein Zeichen dafür, dass junge Leute sich sehr wohl politisch einsetzen wollen. Man muss halt nur die passende Form finden. Immerhin sind die Politiker*innen für die jungen Aktivisten keine Orks, die man mit Schwertern bekämpfen muss.

Kommentare  

#1 matthias 2022-09-26 14:23
Das muss man erst mal verstehen:
DRACULA ist eine Studie über unterdrückte Sexualität!
Und Tolkien verteufelt mit seinen Romanen die Industriealisierung!
Klasse!
Und was sind eigentlich "Leser*innsen" ???
#2 Ingo Löchel 2022-09-26 16:34
Der Artikel zeigt, dass Christian Spliess die Werke von Tolkien anscheinend nicht verstanden hat. "Der kleine Hobbit" ist ein Kinderbuch, das in den 1930er Jahren entstanden ist, und die Fantasy-Trilogie "Der Herr der Ringe", an der Tolkien viele Jahre geschrieben hat, basiert auf nordischen und altenglischen Sagen.
Die beiden Fantay-Klassiker nun als Kritik Tolkiens an der Industrialisierung zu bezeichnen, ist einfach nur Schwachsinn.
Was will Christian Spiiess überhaupt mit seinem Artikel aufzeigen? Will er den Lesern die Welt bzw. seine politisch korrekte "Schöne neue Welt" erklären ?
Hinzu kommt, dass dieser Artikel ein unausgegorenes Mischwerk ist, der den Leser durch den Titel suggerieren will, dass sich Christian Spliess darin mit Tolkien bzw. mit dem "Herrn der Ringe", den Hobbits etc. beschäftigt, aber den Lesern in Wahrheit nur wieder seine politischen Ansichtern kundtun will.
Und was soll diese unsägliche Gendersprache im Text, die einfach nur nervig ist.
#3 Cartwing 2022-09-26 17:56
Zitat:
Das muss man erst mal verstehen:
DRACULA ist eine Studie über unterdrückte Sexualität!
Eine zumindest nicht uninteressante Interpretation.

Dass der Akt des Blutsaugens bzw. der Biss etwas sexuelles hat, dürfte aber außer Frage stehen.

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