Kanadische Passionsspiele - »Jesus von Montreal«
Kanadische Passionsspiele
»Jesus von Montreal«
Bereits für „Der Untergang des amerikanischen Imperiums“ erhielt Arcand eine Oscar-Nominierung in dieser Kategorie, etliche weitere Auszeichnungen auf internationalen Festivals, so auch in Cannes, beflügelten damals seine weltweite Reputation. Sein darauffolgender Film „Jesus von Montreal“ beschäftigt sich im Gegensatz zu seiner „Amerika“-Trilogie nicht mit den verhassten Nachbarn in den USA, sondern nahm sich der Themenkomplexe Religion und Werbeindustrie an. Auf den ersten Blick zwei Bereiche, die herzlich wenig miteinander zu tun haben, aber Denys Arcand ist es mit einem gewohnt komplexen und vielschichtigen Drehbuch gelungen, diese doch auf originelle Weise miteinander in Verbindung zu bringen und erneut eine Geschichte zu erzählen, die intelligent einige Absurditäten unserer heutigen Gesellschaft analysiert und mit einer Mischung aus Humor und Nachdenklichkeit für die Zuschauer aufbereitet.
Daniel Coulombe (Lothaire Bluteau) ist ein gefeierter Star der alternativen Theaterszene im kanadischen Montreal. Von Pater Raymond Leclerc (Gilles Pelletier) erhält er den Auftrag, die Passionsgeschichte von Jesus Christus auf dem Kirchengelände der Kathedrale der Stadt in modernisierter Form aufzuführen. Daniel übernimmt selbst neben der Inszenierung auch die Hauptrolle. Seine weiteren Darsteller findet er an den unterschiedlichsten Orten: Martin (Rémy Girard) verdient sich seine Brötchen als Synchronsprecher für Pornostreifen, Mireille (Catherine Wilkening) modelt für die Werbeindustrie, Constance (Johanne-Marie Tremblay) hat als einzige bereits in früheren Passionsspielen für Pater Leclerc mitgewirkt – und teilt das Bett mit ihm. Die Gruppe wird von René (Robert Lepage) komplettiert, der darauf besteht, in seiner Rolle auch den „Hamlet“-Monolog aufsagen zu dürfen. Beim Publikum kommt Daniels Inszenierung hervorragend an, doch bei Pater Leclerc schrillen die Alarmglocken, denn diese zeitgenössische Adaption ist durchaus religionskritisch und erregt das Missfallen der Diözese.
Man braucht ein wenig, bis man mit Denys Arcands Inszenierung warm geworden ist. Doch spätestens mit der eigentlichen Aufführung der Passionsspiele gelingt es dem Regisseur dann, sein Publikum in seinen Bann zu schlagen. Wer sich ein wenig mit der biblischen Geschichte auskennt, wird schnell Parallelen zwischen dort und den Charakteren hier ausmachen können, denn Protagonist Daniel spielt nicht nur Christus, sondern wird mehr und mehr selbst in die Rolle des Heilands gedrängt. Diese zahlreichen religiösen Anspielungen geben zusammen mit der scharfen Kritik an der Medienbranche und insbesondere an der Werbeindustrie ein spannendes Genregemisch, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Eine lohnenswerte Reflexion mit tollen Darstellern. Die Kauf-DVD-Erstveröffentlichung in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ beruht auf der kanadischen Neuabtastung des Films aus dem Jahr 2012 und bietet deswegen ein exzellentes, detailreiches und schmutzfreies Bild (im Widescreen-Format 1,85:1). Auch der Ton (Deutsch und Französisch in Dolby Digital 2.0 Stereo) ist gut verständlich und nicht zu beanstanden. Als einziges Extra hat man das deutsche Presseheft zum Film als PDF-Datei mit aufgespielt. Darin finden sich u.a. auch Angaben zur deutschen Synchronfassung, ein Interview mit Denys Arcand und Informationen über die Besetzung und den Stab.