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Eine Legende wird vierzig Jahre alt - Die Dämonenkiller-Chronik 74

Dämonenkiller zum 40.Eine Legende wird 40 Jahre alt
Die Dämonenkiller-Chronik (74. Teil)

Aus Anlass des vierzigjährigen Jubiläums der Dämonenkiller-Serie habe ich eine Chronik erstellt, die sich mit der Geschichte der Serie beschäftigt.

Heute beschäftigen wir uns mit dem Dämonenkiller-Exposé 100, daß Ernst Vlcek am 6. Februar 1976 für seinen Alter-Ego Paul Wolf geschrieben hat. - Viel Spaß beim Lesen...


100DES TEUFELS SAMURAI
DAS FÜNFTE LEBEN
Dämonenkiller 100
Schauplatz: Japan
Zeit: Gegenwart - Vergangenheit 1605
Drei Monate nach Band 99: Anfang April
Autor: Vlcek-Wolf
Termin: 14.4.1976

Titelbild:
Samurai, der mit zwei Langschwertern gleichzeitig gegen ein halbes Dutzend fliegender Köpfe ficht. Einer dieser Fratzen hat sich am linken Ärmel des Samurai verbissen.
Der Samurai trägt eine schwarze Eisenmaske, die auch die Ohren überdeckt, die ehernen Spitzohren ragen hoch auf, wie Helmflügel. Er trägt einen schwarzen Mantel, innen blutrot gefüttert, die Schärpe ist ebenfalls blutrot. Blutrot ist auch die Fratze, die auf die Eisenmaske gemalt ist.

Das ist der Beginn des Samurai-Zyklus, der über zehn Bände reichen könnte; mal sehen, wie lange der Stoff reicht.
Dorian Hunter ist Hermes Trismegistos. Das heißt, er verwaltet dessen magisches Erbe. Über das Schicksal des echten Dreimalgrößten ist nichts bekannt.
Dorians Karenzzeit ist abgelaufen. Er ist nicht mehr Gefangener im Tempel, könnte ihn jederzeit verlassen. Doch er verspürt keine Lust mehr dazu. Er sieht ein, daß er als Verwalter von H.T.s Macht einfach kein normales Leben führen kann. Er ist der Sklave dieser Macht, findet sich mit seinem Schicksal ab.
In melancholischen Momenten denkt er an Coco, die nun für immer verloren für ihn ist. Er ist oft mit Unga zusammen, der Magnus Gunnarssons Gut übernommen hat - und bei dem auch Donald Chapman lebt. Wenigstens etwas hat Dorian von seinem Leben. Chapman bietet ihm an, eine Nachricht an Coco zu überbringen, die ja in dem Glauben leben muß, der DK sei tot. Doch Dorian ist zu verantwortungsbewußt, er lehnt das ab.
Dorian ist sehr verschlossen, wirkt gereift, sehr ernst. Er hat bisher die Macht des Dreimalgrößten nicht einsetzen müssen, auch nicht den Ys-Spiegel.

Achtung: Wollen wir gleich klarstellen, daß Dorian durch seine Berufung keine übernatürlichen Fähigkeiten gewonnen hat. Ihm steht nur das Wissen und der Erfahrungsschatz des Trismegistos zur Verfügung. Nur wenn er der Meinung ist, in großem Stil gegen die Dämonen vorgehen zu müssen, dann bedient er sich der Macht. Er kann aber nichts mit bloßer Geisteskraft erreichen, sondern muß magische Hilfsmittel zur Unterstützung nehmen.

Luguri hat weiter an seinem Image als der Böseste, Teuflischste gearbeitet. Dorian mußte Unga zweimal losschicken, um Luguri einen Dämpfer zu versetzen. Er selbst hat nie - und konnte es auch nicht, wegen der Sperrfrist - eingegriffen.
Luguri hat sich aber noch nicht zum Fürsten der Finsternis aus­rufen lassen. Zuerst will er die Dämonen in seinem Sinne erziehen und somit erreichen, daß die "Schwarze Familie" nicht nur eine leere Phrase ist.

Dorian hat sich verbeten, daß Unga und Chapman über seine Freunde sprechen. Dorian will nichts von ihnen hören - etwa, weil er be­fürchtet, Sehnsucht nach ihnen zu kriegen. Seine Sehnsucht nach Coco plagt ihn genug.
Wie wir ersehen, hat Dorian doch eine etwas günstigere Position als sein Vorgänger; ganz so einsam ist er nicht. Er hat immerhin Chapman, Dula und Unga zur Verfügung.
Dorian hat in Trismegistos 36.225 Büchern geblättert (worunter man sich aber nicht ebensoviele Schwarten vorstellen darf), fand aber nirgends Notizen über die Herkunft des Ys-Spiegels. Er weiß nicht einmal, welchen Namen er hat. H.T. hat den Spiegel jedenfalls nicht erschaffen - er brachte sich auf unbekannte Weise in seinen Besitz.
Jedenfalls ist klar, daß der "Stein der Weisen" nicht ein einzelnes Objekt ist (und wenn doch, dann könnte es sich dabei noch am ehesten um den Ys-Spiegel handeln), sondern daß damit tatsächlich H.T.s gesammeltes Wissen gemeint ist, das immerhin einen großen Machtfaktor darstellt. Und das Vorhandensein dieses Faktors allein genügt, um die Dämonen zur Zurückhaltung zu zwingen.
Damit haben wir eine Situation geschaffen, in der Luguri und seine dämonischen Bastarde in den Hintergrund gedrängt sind.
Unga schweigt sich nach wie vor über die Zeit nach Ys aus, gibt aber zu, daß er eine "Weile" mit Hermon gereist sei. Aber er sagt klipp und klar, daß er nichts darüber gewußt hat, daß H.T. auf Island sein Lebenswerk errichtete. Wir halten uns somit für später die Möglichkeit offen, Unga für Vergangenheitsepisoden heranzuziehen. In der Gegenwart ist er Dorians wackerer Kämpfer und treuer Diener.
Unga trägt jetzt einen "Kommandostab" (Exposé 87) bei sich, mit dem man allerhand magische Tricks vollziehen kann (bei Bedarf mehr darüber). Dorian hat ihn ihn ausgehändigt, damit Unga nicht schutzlos ist.
Diese Daten sollen einleitend in die Handlung gebracht werden.

Handlung:
Wir erinnern uns daran, daß Coco den DK verhext hat. Sie wollte sich die Möglichkeit offenhalten, ihn zu sich zu rufen, wenn er nicht selbst kommt. Und schließlich hat sie durch das Hexenmal sein Double entlarvt.
Nun ist es ihr zu bunt geworden. Sie will nicht länger warten. Sie möchte eine Aussprache mit Dorian. Deshalb macht sie eine Art Liebeszauber. Wo immer in der Welt Dorian auch ist - er muß ihrem Ruf folgen, ohne zu wissen, wer ihn mit was für einem Bann belegt hat, oder überhaupt.
Dorian weiß also nicht, daß Coco ihn ruft, als er den unstillbaren Drang verspürt, an ein bestimmtes Ziel zu reisen. Falls er Unga davon informiert, so schöpft der Cro-Magnon keinen Verdacht, weil er der Meinung sein kann, eine Alarmschaltung H.T.s habe Dorians Dämonenkillerinstinkte geweckt.
Dorian nimmt auf jeden Fall den Ys-Spiegel mit. Er ist ihm Schutz und Waffe zugleich.
Dorian macht eine entsprechende Beschwörung - und gelangt so an sein Ziel. Das geht aber nicht von einer Sekunde zur anderen, wie etwa bei einem Materietransmitter der SF. Viel mehr glaubt Dorian durch die Ewigkeit zu schweben, dann wieder ins Nichts zu stürzen, schwerelos und bleischwer zugleich zu sein etc. Und dabei glaubt er das Raunen aus fremden Räumen und Zeiten zu hören. Es wispert, Bildfragmente explodieren vor seinem geistigen Auge - er kann aber die Geräusche und Bilder nicht fassen.
Und dann ist er an seinem Ziel.
In Japan.

Der (dreimalgrößte) Dämonenkiller hat seltsame Empfindungen. Seltsam in dem Sinne, daß er gar nicht an Gefahr denkt, obwohl er bald in den Strudel seltsamer Ereignisse gerät. Irgendwie hat er das Gefühl, daß ihm hier persönliches Glück widerfahren wird.
Und die japanische Mentalität ist ihm nicht fremd, obwohl er noch nie hier war - als Dorian Hunter nicht über Hongkong hinausgekommen ist.
Er findet sich in der Nähe eines jahrhundertealten Palastes wieder. Die Häuser und der Garten sind gepflegt.
Und tatsächlich kommt bald jemand. Es ist Hideyoshi Hojo, der "Practicus" aus Castillo Basajaun.

Achtung: Der DK hat ja keinen Schnurrbart mehr, und er hat auch sein Aussehen etwas verändert. Außerdem verändert der Ys-Spiegel seine Ausstrahlung. Er ist also weder optisch noch magisch als DK zu erkennen.

Auch Yoshi erkennt ihn nicht, scheint ihn (der Fremde, der gekommen ist), aber erwartet zuhaben. Dorian zeigt seine Überraschung darüber, daß er den Freund hier trifft, nicht.
Während des Gespräches gibt Hideyoshi Hojo zu verstehen, daß sein Name zum einen Teil von einem uralten Herrschergeschlecht (Hojo) abgeleitet ist, zum anderen von dem genialsten japanischen Feldherrn Hideyoshi Toyotomi (1535-98).
Welche Rolle spielt Yoshi? muß sich Dorian fragen.
Dorian wird in den Palast geführt, wo ein Kabuki gespielt werden soll. Und Yoshi sagt, daß dies am Originalschauplatz abrollen wird. Also ist dieser alte Palast ein "Originalschauplatz".
Von welchen Geschehnissen?
Dorian erfährt es bald.

Zum besseren Verständnis: Kabuki ist eine außerordentlich farbige und melodramatische Theaterform. Selbst Frauenrollen werden nur von Männern gespielt.

Auf der Bühne rollt das Geschehen bizarr, mit viel Pomp, Schönheit und Luxus ab. Indem Männer als Frauen geschminkt sind, wird ein ganz besonderer Entfremdungseffekt erzielt, der typisch für das Kabuki ist.
Die Handlung, die vor Dorian abrollt - und ihm von Yoshi erklärt wird:
Zur Zeit von Ieyasu Tokugawa (bis 1616) lebte bei dem Herrn dieses Palastes ein junger Mann, der als Findelkind aufgenommen wurde und von der Familie wie ein eigenes Kind großgezogen und zum Samurai ausgebildet wurde. Der Hausherr, Hatakeyama Yoshimune, hat auch einen leiblichen Sohn, genannt Hoichi, der mit dem Findel­kind Tomotada wie zu einem Bruder stand.
Doch eines Tages stahl Tomotada das Familienschwert namens Tomokirimaru und flüchtete damit. Hoichi ließ sich das Haar wie ein Mönch schneiden und schwor, nicht eher zurückzukommen, als bis er das Schwert, ein kostbares Erbstück und in vielen Schlachten berühmt geworden, an sich gebracht und den Dieb damit geköpft habe.
Das Kabuki handelt hauptsächlich von Hoichis Abenteuern und Liebschaften auf der Suche nach Tomokirimaru.
Yoshi erläutert dazu, warum manche Samuraischwerter so wertvoll seien und mit welcher Mühe sie hergestellt wurden. Und das Tomokiri­maru in dem Kabuki sei sozusagen das "Schwert der Schwerter".
Am seltsamsten an dem Stück ist jedoch, daß die Handlung vom Ende zum Anfang abrollt: also damit beginnt, wie Hoichi bereits seit Jahren das Schwert sucht, und mit seiner Jugend und Geburt en­det... oder, was noch ungewöhnlicher ist, die Handlung rollt überhaupt nicht chronologisch ab.
Dorian hat das Gefühl, als hätte er dieses Stück schon einmal gesehen - oder gar erlebt!
Und dann ist ihm, als erlebe er selbst die Vergangenheit.

Japan, 1605.
Hoichi kommt auf seiner Suche nach dem Tomokirimaru (er sucht das Schwert und in zweiter Linie den Dieb) zu einer armen Bauernfamilie, die eine wunderhübsche Tochter, Tomoe, hat.
Die Leutchen empfangen den Kriegermönch freundlich, doch er merkt, daß sie vor etwas furchtbare Angst haben. Er bedrängt sie nicht, doch schließlich erzählen sie ihm von selbst, daß der Schwarze Samurai die Gegend unsicher mache. Und er sei im Auftrag seines dämonischen Herrn auf der Suche nach Bräuten für diesen. Nun fürchte man um Tomoe.
Hoichi hat schon viel über den Schwarzen Samurai gehört, der eine Eisenmaske mit einer daraufgemalten roten Fratze trägt, dessen Gesicht noch niemand gesehen hatte. Deshalb munkelt man auch, er sei der Sohn einer Mujina  (Exposé 99). Hoichi beruhigt die Leute, sagt, solange er hier sei, brauchen sie sich nicht zu fürchten.
Die Leute haben aber in ihrer Angst schon einen Pakt mit Kobolden geschlossen, die sie vor dem teuflischen Samurai beschützen sollen. Und zwar handelt es sich um Rokuro-Kubi.
Das sind Dämonen, die des Nachts ihre Köpfe auf Reisen schicken, um alles mögliche Getier und Menschen zu fressen. Es heißt, wenn man den kopflosen Körper eines Rokuro-Kubi an einen anderen Platz bringt, dann könne der Kopf den Körper nicht mehr wiederfinden - und müsse sterben.
Der alte Bauer beruhigt Hoichi, sagt, daß ihm die Rokuro-Kubi solange nichts anhaben können, solange er die Sutras für ihr Seelenheil murmelt.
Hoichi lernt diese sechs Dämonen am Tag kennen, da sind sie zuvorkommend und höflich - wie alle Japaner. In einiger Entfernung entdeckt er ein buddhistisches Großgrab und vermutet, daß in der Nacht dort die kopflosen Körper der Dämonen ruhen.
Der alte Bauer berichtet ganz aufgeregt, daß der schwarze Samurai in der Nähe gesehen worden sei. Der Nachbar zittert um seine jungfräuliche Tochter.
Da macht sich Hoichi dorthin auf den Weg. Und er wird Zeuge folgender Begebenheit: Der Samurai mit der Maske kommt hoch zu Roß, läßt sich von den armen Leuten bewirten. Und dann macht er der niedlichen Tochter des Hauses ein Geschenk: Einen wunderbaren Schmetterling. Japaner verehren Schmetterlinge. Doch dieser setzt sich auf das Gesicht des Mädchens - und beißt sie, daß sie auf der Stirn ein Mal bekommt. Damit ist sie in der Gewalt des Samurais, der ihr befiehlt, sich auf den Weg zu seinem Herrn zu machen.
Hoichi hat genug gesehen, kehrt zu seinen Gastgebern zurück. Er rät ihnen, Tomoe auf alt zu trimmen und ihr Gesicht mit einem Mittel einzuschmieren, das tödlich auf Schmetterlinge wirkt. Die Leute gehorchen, ohne zu verstehen.
Und dann taucht der Schwarze Samurai auf. Hoichi hat sich versteckt. Die armen Leute bieten dem imposanten Samurai ihre Gastfreundschaft an. Dieser will sich mit einem Schmetterling revanchieren. Doch als sich der Falter auf das Gesicht Tomoes setzt, geht er ein. Da wird der Samurai wütend, will alle niedermachen.
Doch in diesem Augenblick gibt sich Hoichi zu erkennen. Er hat bei dem Samurai das Schwert seiner Familie erkannt. Und nun weiß er auch, daß der Samurai niemand anderer als Tomotada ist.
Tomotada lacht seinen Ziehbruder aus und will auch ihn töten. Doch da kommen die Köpfe der Rokuro-Kubi, die dem Hausherrn gehorchen müssen. Und Hoichi wird Zeuge eines fesselnden Kampfes Samurai gegen fliegende Köpfe. Einer der Köpfe verbeißt sich im linken Ärmel des Samurai und kommt nie mehr wieder los (Titelbildszene!).
Tomotada spaltet mit dem gestohlenen Tomokirimaru vier Köpfe, bevor er flieht. Der letzte Kopf will zu seinem Körper zurück­kehren, doch Hoichi hat diesen versteckt. Der Kopf stirbt. Die Familie ist gerettet. Zum Dank bekommt Hoichi Tomoe.

Gegenwart:
Dorian fragt sich sofort, ob er in seinem fünften Leben etwa Hoichi war. Aber warum hat er die Erinnerung an dieses Leben ver­gessen? Yoshi kann und will ihm keine Auskunft geben, deutet nur an, daß Vergangenheit und Gegenwart eng miteinander verknüpft sind.
Yoshi führt Dorian (hat ihn immer noch nicht als DK erkannt) durch düstere Gänge und Räume des Palastes, lädt ihn zwischendurch zum Tee ein. Dabei merkt Dorian jedoch, daß ihm der Japaner irgendein Mittel eingibt. Obwohl es bei Dorian nicht wirkt, stellt er sich schlafend und merkt, wie Yoshi ihm über des Brust das Gewand öffnet und ausruft: "Da ist das Mal!"
Als Dorian scheinbar wieder zu sich kommt, tut Yoshi, als sei nichts gewesen. Welches Mal hat der Japaner an ihm entdeckt?

(Autoreninformation: Cocos Hexenmal. Deshalb weiß aber Yoshi immer noch nicht, daß er es mit dem DK zu tun hat!)

Nun führt der Japaner Dorian weiter, während auf der großen Bühne das Kabuki abrollt. Atmosphäre herrscht wie bei einer Beschwö­rung von Dämonen, jedoch fernöstlich abgewandelt.
Dorian kommt zu einer Art Mumie. Und er erkennt den Samurai mit der Maske aus der Vergangenheit. Als Dorian die Maske abnehmen will, warnt ihn Yoshi.
Sie müssen flüchten, weil sich Schritte nähern. Die Schauspieler holen die Mumie ab, um den leblosen Körper in ihr Spiel einzubezie­hen.
Die folgende Szene bringt Dorian die Vergangenheit hautnah in Erinnerung.

Vergangenheit, 1603:
Nun kommt es zu jenen Geschehnissen, die schon kurz angedeutet wurden. Tomotada genießt im Palast von Hatakeyama Yoshimune alle Rechte eines Sohnes. Seine Ausbildung zum Samurai macht gute Fort­schritte. Er beherrscht die Fechtkunst, den Zickzack-Stil, Size in der verwobenen, der kreuzweisen, der umgekehrten Libellen-, der Mühlrad-der Acht-Seiten-auf-einmal-Fechtweise besser als Hoichi.
Und dann kommt der Tag, an dem beide ihre Künste an zwei zum Tode Verurteilten zeigen dürfen. Das war in jenen Tagen in Japan so üblich. Sie unterhalten sich mit den Verurteilten sogar darüber, auf welche Art sie es tun werden.
Hoichi ist zuerst dran. Er will den "shimo-Iatewari", den Spalthieb von unten, versuchen. Doch er versagt, seine Klinge kann den Körper nicht teilen. Tomotada macht es mit dem "kami-tatewari", dem Spalthieb von oben. Und er teilt den Verurteilten mittendurch.
Da erkennt man, daß er mit Hoichi die Schwerter vertauscht hat und das Tomokirimaru an sich genommen hat. Damit will er fliehen. Er hat auch schon das beste Streitroß mit Namen Dojikage bereitgestellt.
Aufruhr im Palast. Als jemand Tomotada aufhalten will, berührt er zufällig dessen Gesicht. Da verschwindet dieses - und der Mann erblickt dort, wo das Gesicht gewesen war, die glatte Fläche eines Eies. Damit ist er verloren, Dunkelheit senkt sich über ihn. Er macht Harakiri, um wenigstens seine Seele zu retten.
Von da an verbreitet es sich wie ein Lauffeuer, daß Tomotada der Sohn einer Mujina ist.
Und in dieser Nacht müssen noch viele Harakiri begehen, die das Familienschwert hätten bewachen müssen und versagten.
Hoichi aber rasiert sich den Schädel und leistet seinen Schwur. Obwohl er erst siebzehn ist.

Gegenwart:
Dorian wird immer deutlicher, daß das Kabuki nur der Vorwand für eine Dämonenbeschwörung ist. Hat Yoshi ihn hergerufen, um das Teufelswerk zu verhindern? Aber Yoshi erkannte ihn nicht. Auch hätte er wohl kaum die Macht, den (dreimalgrößten) Dämonenkiller zu beeinflussen. Oder doch? Was für ein Geheimnis hat dieser kleine Japaner.
Nun erkennt Dorian, daß der Schwarze Samurai zum Leben erweckt wird. Noch einmal hat er eine deutliche Erinnerung. Doch er sieht die

Vergangenheit 1606:
mit den Augen des teuflischen Samurais Tomotada.
Hoichi, der Tomoe mit sich nahm und die das Schwert nun zu handhaben weiß wie ein Mann, ist dem Samurai des Teufels auf der Spur geblieben. Tomotada hat sich mit einer Schar von halsabschneiderischen Samurais, alle durch den Tod ihres Daimyo arbeitslos geworden, umgeben. Es sind ganz finstere Gesellen, die ihr Handwerk und einige üble Tricks beherrschen.
Hoichi und Tomoe wiederum haben sich mit einem Heer von aufrechten Samurais umgeben, die dem Schwarzen Samurai endlich den Garaus machen wollen. Sie haben die Banditen bis zu einer Brücke verfolgt. Doch Tomotadas Samurai haben die Planken der Brücke ent­fernt, damit die Reiter sie nicht verfolgen können. Doch Hoichi und Tomoe reiten auf den Balken der Brücke. Dabei verschießen sie ihre tödlichen Pfeile. Als Hoichis Pferd tödlich getroffen wird, stürmt er mit der naginata, der langen Schwertlanze, weiter, tötet fünf Gegner. Als die naginata am Helm des sechsten bricht, kämpft er mit dem Schwert weiter, tötet weitere sechs.
Auch Tomoe schlägt sich tapfer, tötet acht Gegner, bevor der Schwarze Samurai sie durch einen Trick in seine Gewalt bringt: Er läßt einen Schmetterling auf sie los, so wird sie seine Sklavin.
Da fordert Hoichi den Samurai mit der Maske zum Zweikampf. Dieser nimmt an. Es ist ein ungleicher Kampf, weil das Tomokirimaru des Masken-Samurai allen anderen Schwertern überlegen ist. Doch Hoichi kämpft verbissen weiter. Als er das Ende nahen sieht, reißt er Tomotada die Maske vom Gesicht. Darunter ist nur die glatte Fläche eines Eies. Dafür sieht Hoichi auf der Innenseite der Maske Tomotadas grinsendes Gesicht.
Die Dunkelheit hüllt Hoichi ein. Er weiß, daß auch er sein Gesicht verloren hat, als er in das Nichts-Gesicht des Mujina-­Ablegers blickte. Er bittet Tomotada, ihm wenigstens das Tomokiri­maru fürs Harakiri zu leihen. Der Schwarze Samurai stimmt zu - alle seine Gegner wurden mit demselben Makel geschlagen, als sie in sein Nichts-Gesicht blickten - doch statt des Familienschwertes drückt er Hoichi einen Bambusstab in die Hand. Damit verhilft er ihm zu einem grausamen Tod...
Das schildern wir aber nicht im Detail.

Gegenwart::
Dorian weiß jetzt, daß er in seinem 5. Leben ein Werkzeug der Dämonen war. Wie konnte er zu diesem schrecklichen Samurai werden?
Und was bedeutet es, daß dieser der Körper des Schrecklichen mit magischem Leben erfüllt wird? Heißt das, daß er dieser Samurai des Teufels ist? Das kann er nicht glauben, wahrscheinlich wollen ihm das die Dämonen nur einreden. Andererseits - die Dämonen glauben ja, daß er tot ist.
Jetzt ist der Samurai mit der Maske zum Leben erwacht. Dorian will ihn vernichten. Doch er kann nicht. Die Erinnerung überwältigt ihn, alle Erinnerungen, die er bisher an sein 5. Leben verdrängt hat, stürzen wie ein Gewitter auf ihn nieder. Und erlebt die Szene, wie er zu einem Werkzeug der Dämonen wurde.

Vergangenheit, 1586.
Dies ist die Weiterführung der Schluß-Vergangenheitsszene aus Band 98. Michele da Mosto muß Harakiri begehen. Jetzt erfährt er vom Kokuo, alias Olivaro, warum.
Die Mujina gebiert ihr Kind, Michele, sagt der Dämon mit dem Januskopf. Im gleichen Moment, wenn es geboren wird, mußt du sterben. Dann wird dein Geist mittels Schwarzer Magie in den Körper des Kindes der Mujina schlüpfen. Auf diese Weise machen wir dich zu unserem Sklaven. Als Kind der Mujina wirst du zu einem von uns werden.
Und als die Geburt stattfindet, erlöst Franca Marzi Michele mit einem Schwertstreich von den Qualen (die er sich durch das verzweifelte Harakiri zugefügt hat).
Und Michele da Mostos Geist wechselt in den Körper des Neugeborenen über. Später wird er in das Haus von Hatakeyama Yoshimune aufgenommen, dort alles lernen, was er für den Existenzkampf braucht - und nach Jahr und Tag von seiner Mutter, der Mujina, abgeholt werden.
Um als Samurai mit der Maske Angst und Schrecken unter den Menschen zu verbreiten...
Und das scheint sich in der Gegenwart zu wiederholen.

Gegenwart:
Dorian weigert sich, daran zu glauben, daß er gleichzeitig der Verwalter der Macht des Guten ist und auch das Werkzeug des Bösen sein soll.
Er hat mit dem Schwarzen Samurai nichts geneinsam. Noch erinnert er sich nicht, welches Schicksal er als Tomotada erlitt, bevor er im Jahre 1610 sein 6. Leben bekam. Aber er muß gestorben sein - damals sonst wäre ihm nicht die nächste Inkarnation widerfahren.
Er hat mit diesem teuflischen Geschöpf nicht das geringste zu tun. Olivaro will ihm das nur weismachen.
Dorian ist dennoch am Tiefpunkt angelangt.
Einer der Schauspieler, der an dem Kabuki teilgenommen hat, erregt Dorians Aufmerksamkeit. Wenn das Olivaro ist, wird er ihn - wenn nötig sogar mit dem Ys-Spiegel - töten.
Doch es stellt sich heraus, daß der "Schauspieler" eine Frau ist.
Und zwar Coco.
Sie gesteht ihm, daß sie ihn verhext hat und damals, als sie den Doppelgänger tötete, wegen des fehlenden Hexenmales wußte, daß es nicht Dorian war. Sie wußte, daß er lebte. Doch sie hatte Angst davor, ihn zu sich zu rufen. Erst als sie auf geheimnisvolle Weise von den Vorgängen in Japan erfuhr, da ließ sie ihren Zauber wirken.
Sie hoffte, daß Dorian, nun Besitzer der Macht von H.T., das Teufelswerk verhindern könnte.
Habe sie ihn nur deshalb gerufen?
Sie glaubt, daß er ihr böse sein wird, wenn sie ihm die ganze Wahrheit sagt: Nein, das war nur ein Vorwand, um ihn wiederzusehen. Und da liegen sich die beiden in den Armen.
Dorian ist ihr dankbar dafür, daß sie ihn verhext hat. Auch er war ohne sie einsam. Er möchte sie nicht mehr wissen. Zwar zwingen ihn die Umstände, sein Inkognito zu bewahren... er sieht noch keinen Weg, daß sie beisammenbleiben können. Doch wann immer es geht, will er sich mit ihr treffen. Es soll alles so wie früher werden, noch besser, wenn auch unter anderen Vorzeichen.
Dorian ist sogar bereit, auf alles zu verzichten. Nur nicht auf Coco.
(Wer weiß, vielleicht kann er sogar mit ihr zusammenleben, wenn er ein anderes Aussehen hat, einen anderen Namen annimmt... Dorian Hunter ist tot - es lebe der Dämonenkiller. Das wird vielleicht in diesem Band, was in Klammer steht, nicht mehr ausgesagt)

Zur Einleitung - Zum ersten Teil - Zur Übersicht

Kommentare  

#1 Thomas Mühlbauer 2014-06-11 22:44
Mir persönlich war der Schnitt zu krass und zu viel Material auf zu wenig Seiten gebracht. Der Autor hätte sich bei den Japansachen etwas zurücknehmen können, wie übrigens auch in den kommenden Bänden, wo die Vergangenheitsschilderungen mitunter arg ins Kraut schossen. Und der Gimmicks wie dem Vexierer und dem Kommandostab wurde man bald durch deren massiven Gebrauch überdrüssig. Dies mein schlichtes Fazit...
#2 Andreas Decker 2014-06-16 10:04
Ich bin recht zwiespältig, was den Roman angeht. Die Eastern-Elemente haben mir damals gefallen und lesen sich auch jetzt noch gelungen. Die Wendung mit dem Samurai ist eine nette Pointe. Es stimmt, dass die Japan-Recherche manchmal was dick aufgetragen ist, aber immerhin hat er wohl mal die Nase in ein Buch oder zwei gesteckt und sich nicht nur im Bahnhofskino Das Schwert des Gelben Tigers und Lady Snowblood angesehen, wie es die meisten seiner Kollegen getan haben. Was gerade im Horrorheft da manchmal für ein Unsinn zusammengeschrieben wurde, wenn es um Asien ging ...

Interessant hinsichtlich der Selbstzensurdebatte ist auch, dass er sich zwar quasi selbst ermahnt, nicht zu deutlich in seinen Schilderungen zu werden, aber kein Problem damit hat, im Roman lange und breit zu schildern, wie die "Helden" Hoichi und Tomotada ihre schönen Schwertern an Gefangenen testen, wie es halt üblich war, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. :lol:

Aber das ganze Zeugs mit Richard Steiner, das im Expo interessanterweise noch nicht steht, ist schon im ersten Band ziemlich blöd. Vor allem sein Clark Kent/Supermann-Getue ist nervig. Der linkische schlotternde Theologiestudent, der Coco küsst. Ugh.

Über die fehlgeleitete Aufrüstung habe ich mich ja schon genug ausgelassen :D , da hat sich Vlcek ganz einfach verrannt. Das zeigt der Roman deutlich. Er funktioniert, weil er sich auf eine überschaubare Bühne konzentriert. Im Nebensatz zu schildern, dass Unga "mal eben" verhindert hat, das Luguri einen afrikanischen Kleinstaat und eine deutsche Kleinstadt übernimmt, ist nur dämlich und ein Atmosphärekiller. Das ist alles so wenig durchdacht.

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