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Und auf einmal bin ich Retro-Gamer

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneUnd auf einmal bin ich Retro-Gamer

Während ich mich mit den ersten grauen Haaren ja schon abgefunden habe, kommt jetzt die Nachricht, dass Nintendo den eShop für den 3DS abstellen wird bis nächstes Jahr. Was mich ja noch mehr trifft als graue Haare. Schließlich ist der Nintendo 3DS eine tolle Spielekonsole mit einer unendlichen Vielfalt von Spielen. Vor allem der eShop und die virtuelle Konsole sind klasse. Aber jetzt bin ich auf einmal Retro-Gamer. Nicht, weil ich das jetzt mir so ausgesucht hätte, sondern einfach so. Huch.

Generell bin ich ein gelegentlicher Spieler. Das klingt jetzt so, als würde ich klammheimlich ab und an Casinos besuchen oder Automaten füttern, aber natürlich tue ich das nicht. Ich bin halt nur kein Mensch mit einer an den TV-angeschlossenen Konsole zu Hause. Ich habe einige Spiele auf meinem Smartphone, um Wartezeiten zu überbrücken oder einfach um sich nicht mit dem Nachbarn unterhalten zu müssen. Ist doch so, man möchte sich einfach nicht mit Jedem, Jeder unterhalten. Und zudem sind Smartphone-Spiele ja auch so konzipiert, dass sie für die kurzen Distanzen optimal spielbar sind. Ich habe bisher auch noch nie jemanden gesehen, der auf der Switch „Breath of the Wild“ im Bus oder im Zug gespielt hat. Nicht, dass es das nicht geben wird. Jedenfalls bin ich nicht in der Riege, die ständig auf die neuesten Spielehits wartet und sich stundenlang in diversen Welten verlieren kann.

Obwohl der Nintendo 3DS jetzt auch eigentlich als portable Konsole konzipiert ist, nutze ich ihn überwiegend auf der Couch. Ab und an hatte ich ihn natürlich auch mal unterwegs am Start und die Größe und das Handgefühl sind immer noch super. Handschmeichler. Auch mit ein Grund, warum ich bisher nicht auf die Nintendo-Switch aktualisiert habe: Mir ist sie einfach zu groß und zu bulkig. Sie einfach in die Hosentasche zu stecken ist ja nicht möglich und ich möchte nicht wissen, wie oft das Display durch Schlüssel oder andere Dinge verkratzt wird. Den 3DS kann ich immerhin zuklappen und gut ist. Und wenn ich auf der Couch spiele, dann kann ich mich auch für etwas aufwändigere Spiele begeistern. Aber ein ganz harter Gamer, der dann am Wochenende in Azeroth versackt, die nächste Quaste unbedingt noch abschließen muss - das bin ich nun nicht.

Schön - klar - das Gerät ist halt schon älter, am Ende des Lebenszyklus - wobei der ja von der Firma festgelegt wird und da wir im Kapitalismus leben und eine Profitmaximierung angestrebt wird, werden Produkte irgendwann mal „obsolet“. Das ist halt so. Wenn etwas nicht mehr rentabel ist oder wenn etwas Verbessertes auf den Markt kommt, muss das Alte weichen. Geräte können dann komplett vergessen werden, wenn sie ausgelaugt sind, oder weil an ihnen Erinnerungen haften werden sie doch noch liebevoll gehegt und gepflegt. Dass Verbessert nicht unbedingt wirklich Neues bringen muss … So ist aber der Lauf der Welt: Das Alte weicht dem Neuen. Warum also fühle ich mich auf einmal so - alt?

Das war doch als der Gameboy von Markt genommen wurde nicht der Fall. Das war nicht so, als der C64 durch einen PC ersetzt worden ist. Sicherlich habe ich noch nostalgische Gefühle für die Spiele des C64, ich habe unendliche Stunden in Tetris investiert. Bis heute übrigens nützlich, wenn man die Einkaufsgegenstände auf dem Kassenband so sortieren kann, dass ein kompaktes Muster entsteht … Ich habe akzeptiert, dass die Technik wechselt, dass die Grafik besser wird - wobei dann irgendwann wieder der Bit-Look aktuell wurde - ich habe hingenommen, dass die Welt sich verändert. Die Zugänglichkeit zum Thema Computerspiele hat sich auch verbessert, es ist kein Naserümpfen mehr dabei, wenn man erwähnt, man spiele gerade. Die Debatte um Killerspiele spülte da zwar noch das ein oder andere Klischee hervor, aber aktuell ist es so, dass Computerspiele als Hobby akzeptiert sind. Alles fein.

Und jetzt gibts diese eine kleine Meldung, die ja auch nicht so wichtig an sich ist, Spiele können halt demnächst nicht mehr für den Nintendo 3DS heruntergeladen werden. Macht ja nichts. Es gibt ja noch genügend physikalische Datenträger mit einer Unmenge von Spielen und Angeboten. Heutzutage ist es kein Problem mehr an altere Spiele zu kommen. Eigentlich aber geht es dann doch um mehr. Es geht um das Verstreichen der Zeit, um das Bewußtmachen, dass alles endlich ist und irgendwann alles zu Staub wird. Dass man halt älter wird. Dass Dinge sich verändern und von heute auf morgen anders sind als vorher. Das rüttelt an die Grundwerte des Seins. Übertreibe ich?

Vielleicht ist es etwas überdramatisiert, aber auf einmal in die Rubrik der Retro-Gamer einsortiert zu werden, nur weil auf einmal eine neues Produkt da ist - das ist schon seltsam. Man kann natürlich auf die neueste Hardware umsteigen - und kauft dann Spiele doppelt, weil sie natürlich neu und verbessert für die neue Konsole herausgegeben werden. Yay. Vielleicht ist es auch nur sentimentaler Unsinn. Als alter Hagestolz zu enden ist natürlich auch nicht mein persönliches Ziel, dennoch … Es ist halt wie es ist. Vielleicht ist es gut so, vielleicht auch nicht. Aber das zeigt sich halt auch erst später. Momentan bin ich halt dann auf einmal Retrogamer. Wenn ihr mich entschuldigt, ich muss noch eine Menge von Coupons kaufen, um eine Menge von Spielen herunterzuladen, bevor die offline gehen.

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