Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Grüne Eier mit Speck: Wenn Dr. Seuss lebendig wird

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGrüne Eier mit Speck
Wenn Dr. Seuss lebendig wird

Dr. Seuss ist für uns Europäer immer noch fremd. Auch wenn „Der Gringe“ mittlerweile fest zum Weihnachtsrepertoire gehört, sind seine Bilderbücher kaum bekannt. Vielleicht liegt es daran, dass bei der deutschen Übersetzung seiner Wortspiele Einiges verloren geht - manches ist tatsächlich auch nicht übersetzbar. Die Bücher leben einfach vom Sprachwitz und der macht sich an der englischen Sprache fest.

Was für die Netflix-Serie „Grüne Eier und Speck“ glücklicherweise nicht die große Rolle spielt. Obwohl man die Protagonisten des gleichnamigen Kinderbuches genommen hat, wird hier viel mehr auf den bildlichen Witz gelegt. Ein Witz, der zuweilen sehr ins Absurde geht.

Die erste Staffel der Serie erinnert an die klassischen Buddy-Komödien: Der raue und abweisende Guy-am-I, dessen Erfindungen immer explodieren, gerät durch Zufall an den jungen Sam-I-am, der ein seltenes Tier aus dem Zoo gestohlen hat. Unwillig wird Guy durch ein Abenteuer geschleppt, dass er so gar nicht wollte, aber der etwas überenthusiastische Sam lässt ihm keine andere Wahl. Unter anderem werden sie natürlich von den Autoritäten verfolgt. In der ersten Staffel lernt Guy seine zukünftige Frau mit deren Tochter kennen und am Ende löst sich - nach einem manchmal doch etwas überfrachteten Handlung - natürlich alles  in Wohlgefallen auf. Bis auf die Tatsache, dass Sam immer noch auf der Suche nach seiner Mutter ist. Womit wir bei aktuellen Staffel Zwei angelangt sind. Im Gegensatz zu der ersten Staffel ist der Roadmovie-Aspekt etwas in den Hintergrund gerückt. Stattdessen geht es um - nun - einerseits das Überwinden von Vorurteilen, andererseits um eine Liebesgeschichte, es ist auch eine Agentengeschichte und eine Familiengeschichte und … ja. So ganz in eine Schublade stecken lässt das die gesamte Serie nicht unbedingt. Was ja auch nicht sein muss. 

Dabei sind einige der Kernmomente der Handlung viel zu vorhersehbar. Vor allem beim Ende drehen erfahrene Seriengucker*innen die Augen. Insgesamt gesehen ist die zweite Staffel tatsächlich auch schwächer als die erste. Das liegt vielleicht daran, dass man sich nicht mehr so sehr von den Dingen überraschen lassen kann, die visuell vonstatten gehen. In Staffel Eins lässt man sich gerne mitreißen von den Abenteuern, fragt sich, wie die Helden aus diesen Situationen wieder rauskommen. Dass auch in der ersten Staffel manches vorhersehbar ist - sei es drum. Die überbordenden visuellen Gags, bei denen Tex Avery Pate gestanden haben könnte, lassen einen die Schwächen vergessen. Vor allem bricht die Serie gerne die vierte Wand, es gibt einen allgegenwärtigen Erzähler, der dann kurzerhand mal bei langweiligen Szenen umschwenkt, der sich auch einmischt, von den Handelnden aber nicht gehört wird. Witzig ist in Staffel Zwei das Gekeife, wenn eine andere Stimme Dinge erzählt. Da gibt sich der Erzähler betont schmallippig und eingeschnappt.

Und ja: Er reimt. So wie das in den Bilderbüchern von Dr. Seuss halt der Fall ist. Daran muss man sich gewöhnen, weil auch die Reime bisweilen ... etwas ... absurd ... sind?

Staffel Zwei hat das Problem, dass man sich schon einigermaßen in der verrückten visuellen Welt eingewöhnt hat und deswegen nicht so sehr mit von der Partie ist. Es gibt immer noch Gags, die wirklich gut sind - ich dachte, ich hätte jede Art von Raketenabschüssen gesehen, aber dass die von riesigen Händen in einer Steinschleuder platziert werden … Abgesehen von etlichen Gags wie der Handpumpe oder etwas den Laserstrahlen, die gar keine sind sondern Wollfäden … Es gibt immer noch Momente, die einen wirklich kichern und lauthals auflachen lassen. Etwa die Sache mit dem Toast, den man oben oder unten buttert. Was übrigens die Ursache ist, warum die beiden Königreiche in der zweiten Staffel sich so sehr verfeindet haben, dass eine riesige Mauer zwischen ihnen steht. Man fragt sich für welche absurden Ansichten Menschen wohl Mauern … Oh. Ja. Ähm.

„Grüne Eier mit Speck“ - der ist übrigens auch grün - ist herrlich absurd. Teilweise anarchistisch komisch. Manchmal leider sehr vorhersehbar, aber Kinder werden sicherlich ihren Spaß mit den Figuren haben. Erwachsene könnten bei dem einen oder anderen Gag ebenfalls auf ihre Kosten kommen. Wobei: Die englischen Stimmen sind hervorragend. Michael Douglas als Guy ist eine tolle Besetzung. Noch ein Und hinterhergeschoben: Die Titelsongs sind klasse. Ich mag besonders den der zweiten Staffel, der gekonnt den ein oder anderen James-Bond-Song parodiert. Eine dritte Staffel wäre zwar nett, aber ich glaube, das hat Netflix nicht mehr geplant.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.