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Games als Services: Spiele als Plattform

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGames als Services
Spiele als Plattform

Ein sehr neuer Begriff, der schon in den ersten Monaten dieses Jahres enorme Verwendung gefunden hat ist der Begriff des "Spiels als Service", "Game as a Service". Nun ist einem das nicht fremd, denn "Software as a Service" ist bestimmt schon mal als Begriff gefallen. Spätestens, wenn man die Wahl hat zwischen den neuen Varianten des Office-Programms der Wahl und sich fragt, was eigentlich dieses 365 bei Microsofts Officepaket bedeutet...

"Software as a Service" ist dabei noch leicht erklärt und eigentlich nur möglich, seitdem es schnelles Internet, Anbieter, Software und Server gibt. Im Grunde genommen ist "Software as a Service" Outsourcing: Man installiert ein Programm nicht mehr auf dem Rechner sondern mietet sozusagen den Zugang zu den Funktionen des Programms. Cloud-Technologie? Aber klar doch, Baby... Microsoft hat das für das Officepaket mit den 365-Varianten im Produktkatalog. Vorteil: Man braucht sich nicht um Updates zu kümmern und hat immer die neuesten Funktionen. Nachteil: Ist der Server mal vom Netz - kurz- oder längerfristig - hat man keinen Zugriff mehr auf seine Dokumente. Zudem sollte man sich die Kosten ansehen. Es mag sein, dass ein Programm horrende Summen kostet, die Mietvariante muss aber auch nicht immer unbedingt günstiger sein.

Was aber soll denn jetzt ein "Game as a Service" sein? - Nun, so etwas wie das Spiel "Hitman" von 2016. Wir haben uns - weil es nicht anders geht, seufz - ja schon daran gewöhnt, dass Spiele permanent mit dem Internet verbunden sein wollen. Auch dann, wenn es eigentlich nicht nötig ist. Wie bei Spielen fürs Smartphone. Der damalige Aufschrei der Empörung ist einem "Na schön, wir sind ja eh immer online"-Pragmatismus gewichen. (Was für Daten genau die Spiele eigentlich an ihre Heimatserver dann übermitteln, gute Frage.) Aber zurück zum Auftragskiller mit der schicken Nummer.

Früher kaufte man ein Hitman-Spiel im Geschäft, packte die Box zu Hause aus, schob den Datenträger ins Laufwerk und installierte dann das Spiel komplett auf seinem Rechner. Das war bis "Hitman" aus dem Jahr 2016 auch bei den Spielen der Reihe der Fall. Eventuell musste man wegen des Kopierschutzes kurz mal online gehen, damit das Spiel sich mit dem Server der Firma abgleichen konnte - das wurde dann wie erwähnt leider zum Daueronline-Seinmüssen wegen... Hmmm. Aber das war die Vergangenheit. Denn jetzt sind "Games Services"!

Das Kalkül dahinter: Früher verdiente der Hersteller des Spiels nur dann, wenn er eine physikalische Einheit absetzen konnte. Allenfalls gabs noch Zusatzsoftware - was man heute DLC nennt - die man nachkaufen konnte. Neue Level. Neue Rüstungen. Ein Editor, damit man selbst Level erstellen konnte. Heutzutage aber kann der Hersteller eines Spiels auch dann noch verdienen, wenn das eigentliche Spiel gekauft wurde. DLCs hatte ich schon erwähnt, aber auch das Phänomen der Lootboxen - es gibt immer noch keinen guten deutschen Begriff dafür - oder der Mikrotransaktionen sorgen dafür, dass der Hersteller auch permanent Geld in die Kassen gespült bekommt.

Daher ist es natürlich dem Hersteller ganz gut und gelegen, wenn der Spieler erstens so viel Zeit wie möglich im Spiel verbringt, zweitens dann im Spiel "Geld" und auch Geld - also Onlinewährung und reales Geld - ins Spiel investiert. Für eine schickere Rüstung. Fürs Überspringen von Leveln. Für die Möglichkeit von Zusatzsoftware. Damit stellt der Spielehersteller den Zugang zur Spielwelt sicher, sorgt für immer neue Inhalte und hat mehr vom Maschinengewehr. Pardon, mehr vom Kuchen. (Obwohl, der Kuchen ist doch eh eine Lüge, oder?)

"Hitman" von 2016 ist dafür ein gutes Beispiel. Man erhielt beim Kauf des Spieles nicht sämtliche Missionen komplett - sondern nur Episoden. (Heutzutage gibts das alles in einer schicken Box mit allem Schnickschnack, aber damals...) Das kennt man vielleicht noch von - Gott habe es selig - "Halflife 2" oder den Tell-Tale-Games wie "Walking Dead" oder "The Wolf Among Us" oder "Life is strange". So weit, so einigermaßen normal. Was bei geschichtengetriebenen Spielen aber noch halbwegs Sinn macht, weil wir das Format des Fortsetzungsromans schon seit einigen Jahrhunderten kennen und weil Tell-Tale ja auch auf Cliffhanger als Abschluss einer Folge setzt; das macht eigentlich bei "Hitman" keinen Sinn. Schön, Agent 47 erledigt seine Missionen nacheinander, aber eigentlich ist eine "Handlung" in einer Folge abgeschlossen. "Hitman" könnte man mit allen Missionen komplett ausliefern - es würde dem Spiel nicht schaden. (Natürlich gibts noch eine Story, aber die ist eigentlich unwichtig. Wirklich. Man spielt das Spiel nicht wegen der Story, man spielt das wegen der Auftragsmorde und der vielen Varianten, wie man jemanden umbringen kann. Weil das einfach Spaß macht. Ähm...) Wir haben allerdings erstmal nur "Staffel 1" des Spiels erworben. Eventuell haben wir sogar einen Season-Pass gekauft, bei dem noch Extra-DLCs mit drin sind. Clever. Wir investieren in Dinge, die wir noch gar nicht kennen bzw. wir wissen noch gar nicht, ob die DLCs ihr Geld wert sind. Haben es aber schon ausgegeben. Auch ein Kennzeichen von "Games as a Service" übrigens.

Nun ist es so, dass bei "Hitman" neben den eigentlichen mitgelieferten Leveln noch Sondermissionen gibt. Die sind - sieht man von der oben erwähnten schicken Box ab - zeitlich limitiert. Sie sind also so etwas wie kostenloser Zusatz, ein nettes Gimmick. Das aber nur gespielt werden kann, wenn man eine Internetverbindung hat. Der Hersteller bietet uns Spielern also den Service von Extra-Inhalt an, damit wir länger im Spiel bleiben. Und nicht nur das: Natürlich kann man auch noch Punkte erwerben, mit denen dann Waffen oder andere Optionen freigeschaltet werden. Durch diese ständigen neuen Inhalte, die der Hersteller natürlich auch wieder löschen kann, wird das Spiel an sich zur Plattform. Es gibt zwar immer noch eine Grundebene, es gibt immer noch das eigentlich Spielerlebnis mit den Leveln, aber der Fokus verändert sich. Immerhin: "Hitman" verschont den Spieler mit Microtransactions und Lootboxen. Was aber für sich genommen der nächste Schritt wäre. Siehe dieses Star-Wars-Spiel...

Hersteller bieten uns also den Zugang zu einem Spiel an, sorgen für genügend Extra-Inhalte und halten den Spieler damit länger im Spiel fest. Nebenei verdienen sie an DLCs, an Skins für Rüstungen, an Waffen oder verkürzen die Wartezeit bis zum nächsten Level. Letzteres kennen wir seit "Candy Crush". Spiele werden zum Service. Spiele gehören dem Spieler damit nicht mehr so wie früher: Wenn der Server abgestellt wird, ist das Spiel nicht mehr nutzbar. Was bei "Hitman" durchaus auch der Fall sein könnte, es war lange Zeit ja noch nicht mal klar, ob es eine zweite Staffel geben wird, weil das Studio zwischendurch in Schwierigkeiten war. Sprich: All die Zeit und die Mühe, die man investiert hat, wären einfach weg, wenn die Server abgeschaltet werden. Und auch das Geld natürlich.

Sicherlich wird es auch weiterhin Spiele geben, die ohne den Service-Gedanken auskommen werden. Und wenn "Hitman" nun wirklich auch der Erfolg geworden wäre - das Spiel wurde zwar von den Kritikern ausnehmend gut besprochen, flog aber unter dem Radar bisher und ist auch heute kaum bekannt - hätten wir schon weit mehr Spiele als Plattformen erlebt. Das Debakel rund um die Lootboxen - und glaube man ja nicht, wir wären die wirklich los, was Geld einbringt wird selten zugunsten der Spieler geopfert - hat durchaus auch dafür gesorgt, dass der Plattform-Gedanke noch nicht weiter Fuss gefasst hat. Allerdings: So häufig wie der Begriff momentan in den einschlägigen Online-Magazinen fällt bin ich mir sehr sicher, dass wir in diesem Jahr durchaus Spiele haben werden, die diesen Gedanken weiter verfolgen werden. Bevorzugen würde ich persönlich aber immer noch ein Spiel, dass ich normal auf dem Rechner installieren kann und zu dem ich auch Zugang habe, wenn mein Internet mal nicht funktioniert.

 

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