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Das Posting im Zeitalter der Datenskandale: Persönlich und/oder privat?

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDas Posting im Zeitalter der Datenskandale:
Persönlich und/oder privat?

Die Diskussion um die Datenweitergabe bei Facebook und Cambridge Analytica hat durchaus ihre guten Seiten. Immerhin werden die grundlegenden Fragen rund um Daten mal gestellt: Wer speichert was? Warum wird etwas gespeichert?

Wie erfahre ich, was gespeichert ist? Und wären meine persönlichen Daten beim Staat nun wirklich sicherer als bei Facebook und Google?

Dass bis auf Ausnahmen die deutsche Presse jetzt allerdings dazu neigt, komplett die schwarze Farbe an alle Wände zu klatschen und einiges durcheinanderbringt - nein, es war kein Datenhack, wirklich nicht - ist weniger erfreulich. Diejenigen, die immer schon den Untergang des Abendlandes prophezeiten, wenn es um digitale Dinge ging fühlen sich bestätigt. Diejenigen, die zu einem pragmatischen Umgang raten, diese werden leider meistens überhört. Natürlich ist es einfach auf Facebook einzudreschen - ja, die Plattform hat ihre Fehler, es wurden auch Fehler von Menschen selbst begangen. Allerdings: Es liegt auch in der eigenen Verantwortung, wie man mit einer Plattform und einer Technik umgeht. Wer Regel Nummer Eins außen vor lässt, der sollte sich nicht wundern.

Generell aber kommt in der Diskussion über Facebook und über andere Plattformen ein Aspekt zu kurz: Die Unterscheidung zwischen Persönlich und Privat. Auf den ersten Blick scheint es da keinen Unterschied zu geben: Etwas Privates ist persönlich und etwas Persönliches doch immer privat. So einfach ist es allerdings dann doch nicht. Kompliziert wird es auch noch, weil beide Begriffe für Jeden etwas Anderes bedeuten.

Zuerst: Private Dinge sind Dinge, die nicht öffentlich geschehen. Darauf können wir uns alle wohl einigen. Die private Sphäre trennt sich vom öffentlichen Raum durch eine Wand oder eine Mauer, durch Verhalten und auch durch gewisse Regeln. Das Private ist stets irgendwie abgegrenzt, abgeschlossen, was dann allerdings auch mehrere Personen beinhalten kann. Klingt paradox? Was der Nachbar in der eigenen Wohnung macht, das ist privat. Auch dann, wenn er zusammen mit seiner Partnerin ist. Ich selber bekomme - außer, wenn die Fenster groß genug und die Vorhänge offen sind, hüstel - keinen Einblick in das, was in der Wohnung gegenüber geschieht. Ob der Nachbar jetzt einen Roman schreibt, sich YouTube-Videos anschaut oder auf Pornhub unterwegs ist - nun ja, nicht unbedingt mit der Partnerin - das ist mir nicht ersichtlich. Und das geht mich auch gar nichts an. Schließlich ist das eine Privatangelegenheit.

Was aber ist nun persönlich? Der Blogger Cem Basman definiert persönlich als "meine Sicht der Dinge, meine Erlebnisse, mein Standpunkt. Meine Gefühle." Die Erzählperspektive in seinem Blog sei immer dies: Persönlich. Und er warnt davor, einen Rückschluss von dem Persönlichen auf das Private zu ziehen - jedenfalls nicht vorschnell. Indirekt auch eine Bestätigung der Regel Nummer Eins im Umgang mit sozialen Medien, Blogs gehören ja dazu. Wenn wir daran denken, dass die Person als Wort in persönlich steckt und Person immer einen Menschen meint - eine Standesperson, eine honette Person - dann hilft uns das bei der Unterscheidung sicherlich auch weiter. Eine persönliche Beratung im Ladengeschäft kann mich allein als auch meine Bekannte umfassen, eine persönliche Bedienung im Restaurant fasst mich zwar als Person ein, aber auch alle, die an meinem Tisch sitzen. Beides sind keine privaten Situationen, weil sie in der Öffentlichkeit stattfinden. Sie sind insoweit auch öffentlich, weil jeder Andere diese Situationen beobachtet, mithört, mitbekommt. Dass innerhalb eines Gesprächs in einem Restaurant auch private Dinge besprochen werden, unbestritten. Dies aber wird wohl dann eher mit gesenkter Stimme vonstatten gehen und bisweilen durch ein argwöhnisches Abschätzen, was der Andere jetzt gerade so tut.

Die Grenze zwischen beidem - Privatem, Persönlichem - ist dabei fließend. Oder um erneut Cem Basman aus dem oben verlinkten Beitrag zu zitieren: 

"Die Grenze zwischen privat und persönlich muss jeder für sich individuell ziehen. Diese Grenze mag sich auch im Laufe auch ändern. Was für den anderen (sic) privat ist, mag für mich persönlich sein, besonders wenn darin etwas Allgemein gültiges (sic) steckt, was viele interessieren könnte – und nicht bloß schiere Neugier befriedigt oder weil ich mich irgendwie für großartiger als andere halten würde."

Hier liegt der Finger in der Wunde: Einerseits sind wir uns nicht so ganz bewußt, was persönlich und privat unterscheidet, andererseits ist das stets auch immer Definitions-Sache. Und führt leicht zu Missverständnissen. Das, was persönlich gemeint ist, wird als private Attacke gewertet. Deswegen kann es leicht zum Vorwurf kommen, man poste bei Facebook unentwegt private Dinge in aller Öffentlichkeit - obwohl es für den Verfasser der Postings persönliche Dinge sind. Selbst, wenn man x-mal wiederholt, dass privat und persönlich unterschiedliche Bedeutungen haben - der Vorwurf, man trage Privates an die Öffentlichkeit wird immer wieder fallen. Was bei persönlichen Blogs nun auch ein Problem sein kann, wie bei Facebook, Twitter, Instagram und Co. auch.

Das Dilemma aufzulösen dürfte eine Aufgabe für Sysiphus sein. Es ist nicht machbar, weil es eine Frage der Realitätskonstruktion des Einzelnen ist. Wie das Gegenüber die Welt sieht, kann ich nur teilweise nachvollziehen, weil meine Erfahrungen und meine Gefühle stets anders sind als die des Gegenübers in gewissen Dingen. "Was für den Anderen privat ist, mag für mich persönlich sein..." Auflösen kann man das jeweils nur dann, wenn man als Mensch auf gewisse Einträge angesprochen wird und allenfalls dann Missverständnisse aus dem Weg räumen. Jedoch: Wer sich an Regel Nummer Eins hält, dürfte weniger Probleme mit den Sozialen Medien haben - wenn du nicht willst, dass das Internet etwas Privates über dich erfährt, dann stelle es einfach nicht ins Internet.

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