GarchingCon13 - Vortrag Meister der Insel
GarchingCon13
Die Meister der Insel - auf den Spuren eines Mythos
Vortrag von Dr. Phil Michael Pfrommer
Sommer 1965. Perry Rhodan startet mit der Nummer 200 in "Die Straße nach Andromeda". für viele Perry-Rhodan-Fans ist das wie ein Urknall im Kopf – inklusive Haluter, Sonnentransmitter und anderer schräger Technologien, bei denen selbst Star Trek blass wirkt. die „Meister der Insel“, kurz MdI – eigentlich so eine Art galaktische Mafia mit Götterkomplex, die erst geheimnisvoll eingeführt werden und am Ende dann doch eher wie geniale Bösewichte mit Hang zur Selbstzerstörung rüberkommen.
warum also lieben die Leser diesen Zyklus noch heute?
die Autoren glauben ja zunächst nicht, dass die Serie solch einen Erfolg haben wird. und plötzlich stehen sie nach vier Jahren bei Band 200! und jetzt beginnen sie, in anderen Dimensionen zu denken, und zu schreiben. die MdI kommen mit einer bislang unerhörten Fantasie daher: Zeitreisen über zigtausend Jahre, Multiduplikatoren, die Menschen kopieren wie Dokumente im Büro, künstliche Sonnensysteme als Fallen, und mittendrin Perry & Co., die plötzlich merken: „wir sind nicht irgendwer – wir sind die Mitte des Universums!“ sogar die angeblich fremden Aliens wie Arkoniden und Akonen sind einfach nur unsere Urururenkel.
mit den Maahks wollen die Erzfeinde der Arkoniden zurück nach Andromeda, und stoßen dort ebenso wie die Terraner auf die Meister der Insel. so kommt es zum unerwarteten Schulterschluß zwischen den Völkern - Motto der Feind meines Feindes kann ja so blöd nicht sein. nebenbei schenkt Johnny Bruck der Serie ein heute ikonisches Titelbild.
und trotz all der Schlachten, da wird kein üblicher Weltraum-Krawall à la Menschen gegen Klingonen beschrieben, sondern ein waschechter Bruderkrieg - die aktuelle gegen die erste Menschheit. wer die Guten und Bösen sind, hängt davon ab, wen man fragt. und im Subtext wird Perry Rhodan plötzlich zur politischen Parabel. auf der einen Seite eine brutale Diktatur (die MdI), auf der anderen die freie Welt (wir, die Terraner). die Autoren reden nicht explizit darüber, sie lassen die Botschaft mitschwingen. und damals, in den 60ern, hat das jeder verstanden: diesmal stehen wir mit Perry auf der moralisch richtigen Seite der Auseinandersetzung...
die MdI sind als Menschen aus der Zukunft eigentlich unsere dunklen Zwillinge. und diese Bösen sind so richtig böse, sie löschen ganze Völker aus, weil sie „vielleicht irgendwann mal gefährlich werden könnten“. und so wie uns heute Darth Vader fasziniert, fesselt uns damals Faktor I alias Mirona Thetin – Glitzer mit Gewalt verkauft sich eben gut.
am emotionalen Höhepunkt steht Atlan, für den sich der Kreis schließt. die Monster vom Anfang der Geschichte, die Haluter, entpuppen sich als Freunde, und der Engel am Ende der Geschichte, Mirona, entpuppt sich als Teufel. der unsterbliche Arkonide und die Massenmörderin vom Dienst verlieben sich - Romeo trifft Lady Macbeth in einer Zeitmaschine. sie kann ihn nicht auf ihre Seite ziehen, er kämpft nur für eine Organisation - die Freiheit. sie zögert, und er tötet, was er liebt. kein Lasergewitter, keine Antimateriekanone, nein: mit einem Holzspeer aus der Steinzeit bringt er das Schicksal ins Ziel. Steinzeit siegt gegen Hightech. diese Szene ist das Sahnehäubchen eines ohnehin wilden Ritts durch Raum, Zeit und Herz. Perry Rhodan goes Shakespeare.
trotz aller Schwächen, die Michael Pfrommer auch herausstreicht, ist der Zyklus MdI einfach spektakulär. tragisch? ja. absurd? auch. großartig? absolut.
, in dem auch bei aller wissenschaftlicher Aufbereitung deine Begeisterung durchbricht ("so etwas habe ich später nie wieder gelesen").
unten die Links zur Langversion. ihr nutzt kein Facebook? dann müsst ihr wohl auf die BluRay-Konserve vom GC13 warten, dann könnt ihr Michaels Vortrag nach-erleben. ad astra!
Teil 1 Die MdI und die Geschichte des frühen Perryversums
Teil 2 Unterschwellige Botschaften – der geheimnisvolle Subtext
Teil 3 Ein wenig Shakespeare zum Schluss