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Die Legende vom Tränenvogel - Der Feuergeist

Die Legende vom Tränenvogel - Band 3 - Der Feuergeist

Lee Young-Dos Geschichte der vier Völker und ihrer Gottheiten erhält mit ihrem dritten Band noch einmal eine ganz besondere Wendung.

Die Nagas setzen ihren Krieg gegen die Völker des Nordens fort, und es scheint ein endloses Hin- und Herwogen von militärischen und taktischen Vorteilen und Rückschritten auf beiden Seiten zu geben. Die Gefechte an den unterschiedlichen Stellen des Kontinents sind rücksichtslos, blutig und verzehren sowohl bei den Nagas als auch den Menschen, den Dokebis und den Lekons endlos viele Leben.

Für die drei vereinten Völker steht fest, dass sie nur gemeinsam gegen die Nagas, die Echsenwesen, bestehen können, denn diese haben es geschafft, die Macht ihrer Göttin auf ihre Seite zu bringen, nach eigenem Gutdünken auszunutzen und so das Wetter zu verändern. Früher waren es  die klimatischen Bedingungen des Nordens gewesen, die ein weiteres Vordringen der Nagas verhindert hatten. Doch jetzt scheint nichts sie stoppen zu können.

Die Prophezeiung, dass es nur den dreien gelingen wird, gegen den einen zu bestehen, scheint sich nicht zu bewahrheiten, denn die Truppen der drei verbündeten Völker geraten immer stärker unter Druck. Sie wehren sich standhaft, setzen Feuergötter und Ryuns Drachen ein, aber es sieht so aus, als würden die Nagas die Oberhand behalten und sich durchsetzen können.

Gleichzeitig ist die Königin des Nordens unter ihrer Maske aktiv und versucht, parallel zu den anderen Truppen, mit ihrem riesigen Tiger etwas zum Gelingen der Abwehr der Nagas beizutragen. Und Kaygon Draka, Tinahan und Bihyung gehen ihrem eigenen Autrag nach, der hoffentlich endgültig die Befreiung von den Naga-Armeen bringen kann: Sie suchen die Inkarnationen der Götter des Nordens.

Lee Young-Do jagt den Leser in dem drittten Band der Reihe immer wieder quer über den Kontinent und springt häufig in den Erzählebenen zwischen den Nagatruppen und der Nagaheimat sowie den verschiedenen Gruppen der Verteidigern hin und her. Das macht es teilweise herausfordernd, und ich habe ein paar Mal irritiert zurück geblättert, wenn ich mich plötzlich nicht mehr in der Heimat der Nagas befand, sondern mit einem Mal auf der Seite des Feuergottes auf dem Schlachtfeld war. Dies sorgt jedoch hervorragend dafür, dass man beim Lesen nicht davon driftet und den Text mal so "mitnimmt". Man kommt immer wieder zurück in die Handlung, um die es gerade geht, und wird dazu herausgefordert, sich zu konzentrieren. Das verhindert, dass man das Buch "wegsnackt", statt bei der Handlung zu bleiben.

Und die hat es in der Tat in sich. Lee Young-Do beschreibt die Gewalttätigkeit eines Schlachtfeldes und macht die Grausamkeit deutlich - nicht vorrangig indem er die Tausenden von Leichen beschreibt, die auf den "Feldern der Ehre" zurückbleiben, sondern gerade indem er sich auf die einzelnen Schicksale konzentriert. Man begegnet Kallik Missores, einem jungen Mann aus Pansai, der in den Krieg zieht weil es nichts gibt, das ihn zuhause bindet, und auf der anderen Seite Zimbori Tuna, die von dem Schwert durchbohrt wird. Sie erinnert sich an ihre tote Tochter, während das Schwert in ihrem Körper wütet - und im gleichen Moment wird Kallik Missores zum Opfer von Zimbori Tunas Waffe. Sie enden beide tot auf dem Boden, ohne jede Chance, denn dann "(...) zermalmte der riesige Vorderfuß eines Elefanten die beiden. (...) Der Elefant hatte keinen Namen. In den sechzehn Jahren, in denen er die Kenterop-Ebene durchstreift und dort gelebt hatte, hatte er den fehlenden Namen nie als Problem empfunden. Die letzte Erinnerung, die das riesige Tier hatte, war, dass es seinen Rüssel um den Ast eines Akazienbaumes geschlungen hatte. (...) Natürlich wusste er, was seitdem geschehen war, aber er wusste nicht warum. Auch wenn er gegnerische Soldaten unter seinen Füßen zerquetschte und sich mit seinem Rüssel einen Weg bahnte, wusste der Elefant ..."

Die beiden Seiten dieser Schlacht waren es vor allem, die mir einen Schauer über den Rücken gejagt haben, denn sie machen wunderbar hervorragend deutlich, was Krieg bedeutet: Blut, Schmerz, Tote ... aus sinnlosen Gründen wie Machthunger und Gier.

Es gibt einige Stellen des Buches, die ich gerne zitieren würde, nicht nur eher düstere wie diese. Da ist die wunderschöne Beschreibung von einem Polarlicht und einem Himmelsfisch, oder die fast schon lyrische Beschreibung der Ruinen, auf die der Mensch Orenol mit seinen Begleitern stößt. Und noch einige mehr.

Wie auch schon in den vergangenen beiden Bänden schafft es Lee Young-Do, mich bei der Stange zu halten, mich immer wieder zu erstaunen und mir Lust auf den nächsten Band zu machen, "Die Suche nach dem König".

 

Der Feuergeist – Die Legende vom Tränenvogel 3
von Lee Young-Do
Verlag: Heyne
Hardcover, 496 Seiten
Erschienen am: 16.10.2024
ISBN: 978-3-453-27463-1

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