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Quantified Self - Ich messe, also bin ich

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneQuantified Self
Ich messe, also bin ich

Verdammt, schon wieder nicht das Tagesziel von 10.000 Schritten erreicht.

Na schön, ich kann natürlich als Entschuldigung anführen, dass momentan halt wieder eine dieser intensiven Arbeitsphasen ist an der man halt mehr am Rechner sitzt als sich auf die Beine macht. Dennoch - ärgerlich ist das schon, schließlich möchte man ja seine Ziel auch erreichen.


Damit man also fitter wird und sich mehr bewegt kann man sich diverse Geräte anschaffen, die nicht nur den Schlaf und seine Phasen messen sondern Schritte zählen, einen daran erinnern dass man mal aufstehen sollte und dergleichen mehr. Quantified Self nennt sich die Bewegung, die sich ständig optimieren möchte um - um einfach besser zu werden. Warum sollte man sich sonst optimieren wollen?

In diesem Gedanken steckt natürlich auch eine Gefahr. In einer Gesellschaft, in der der Mensch schon von der Schule her aus immer mehr in Richtung Wirtschaftskompatibilität gedrängt wird und man Latein ja nur lernt, damit man später andere Sprachen besser lernen kann - besonders das Englische, allerdings müsste man ja heutzutage eher Chinesisch lernen wenn man denn im Wettbewerb mithalten möchte - in dieser Gesellschaft ist der Zeitgeist von der Optimierung aller Möglichkeiten getrieben. Wir wollen immer schöner, besser, toller, fitter werden und wenn die Krankenkasse demnächst noch einige Prämien anbietet wenn wir bestimmte Ziele im Fitsein erreichen ist das ja nur um so besser! Weil: Wir wissen doch alle, dass ein gesunder Geist in einem gesundem Körper steckt und wer von uns möchte denn schon gerne krank sein? Natürlich keiner. Die Tatsache, dass Gesundheit allerdings mehr umfasst als nur die Abwesenheit von Krankheit spielt natürlich keine Rolle in diesen Betrachtungen.

Ja, natürlich ist im Verlangen alles messen zu wollen - einfach weil wir das mit der Technik heutzutage können - ein wenig Hybris mit im Spiel. Natürlich schadet es nicht wenn man einmal seine Gewohnheiten überdenkt und wenn man sich über die Tatsachen im Klaren ist, die zu diesen schlechten Gewohnheiten führen - allerdings sollte man vielleicht nicht unbedingt dann sofort ins hysterische Gegenteil verfallen und zum Mess-Evangelisten werden, der in Hoffnung auf die Erlösung von seinen Leiden ständig auf die erfassten Daten starrt. Das wäre dann wieder zu viel des Guten.

Zudem ist ja auch immer die Frage: Wem nützt es? Klar, in erster Linie eine selbst wenn man sich vermisst und wenn man sich optimieren möchte - aber wenn man nicht gerade mit Bleistift und Radiergummi Buch führt sondern sich auf die moderne Technik verlässt ist die Frage ja auch, wo die ganzen Daten landen. Dass Firmen sich an Datenschutzgesetze halten sollte man zwar annehmen - allein wissen wir ja aus der Vergangenheit, dass die es nicht immer so genau damit nehmen. Wo landen also die Daten über uns, die Schlafphasen, die Schritte, die Angaben was wir wann wo verzehrt haben? Und was machen die Firmen damit? Wenn hierzulande schon Krankenkassen danach gieren, dann könnte es unter Umständen auch sein dass Arbeitgeber sich demnächst vorab neben dem Lebenslauf auch Zugriff auf einige Daten sichern möchten. Wer möchte schon jemanden einstellen, der eventuell all zu oft krank wird weil er sich nicht gesund ernährt?

Allerdings sollte man vielleicht auch etwas die Bremse ziehen: Ja, natürlich, das Selbstoptimieren hat seine Schattenseiten. Unbestreitbar und auf die sollte man auch aufmerksam machen. Aber darüber hinaus ist es ja tatsächlich je nach Motivationstyp für den Ein oder Anderen wirklich von Nutzen wenn er per App oder Gerät oder Smartwatch demnächst einige Hinweise darauf bekommt, wie er sich etwas verbessern kann. Dass bisweilen dann über das richtige Maß hinausgeschossen werden wird ist klar, wir haben das als Menschen nun mal so an sich. Und wenn man weiß, dass Daten gesammelt werden kann man sich überlegen ob der Gegenwert für einen so nützlich ist, dass man den Handel eingeht. Und jetzt entschuldigt mich: Ich habe noch einige Schritte zu gehen bevor ich meinen Tageswert erreiche...

Kommentare  

#1 matthias 2015-02-22 15:14
Auch wenn es hier etwas ins Lächerliche gezogen wird: Ich messe auch!
Mein Ziel sind 150 000 kcal im Jahr, d.h. 12500 im Monat oder 25 x 500 kcal/Monat.
Um das recht hohe Ziel zu erreichen sammle ich als Film-Fan natürlich DVD's/BluRay's und sehe mir diese auf dem Crosstrainer trainierend an.
Und, Leute, das funktioniert!
Im Verhältnis zur Filmsammlung nahm die Bundweite der Jeans ab: von ehemals 34 auf derzeit 30 (ev. schon 29)
Und wichtig ist es ein Ziel zu haben. Dazu allerdings muss man messen bzw. aufschreiben ...

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