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Das Hörspiel - Von den Anfängen bis heute

Das HörspielDas Hörspiel –
Von den Anfängen bis heute

Das allererste Hörspiel das je gab – kann man das überhaupt festmachen? Wohl kaum? Die Geschichte des Rundfunks reicht ja sehr weit zurück. Und die Vermutung, dass es Hörspiele bereits vor dem Rundfunk gegeben hat liegt nahe.

Doch diese Werke sind höchstens einen sehr kleinen privaten Kreis bekannt gewesen.

Das kommerzielle Hörspiel, so wie wir es heute kennen, kam erst sehr spät. Doch das Radiohörspiel ist fast so alt, wie das Radio selbst. Mit dem Jahr 1924 ist das erste bekannte Hörspiel datiert. Ausgestrahlt wurde es von der BBC und es trug den Titel „A Comedy of Danger“.

Die Engländer – die Erfinder des Hörspiels?

Soweit möchte ich nicht gehen. Möglicherweise gab es schon zuvor in Deutschland unpublizierte Hörspiele. Doch erst 1925 wurde auch in Deutschland ein Hörspiel gesendet. Es stammt von Hans Flesch, einem Pionier des Rundfunks und trug den Titel „Zauberei aus dem Sender“. Dies zeigte ganz deutlich die Möglichkeiten der neuen Technik im Rundfunk auf.

Das Hörspiel war eng mit dem Theater verbunden. Aus Theaterstücken ergaben sich Mitschnitte, die wurden zu Hörspielen. Später war es auch umgekehrt der Fall. Auch heute hat das Hörspiel noch vielerlei Bezüge zum Theater. Man denke nur an die Liveaufführungen von Hörspielen mit prominenten Sprechern (z.B. die drei ???). Hier ist der Übergang zum Theater fließend.

Grundsätzlich gab es schon immer zwei Formen des Hörspiels. Einmal die Inszenierung mit vielen Sprechern, die in unterschiedlichen Rollen in der Handlung agieren, und dann die Lesungen, welche wir heute als Hörbücher kennen. Doch die ersten Lesungen, die es gab, wurden auch schon mit verteilten Rollen vorgelesen.Nach der „frühkindlichen Phase“ des Hörspiels, die man von 1923 bis 1933 datiert, kam eine gänzlich andere Zeit des Hörspiels, die vor allem in Europa stark durch den Nationalsozialismus geprägt wurde. Hier wurde das Hörspiel häufig für Propagandazwecke genutzt.Der Hörspielpionier und Rundfunkintendant Hans Flesch wurde damals verhaftet und inhaftiert. Er tauchte übrigens nie mehr auf, und gilt bis heute als verschollen.

Die Nachkriegsjahre wurden zur Neuformation der Rundfunksender genutzt. In den Jahren nach 1945 setzte man auch sehr viel Trümmerliteratur um. So wurde 1947 Wolfgang Borchards „Draußen vor der Tür“ gesendet.In den 50er Jahren steigerte sich die Zahl der Hörspielhörer enorm. Kriminalgeschichten waren sehr beliebt und von England her, schwappte die Krimiwelle herüber.

Aber auch das Science-Fiction-Hörspiel war sehr beliebt. Bereits 1938 gab es Amerika einen großen Aufschrei als H.G. Wells „Krieg der Welten“ durch den Äther ging. Tausende von Menschen gingen daraufhin zur Polizei, weil sie sich von Marsmenschen bedroht fühlten. So lebensecht und bedrohlich war das Hörspiel damals empfunden wurden.

Durch die Kriegsjahre hing man in Deutschland und dem restlichen Europa etwas hinten an. Die USA hatten in den 50er Jahren das Hörspiel längst hinter sich gelassen. In Deutschland wurde das Hörspielhören im Radio erst in den frühen 60er Jahren drastisch reduziert. Immer weniger Produktionen kamen durch die Sender. Die Leute saßen nicht mehr um 20 Uhr vor dem Radio um sich den neusten Krimi anzuhören, sie sahen ihn viel lieber im Fernsehen. Denn dieser hatte längst die Vormachtstellung in deutschen Wohnzimmern übernommen.

Mit Einzug der Stereo-Technik, Mitte der Sechsziger Jahre, kam das Hörspiel zu neuen Ehren. Im Radio wurden Hörspiele wieder häufiger gesendet, doch nur bestimmte Personengruppen nahmen diese auch an. Im Spätprogramm wurde das Radiohörspiel ab 1968 zu einem Geheimtipp. Dies war dann auch die Zeit in der das kommerzielle Hörspiel langsam begann, sich in das Bewusstsein des Volkes zu drängen.

Im Grunde genommen gibt es bis heute zwei Hörspiele des Rundfunks, die absolut prägend waren, für die gesamte Branche. Das war zum einem sicher H.G. Wells Novelle „Krieg der Welten“, die 1938 in New York zu einer Massenpanik führte. Allein diese Produktion machte deutlich zu welchen Ergebnissen ein Hörspiel führen kann. Eine gute Umsetzung ist maßgeblich. Beim Hörer entstehen die Bilder im Kopf, und es baut sich eine eigentümliche Atmosphäre auf. Diese kann so real wirken, dass der Hörer glaubt Teil der Geschichte zu sein. Sie wird als wahr empfunden.

Das andere sehr geschätzte Hörspiel stammt aus Deutschland und wurde erstmals 1951 ausgestrahlt. Unter den Sprechern befand sich Inge Meysel.  Die Produktion war von Günther Eich und trug den Titel „Träume“. Auszug aus dem Inhalt: Der erste Traum handelt von einer Familie, die sich schon seit einigen Jahrzehnten in einem Güterwaggon aufhält. Die einzige Verbindung zur Außenwelt ist ein schmaler Schlitz durch den ihnen schimmliges Brot gereicht wird. Das Hörspiel umfasst jene Dialoge, die zwischen den drei Generationen (Uralte, Eltern, Kinder) in diesem fahrenden Gefängnis stattfinden. Die Großeltern erinnern sich nur vage an die alte Welt, die sich außerhalb des Zuges befinden soll, und erzählen den Enkelkindern von ihren verblassten Erinnerungen. Plötzlich erscheint ein schmaler, leuchtender Streif am Boden des Waggons. Ein Loch ist in der Wand des Waggons entstanden. Licht fällt herein. Die Alten spähen durch die schmale Öffnung, ein Lichtblick, und sie erkennen die Alte Welt, an deren Existenz sie selbst schon zweifelten. Doch die Menschen, die sich außerhalb befinden, sind groß wie Riesen. Aus Angst und Misstrauen der fremden Welt gegenüber beginnt die Familie das Loch zu verschließen. Das Rattern der Zugräder wird lauter.

Der zweite Traum, der von empörten Rundfunkhörern am öftesten genannt wurde, spielt in einer Wohnung in China. Ein Elternpaar, das sich auf eine Annonce meldet, schlachtet seinen Sohn, weil ein alter Mann dessen Blut benötigt. Das Hörspiel beschreibt, wie das Kind auf heimtückische Art und Weise in die Küche gelockt und erstochen wird.  Ein weiterer Traum handelt wiederum von einer Familie und spielt in einer schönen Wohnung in New York. Während des Hörspiels ist ein seltsames Rauschen zu vernehmen, dessen Ursache lange Zeit ungeklärt bleibt. Fest steht, dass dieses Rauschen lauter wird und immer näher kommt. Die junge Ehefrau erklärt ihrer Mutter, die kurz auf Besuch ist, dass das Geräusch von den Termiten herrühre, die Tag und Nacht das Haus zerfressen. Eines Tages kommt der Ehemann von der Arbeit nach Hause und entdeckt seine Frau tot in ihrem Bett. Sie ist ausgehöhlt, wie das Bauwerk ringsum. Auch der Ehemann selbst spürt seine innere Leere, ehe kurz darauf, während eines Gewitters, das ganze Haus in sich zusammenstürzt.


Die Zuschauer waren empört über die derbe Handlung des Hörspiels und machten ihren Unmut mit Anrufen beim Sender Luft. Die Kritiker hingegen waren überzeugt davon, dass dieses Hörspiel einen Weg aufzeigte, eine Marschroute für Hörspielinhalte der Zukunft. Denn von nun an war klar, dass die Leute etwas Nettes wollten, in der schweren Zeit.

Es kamen die kommerziellen Abenteuerhörspiele von EUROPA und BASF, die zum Grossteil Konrad Halver mitproduzierte. Es kamen aber auch viele Jugendhörspiele, da man Kinder als Konsumenten des kommerziellen Hörspiels am besten erreichen konnte. Auf einmal hatte das Hörspiel den Ruf, als Kinderkram verschrien zu werden. Erst in den Achtziger Jahre wagte man sich wieder an härtere Themen und produzierte in besseren Zeiten, auch wieder Hörspiele für Erwachsene. Diesmal auch Horror. Alles erschien auf Langspielplatte oder Musikkassette. Später nur noch auf Kassette. Heute wiederum fast nur noch auf CD.

Den Rest kennen wir. Das kommerzielle Hörspiel kam nach einer kurzen Flaute in den neunziger Jahren, wieder zur neuen Blüte und erfreut sich momentan einer gewissen Beleibtheit. Im Vordergrund stehen dabei Krimis und Fantasyproduktionen. Die Computertechnik macht das Produzieren von Hörspielen zudem sehr einfach und neben einer großen Lobby von Fans verfügt das Hörspiel auch über sehr viele Macher.

Und das Radihörspiel? Auch das gibt es noch und es läuft im Moment auch besser als je zuvor. Viele der Radiohörspiele werden später gepresst und kommerziell auf CD verkauft. Umgekehrt fließen auch kommerzielle Produktionen in Radioprogramme ein. 

Quellen:
Die Geschichte des Hörspiels von Robert Fellner, Artikelarbeit der Universität Wien
eigene Beobachtung.

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