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Transen in Berlin - »Stadt der verlorenen Seelen«

Stadt der verlorenen SeelenTransen in Berlin
»Stadt der verlorenen Seelen«

Viele Jahre hatte Rosa von Praunheim, einer der Vorkämpfer der deutschen Homosexuellen-Bewegung, in New York gelebt und in seinen Filmen auch die dortige Undergroundszene dokumentiert. Anfang der 1980er Jahre war er nach Berlin zurückgekehrt, wo mit „Stadt der verlorenen Seelen“ dann ein Film von ihm entstand, der sich nun mit amerikanischen Immigranten in der geteilten deutschen Stadt beschäftigte.

Stadt der verlorenen SeelenBerlin war in dieser Zeit bereits zu einer Metropole für Künstler, Musiker und Paradiesvögel geworden und machte dahingehend New York starke Konkurrenz. David Bowie hatte in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre in Berlin gelebt und diese Zeit in seiner legendären Berlin-Trilogie verarbeitet. Auch Iggy Pop, Brian Eno, Lou Reed und Romy Haag entdeckten in jener Zeit ihre Liebe zu der schicksalsschwangeren deutschen Stadt. Rosa von Praunheim nutzte seine Rückkehr in seine Wahlheimat, um die dortige Subkultur ausländischer Transvestiten und Transsexueller in Berlin spielerisch einzufangen. Seine Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm erhielt den Titel „Stadt der verlorenen Seelen“ (respektive „City of Lost Souls“), ist aber auch unter dem Titel „Berlin Blues“ bekannt. Nun ist das Werk aus dem Jahr 1983 erstmals als Einzel-DVD erhältlich, die in der Veröffentlichung bei Missingfilms zusätzlich eine Soundtrack-CD enthält.

Stadt der verlorenen SeelenAngie Stardust (spielt sich selbst) betreibt in Berlin das Burger-Restaurant „Hamburger Königin“. Zu ihren Angestellten und Untermietern im angrenzenden Gebäude gehören die Transsexuelle Lila (Jayne County), die gerne ein Star werden möchte, der freizügige Tänzer Gary (Gary Miller), der sich den dunklen Künsten verschrieben hat, der Transvestit Tara O’Hara (spielt sich selbst) und das Artisten-Duo Judith (Judith Flex) und Tron von Hollywood (spielt sich selbst). Rosa von Praunheim taucht in seinem Film ins kunterbunte Leben der Paradiesvögel ein, durchbricht die bewusst laienhaft dargebotenen Spielszenen immer wieder mit musicalhaften Einlagen, in denen die Hauptdarstellerinnen ihr Gesangstalent demonstrieren, sowie mit dokumentarisch anmutenden Szenen, in denen die Protagonistinnen aus ihrem Leben erzählen, was mit Fotoaufnahmen illustriert wird.

Stadt der verlorenen SeelenDas Ergebnis ist ein spannendes Zeitdokument aus dem wilden Berlin der Prä-AIDS-Ära, in dem so mancher Dilettantismus munter zur Schau gestellt wird. Rosa von Praunheim gibt darüber hinaus Einblicke in die Clubszene jener Zeit, und hat vor seiner Kamera wieder einmal eine spannende Melange der unterschiedlichsten und interessantesten Typen versammelt. Am stärksten ist der Film in den Musikeinlagen und in den Einblicken in das (echte) Leben der Darsteller, wohingegen man den laienhaften Charme der Spielszenen mögen muss, um damit etwas anfangen zu können. Für Fans jedenfalls eine kurzweilige und abwechslungsreiche Ausgrabung. Der Film liegt auf der DVD im Vollbildformat (1,34:1) vor, bei dem das Bild recht blasse Farben aufweist. Der zweisprachig in Deutsch und Englisch gedrehte Film enthält fest eingeblendete deutsche Untertitel, englische Untertitel kann man für die deutschen Passagen optional zuschalten. Als Extras gibt es die bereits erwähnte zusätzliche Soundtrack-CD (acht Titel, Gesamtspieldauer: ca. 34 Minuten), den Kurzdokumentarfilm „Homosexuelle in New York“ (aus dem Jahr 1971, 5 Minuten), eine kleine animierte Fotogalerie, einen Pressespiegel und das Programmheft zum „Filmball der verlorenen Seelen“ (die beiden letzteren auch wahlweise als PDF-Dateien im DVD-ROM-Teil).

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