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Die ruhmreichen Fünf - Neue Superhelden halten die Welt in Atem: Imagepflege (Teil 3)

StoryDie ruhmreichen Fünf
Superhelden halten die Welt in Atem!
Imagepflege (Teil 3)

Sunbeam und Eismann schlenderten die Sögestraße entlang, vorbei am Schweinedenkmal und mitten hinein ins Einkaufsgetümmel. Wie ein ausgekippter Eimer Nägel auf dem Werkstattboden, so breiteten sich die Menschen auf der Straße aus; sie schubsten und drängelten und hatten den gehetzten Ich-muß-noch-was-besorgen-Blick im Gesicht.


Eine Frau zerrte mit grimmiger Entschlossenheit ihre beiden Kinder hinter sich her, die jammernd an ihren Stahlklauen hingen, und ihr störrisches Aufbegehren war nichts weiter als ein sinnloser Kraftakt; sie wirkten wie Don Quichotte, der, von den Toten auferstanden, sich flugs aufmachte, wieder gegen ein paar Windmühlen anzutreten. Aber wie der selige Don Quichotte, so mußten auch die Kinder die Sinnlosigkeit ihres Tuns begreifen und ihre eigenen Schlüsse daraus ziehen. (Legt euch nicht mit der "Windmühlen-Mutter" an!)

Vor einer Videothek stand ein Junge mit seinem Vater. Sehnsüchtig starrte der Junge das große Batman-Plakat an. "Leihst du mir den Film aus, Papi?"

"Komm mir nicht mit dem Superhelden-Quatsch, Sascha. Außerdem stehen da hinten zwei."

"Ach die", mäkelte Sascha, "das sind doch nur Sunbeam und Eismann. Für die Ruhmreichen Fünf interessiert sich in der Schule keiner mehr. Die haben ja nicht einmal ein eigenes Comicheft!" Trotzig drückte der Kleine seine Nase gegen das Schaufenster, so als wäre er dadurch seinem Batman etwas näher.

"Das ist der Unterschied zwischen Realität und Fantasie, Junge. Die Ruhmreichen Fünf sind Realität. Leider!"

Sunbeam und Eismann kamen an der Videothek vorbei, ohne die feindseligen Gedanken der zwei auch nur zu erahnen. (Sascha: 'Ihr seid schuld, daß ich mir den Batman-Film nicht ausleihen darf!1 - Der Vater: 'Ihr seid schuld, daß meiner Schwiegermutter das Haus unter dem Arsch weggerissen wurde. Jetzt habe ich den alten Streithammel in der Wohnung. Vielen Dank!')

An einer Bäckerei hing das übliche "Wir-müssen-draußen-bleiben"-Schild. Doch neben der obligatorischen Abbildung eines Hundes sah man da noch einen Mann mit einem Cape.

"Heute passiert aber auch rein gar nichts", beschwerte sich Eismann. "Wie sollen wir da Imagepflege betreiben?"

"Noch ist der Tag nicht vorbei, Eisi. Da kann noch viel passieren", prophezeite Sunbeam.

"Warten wir's ab, Beamchen."

Gemütlich flanierten sie weiter, zufrieden mit sich und der Welt, als sie der jähe Schrei einer befehlsgewohnten Stimme zusammenfahren ließ.

& "Das Schwein hat meine Handtasche. Haltet den Dieb!" Man mochte kaum glauben, daß die Stimme einer Frau gehörte, und konnte nur hoffen, daß es sich um ein Fehlexemplar handelte.

Die Superhelden rannten los. Erst als sie kurz vor der Frau standen, fiel ihnen ein, daß sie ja auch fliegen oder sich durch die Luft eisen hätten können.

"Verdammt! Ihr fehlt mir noch zu meinem Glück!" begrüßte sie die resolute Frau mit der Baritonstimme.

Eismann und Sunbeam ignorierten die Bemerkung geflissentlich. "Wo ist er hingelaufen?"

"Wo ist er hingelaufen? Wo ist er hingelaufen?" äffte die 'freundliche Person' die beiden nach. "Der ist längst in der Menschenmenge verschwunden."

Sunbeam erhob sich blitzartig in die Luft, während Eismann auf einer diagonal verlaufenden Eisschiene in die Höhe schoß. Ein Mann, der hinter Eismann lief, rutschte fluchend auf dem plötzlich aalglatt gewordenen Bürgersteig aus. "Scheiße! Noch nie was von der Streupflicht gehört, was?"

"Wenn ihr mir die Handtasche zurückbringen solltet", rief die Frau ihnen nach, "dann zähle ich mein Geld. Damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt!"

Die Superhelden trennten sich, um ihre Chancen zu vergrößern. "Wer ihn einfängt, zahlt das Abendessen", sagte Eismann zehn Meter über dem Erdboden.

Sunbeam schlug in seine ausgestreckte Hand ein. "Abgemacht! Geh schon mal zum Bankautomaten."

Eismann konzentrierte sich auf die Straße, während Sunbeam eine andere Richtung einschlug. Moment, da war doch was. Er grinste: "Tut mir leid, Beamchen, aber die Scheine wirst du lockermachen müssen." Er sauste wie ein Achterbahn fahrender Eisläufer der Straße entgegen und schlidderte bis zur Kreuzung, wobei die Eisfläche, die unter seinen Füßen entstand, sich in den Asphalt fror.

Die Ampel, die auf Rot geschaltet war, veranlaßte einen Mantafahrer zu bremsen. Der Wagen drehte sich wie ein Karus-sel auf dem Eismann-Eis und kam mit einem blechernen Scheppern an dem Ampelmast zum Stehen. Die Ampel verbeugte sich dezent, überlegte es sich anders und schaltete übergangslos auf Grün um.

Der Mantafahrer kurbelte wütend die Scheibe runter, lugte hinaus und beäugte miesepetrig den eingedrückten Spoiler. "Scheiße, ey, war ich bloß in der Schweiz geblieben", schimpfte er und gebrauchte dann schlimmere Wörter, die nicht sehr neutral waren.

Der Maskierte schenkte dem Mantafahrer keine Beachtung. Wenn es schneit, fällt immer irgendjemand auf die Schnauze, war sein höchstpersönliches Motto. Außerdem hatte er wenig Zeit, denn der Handtaschendieb, den er von oben erspäht hatte, eilte mit langen Schritten auf den Eingang eines Kaufhauses zu.

"HALT!" grollte es tief aus des Superhelden Kehle.

Ein grüngefärbter Punker drehte sich schuldbewußt um, während der Dieb seine Gehörgänge scheinbar in Urlaub geschickt hatte. Zielstrebig verschwand er im Kaufhaus, gefolgt von dem bürgersteigsurfenden Eismann.

"HALT!" schrie er noch einmal.

'• Fast die gesamte Kundschaft drehte sich zu ihm um. Ein kleiner Junge legte schnell eine Tafel Schokolade ins Regal zurück und pfiff ablenkend Alle-meine-Entchen. Der Dieb hingegen steuerte auf die Kasse zu, an der eine alte Frau stand.

"Ich habe dich gewarnt!" zürnte Eismann und warf einen granatapfelharten Schneeball mit erstaunlicher Sicherheit gegen den Hinterkopf des Mannes. "Omaaaaaaahhh aaahh!" kam es schmerzerfüllt von dessen Lippen.

Verblüfft über den Schmerz verspürte er sogleich einen weiteren, stechenderen, der sich in seinem Armgelenk abspielte. Irgendein Idiot hatte seinen rechten Arm auf dem Rücken verdreht und zwängte ihn nun in die Knie. "Oma, hilf mir doch!" jammerte er gequält.

Oma begriff nicht ganz den Tathergang. "Rudi, bist du das?" fragte sie und rückte ihre Brille auf der Nase zurecht. Ihre Pupillen verrieten ihr, daß er das war. "Was machst du denn hier?"

"Gymnastik, das siehst du doch", sagte Rudi.

Oma wußte nicht so recht, was sie von alldem halten sollte und schaute Eismann fragend an.

Der Superheld klärte sie auf. "Ihr Enkel ist ein ganz gemeiner Handtaschendieb."

Rudi, der dem Boden freundschaftlich nahe kam, gurgelte ein empörtes "Quatsch!".

"Aber das ist doch meine Handtasche", sagte Oma.

"Ihre Handtasche?"

"Ich muß sie bei Rudi und Sandra liegengelassen haben."

"Oh!" Eismann erhimbeerte. "Dann muß sich das alles um ein fürchterliches Mißverständnis handeln. Entschuldigen Sie bitte und..." Er ließ den Arm seines Opfers los. Rudi kippte vornüber und stützte sich gekonnt mit der Stirn ab.

"...äh, können Sie mir sagen, wo ich den nächsten Geldautomaten finde?"

Sunbeam lag waagerecht in der Luft, die Fäuste nach vorn geschoben, und trieb langsam unter den Wolken dahin. Mit ihren Augen suchte sie die Sögestraße und sämtliche Nebenstraßen ab. In dem Gewirr war es nicht einfach, den Handtaschendieb auszumachen. Für einen normalen Menschen war es unmöglich, für Sunbeam nur eine weitere Aufgabe.

Als sie ihn entdeckte, schoß sie pfeilschnell nach unten, raste wie ein Kamikazeflieger auf den Erdboden zu.

Nur Sekundenbruchteile vergingen, bis sie den Straßenräuber von den Beinen riß. Er breitete gottesfürchtig die Arme aus und klatschte wie ein Mehlsack auf den Fußgängerweg.

Sunbeam nahm ihm die Handtasche ab und stieß ihn leicht mit dem Fuß an. "Steh auf!"

"Grmblmimbl!•" machte er, unfähig, sich zu artikulieren, da sein Mund gegen einen Pflasterstein gepreßt war und seine Lippen bei den Sprechbewegungen unangenehm daran rieben.

"Entschuldige!" sagte Sunbeam. Sie packte ihn am Kragen und hob ihn mit einer Hand hoch, als wäre er nur ein Teddybär und nicht fast zwei Zentner schwer.

Ein kalter Luftzug ließ sie herumfahren. "Kompliment, Beamchen!" Eismann lächelte gequält. "Du hast gewonnen.

In welches Restaurant gehen wir heute abend?"

"Laß mich überlegen. Welches ist besonders teuer?" Eismanns Lächeln verflüchtigte sich und wurde zu einem

schmerzhaften Lippenbiß.

Alfons hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Die Augenlider fest zusammengepreßt, fiel er in die Tiefe und wartete auf den dumpfen Aufprall, wartete darauf, daß sein Körper zu einem Klumpen leblosen Fleisches wurde.

Gab es ein Leben nach dem Tod?

Gleich würde er es wissen.

Doch er verspürte keinen Aufprall. War der Übergang vom Leben in den Tod so fließend? Er öffnete die Augen und stellte fest, daß er in der Luft schwebte. Wie ein Engel!

"Bin ich jetzt ein Engel?" fragte er den Himmel.

"Du wärst es fast geworden", sagte eine Stimme, die ganz nah war. Alfons bemerkte, daß er sich zurück zum Fenster bewegte.

Am Fenster standen Vario, die Motte und die nackte Silvia. Sie lachten erleichtert und applaudierten. Kalte Hände schoben Alfons in den Raum, und Silvia fiel ihm um den Hals, küßte ihn sanft auf die Wange.

Paul stand reglos in einer Ecke und neben ihm Willi the Wuz, der darauf achtete, daß er keinen zweiten Mordversuch starten konnte.

"Gut gemacht, Eismann!" rief Silvia und küßte auch ihn. "Mhm, du schmeckst nach Himbeereis."

"Nicht immer. Wenn ich mich ärgere, schmecke ich nach Zitrone."

"Was führt dich eigentlich hierher?" fragte Willi.

"Ach, Sunbeam und ich wollten nur Frau Kabelbrand nach Hause bringen. Wir waren schon kurz vor dem Hauseingang, als dieser Mann aus dem Fenster fiel."

"Ich bin wieder da, Paul!" trällerte es von der Wohnungstür her. Es war aber mehr das quakende "Trällern" einer Ente als das liebliche eines Sperlings.

"Das ist meine Frau!" japste Paul Kabelbrand, fieberhaft überlegend, wie er die Situation zu seinen Gunsten wenden konnte.

Renate erstarrte zur Salzsäule, als sie mit Sunbeam das Schlafzimmer betrat. Natürlich hatte sie erwartet, ihren Paul zu sehen. Aber was machten gleich fünf Super-helden einschließlich Sunbeam in diesem Raum? Nun, die Superhelden konnte sie vielleicht noch akzeptieren. Weitaus merkwürdiger war da die Anwesenheit von Paul Meier, der nur mit Unterhose und Unterhemd bekleidet war. Aber auch das konnte sie noch akzeptieren. Doch wer war die junge, gutaussehende Frau, die zwar eine Kette um den Hals trug, aber ansonsten wie Eva im Paradies herumlief?

"Ist die Kur früher beendet worden?" erkundigte sich ihr Mann kleinlaut.

* "Wer ist diese Frau, Paul? Ich verlange eine Erklärung, und wenn es sich so verhält, wie ich es mir denke, wirst du es sein, der aus dem Fenster fliegt!"

Wenn der Haussegen schiefhängt, sollten Gäste sich schleunigst aus dem Staub machen, denn Ehezwistigkeiten sind das schlimmste, was braven Bürgern passieren kann, einmal abgesehen von Atomkriegen. An diesen Grundsatz dachte auch Eismann und äußerte laut: "Tja, damit haben wir unsere Aufgabe wohl erfüllt. Alles weitere liegt nun in Ihrer Hand."

"Jaja, gehen Sie nur", sagte Frau Kabelbrand und rieb sich ihre geröteten Hände, an deren Knöcheln eine wulstige Hornhaut wuchs. Woher die Hornhaut stammte, wußten wir nicht. Aber sie hatte diese Deformierung sicherlich nicht erworben, weil sie beim Abwaschen das falsche Spülmittel verwendete.

Paul duckte sich wie ein Hund, der in die gute Stube gepinkelt hatte. "Bleiben Sie bitte hier!" flehte er die Ruhmreichen Fünf an.

Silvia stand immer noch nackt mitten im Raum, den Kopf schuldbewußt gesenkt. Alfons hatte in seiner sauberen Unterwäsche eine ähnliche Haltung eingenommen. Nur Renate wirkte so- siegessicher und selbstbewußt wie ein Staatsanwalt, der alle Fakten und Beweismittel säuberlich gesammelt hatte und nun mit einer perversen Vorfreude das Todesurteil verkündete, um sich hiernach in orgasmischen Zuckungen zu winden.

Dies war der letzte Eindruck, der in unseren Gehirnen haften blieb. Im Treppenhaus hörten wir es zwar noch scheppern, gefolgt von einigen dumpfen Schlägen, aber wir dachten uns nichts dabei. Außerdem waren wir für solche Kinkerlitzchen nicht zuständig.

Mit der inneren Bestätigung, geholfen zu haben (und was gibt es Schöneres?), gingen beziehungsweise flogen wir unserer Wege, jeder in sein eigenes Nest.

Wie heißt es doch so schön und treffend? Ende gut, alles gut...

EPILOG

HALT, BITTE LEGEN SIE DAS MIRAWI-MAGAZIN NOCH NICHT AUF DEN NACHTTISCH! DECKEN SIE SICH NOCH NICHT ZU UND SCHLIESSEN SIE NOCH NICHT DIE AUGEN! DIESE GESCHICHTE IST ZWAR ABGESCHLOSSEN, ABER BISHER NICHT BEENDET WORDEN, WENN SIE DEN FEINEN UNTERSCHIED VERSTEHEN. DENN WIE VOM AUFSICHTSRAT FÜR SCHLECHTE UNTERHALTUNG VERLANGT, IST JEDER FERNSEHFILM, JEDE EPISODE AUS EINER SERIE UND AUCH JEDE KURZGESCHICHTE ODER ERZÄHLUNG MIT EINEM HARMONISCHEN ABSCHLUSS ZU VERSEHEN. DIESER ABSCHLUSS FOLGT JETZT!

Katja legte sich in aufreizender Pose auf das große französische Bett, zwinkerte lüstern dem Mann zu, der zwei funkelnde Gläser mit Champagnac füllte, und zupfte verspielt an ihren schwarzen Strapsen, die ihre erotische Anziehungskraft noch unterstrichen. Sie war eine Offenbarung für jeden richtigen Mann, der einen Fimmel und zwei Eier zwi-s,chen den Beinen hängen hatte. "Komm zu mir!" hauchte sie.

"Laß uns erst anstoßen", forderte ihr Gegenüber.

Die Gläser klirrten und schienen den Gongschlag zur ersten Runde zu ersetzen.

(Der Kampf ist auf 15 Runden angesetzt, meine Damen und Herren!)

Katja nippte an dem Glas, stellte es anschließend auf dem kleinen Nachttisch ab und sah ihren Auserwählten dann mit ungezügelter Lust an. Ihre Augen sagten: Du darfst, mein Freund!

"Weißt du, Katja, irgendwie fühle ich mich nicht ganz wohl bei der Sache."

"Willst du jetzt einen Rückzieher machen?"

"Nein-nein", sagte der Mann schnell, "aber ich möchte zu gern wissen, wie Ralf das alles verdaut. Irgendwie tut er mir leid."

"Wenn das das einzige ist, was dich bedrückt", sagte Katja. Sie öffnete die Nachttischschublade und entnahm ihr ein kleines Heft. 'MiRaWi1 stand darauf und unter dem Titel: 'Die Alternative zur RUM AG1. "Auf welcher Seite finde ich die Geschichte?"

"Das kann ich dir nicht sagen."

Katja blätterte gelangweilt in dem Magazin. "Gut, ich lese dir das Ende der Geschichte vor, damit dein Gewissen beruhigt ist. Aber danach... Du weißt schon, was wir danach tun werden, oder?"

"Natürlich!" sagte Willi Lüders alias Willi the Wuz und grinste in stiller Vorfreude.

"Also." Katja vertiefte sich in das Heft und las leise, aber betont vor. '"Katja, bist du noch da', rief Ralf, als er zu Hause eintraf. Einige Stunden waren bereits vergangen, und er hatte kaum noch Hoffnung, was seine Angebetete betraf. Bestimmt hatte sie das Haus verlassen und bestimmt lag ein Zettel auf dem Küchentisch, ein Zettel, auf den sie in ihrer wundervollen Schrift ihre ganze Wut über sein langes Fernbleiben gesetzt hatte. Und tatsächlich..."

Tatsächlich lag ein Zettel auf dem Küchentisch. Ein Zettel mit nur wenigen Zeilen. Ich holte mir ein Bier aus dem Kühlschrank, hielt das Blatt dabei mit zittrigen Fingern und wechselte über in das gemütliche, beruhigende Gefilde meines Wohnzimmers. Ich setzte mich auf die Couch, legte die Beine hoch und nahm erstmal einen Schluck von meinem Bier. Mein Gott, wie das guttat!

"Lieber Ralf", begann der Brief. Ein guter Anfang, wie ich fand. Schlimmer wäre ein barsches "Werter Ralf!" gewesen. Aber "Lieber Ralf"? Nichts dagegen einzuwenden.

"Du wirst verstehen, daß ich nicht gerade erfreut darüber war, so lange allein gelassen zu werden. Einer Frau, die Du magst oder vielleicht sogar liebst, hättest Du das sicher nicht angetan, wie ich annehme. Und ich glaube, ich kenne Dich inzwischen ganz gut, besser jedenfalls, als Du denkst. Wie dem auch sei. Ich bin kein altes Mütterchen, das daheim shif ihren Mann wartet und sich die Zeit mit Stricken vertreibt, während der Herr sich irgendwo vergnügt..."

17

Scheiße, dachte ich und sah meine Felle davonschwimmen. Du hattest deine Chance, Ralf, und du hast sie vertan.

"...und deshalb bin ich rüber zu Lüders gegangen. Du weißt ja, ich habe schon viel über ihn gelesen. Er ist Millionär und außerdem soll er sehr nett sein. Das ist nicht viel, ich weiß, aber ich glaube, er wird mir mehr zu bieten haben. Nicht nur Geld, sondern auch Zeit!

Mach's gut und sei mir nicht böse,

Deine

Katja

P.S.: Ich habe meinen Mantel bei Dir liegengelassen. Seltsamerweise befindet sich ein großes Loch auf dem Rückenteil. Sieht aus, als hätte sich eine Motte da hineingefressen..."

Ich zerknüllte den Brief, warf ihn wütend Richtung Fernseher und erhob mich bebend. Ich wußte doch, daß ich dem Lüders nicht trauen konnte. Niemandem kann man heutzutage mehr trauen. Wirklich niemandem!

Der Leser legte das Heft beiseite und gähnte. Was die sich alles so einfallen lassen. Fantasie müßte man haben. Er knipste das Licht aus und mummelte sich in seine Decke ein.

"Du kannst doch jetzt nicht schlafen", sagte eine Stimme.

Der Leser fuhr hoch. "Wie bitte?"

Er fühlte eine Berührung, ein sanftes Streicheln an seinem Körper. Ein Streicheln, das ihn erregte.

Aber wer war das?

"Bei Licht habe ich es lieber", verriet die Stimme. Die Hand des dazugehörigen Körpers knipste das Licht wieder an.

Der Leser schluckte. Eine Frau in schwarzen Strapsen lag über ihm.

"Katja???"

"Pscht! Sag jetzt nichts mehr!"

Und sie sprachen die ganze Nacht über kein Wort mehr... 

DIE RUHMREICHEN FÜNF
sind Charaktere der
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Januar 1992

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