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... Karl-Ulrich Burgdorf über »Der Hexer«, »Abattoir« und den »Frevel des Waka-teh«

Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich Burgdorf... Karl-Ulrich Burgdorf ...
... über »Der Hexer«, »Abattoir« und den »Frevel des Waka-teh«

In der Lesereise durfte ich mit »Abattoir« und »Der Frevel des Waka-teh« zwei kürzere Werke von Karl-Ulrich Burgdorf vorstellen.

Der Schwerpunkt des 3. Interviews liegt bei diesen zwei Kurzgeschichten sowie der Exposearbeit für »Der Hexer«.

Die phantastischen Welten des Karl-Ulrich BurgdorfZauberspiegel: Bevor ich Fragen zu »Abattoir« und der »Frevel des Waka-teh« stelle und damit die neuen Hauptthemen eröffne: Gibt es Neuigkeiten zu »Computer-Parasiten«, der Co-Produktion mit Andreas Brandhorst? Kann der SF-Roman neu veröffentlicht werden?
Karl-Ulrich Burgdorf: Nach dem Ende der »Terranauten« hatten Andreas und ich 38 Jahre lang keinen Kontakt mehr miteinander. Inzwischen haben wir einige Mails gewechselt, und er hat sich mit einer Wiederveröffentlichung der »Computer-Parasiten« einverstanden erklärt, verbunden mit der Bitte, daß allein ich die notwendigen Überarbeitungen vornehmen solle, da er mit anderen Arbeiten zu sehr ausgelastet sei. Das habe ich inzwischen getan, das fertige Manuskript liegt bereits im Verlag. Es wird – genau wie der »Terranauten«-Band 46, »Die Eisteufel« – mit der Autorenangabe »Andreas Weiler und Karl-Ulrich Burgdorf« erscheinen. Ein Termin dafür steht allerdings noch nicht fest.

Zauberspiegel: Nun aber zu »Abattoir«. Obwohl diese Geschichte eine überschaubare Länge aufweist und Charakterentwicklungen daher kaum möglich sind, können die Figuren überzeugen. In der Besprechung schrieb ich, dass sich die Geschichte auch glaubhaft zu einem Familienroman oder Roadmovie hätte entwickeln können. Können Sie sich vorstellen, das Feld der Phantastik zu verlassen und einen Gesellschaftsroman zu schreiben?
Karl-Ulrich Burgdorf: Ich bin ja Phantastik-Autor, also kann ich mir schon berufsbedingt eine Menge vorstellen …  ;-)  Aber im Ernst: Seit meiner Jugend kommen mir fast ausschließlich Ideen für Geschichten aus dem weiten Bereich der Phantastik, was wahrscheinlich an meiner Sozialisation als Leser liegt. Ideen für Gesellschaftsromane habe ich hingegen in der Regel nicht. Aber schon seit einiger Zeit ist zum Beispiel die erste Hälfte einer langen Erzählung in meinem Computer gespeichert, in der es um die Lebensgeschichte eines (natürlich fiktiven) amerikanischen Comic-Zeichners und die Auswirkungen seines Werkes auf verschiedene Personen geht – noch nicht ganz ein Gesellschaftsroman, aber immerhin eine Erzählung, die fest in der realen Welt verortet ist. Außerdem denke ich über eine Erzählung nach, die kurz nach dem 2. Weltkrieg in den Südstaaten der USA spielt – definitiv keine Science Fiction, aber allein von der Länge her eben auch noch kein richtiger Gesellschaftsroman. Ob ich diese beiden Texte jemals fertigstellen werde, weiß ich natürlich noch nicht.

Zauberspiegel: Abattoir – Schlachthof. Das Kopfkino potentieller Leser wird angesprochen. Ein Horrorfilm wird dann für die Story relativ wichtig, die Faszination der Protagonisten überträgt sich auf den Leser. Sind sie selbst Fan von Horrorfilmen? Von Splatter? Oder gehört die Kombination der Wörter »Horrorfilm« und »gut« bereits zur Phantastik? Gibt es ein Lieblingsfilmgenre?
Karl-Ulrich Burgdorf: Ich bin nie ein besonderer Fan von Horrorfilmen gewesen und erst recht nicht von Splatter, auch wenn es natürlich gute Horrorfilme gibt. Meine Lieblingsgenres? Zunächst einmal Zeichentrickfilme – von Pixar über Disney bis hin zu den Produktionen unabhängiger Studios. Und dann Tanzfilme – »Singing in the Rain« ist seit vielen Jahren einer meiner Lieblingsfilme. Außerdem liebe ich fast alle Filme von und mit Clint Eastwood, auch wenn ich die meisten seiner politischen Ansichten nicht teile.

Zauberspiegel: Sie mögen also im Grunde keine Splatterfilme. Trotzdem enthält »Abattoir« Splatter-Elemente.
Karl-Ulrich Burgdorf: Den Titel »Abattoir« für den in der Story erwähnten Film und damit für die gesamte Story habe ich bei einem meiner Lieblings-Krimiautoren entlehnt, nämlich Peter Robinson. Ich hatte seinerzeit gerade seinen DCI-Banks-Roman »Abattoir Blues« gelesen, und dadurch war mir der Begriff sehr präsent, als mir die Geschichte einfiel. Tatsächlich entstand sie aus einem Traum … In diesem Traum befand ich mich zusammen mit anderen Personen in einem Bungalow und sah durch ein Fenster, wie sich von einem anderen Gebäude her ein blauer Straßenkreuzer über eine große Freifläche dem Bungalow näherte. Als er kurz davor war, explodierte er plötzlich in einem Feuerball, und ich erwachte. Im Halbschlaf habe ich die Geschichte dann weiterentwickelt. Allerdings hatte ich – wahrscheinlich gerade, weil es eine Geschichte mit Splatter-Elementen ist – einen starken Widerwillen dagegen, sie dann auch wirklich zu schreiben. Am Ende trieb es mich aber spätnachmittags doch noch an meinen Schreibcomputer, und ich schrieb die ersten drei Viertel in einem Zug herunter, bis ich völlig erschöpft aufgeben mußte. Am nächsten Tag erlitt ich aufgrund der nervlichen Anspannung, die der Zwiespalt zwischen Nicht-schreiben-wollen und Unbedingt-schreiben-müssen ausgelöst hatte, einen wirklich bösen Migräneanfall, so daß ich die Geschichte erst einige Tage später zuende schreiben konnte, nachdem ich mich wieder davon erholt hatte.

Zauberspiegel: »Abattoir« ist eine sehr gelungene Story. Bei der E-Book-Version hat mich jedoch der Epilog irritiert, sogar gestört, da der eigentliche vorher bereits perfekte Schluss kaputt gemacht wird. In Ihrem Kurzgeschichtenband »Der Schäms-Scheuß-Virus« wurde er dann weggelassen. Was hat sie umgestimmt?
Karl-Ulrich Burgdorf: Tatsächlich war es genau umgekehrt: Die Version mit dem offenen Schluß, die sich im »Schäms-Scheuß-Virus« findet, ist die ursprüngliche. Als ich sie beendet hatte, fragte ich Wilfried Hary, mit dem ich anläßlich der Wiederveröffentlichung der »Terranauten«-Serie im Heinz Mohlberg Verlag erstmals näher in Kontakt gekommen war – vorher waren wir uns nur einmal flüchtig bei der großen »Terranauten«-Autorenkonferenz 1979 im Bastei-Verlag begegnet –, ob er nicht einen Ort wisse, wo man die Geschichte veröffentlichen könne. Daraufhin bot er mir an, die Geschichte selber bei Hary-Productions zu publizieren, äußerte allerdings Zweifel, ob seine Leser einen offenen Schluß akzeptieren würden. Nach kurzer Überlegung habe ich darum den schockierenden Schluß hinzugefügt, den Sie jetzt in dem E-Book lesen können. Außerdem hat Wilfried Hary diese Fassung auch noch einmal als Bonus-Story in einem seiner eigenen Romane nachgedruckt. Beim »Schäms-Scheuß-Virus« bin ich dann wieder zu der psychologisch für mich stimmigeren Fassung zurückgekehrt.

Zauberspiegel: Bei der Besprechung zu Abattoir habe ich die Titelbildgestaltung dezent kritisiert: Das Autorenporträt als Titelfoto halte ich auch nach einigen Wochen Abstand für sehr gewöhnungsbedürftig.
Karl-Ulrich Burgdorf: Auch das war eine Idee von Wilfried. Ich selbst hätte mir ein Titelbild in einer Art Pop-Art-Comic-Stil gewünscht, aber das war ihm zu aufwendig, was ich natürlich verstehen kann. Als er vorschlug, stattdessen das Foto von mir zu nehmen, das auch auf meiner Internetseite zu sehen ist, habe ich dem nach einigem Zögern zugestimmt.

Zauberspiegel: Als Übersetzer hatten Sie das große Glück, dass (mindestens) zwei der von Ihnen übersetzten Romane verfilmt wurden: Orson Scott Cards »Das große Spiel« (Filmtitel: »Enders Game« (2013), mit Harrison Ford) und Philip K. Dicks »Der dunkle Schirm« (»A Scanner Darkly« (2006), mit Keanu Reeves, Robert Downey junior, Woody Harrelson und Winona Ryder).
Karl-Ulrich Burgdorf: Von »großem Glück« würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen. Beide Romane habe ich ja vor vielen Jahren für Bastei Lübbe übersetzt und dafür ein Pauschalhonorar erhalten. Falls sich die Romane dank der Verfilmungen noch einmal in größerer Stückzahl verkauft haben sollten, dann hat nur der Verlag etwas davon gehabt. Also: Wieso »großes Glück«?

Zauberspiegel (Anmerkung Thomas Martner im Nachgang des Interviews): Hier hatte ich tatsächlich ganz andere Vorstellungen, wie Übersetzungen vergütet werden.
Eine Buchübersetzung muss dem Original folgen, während Verfilmungen sehr frei sein dürfen. Konnten Sie die Filme genießen, oder hat der Tunnelblick eines Übersetzers dies verhindert?
Karl-Ulrich Burgdorf: Die Verfilmung von »A Scanner Darkly« fand ich ganz ausgezeichnet, nicht zuletzt, weil sie sehr werkgetreu ist. Bedauerlich nur, daß der Film aufgrund der experimentellen Bildgestaltung kein großer Erfolg war. Ist er in Deutschland überhaupt in irgendwelchen Kinos gelaufen? Ich habe ihn jedenfalls nur auf DVD gesehen. Falls Sie die DVD besitzen sollten und hinreichend gut Englisch sprechen, empfehle ich Ihnen übrigens den zuschaltbaren Audiokommentar. Da diskutieren verschiedene Dick-Kenner – darunter auch seine Tochter – über den Film. Wirklich enorm spannend!
»Ender's Game« gefiel mir ebenfalls, obwohl der Film einen entscheidenden Fehler hat: Die Hauptfiguren sind dort – anders als im Buch – keine Kinder, sondern Jugendliche, was der Geschichte einen großen Teil ihrer Brisanz nimmt.

Zauberspiegel: Auch bei »Delta Omicron«, dem zuerst besprochenen Werk dieser Lesereise, wurden die Charaktere sehr tiefgehend gezeichnet: Jüdische handlungsrelevante Figuren (eine Seltenheit in der SF) und das skizzierte Vater-Sohn Verhältnis (Professor Vogel & Michael Manninghouse) geben dem Roman von Anfang an Tiefe.
Karl-Ulrich Burgdorf: Gegen Ende der 1970er Jahre, als ich »Delta Omicron« schrieb, gab es in der deutschen Science Fiction zwar keinen offenkundigen Antisemitismus – jedenfalls habe ich als Leser seinerzeit nichts davon bemerkt –, aber andererseits gab es außer in Übersetzungen aus dem Amerikanischen (ich nenne hier nur die bei Heyne erschienenen Kurzgeschichten von William Tenn) merkwürdigerweise auch überhaupt keine jüdischen Protagonisten. Vielleicht war das eine Folge dessen, was man das »Auschwitz-Trauma« der Autoren nennen könnte: Wie über jüdische Protagonisten schreiben, nachdem die Generation unserer Väter und Mütter gerade tatenlos zugeschaut hatte, wie sechs Millionen Juden von den Nazis ermordet wurden? Diesem blinden Fleck, diesem Ausblenden des Judentums aus der damaligen deutschen SF, wollte ich mit Professor Jeremias Cornelius (»Jerry«) Vogel ganz bewußt etwas entgegensetzen. Seine Vornamen sind dabei natürlich eine Hommage an Michael Moorcocks Jerry-Cornelius-Romane.
Jerry Vogel ist zwar eigentlich eine durch und durch positive Figur – friedliebend, ausgleichend, väterlich in seinem Verhältnis gegenüber seinem Adjutanten, dem jungen, manchmal etwas naiven Heißsporn Michael Manninghouse –, aber dennoch ist er aufgrund seiner Funktion als Leiter des psychologischen Stabes der Experimentalstation Test letztlich auch nur ein weiteres Rädchen im Getriebe einer unmenschlichen Militärmaschinerie. Seine persönliche Tragik besteht darin, daß er als glühender Wahrheitssucher seinen »Sohn« Michael Manninghouse losschickt, um die Hintergründe jenes mörderischen Vorfalls zu ergründen, um den sich der ganze Roman dreht. In gewisser Weise erinnert er mich an den biblischen Abraham, der bereit ist, seinen Sohn auf dem Altar seines Gottes Jahwe zu opfern. Jahwe widerruft diesen Opferbefehl in letzter Sekunde und gibt sich mit einem Tieropfer zufrieden, der Sohn wird gerettet. Jerry Vogels Gott ist in diesem Moment aber nicht der seines mosaischen Glaubens, sondern jener andere Gott, dem er zugleich auch dient, nämlich die Wahrheit. Und die kann ihren Opferbefehl natürlich nicht widerrufen, weil sie ja nur ein abstraktes Prinzip ist, keine lebendige Gottheit. Deshalb also muß Mike Manninghouse seinen Weg bis zum bitteren Ende gehen, und deswegen wird Jerry Vogel zwangsläufig schuldig. Darum habe ich auch versucht, die Handlung mit der unerbittlichen Folgerichtigkeit einer griechischen Tragödie ablaufen zu lassen. Ob mir das gelungen ist, mögen andere beurteilen.

Zauberspiegel: Auch die Heftserien, an denen Sie mitgewirkt haben, konnten immer mit den Hauptfiguren überzeugen (Robert Craven, Raven, zumindest ein Teil der Terranautenserie). Das mag sicher ein Grund sein, dass die neuaufgelegten Romane so gut gealtert sind. Wie wichtig ist ihnen die Figurenzeichnung? Haben Sie »Figuren« im Kopf, die auf eine passende Handlung warten?
Karl-Ulrich Burgdorf: Figuren denke ich mir normalerweise nicht vorab aus, sie entstehen in all ihrer Komplexität erst beim Schreiben einer Geschichte. Vielleicht könnte man sogar sagen, daß sie Funktionen dieser Geschichte sind. Ich habe eine Geschichte im Kopf, und damit sie funktioniert, brauche ich bestimmte Figuren. Also erschaffe ich sie. Was ich aber in der Regel schon vorher habe, das sind Namen. Namen haben etwas Magisches, und wenn der Name einer Figur nicht stimmt, dann läuft die Geschichte auch nicht rund. »Planet des blauen Feuers« etwa konnte ich nach einem ersten Fehlversuch erst schreiben, als ich die Hauptperson in »Rhinehart« umbenannte. Mehr dazu habe ich gerade im Nachwort der Apex-Neuausgabe dieses Romans erzählt. Übrigens enthält der Band – genau wie »Delta Omicron« – auch wieder ein schönes Vorwort von Rainer Schorm, dem ich sehr dankbar bin, daß er sich trotz seines übervollen Arbeitsplans die Zeit dafür genommen hat.
Und da wir gerade am Fachsimpeln sind: Erste Sätze finde ich ebenfalls sehr wichtig. »Der Mann ohne Gesicht lag rücklings im Schnee und starrte aus leeren Augenhöhlen in den stahlblauen Himmel.« So beginnt beispielsweise »Der Frevel des Waka-teh« … Ohne einen guten ersten Satz, an dem man die ganze Geschichte oder einzelne Szenen darin aufhängen kann, läuft beim Schreiben nichts – jedenfalls nicht bei mir. Aber das ist schon wieder ein ganz anderes Thema …

Zauberspiegel: Das Ende von »Delta Omicron« überrascht Michael Manninghouse wie auch den Leser. Nachdem »Delta Omicron« laut Ihnen der vierte Teil einer Kurzserie war: Wollen Sie Manninghouse wirklich keinen Rettungsanker zuwerfen, ihn aus dieser griechischen Tragödie befreien? Gibt es da keine tiefergehende Schriftsteller- & Figurbeziehung zwischen Ihnen? :-)
Karl-Ulrich Burgdorf: Michael Manninghouse und Professor Jerry Vogel sind seit jeher zwei meiner Lieblingsfiguren. Wie ich ja bereits in einem früheren Teil des Interviews erwähnte, denke ich gerade über ein Prequel zu »Delta Omicron« nach, in dem die beiden natürlich wieder auftreten werden. Dieses Prequel existiert im Grunde ja schon seit 1977, es ist bloß nie erschienen und müßte jetzt nur noch gründlich überarbeitet werden. Aber eine Fortsetzung? Ich lege mich nicht gerne vorab auf so etwas fest, weil mir dann jegliche Spontaneität abhanden käme. Was weiß denn ich, an welcher Weggabelung ich morgen abbiegen werde? Meine Erfahrungen als Autor haben mir jedenfalls immer wieder gezeigt, daß langfristrige Pläne mit schöner Regelmäßigkeit von neuen Ideen oder interessanten Angeboten von außen torpediert werden.

Zauberspiegel: Bei »Der Frevel des Waka-teh« konnten sie auf alteingesessene Figuren (Winnetou & Old Shatterhand) zurückgreifen. Hier ist Ihnen der Spagat gelungen, sowohl die Classic-Leser wie auch die Filmfans zu bedienen. Sind gut eingeführte Charaktere leichter zu händeln? Oder eine Bürde?
Karl-Ulrich Burgdorf: Winnetou und Old Shatterhand waren jedenfalls keine Bürde, vor allem, weil ich die Winnetou-Romane zum letztenmal vor ungefähr 55 Jahre gelesen habe. Bei »Der Frevel des Waka-teh« habe ich beide Figuren einfach so gestaltet, wie sie mir in den Sinn kamen. Daß sie offenbar den klassischen Figuren ähneln, freut mich natürlich. Das zeigt wohl, wie tief diese beiden Romanhelden seit damals in meinem Unterbewußtsein verankert sind.
Im Bereich des Heftromans sind bereits eingeführte Figuren leider häufig reine Klischees – austauschbare Pappendeckel-Charaktere halt. Die zu händeln sollte eigentlich keinem professionellen Autor Probleme bereiten. Interessant wird es nur, wenn man anfängt, ihnen ein paar deutlichere Konturen zu geben, so wie ich es seinerzeit ganz zaghaft bei der »Raven«-Serie versucht habe.

Zauberspiegel: Einem Interview mit Alexander Röder hier auf zauberspiegel-online entnehme ich, dass Sie beim konstituierenden Treffen zu »Karl Mays Magischer Orient« in Wetzlar mit dabei waren. Die Rahmenbedingungen und Inhalte der Reihe wurden festgelegt, und Sie haben zudem eine Idee für ein Exposé eingebracht. Wie sehr sind Sie mit dem Werk Karl Mays vertraut? May-Leser und/oder Film-Fan?
Karl-Ulrich Burgdorf: Karl May habe ich als Junge mit Begeisterung gelesen, und zwar mindestens 60 der damals im Karl-May-Verlag erschienenen 70 Bände. Die Karl-May-Filme sind hingegen eher an mir vorbeigegangen. Kann sein, daß ich den einen oder anderen davon später im Fernsehen gesehen habe, wirklich daran erinnern kann ich mich aber nicht mehr.
Zur Exposéarbeit an »Karl Mays Magischer Orient«: Als Thomas Le Blanc die Idee zu dieser Reihe entwickelte, standen wir in regem Mailkontakt. Ich schrieb eine Menge an Exposématerial, das deutlich Fantasy-orientierter war als der spätere erste Band der Reihe. Dieses Material – ein Exposé für den Anfangsteil eines Romans plus Ideen zu magischen Gegenständen und Praktiken – benutzte Thomas dann zusammen mit anderen Beiträgen für die erste Vorstellung des Projekts im KMV. Als wir uns 2015 mit Bernhard Schmid und Roderick Haug in der Phantastischen Bibliothek Wetzlar trafen, um das Projekt zu konkretisieren – von der Autorenseite waren damals neben Thomas Le Blanc und mir Monika Niehaus, Alexander Röder und Friedhelm Schneidewind mit dabei –, wurde in Form eines Brainstormings zunächst ein Gesamtkonzept der Reihe und anschließend ein bereits recht detaillierter Rohentwurf für den ersten Band entwickelt; diesen Rohentwurf hat Alexander Röder dann in ein Exposé gegossen, weswegen er schließlich auch mit der Abfassung des Romans beauftragt wurde. Bei dem Treffen in Wetzlar zeigte sich übrigens rasch, daß die Reihe sich nicht in die von mir in meinem ersten Exposé eingeschlagene Richtung »Fantasy plus Karl May«, sondern eher in die von Thomas Le Blanc und dem KMV präferierte Richtung »Karl May plus Fantasy« bewegen sollte. Ich fand das bedauerlich, aber als Teil eines Autorenteams muß man damit leben, daß man nicht immer alle seine Vorstellung durchsetzen kann.

Zauberspiegel: Bei Winnetou und Old Shatterhand sollte in meinen Augen der Status Quo zum bestehenden Werk erhalten bleiben. Einige Mitautoren der Anthologie haben sich bewusst gegen den Kanon entschieden und sehr frei erzählt, benutzen sogar gezielt Abweichungen von Mays Vorgaben. Eine Option, die Sie sich für weitere Storys offen halten?
Karl-Ulrich Burgdorf: Sie setzen mit Ihrer Frage voraus, daß ich auch weiterhin Beiträge zur Reihe »Karl Mays Magischer Orient« schreiben werde. Das ist aber – Stand heute – nicht der Fall. Da im Laufe der weiteren Arbeit an der Reihe die inhaltlichen Differenzen zwischen Thomas Le Blanc und mir immer deutlicher zutage traten, habe ich nach der Ablieferung meines Beitrags zu »Sklavin und Königin« das KMMO-Autorenteam bereits im Herbst 2016 verlassen. Mit dem von mir sehr geschätzten Alexander Röder stehe ich aber nach wie vor in einem regen Gedankenaustausch, der sich natürlich nicht nur auf Karl May und »Karl Mays Magischen Orient« beschränkt.
Was Ihre Frage nach Abweichungen von Mays Vorgaben betrifft, möchte ich Ihnen die ebenfalls von Thomas Le Blanc herausgegebene Anthologie »Auf sehr fremden Pfaden. Phantastische Miniaturen aus Karl Mays Welt« (Reihe »Phantastische Miniaturen«, Band 4 – zu beziehen über die Phantastische Bibliothek Wetzlar) ans Herz legen. Aus dieser kleinen Anthologie ist damals ja letztlich überhaupt das gesamte KMMO-Projekt entstanden. In ihr sind einige Geschichten enthalten, die noch sehr viel radikaler mit den Vorgaben des Kanons umgehen als manche der Geschichten in »Auf phantastischen Pfaden« – ich denke da zum Beispiel an Monika Niehaus' brillante Mini-Kurzgeschichte »Happy End«. Die ist tatsächlich so radikal, daß sie nie und nimmer Eingang in die größere Anthologie beim Karl-May-Verlag hätte finden können.

Zauberspiegel: Bei der Neuauflage älterer Werke gibt es immer wieder Diskussionen, inwieweit einzelne Wörter (Neger, Zigeuner) heutzutage als neutraler Begriff noch gebracht werden dürfen. Mittlerweile wird auch das Wort »Squaw« angeprangert. Der Amerikanistik-Experte Dietmar Kuegler in einem Interview hier im Zauberspiegel (2018) zum Thema Überarbeitung der Ronco-Sonderbände:

»(…) Es werden manchmal Ausdrücke verwendet, die vor über 40 Jahren im deutschen Western gang und gäbe waren, die man aber bei Einbeziehung historischer Tatsachen nicht mehr verwenden darf. Beispielsweise das Wort »Squaw« für eine Indianerfrau. Keiner von uns hat damals gewußt, was dieses Wort in der Übersetzung heißt. Es findet sich auch in zahllosen alten Schriften. Aber die heutigen Indianer empfinden diesen Ausdruck als schwere Beleidigung und Verunglimpfung – und das zu recht. Also solche Wörter werden nivelliert. (...)«
Karl-Ulrich Burgdorf: Von einer Diskussion um den Begriff »Squaw« war mir bis zu Ihrer Frage nichts bekannt, und inwieweit das für den Karl-May-Verlag ein Thema ist, müssen Sie Bernhard Schmid oder Roderick Haug fragen. Daß meine Verwendung des Wortes »Squaw« in meiner Erzählung »Der Frevel des Waka-teh« von der Redaktion nicht bemängelt worden ist, sagt darüber aber vielleicht schon einiges aus.
Generell gesagt: Wie eben schon erwähnt, denke ich derzeit auch über eine Geschichte nach, die kurz nach dem 2. Weltkrieg in den Südstaaten der USA spielt. Wenn der Held der Geschichte darin von Farbigen spricht, wird er sie natürlich »Nigger« nennen – eben weil das dem damaligen herablassenden Sprachgebrauch vieler weißer Südstaatler entsprach. »Political correctness« darf selbstverständlich niemals auf Kosten der historischen Authentizität gehen, und man muß auch sehr aufpassen, daß sie nicht plötzlich zu einem Instrument der (Selbst-)Zensur wird.

Zauberspiegel: Im 1. Interview haben Sie geschrieben, dass als Grundlage für »Der Frevel das Waka-teh« ein älteres Exposé genutzt wurde. Wenn die Story auch gut für sich alleine stehen mag – sie hätte auch gut in die »Hexer-Serie« gepasst. Das phantastische Element bzw. der Gegenspieler der Story (ausführlicher will ich hierzu in der Frage nicht werden, um nicht zu viel zu verraten), würde sich durchaus gut neben den »Großen Alten« sowie den »Thul Saduun« machen. Stammt das Exposé aus dem Hexer-Ideenpool?
Karl-Ulrich Burgdorf: Tatsächlich geht die Idee sogar auf einen noch älteren Ursprung zurück. Zuerst hatte ich sie nämlich für einen »Raven«-Roman entwickelt, der dann wegen der Einstellung der Gespenster-Krimis nicht mehr geschrieben wurde. Später habe ich sie in ein »Hexer«-Exposé umgearbeitet, aber auch da wurde sie glücklicherweise nicht verwendet. Mit »Der Frevel des Waka-teh« hat sie dann endlich den Ort gefunden, an den sie wirklich gehört. Manchmal ist es halt nicht schlecht, ein paar Jahrzehnte abzuwarten.

Zauberspiegel: Für den Hexer haben Sie die Exposé für die Bände 8, 24 – 30, 32 und 36 geschrieben sowie an den Exposé der Bände 37 – 39 mitgearbeitet. Gerade der Teilzyklus 24 bis 30 war sehr handlungsrelevant. Wie frei waren sie bei der Handlungsfortführung?
Karl-Ulrich Burgdorf: Zuerst einmal möchte ich klarstellen, daß die »Hexer«-Serie mich nie besonders angesprochen hat. Mit der Gestalt des Robert Craven konnte ich herzlich wenig anfangen, auch wenn Wolfgang Hohlbein meinte, Robert Craven sei ja eigentlich nur Raven mit einem C davor … Genau das fand ich eben nicht.
Was die Freiheit bei der Handlungsfortführung anbelangt: Eigentlich gab es da keine. Robert Craven war gerade an der Westküste der USA gelandet, und jetzt sollte er irgendwie quer durch die Staaten erst an die Ostküste und dann heim nach England gebracht werden. Dazu legte mir Michael Schönenbröcher einige bereits angekaufte Titelbilder vor, an denen ich mich entlangarbeiten sollte. Das habe ich getan, aber was kann schon bei einem Exposé herauskommen, das man nach einem Titelbild schreiben muß, auf dem Cowboys und Dinosaurier zu sehen sind? Den meisten Lesern scheint das ebensowenig gefallen zu haben wie mir, und deshalb hat Wolfgang Hohlbein bei der späteren Taschenbuchausgabe auch vieles davon gestrichen und umgeschrieben.
Richtig gut gefallen hat mir persönlich nur ein einziger Roman nach einem meiner Exposés, und den hat nicht Wolfgang Hohlbein, sondern Michael Schönenbröcher geschrieben – eine Indianergeschichte mit phantastischen Elementen, die auch ein wunderschönes Jugendbuch abgegeben hätte. Aber leider wurde der Stoff ja in der »Hexer«-Serie verbrannt. Wirklich schade.

Zauberspiegel: Die »Thul Saduun« wurden mit Band 6 bei Raven eingeführt, in den Folgebänden von Ihnen deutlich ausgebaut und waren dann auch beim »Hexer« sehr präsent. Lag hier ein Konzept zu Grunde, oder hat eine Idee (bzw. Romanausarbeitung) die nächste Idee ergeben?
Karl-Ulrich Burgdorf: Von den Thul Saduun hatte ich zunächst überhaupt kein Konzept. Ich brauchte einfach irgendeine Dämonenrasse für meinen ersten »Raven«-Roman, wußte aber keinen Namen dafür, also fragte ich Wolfgang Hohlbein bei einem Telefonat, ob ihm vielleicht ein guter Name einfiele. »Thul Saduun«, sagte er spontan. Er hatte damals gerade den ersten »Conan«-Film mit Arnold Schwarzenegger gesehen, und der böse Magier – Conans Gegenspieler – in diesem Film hieß Tulsa Doom. Tulsa Doom ---> Thul Saduun. So einfach ist das manchmal.
Was bei Raven dann daraus geworden ist, hat sich einfach beim Schreiben ergeben, also ganz ohne vorheriges Konzept. Mit dem, was Wolfgang Hohlbein beim »Hexer« noch alles zusätzlich entwickelt hat, hatte ich hingegen nichts mehr zu tun.

Zauberspiegel: Noch einmal konkret zu den Bänden 24 – 30 (VORSICHT: SPOILER): Sie sind also der Mörder von Shannon und Shadow? Können Sie mir Haare und Fingernägel zur Verfügung stellen? (Nein, ich bin nicht nachtragend ...)
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Spaß beiseite: Gerade durch derlei Schockelemente hat sich »Der Hexer« von anderen Heftserien deutlich und positiv unterschieden: Sie haben keine Hemmungen, liebgewonnene Figuren über die Klinge springen zu lassen?
Karl-Ulrich Burgdorf: Darf's vielleicht auch ein bißchen Angstschweiß sein …? Aber im Ernst: Habe ich damals als Exposé-Autor wirklich zwei Figuren namens Shannon und Shadow umgebracht? Ganz ehrlich: Ich kann mich an die meisten Inhalte und Figuren der Serie heute kaum noch erinnern, also weiß ich auch nicht, wer da wen umgebracht hat oder auch nicht.
Ich überlege gerade, welche mir lieb gewordenen Figuren meiner Romane ich »über die Klinge habe springen lassen«, wie Sie es ausdrücken. Tatsächlich fällt mir im ersten Moment nur Carl Benton ein, der Held des Romans »Delphinenspiele«, der demnächst auch wieder bei Apex neu herauskommen wird. Diesen Roman habe ich bereits 1974 geschrieben, aber wenn ich mich recht erinnere, sind mir beim Schreiben der letzten Szene, in der Carl Benton stirbt, tatsächlich die Tränen gekommen. Aber ich mußte ihn sterben lassen, das Konzept des Romans verlangte es. Darin geht es mal wieder – wie so oft bei mir, siehe »Der Frevel des Waka-teh« – um Schuld und Sühne, und Carl Benton büßt mit seinem Tod für eine Schuld, die er bereits als kleines Kind auf sich geladen hat. Dostojewski läßt grüßen …
Ach ja, und dann natürlich Ali, der Karawanenführer in meiner Episode zum KMMO-Roman »Sklavin und Königin«. Auch das ist mir schwergefallen, weil ich die Figur wirklich sehr mochte und sie und ihre gesamte Familie mit sehr viel Liebe aufgebaut habe. Ali stirbt, weil er von jener Macht verraten wird, auf die er im Grunde seine gesamte Identität gegründet hat, nämlich von dem Zauberstab, mit dem er in der Wüste Wasser zu finden vermag. Auch hier also wieder: eine fast griechische Tragik.
Zusammenfassend gesagt: Ob ich Hemmungen dabei habe, wenn ich einen meiner Protagonisten sterben lassen muß? O ja! Aber erstens bin ich Schriftsteller und muß darum den Erfordernissen der Geschichte gehorchen, und zweitens sind das ja keine realen Menschen, die ich da notgedrungen »umbringe«, sondern nur von mir erdachte Schemen, die für mich und die Leser ein paar Seiten lang eine schattenhafte Existenz erlangt haben. Nicht mehr und nicht weniger!

Zauberspiegel: In »Der Hexer« Band 36 »Das Hirn von London« spielte Sherlock Holmes eine wichtige Nebenrolle; der Roman wurde von Hans Wolf Sommer verfasst. Hatten Sie Einfluss auf die Autorenauswahl bzw. konnten die individuellen Stärken der Autoren berücksichtigen?
Karl-Ulrich Burgdorf: Nein, ich hatte keinerlei Einfluß darauf. Ich denke allerdings noch gerne an den Tag zurück, an dem Hans Wolf Sommer und ich uns bei Wolfgang Hohlbein trafen und zum ersten und einzigen Mal Gelegenheit hatten, uns ausführlicher miteinander zu unterhalten. Ein sehr sympathischer Kollege, dessen Tod mich wirklich traurig gestimmt hat.

Zauberspiegel: Herzlichen Dank für die Antworten der 3. Fragerunde.
Karl-Ulrich Burgdorf: Und ich habe Ihnen für Ihre anregenden Fragen zu danken.

Ergänzung im Nachgang des Interviews zur schnellen Information:„Squaw“:
karl-may-wiki:

Vom American Indian Movement wurde allerdings angeführt, es handle sich um ein abwertendes Wort aus der Mohawk-Sprache für weibliche Genitalien. Eine andere Version nennt die Weißen als Urheber, die "Squaw" als Schimpfwort für indianische Ehefrauen weißer Siedler umfunktionierten.[1] Deshalb wird der Begriff heute verstärkt als rassistisch empfunden. Nach Informationen des Sioux-Lakota-Experten Walter Bauer gebe es einen Algonkin-Dialekt, wo das Wort "Junge Frau", einen anderen, wo es "Vagina" bedeute. Es wird allerdings meist als abwertend gesehen und (vor allem bei den Prärie-Indianern) als Schimpfwort. Ortsbezeichungen mit dem Wort "Squaw" wurden in den letzten Jahrzehnten umbenannt.[2]

1) Ulrich van der Heyden: Indianer Lexikon.VMA-Verlag, Wiesbaden 1996, ISBN 3-928127-34-9, S. 305.
2) Persönliche Mitteilung von Walter Bauer (nach Rückfragen bei Indianern) an den Autor des Wiki-Beitrages (= Michael Haas).
 (aufgerufen am 13.03.2019)

Stellt sich eigentlich die fast philosophische Frage: Ist das im deutschen verwendete Wort „Squaw“ tatsächlich sinngleich mit dem amerikanischen? Müsste bei einer Übersetzung aus dem deutschen (= Squaw: ohne abwertende Tendenz) dann nicht ein anderes Wort als das amerikanische „Squaw“ (= Squaw: evtl. mit abwertender Tendenz) gefunden werden?

Anekdote zum Schluss:
Auf meinem E-Book-Reader habe ich natürlich das Gesamtwerk Karl Mays gespeichert. Das ist eine praktische Sache. Im Zuge dieser Fragerunde habe ich per Suchfunktion versucht, herauszufinden, wie oft das Wort „Squaw“ bei Karl May selbst vorkommt – und bin gescheitert. Bei den mehr als 33.000 E-Book-Seiten dauert die Gesamtsuche zu lange, der Reader geht vorher in den Ruhemodus …
Ja, der Reader ist schon etwas älter.

Dieses Interview wurde per Email im Februar 2019 geführt.

Kommentare  

#1 Harantor 2019-04-03 23:12
Deine Theorien zur Squaw sind kaum zu halten. Squaw ist in jedem Fall ein abwertendes Wort, wenn wohl doch nicht mit der Bedeutungs des weiblichen Geschlechtsorgans, so doch quer durch die indianischen Völker als Wort, das man mit "N****R" und der dergleichen schlicht zu vergleichen ist. In unterschiedlichen indianischen Völkern ist auf jeden Fall abwertend, aber in unterschiedlichen Abstufungen.

Dazu kommt noch dass mit Indianerinnen verheiratete Weisse (wie einer Bends - von Fort Bent) in Militrberichten als "Squaw Man" bezeichnet wurde.

Im Übrigen soll der Begriff eher den Algonquin Sprachen entsprungen
#2 matthias 2019-04-04 16:40
Hier werden sich wohl kaum Indianerinnen aufregen. Nur links/grüne Deutsche, welche sich ins Rampenlicht stellen wollen. Genau wie sich ein Afrikaner nicht über die Bezeichnung "Neger" ärgert. Das tut auch nur wieder die oben genannte Gruppe,
Ich bin mit den beiden genanten Begriff SQUAW und NEGER aufgewachsen und verwende diese heute noch. Natürlich meine ich es nicht diskriminierend. Warum auch? Das wollen uns nur einige Scharlatane aufschwatzen.
Furchtbar, diese Sebstgefälligkeit!
#3 Advok 2019-04-04 17:56
zu #1: Harantor, so viele Theorien habe ich doch gar nicht aufgestellt ...
Dass der Begriff der Algonquin-Sprache entsprungen ist, habe ich zitiert (Algonkin-Dialekt) - da dürfte es die gleiche Quelle geben.

Als Theorie habe ich nur folgendes gebracht, aber vielleicht zu kurz dargestellt:
"Squaw" war im deutschen Sprachraum nie ein negativbelegtes Wort und keiner, der es genutzt hat, hat wissen können, dass es negativ belegt ist. Immerhin hat es ja auch Jahrzehnte gedauert, bis Dietmar Kuegler darauf gestoßen ist. Das darf dann schon ein gewisser Gradmesser sein, denke ich.
Wenn man das "Squaw" aus einem deutschen Text ins amerikanische übertragen würde, müsste hierfür ein anderes Wort gefunden werden (ähnlich der deutschen "Garage" - Werkstatt).
Zugegeben: ein sehr kopflastiges und logikgeprägtes Argument, das letztlich für die Praxis kaum relevant sein dürfte.
(Möchte nur, dass meine Gedankenkette nachvollziehbar ist.)

Immer noch zu #1, aber auch zu 2:
Die "Neger"-Diskussion gab es bereits häufiger hier im Zauberspiegel. "Neger" war ursprünglich sicherlich kein wertender Begriff - hat sich aber im Laufe der Zeit gewandelt. Diese Wandlung muss eigentlich jedem verständlich sein.

Konträr zu #2: "Neger" wird seit Jahrzehnten definitiv von der Personengruppe als Schimpfwort aufgefasst. Insofern muss man dies respektieren, zumal die Wortentwicklung jedem klar sein muss.

Bei "Squaw": Diese negative Wortbedeutung war kaum jemandem bekannt, insb. im deutschen Sprachraum nicht. Ich bin auch erst durch das Kuegler-Interview darauf gestoßen ... Insofern meine obige theoretische Gedankenkette.
#4 Laurin 2019-04-04 18:44
Also, ich kenne ja hier einige Mitbürger mit afrikanischen Wurzeln, was man auch unschwer erkennen kann. ;-) Und mit denen komme ich sehr gut aus, deshalb würde ich persönlich nie das Wort "Neger" in ihrer Gegenwart benutzen. Es gehört sich auch einfach nicht ... Punkt!
Versucht man allerdings in einem Roman einen rassistischen Charakter darzustellen, wird der innerhalb eines Dialog eher unglaubwürdig geschildert wenn da plötzlich was von afroamerikanischer Abstammung im Dialogsatz vorkommt. Denn realistisch würde dieser Charakter mit Sicherheit das Wort "Neger" oder (noch schlimmer) "Nigger" verwenden. Handelt es sich um die Figur eines Rassisten aus Südafrika, müsste man gar, um es authentisch erscheinen zu lassen, dieser Figur das Wort "Kaffer" in den Mund legen.
Der Unterschied ist doch wohl verständlich: Als Autor bzw. Regisseur versuche ich so einen Rassisten realistisch darzustellen. Als Privatmensch sollte ich mich aber zu benehmen wissen und auf solche Äußerungen verzichten.
Nicht anders verhält es sich bei der Bezeichnung "Squaw", auch wenn wir hier in Deutschland wohl verdammt lange suchen müssten, bis wir eine amerikanische Ureinwohnerin damit beleidigen könnten (was nicht heißt, das man das auch ungestraft darf, denn eine Ohrfeige wäre da aus meiner Sichtweise dann eine durchaus schon verständliche Reaktion).

Ich hoffe da doch einmal, das wir hier alle in der Lage sind, zwischen fiktionaler Darstellung und realem Benehmen zu unterscheiden. ;-)
#5 Harantor 2019-04-04 18:55
Und Squaw wurde nicht zum abwertenden Begriff. Das war immer ein.

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