Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Rabe Raphael Folge 3 - Der dunkle Schwarm

StoryDer dunkle Schwarm
Rabe Raphael Folge 3

Raphael ist ein sogenannter Paraspürer, im weitesten Sinne ein Geisterjäger. Vor allem aber ist er ein Rabe, und eigentlich hat er nicht die geringste Lust, Geister oder übernatürliche Phänomene aufzuspüren. Partner und Sitzgelegenheit Frederic Berger ist nach dem Tod seines alten Herrn der Mann, der ihn füttert und sagt, wo es lang geht.

Aber nur gemeinsam sind sie stark.

“Scheint, als gäbe es Arbeit für uns”, sagte Berger nach einem kurzen Blick auf sein rot blinkendes Telefon.

Raphaels Krächzen klang nicht begeistert.

“Hören wir uns erst mal an, ob überhaupt etwas annehmbares dabei ist”, schlug Berger vor und spielte die erste Nachricht ab.

Darin bat ihn eine Frau dringend um Hilfe, da ihr Mann sich seit neuestem angeblich für einen Hund hielt. Für einen Bernhardiner, wie sie ausdrücklich betonte. Berger schüttelte den Kopf und hörte die zweite Nachricht ab. Auch diesmal war wieder eine Frauenstimme zu hören, diese klang jedoch aufrichtig besorgt, beinahe verängstigt. “Mein Sohn wurde von einem Vogel angegriffen”, sagte sie. “Von einer Krähe, glaube ich. Können Sie bitte sofort kommen?”

Berger notierte sich die Adresse und warf Raphael einen kurzen Blick zu. “Ein Krähenangriff… also dieser Sache würde ich schon gern auf den Grund gehen, ich weiß nur nicht, ob es so schlau wäre, wenn du mich begleitest.”

Raphael krächzte beleidigt und drehte den Kopf zur Seite.

Berger seufzte. “Ach was soll’s, dann komm halt mit…”

                                                                                   ***

Nach reiflicher Überlegung hatte Berger beschlossen, den Raben zunächst im Auto sitzen zu lassen. Dieser quittierte die Entscheidung mit einem erstaunt klingenden Krächzen.

“Keine Sorge, mein Freund. Du wirst ganz sicher noch gebraucht, hab ein wenig Geduld.”

Raphael blieb also auf seiner Stangenvorrichtung hocken, Berger schloss den Wagen ab und lief dann auf das Gartentor zu. Bereits auf dem Weg zur Haustür war eine laut schimpfende Frau und Kindergeschrei zu hören. Beides verstummte, als Berger klingelte.

Die sichtlich gestresste Mutter öffnete die Tür und bedachte ihn mit einem skeptischen Blick. Berger stellte sich vor und kam dann sofort zur Sache, da er Raphael nicht länger als nötig warten lassen wollte.

“Ihr Sohn wurde von einer Krähe angegriffen?” fragte er.

Die Frau nickte und drehte sich kurz zu dem etwa zehnjährigen Jungen um, der sich inzwischen mit einer Steinschleuder bewaffnet hatte. Offenbar wollte er auf Krähenjagd gehen, was seiner Mutter nicht gefiel.

“Wo genau ist das passiert?”, wollte Berger wissen.

“In unserem Garten. Der Vogel war auf einmal da und hat meinen Sohn angegriffen.”

Berger nickte. “Heißt das, er hat ihn verletzt?”

Die Frau schüttelte den Kopf. “Das nicht, er ist nur ein paar Mal im Sturzflug auf ihn zugeflogen. Mein Sohn hat versucht, ihn zu verscheuchen, aber er kam immer wieder. Dann hat er nach mir gerufen, und als ich raus kam, ist er plötzlich verschwunden.”

“Aber Sie haben den Vogel auch gesehen…”, vergewisserte Berger sich.

Die Frau nickte. “Natürlich, sonst hätte ich Sie nicht angerufen. Es sah wirklich so aus, als hätte er sich plötzlich einfach in Luft aufgelöst. Sie sind doch ein… Spezialist für solche Sachen?”

Berger wiegte den Kopf. “Wenn er sich tatsächlich in Luft auflösen kann, schon. Ist er denn danach noch einmal aufgetaucht?”

Die Frau schüttelte den Kopf. Berger bat sie, sich sofort zu melden, wenn die Krähe sich wieder zeigte, riet ihr aber, mit ihrem Sohn einstweilen im Haus zu bleiben. Dann lief er zum Wagen zurück und wollte gerade einsteigen, als er auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine ältere Frau bemerkte, die mit ihrer Handtasche hektisch nach etwas schlug. Berger schaute nach oben und sah in etwa fünf Metern Höhe zwei Krähen, die in diesem Moment auf die alte Dame herabstürzten.

Berger rannte sofort los und hatte die Dame gerade erreicht, als die Krähen sich wieder in die Lüfte emporhoben. Als die Frau ihn sah, schrie sie um Hilfe. Berger deutete auf eine kleine Bushaltestelle in der Nähe. “Stellen Sie sich da drüben unter!” rief er. Dort stand bereits ein schmächtiger junger Mann, der interessiert zu ihm rüber schaute.

Die Frau rannte mit der Handtasche über dem Kopf los. Die beiden Krähen folgten ihr nicht, sondern zogen nun unmittelbar über Bergers Kopf ihre Kreise. Dieser breitete die Arme aus.

“Na los doch, kommt her!”, rief er.

Als hätten die Krähen ihn gehört, stießen sie auf ihn herab. Berger blieb ganz ruhig stehen und wartete, aber kaum war der erste Vogel nah genug herangekommen, dass er ihn hätte packen können, flog er auch schon im Senkrechtflug wieder empor. Der zweite tat es ihm nach und Berger spürte nicht einmal einen Lufthauch.

“Ich kann euch zwar sehen, aber ich bin mir nicht sicher, ob ihr wirklich echt seid”, sagte er. Und so als hätten die Krähen auch das verstanden, verschwanden sie von einer Sekunde zur anderen, wie ein Spuk am helllichten Tag.

***

Berger ließ den Wagen an und fuhr zunächst die umliegenden Nebenstraßen ab, da er weitere Scheinangriffe der offenbar immateriellen und somit nicht wirklich realen Krähen befürchtete.

Aber ob nun real oder nicht, immerhin vermochten sie die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen. Und tatsächlich musste Berger auch nicht lange warten, bis er den nächsten Vorfall bemerkte.

“Sieh dir das an, Raphael”, sagte er. “Es werden immer mehr. Diesmal sind es mindestens fünf.” Der Rabe krächzte bestätigend.

Berger fuhr auf den Parkplatz eines Supermarktes, wo die Krähen gerade auf ein paar Besucher herabstürzten, die ihre vollen Einkaufswagen stehen ließen und Reißaus nahmen. “Tut mir leid, alter Freund, aber das wird wieder ein Alleingang”, sagte er an den Raben gewandt, der sich beleidigt abwandte. “Ich möchte einfach nicht riskieren, dass dich irgendjemand mit einer dieser Scheinkrähen verwechselt”, erklärte er.

Dann sprang er aus dem Wagen und lief los. Als er die Stelle erreicht hatte, an der die Krähen aktiv waren, verschwanden diese plötzlich wieder, so als hätten sie nur auf seine Ankunft gewartet, um ihn zu narren. Als Berger sich fluchend umschaute, sah er einen schmächtigen jungen Kerl, der sich ebenfalls vom Ort des Geschehens entfernte, wobei er jedoch nicht so schnell rannte, wie die anderen und sich auch nicht verwirrt oder verängstigt nach den vermeintlichen Angreifern umschaute. Es war der selbe Kerl, den Berger schon an der Bushaltestelle gesehen hatte. Das konnte kein Zufall sein.

Berger lief langsam und unauffällig auf ihn zu und hatte ihn beinahe erreicht, als der Kerl sich zu ihm umdrehte und ihn mit großen Augen anstarrte. Im nächsten Moment wirbelte er auf dem Absatz herum und rannte wie der Teufel über den Parkplatz in Richtung Hauptstraße davon.

Berger nahm die Verfolgung auf, wobei er immer wieder den Markt -Besuchern und ihren Einkaufswagen ausweichen musste, doch der Flüchtige nahm weniger Rücksicht, sprang gar über einen PKW hinweg, und als sein Verfolger die Straße erreicht hatte, war er bereits im Verkehrsgetümmel verschwunden. Fluchend kehrte Berger zum Wagen zurück. Raphael würdigte ihn keines Blickes.

“Ich weiß, ich weiß, du hast ja recht”, sagte er keuchend. “Diesmal hätte ich deine Hilfe wirklich gebrauchen können.”

Raphael krächzte zweimal und Berger gab ihm ein Stück Trockenobst während er überlegte, was er als nächstes tun sollte.

Da es offenbar einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Scheinangriffen der vermeintlichen Krähen und dem Auftauchen des jungen Mannes gab, glaubte er nicht, dass es so schnell zu weiteren Vorfällen dieser Art kommen würde, da der Verursacher nun wusste, dass jemand ihm auf die Schliche gekommen und auf den Fersen war. Zumindest würde er vorläufig niemanden mehr mit seinen kleinen magischen Tricks erschrecken, und genau das schien es zu sein, was hier passierte. Jemand übte sich offenbar in der Kunst des Illusionszaubers, was Berger irgendwie bekannt vorkam, ohne dass er hätte sagen können, warum. “Ich habe das Gefühl, irgendetwas zu übersehen”, murmelte er. “Irgendetwas wichtiges.” Er ließ den Wagen an und warf einen kurzen Blick auf den Supermarkt. Hatte er hier nicht vor längerer Zeit mal eingekauft? Aber nicht für sich selbst, sondern für…

Berger trat auf die Bremse. Hinter ihm hupte jemand, aber er hörte es nur wie aus weiter Ferne. “Aber natürlich! Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?” Raphael antwortete mit einem undeutbaren Krächzen.

“Diese Scheinangriffe passierten alle in der unmittelbaren Nähe der Weinrebengasse. Fast so, als ob irgendjemand uns ganz gezielt auf eine bestimmte Spur bringen will…” Raphael krächzte bestätigend und Berger verließ den Parkplatz und fuhr los.

***

Schon von weitem sah er, dass er mit seiner Vermutung recht gehabt hatte. Über dem Haus seines alten Freundes und Meisters Konstantin hing etwas, das wie eine riesige, wabernde, schwarze Wolke aussah.

Berger hätte nicht aussteigen müssen, um zu wissen, dass diese “Wolke” nichts anderes war, als ein gigantischer Krähen - Schwarm, auch wenn allein die Vorstellung ebenso irreal war, wie der Schwarm selbst. Zumindest ging Berger davon aus, dass er das war, was ihn allerdings nicht weniger bedrohlich wirken ließ.

Diesmal verließ er nicht ohne seinen gefiederten Partner den Wagen, ermahnte ihn aber, vorerst dicht bei ihm zu bleiben.

“Was zum Teufel geht hier vor”, fragte er sich, während er langsam durch das alten Gartentor in Richtung des verwilderten Gartens lief.

Als er das letzte Mal im Innern des heruntergekommenen Hauses gewesen war, hatte man den alten Herrn gerade beerdigt, und Berger hatte den halb verhungerten Raphael und ein paar der noch brauchbaren magischen Utensilien aus dem Haus geholt. Danach war er nur noch einmal mit einem Makler hier gewesen, welcher offenbar noch keinen Erfolg mit dem Verkauf des Hauses gehabt hatte.

Berger lief um das Gebäude herum und blieb abrupt stehen, als er die drei Männer sah, die sich im Garten versammelt hatten und von denen er zwei bereits aus der Ferne erkannte: Den jungen Kerl, den er gerade erst verfolgt hatte und einen Mann, den er gut kannte, obwohl er ihm nie persönlich begegnet war: Zacharias, der frühere Helfer seines Freundes Konstantin, den dieser schon vor Jahren zum Teufel gejagt hatte, weil er sich zu sehr für die Künste der dunklen Magie interessierte.

Raphael schien ihn auch erkannt zu haben, denn er krächzte dreimal.

“Bleib ruhig, mein Freund, sagte Berger leise. Er wollte sich hinter dem alten Geräteschuppen verstecken, um die Gestalten aus sicherer Entfernung zu beobachten, aber man hatte ihn bereits entdeckt.

Der schmächtige, junge Kerl, der offenbar die vereinzelt erschienenen “Krähen” erschaffen hatte, deutete aufgeregt in seine Richtung, und Zacharias, der die Arme zum verdunkelten Himmel emporgehoben hatte, ließ diese sinken und erblickte ihn ebenfalls, wirkte dabei aber deutlich gelassener.

Berger wollte umgehend den Rückzug antreten, als zwei Dinge beinahe gleichzeitig geschahen: Zacharias reckte das Haupt nach oben und rief irgendetwas, worauf sich ein Pulk von etwa zwanzig Krähen aus dem Schwarm löste und in seine Richtung flog, während Raphael ein Krächzen ausstieß und sich ebenfalls in die Lüfte erhob.

“Raphael, zu mir!” schrie Berger, aber der Rabe ignorierte den Befehl und flog mitten in den Pulk hinein. Zacharias rief wieder etwas, und der Pulk erhob sich mitsamt dem darin befindlichen Raben in die Lüfte und steuerte langsam wieder auf den Schwarm zu.

“Raphael!”, brüllte Berger, doch der Rabe reagierte nicht oder er konnte nicht reagieren, wenn er ihn überhaupt noch hören konnte.

Fluchend und wutentbrannt lief Berger auf die kleine Gruppe von Männern zu und blieb direkt vor Zacharias stehen, der ihn scheinbar amüsiert angrinste. Der junge Mann und ein großer, rothaariger Kerl mit einer Augenklappe (bei dem es sich um den Begleiter bei Federers Entführung handeln musste) traten ein paar Schritte vor, aber Zacharias bedeutete ihnen mit einer Handbewegung zurückzubleiben.

“Sieh an, wen wir hier haben”, sagte er mit einer überraschend tiefen Stimme, die so gar nicht zu seiner schmalen, fast zerbrechlich wirkenden Statur passen wollte. “Sie müssen Frederic sein, richtig? Konstantin hat viel von Ihnen erzählt.”

Berger winkte ab. “Sparen Sie sich das! Was haben Sie mit meinem Raben gemacht?”

Zacharias schüttelte tadelnd den Kopf. “Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich Ihr Rabe ist, Frederic. Hat der alte Herr Ihnen das Tier vermacht? Oder haben Sie es sich nicht vielmehr einfach angeeignet?”

Statt auf die Frage einzugehen deutete Berger auf den Schwarm. “Was passiert hier gerade? Was bezwecken Sie mit diesem Illusionszauber?”

Zacharias wies mit dem Kopf nach oben. “Sie halten das für eine Illusion? Nun, das mag für Sie sogar zutreffen, aber für Raphael ist der Schwarm höchst real, glauben Sie mir.”

Berger trat vor und packte den Kerl am Kragen. “Holen Sie ihn da raus!”

Der Einäugige trat wieder vor, aber Zacharias schüttelte nur den Kopf. Im nächsten Moment wurde Berger wie von einem Katapult zurückgeschleudert und landete unsanft auf dem matschigen Boden.

Leicht benommen aber noch immer stinkwütend rappelte er sich wieder auf. “Was haben Sie überhaupt mit ihm vor, verdammt?” fragte er.

Zacharias grinste vergnügt und deutete zum Schwarm hinauf.

“Raphael ist ein magisch hochbegabtes Wesen, das wissen Sie vermutlich, oder? Aber er könnte noch viel mehr sein, noch sehr viel mehr, wenn man sein Potential richtig zu nutzen weiß.”

Berger schüttelte den Kopf. “Sie wollen ihn für Ihre dunkle Magie missbrauchen. Das werde ich nicht zulassen. Niemals!”

Zacharias lachte. “Wenn Sie wirklich glauben, es wäre Ihr Rabe, sind Sie ebenso dumm wie naiv. Aber ich sage Ihnen etwas. Wenn es Ihnen gelingt, ihn zurückzuholen, dann überlasse ich Ihnen den Paraspürer. So hat der alte Mann ihn doch genannt, richtig? Auch er hat sein wahres Potential nicht erkannt.”

“Raphael! Ortung!”, rief Berger so laut er konnte, obwohl er wusste, dass der Versuch vergebens war und er sich nur lächerlich machen würde. Und tatsächlich riss der junge, schmächtige Kerl den Kopf zurück und schüttete sich vor Lachen aus.

Zacharias drehte sich zu ihm um. “Schweig!” Er deutete nach oben. “Wenn du es schaffst, ihn dort herunterzuholen, dann kannst du über ihn lachen. Aber wir wissen beide, dass du noch lange nicht so weit bist.”

“Was zum Teufel haben Sie überhaupt vor?”, fragte Berger. Er war sich nun sicher, dass er es hier mit einer weiteren Prüfung zu tun hatte, nur dass dieser Kerl seine - im Gegensatz zu Federer - offenbar bestanden hatte. “Wofür brauchen Sie Leute, die Magie wirken können?”

Zacharias schüttelte bedauernd den Kopf. “Bei allem Respekt mein lieber Frederic, ich fürchte, dass Sie das nichts angeht. Davon abgesehen würden Sie es vermutlich nicht verstehen, wenn ich es Ihnen erzähle.”

“Sie kennen mich nicht gut genug, um das beurteilen zu können.”

Zacharias nickte. “Also gut, ich mache Ihnen einen Vorschlag. Schließen Sie sich mir an, dann werde ich Sie in meine Pläne einweihen.”

Berger lachte. “Vergessen Sie es. Ich will nur meinen Raben zurück. Und ich will, dass Sie und Ihre Leute von hier verschwinden. Das hier ist ein Ort des Friedens, Sie entweihen ihn mit Ihrer dunklen Magie.”

“Ich fürchte, Sie sind nicht in der Lage, Forderungen zu stellen, Frederic. Und was dieser Ort einmal war, spielt für mich keine Rolle. Es gefällt mir hier. Vielleicht ziehe ich sogar in das Haus ein. Es steht schon viel zu lange leer.”

Berger nickte. “Tun Sie das. Jetzt ist ja niemand mehr da, der Sie mit Schimpf und Schande davonjagen kann.”

Damit hatte er Zacharias getroffen. Sein sonst totenblasses Gesicht lief rot an. “Ich muss Sie jetzt bitten, das Grundstück zu verlassen”, sagte er mühsam beherrscht. “Und zwar sofort! Sonst sehe ich mich leider gezwungen…”

In diesem Moment stieß der Einäugige ein überraschtes Grunzen aus und deutete aufgeregt zum Himmel. Alle Anwesenden schauten hinauf und Berger glaubte, seinen Augen nicht trauen zu können. Der Schwarm war auffallend kleiner geworden und schrumpfte zusehends immer weiter. Es sah beinahe so aus, wie eine Regenwolke, die sich langsam auflöste. Zacharias fluchte laut, dann hob er die Hände und murmelte etwas. Berger nutzte den Moment, in dem er abgelenkt war, sprang auf ihn zu und verpasste ihm einen Schlag, der den schmächtigen Kerl zu Boden schickte. Sofort gingen die beiden anderen Männer auf ihn los, aber noch bevor sie Berger erreicht hatten, schoss etwas wie ein schwarzer Blitz auf den Einäugigen zu. Dieser hielt sich die Hände vor sein verbliebenes Auge und ging heulend in Deckung.

“Raphael!” rief Berger. “Zu mir!” Diesmal gehorchte der Rabe, und während Zacharias sich gerade wieder aufrappelte, nutzte Berger die Gelegenheit, seiner Aufforderung nachzukommen.

“Raphael: Rückzug!” Der Rabe flog voraus und Berger rannte ihm in Richtung Straße nach. Als er den Wagen erreicht hatte, drehte er sich kurz um, aber niemand war ihnen gefolgt. Dann warf er einen besorgten Blick gen Himmel, doch der riesige Schwarm war und blieb verschwunden. “Ich weiß nicht, wie du das geschafft hast, mein Freund, aber das war gute Arbeit!”

Der Rabe krächzte nur einmal, Berger startete den Wagen, fuhr los und wandte sich dann mit einem erleichterten Grinsen an seinen gefiederten Partner. “Eins musst du mir aber noch verraten. Dieser Kerl mit der Augenklappe… kann es sein, dass ihr euch schon mal begegnet seid?”

Raphael ignorierte die Frage.

“Naja, keine Antwort ist auch ne Antwort”, sagte Berger

ENDE

 

Zum 1. Kapitel - Zur Übersicht

Kommentare  

#1 Toni 2021-12-03 16:22
Spannende Story. Hat mir echt gefallen und klingt nach mehr... :-)
Wir haben hier in Essen auch eine Menge von den schwarzen Gesellen, obwohl ich mir nicht immer sicher bin, ob es jetzt Krähen oder Raben sind. Die Jungs sind immer scharf auf Erdnüsse. War die Story frisch oder aus vergangenen Tagen? Da hätte ich auch noch ein, zwei anzubieten - von anno 1985, oder so... :-) Gerne öfter mal ein paar Storys solcher Güte...
#2 Cartwing 2021-12-03 17:55
Vielen Dank...

Die Stories sind tatsächlich frisch und "exklusiv" für den ZS geschrieben.

Werde den roten Faden auch noch etwas weiter spinnen...

Das mit den Erdnüssen muss ich mir merken...
#3 Robert Martschinke 2021-12-06 20:58
Auf alle Fälle bleibt es interessant. Den (vermeintlichen) Bösewicht kennen wir jetzt. Die Kapitel haben auch genau die richtige Länge.
Raphael ist ja der Name eines der vier Erzengel. - Da steckt bestimmt noch einiges mehr in dem Raben ...
#4 Cartwing 2021-12-06 21:16
Zitat:
Auf alle Fälle bleibt es interessant. Den (vermeintlichen) Bösewicht kennen wir jetzt. Die Kapitel haben auch genau die richtige Länge
Vielen Dank...

Ich habe noch einiges mit den Figuren vor und hoffe ebenso, dass es interessant bleibt...

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.