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... ANDREAS BEHM über Killer, Kommissare und Lippennäher

Andreas Behm... Andreas Behm ...
... über Killer, Kommissare und Lippennäher

Mit "DIE MORAL EINES KILLERS" erschien endlich mal wieder ein Kriminalroman, der sich nicht mit Psychopathen oder Serienkillern beschäftigt. Der Autor Andreas Behm meinte dazu: "Mich reizte die Figur eines Profikillers. Die meisten Morde haben einen emotionalen Hintergrund: Eifersucht, Hass, Rachegelüste oder Habgier. Der Profikiller ist ein Mensch, der keine emotionale Beziehung zu seinen Opfern hat und von den Tötungsphantasien anderer profitiert.


Zauberspiegel:
Herr Behm,  können Sie den Lesern des Zauberspiegels kurz etwas über Ihre Person verraten? Wann und wo wurden Sie geboren, was machen Sie beruflich etc.?
Andreas Behm: Geboren 1957, wuchs ich in Ahrensburg und Hamburg auf. Nach dem Abitur 1977 studierte ich Philosophie und Germanistik an der Uni Hamburg. Unter anderem aus finanziellen Gründen blieb das Studium unvollendet. Danach sammelte ich als Taxiunternehmer, Versicherungsvertreter und Autoverkäufer Lebenserfahrung. Ab 1988 war ich im Einzelhandel tätig und holte den Abschluss zum Einzelhandelskaufmann an der Abendschule nach. Von 1998 bis 2008 betrieb ich ein Handelsgeschäft für Modelleisenbahnen. Seitdem widme ich mich dem Backoffice (Haushalt), unserem Hund und dem Schreiben.

Zauberspiegel: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Andreas Behm: Ein kluger Kopf, dessen Name mir leider entfallen ist, hat mal sinngemäß gesagt: Das lernte ich in der Schule. Die ernsthafte Antwort: Ich habe bereits als Jugendlicher viel gelesen (Jerry Cotton, Horatio Hornblower und natürlich die Disney-Taschenbücher).
Die ersten eigenen Werke waren etwa 200 Gedichte voller Herz- und Weltschmerz und diverse Kurzgeschichten und philosophische Essays. Als ich 1986 meine spätere Ehefrau kennenlernte, war es mit dem Weltschmerz vorbei und es trat eine längere Schreibpause ein. Im Hinterkopf spukte jedoch immer der Gedanke, irgendwann einmal einen Roman zu schreiben. 

Zauberspiegel: Hatten Sie Vorbilder aus Ihrer Kinder- oder Jugendzeit an denen Sie sich beim Schreiben Ihrer Romane orientieren?
Andreas Behm: Nein. Ich denke, jeder muss seinen eigenen Stil finden. Trotzdem wird es im Unterbewusstsein Einflüsse geben.

Die Moral eines KillersZauberspiegel: Mit „DIE MORAL EINES KILLERS“ gaben Sie – meines Wissens – Ihr Debüt als Schriftsteller. Wie sind Sie auf die Idee zu Ihrem Roman gekommen?
Andreas Behm: Mich reizte die Figur eines Profikillers. Die meisten Morde haben einen emotionalen Hintergrund: Eifersucht, Hass, Rachegelüste oder Habgier. Der Profikiller ist ein Mensch, der keine emotionale Beziehung zu seinen Opfern hat und von den Tötungsphantasien anderer profitiert.

Zauberspiegel: Können Sie den Lesern kurz etwas zum Inhalt des Romans verraten?
Andreas Behm: Gern. Der alternde Kommissar Harald Hansen, seit mehr als dreißig Jahren bei der Hamburger Mordkommission, hat ein großes Ziel. Er will den russischen Mafiaboss Alexander Ryschkow zur Strecke bringen, der mit seiner Organisation zunehmend an Einfluss gewinnt und die Hamburger Behörden korrumpiert. Da Hansen den eigenen Kollegen und der Justiz in der Hansestadt misstraut, sucht er sich außergewöhnliche Hilfe – bei einem professionellen Killer, der gerade seinen Ruhestand vorbereitet. 

Zauberspiegel: Mir gefiel „Die Moral eines Killers“ gerade deshalb so gut, weil sich der Roman  glücklicherweise nicht mit Psychopathen, Serienkillern  etc. beschäftigte, sondern einen Kommissar präsentiert, der gegen die russische Mafia in Deutschland kämpft. War das von Anfang so geplant?
Andreas Behm: Ja, denn durch die Figur des Killers lag der Gedanke nahe, eine kriminelle Organisation als Auftraggeber und/oder Gegenspieler zu schaffen. 

Zauberspiegel: Warum wird – Ihrer Meinung nach – von vielen Politikern und sogar von einigen Landesregierungen vehement bestritten, dass es das organisierte Verbrechen, insbesondere die Mafia, in Deutschland überhaupt gibt, obwohl die Beweise direkt vor ihrer Nase liegen?
Andreas Behm: Da es in jedem Landeskriminalamt eine Abteilung „Organisierte Kriminalität“ gibt, kann die Existenz derselben nicht bestritten werden. Der Begriff Mafia umfasst aber zusätzlich die Einflussnahme der Organisation auf Politik und Gesellschaft. Da gibt es qualitative Unterschiede zwischen Deutschland und Ländern wie Italien oder Russland.
Die Einflussnahme auf lokaler Ebene wird aber oft verharmlost, weil sie in einem unverdächtigen Gewand daherkommt und viele im Umfeld davon profitieren. Warum sollte ein Lokalpolitiker den scheinbaren Wohltäter seiner Gemeinde an den Pranger stellen? Ein bisschen gemauschelt wird doch überall. Ein Tipp zum Thema findet man hier.
So fängt es an!

Zauberspiegel: Hauptkommissar Harald Hansen ist ja glücklicherweise nicht ein 08/15-Held, sondern ein Mann mit Ecken und Kanten, der meistens schlechtgelaunt ist. Wie würden sie den Charakter des Kommissars beschreiben? Warum tut er das, was er tut?
Andreas Behm: Hansen ist ein anachronistischer Mensch. Er twittert und simst nicht, Facebook ist für ihn ein Buch mit sieben Siegeln. Er nutzt zwar die Erkenntnisse der modernen Kriminaltechnik, aber er lernte seinen Beruf in einer Zeit ohne DNA-Analyse und Rasterelektronenmikroskope. Deshalb verlässt er sich in kniffligen Situationen lieber auf seinen Instinkt. Seine Antriebsfeder ist der Hunger nach einer Gerechtigkeit, die nicht immer kompatibel zu Recht und Gesetz ist. Im Laufe der Geschichten lernt er dazu, das zeigt sich im zweiten Band. Er wird umgänglicher und teamfähiger, und er geht sogar eine feste Beziehung ein. 

Zauberspiegel: Hat Hansen literarische oder filmische ‚Vorlagen‘?
Andreas Behm: Es gibt eine ferne Verwandtschaft mit skandinavischen Kommissaren. Und er erinnert mich an Ernst Happel, den österreichischen HSV-Trainer der glorreichen achtziger Jahre, Spitzname „Der Grantler“.

Zauberspiegel: Eine noch interessantere Figur der Romans ist der Profikiller Paul Hartfeld, der trotz seines Berufes einen Ehrenkodex besitzt und der ein unfreiwilliges Bündnis mit Harald Hansen eingeht. Hartfeld wird ja von Hansen erpresst. Aber das scheint nicht unbedingt  der ausschlaggebende Aspekt für den Profikiller gewesen zu sein.
Ist der ausschlaggebende Punkt nicht eher, weil Hartfeld eine starke Antipathie gegen den Mafiapaten Ryschkow hegt und er zudem seinen Beruf an den Nagel hängen und mit seiner Freundin nach Schweden ziehen will?

Andreas Behm: Das ist richtig, die Erpressung durch Hansen hätte allein nicht funktioniert. Der sehnliche Wunsch nach einem normalen Leben und ein eher unbewusstes Streben nach Wiedergutmachung kommen hinzu. Dass Hartfeld den Mafiapaten nicht leiden kann, macht seine Entscheidung leichter.

Zauberspiegel: Der Kommissar und der Profikiller sind sich, wenn man die beiden Figuren betrachtet, gar nicht mal so unähnlich. Beide verfolgen ihre Ziele ohne auf die Konsequenzen zu achten. Beide könnten getötet werden und Hansen könnte seinen Job verlieren, was auch beinahe passiert. Warum verfolgen die beiden ihre Ziele trotzdem so konsequent ohne unbedingt auf die Folgen zu denken?
Andreas Behm: Wie Sie schon feststellten: Die beiden sind einander ähnlich. Bei dem Killer kommt hinzu, dass er im Grunde nichts mehr zu verlieren hat. Wenn er Hansens Auftrag nicht erfolgreich zu Ende bringt, ist er endgültig erledigt. Und Hansen hat zu der Zeit nur seinen Job als Lebensinhalt, etwas anderes zählt für ihn nicht.

Zauberspiegel: Kommen wir noch kurz auf Thomas Bernstein, dem neuen Kollegen zu sprechen, der Hansen von seinem Vorgesetzten einfach vor die Nase gesetzt wird. Doch beide raufen sich zusammen, weil sie im Grunde als Polizisten beide dasselbe Ziel verfolgen. Ist Bernstein eine jüngere Ausgabe von Hansen?
Andreas Behm: Nein, Bernstein ist ein umgänglicher Mensch, der gerne mit den Kollegen zusammenarbeitet und Wert auf ein korrektes Vorgehen legt. Leider gerät er durch Hansen immer wieder in verfängliche Situationen.
Wenn jemand die Nachfolge von Hansen antreten könnte, dann ist es die im zweiten Band ins Team kommende junge Kommissarin Vera Becker. Sie ist selbstbewusst, eigensinnig und stur.

Der LippennäherZauberspiegel: Im Acabus Verlag ist neben „Die Moral eines Killers“ mit „DER LIPPENNÄHER“ bereits der zweite Roman mit dem Hauptkommissar Hansen erschienen. Worum geht es in diesem Kriminalroman?
Andreas Behm: Nun werden Sie hoffentlich nicht enttäuscht sein. Es geht um einen Serienmörder, der so schnell mordet, dass die Polizei mit den Ermittlungen kaum hinterherkommt. In der ersten Hälfte ist der Roman eher ein typischer Krimi mit viel Ermittlungsarbeit. In der zweiten Hälfte nimmt die Geschichte eine Wendung und es zeigt sich, dass der Mörder kein durchgeknallter Psychopath ist, sondern ein klares Ziel verfolgt.

Zauberspiegel: Spielt auch Kommissar Thomas Bernstein wieder mit?
Andreas Behm: Ja, und viele weitere Figuren aus dem ersten Band tauchen wieder auf. Als Neuzugang kommt die bereits erwähnte Kommissarin Vera Becker in Hansens Team.

Zauberspiegel: Sind weitere Romane mit Harald Hansen geplant? Können Sie den Lesern des Zauberspiegels dazu schon etwas verraten?
Andreas Behm: Der dritte Teil ist in Arbeit und soll im Herbst 2012 erscheinen. So viel kann ich verraten: Es geht um interessante Aspekte der deutsch-deutschen Geschichte.

Zauberspiegel: Welche weiteren Romane können die Krimi-Fans neben den Hansen-Romanen in naher Zukunft noch von Ihnen noch erwarten?
Andreas Behm: Nach dem dritten Teil sollte die Hansen-Reihe eigentlich enden, da er in Pension geht. Möglich, dass er als eine Art externer Berater doch weitermacht. Nebenbei arbeite ich an einem Buch mit skurrilen und kriminellen Kurzgeschichten.

zauberspiegel: Herr Behm, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Kommentare  

#1 McEL 2011-11-16 22:46
Klingt nach sehr spannenden Plots und interessanten Figuren! :-)

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