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Neue Recept-Sammlung ... ...zu schwarzen, rothen, grünen und andern Tinten - Bibliophile Schätzchen

Bibliophile SchätzchenNeue Recept-Sammlung...
...zu schwarzen, rothen, grünen und andern Tinten - von Bibliophilen Schätz(ch)en

Es ist erstaunlich über was man so alles stolpern kann. 

In der Anna Amalia Bibliothek in Weimar steht ein historisch nicht uninteressantes Buch - wenn es sich auch mit einem Aspekt der Geschichte beschäftigt, der wenig mit großen Feldherren oder dramatischen Geschehnissen zu tun hat. 

Es geht um die Herstellung von Tinten der unterschiedlichsten Farben, von Geheimtinten und unauslöschlichen Tinten und Siegelwachse.

Man weiß noch nicht einmal genau wer der Autor dieses Buches ist, das 1830 bei Heinrich Ehlers erschienen ist. Als Herausgeber wird J.C. Wegner genannt. Es hat 36 Seiten und beschäftigt sich, wie bereits erwähnt, mit dem Thema der Herstellung von Tinten. Auf Nachfrage in der Bibliothek konnte man mir in der Tat mit der Identität des Autoren / Herausgebers nicht weiterhelfen. So bleibt dies im Dunkeln...

Heute ein Artikel den man (fast) überall kaufen kann, war das früher anders. Da war es durchaus selbstverständlich seine Tinte selbst zu fertigen, und die Materialien hierfür sind für uns heute teilweise exotisch und eher unbekannt, teilweise in jeder Küche oder zumindest Haushalt zu finden.

Das Inhaltsverzeichnis umfasst:
      I. Abtheilung. Zubereitung schwarzer Tinten
      II. Abtheilung. Zubereitung rother Tinten
      III. Abtheilung. Zubereitung grüner Tinten
      IV. Abtheilung. Zubereitung verschiedener anderer Tinten
      V. Abtheilung. Mit Gold, Silber ... zu schreiben
      VI. Abtheilung. Sympathetische Tinten
      VII. Abtheilung. Verfertigung des Siegelwachses 

Im Vorwort findet sich folgender Absatz:

Die schwarze Tinte ist in unsern Zeiten, Cultur-Zustande und Lebens-Verhältnissen neben der Buchdruckerei, nicht nur ein sehr nothwendiges, sondern vorzüglich wegen Fortdauer der Schriften ein sehr wichtiges und wohl zu beobachtendes Hülfsmittel, um die Erscheinungen und Aeußerungen der geistigen wie der Körperwelt für die Gegenwart und Zukunft genau festhalten und mittheilen zu können; und sie verdient daher dieser ihrer wichtigen Zwecke wegen, wirklich mehr Sorgfalt und Beachtung, als ihr gewöhnlich und im Allgemeinen gewidmet wird.

Abbildung Historische Zeichnung GallapfelDie Ingredenzien der Tinten klingen für uns exotisch: Eisen-Vitriol, aleppische Galläpfel, Blauholz, Gummi Tragant oderFernambuckspäne. Hinter diesen Begriffen verbirgt sich:

  •  Eisen-Vitriol - Eisen-Sulfat, entsteht durch die Erhitzung von pulverisiertem Eisen in Schwefelsäure - gesundheitsschädlich. Ein Abfallprodukt in Erzbergwerken.
  •  aleppische Galläpfel - eine kugelige, von Gallwespen erzeugte Eiablage. Die Wespen stechen ein Blatt an, besonders Eichen, und legen dort ein Ei ab. Galläpfel waren über lange Zeit ein wichtiger Handeslartikel, da sie Gerbstoffe enthalten, die in Färbereien oder der Medizin verwandt wurden2.
  •  Blauholz - Färbeholz, gewonnen aus dem Blutholzbaum, auch Campechebaum genannt. Aus der Familie der Johannisbrotgewächse. Vorkommen überwiegend in Zentral- und Südamerika.
  •  Gummi Tragant - Harz der Tragantpflanze. Vorkommen vorwiegend heutzutage im Iran, der Türkei, China und Mongolei. Heute findet es vielfältig Anwendung als Verdickungs- und Bindemittel im Lebensmittelbereich, bei der Herstellung von Lacken und Farben oder Textilien.
  •  Fernambuckspäne - besonders schönes brasilianisches Holz, aus Fernambucco, einer brasilianischen Stadt stammend. Aus den roten Spänen wird ein Farbstoff für rote Tinte hergestellt3.

Eines der Rezept für schwarze Tinte nennt sich "Schwarze Dresdener Tinte".

Man nehme 2 Pfund aleppische Galläpfel, ½ Pfund Eisen-Vitriol, 12 Loth arabisches Gummi, 4 Loth Grünspan und 4 Loth Alaun. Diese Species, wenn man sie zu Pulver zerstoßen und eine kleine Hand voll gewöhnliches Küchensalz darunter gemengt hat, werden untereinander gemischt. Alsdann thut man dieses in einen unglasurten Topf und schüttet 2 Maaß Bieressig darauf. Wenn dieses nun zwei Tage gestanden, so gießt man 2 Maaß Regenwasser dazu, rühret diese Masse täglich mehrmals um, und nach Verlauf von 8 Tagen gießt man die flüssige Materie ab.

Bereits in Tintenrezepten aus dem Mittelalter werden eine Vielzahl der Zutaten erwähnt, die auch in diesem Buch genannt werden, so zum Beispiel die Galläpfel. Diese waren die wesentlichen Bestandteile für die Eisenglallustinte, sehr ähnlich der Dresdener schwarzen Tinte, und die gebräuchlichste Tinte. Für die tiefschwarze Färbung sorgen die Galläpfel, die mit der schwefelhaltigen Flüssigkeit diese Färbung annehmen. Das älteste bekannte Rezept für Gallustinte stammt aus dem sogenannten Altazeller Codex, einer Handschriftensammlung, aus dem Jahr 1412.

Ein halbwegs umsetzbares (weil mit erlangbaren Zutaten hergestellt) Rezept für eine grüne Tinte schildert der Herausgeber hier:

Grünspan reibe auf einem Reibesteine, thue ein bischen Honig und ein wenig Safran dazu, und destillire es mit saurem Wein oder Weinessig.

 

Der Gebrauch von blauer oder grüner Tinte war lange Zeit eher ungewöhnlich. Im alltäglichen Einsatz waren vor allem die schwarze Tinte das Element der Wahl.

Feder mit Federhalter aus Finnischer FichteNeben den alltäglichen Rezepten beschreibt das Buch auch einige Tinten, die wirklich ungewöhnliche Einsatzmöglichkeiten boten, zum Beispiel eine Tinte mittels der man mit Metall auf Holz oder auf Stein schreiben kann - gar nicht so verschieden von den Ideen heutiger Zeiten, möchte man meinen. 

Eines der Rezepte schildert die Herstellung einer Tinte aus Gold oder Silber. Ich habe es noch nicht ausprobiert, kann mir aber vorstellen, dass man mit den im Bastelbereich erhältlichen Blattgoldblättchen durchaus mal einen Versuch starten könnte:

Gold- oder Silber-Tinte zu machen.
Dazu dient folgendes Recept: man nehme geschlagenes Blattgold oder Silber, und reibe es auf einem Reibesteine mit weißem feinem Zucker [23] zu Pulver. Nachdem thue dasselbe in ein großes Glasgefäß und mische es mit Wasser. Das Gold oder Silber sinkt durch sein Gewicht zu Boden, und der Zucker löset sich im Wasser auf. Darnach gieße man die Flüssigkeit ab, und wasche das übriggebliebene Pulver von neuem im Wasser, bis alles Zucker daraus ausgezogen; trockene das Pulver, welches dann äußerst glänzend erscheint. Soll damit geschrieben oder gemalt werden, so macht man dasselbe mit einer Auflösung arabischen Gummi’s an, und die Tinte ist fertig. Wenn damit geschrieben ist und sie ist trocken, so kann sie mit einem Hundezahn polirt werden.

Wirklich interessant finde ich die Frage, warum mit einem Hundezahn poliert werden soll.

Dann wird es spannend: Im sechsten Abschnitt finden sich Rezepte für sogenannte "sympathetische" Tinten. Laut Buch versteht man darunter Flüssigkeiten mit denen man schreiben kann, ohne dass die Buchstaben selbst sichtbar sind. Über verschiedene Wege muss man die Farbe erst "erzeugen", um den Text lesbar zu machen. Dies kann eine Flüssigkeit oder ein Dampf derselben sein, Lufteinfluss, die Behandlung mit einem Pulver, Abkühlen des Dokumentes oder die Behandlung mit Wasser.

Keines der dort beschriebenen Rezepte ist auch nur ansatzweise für die Nachahmung geeignet - zu giftig sind die verwendeten Materialien. 

Allerdings gibt es ein Rezept, das sich zum Ausprobieren durchaus anbietet:

Auf einem ganz schwarzen Papiere eine verborgene Schrift sichtbar zu machen.
Man rühre den Dotter von einem Ei in einer Tasse mit etwas Wasser, bis es zum Schreiben flüssig genug ist. Mit selbigem schreibe man auf ein Blatt Papier, was man beliebet, und lasse es gut abtrocknen. Sodann streiche man über die Schrift mit einem in Tinte getauchten Pinsel her, und läßt es trocken werden.
Wenn man nun die auf solche Art verborgene Schrift entdecken will, so schabt man mit einem Messer auf der Seite, wo sich die Schrift befindet, so lange auf dem Papiere hin und her, bis die mit Tinte überstrichenen Buchstaben völlig abgesprungen seyn werden, worauf das Geschriebene gelblich zum Vorschein kommen wird.

 

Das Buch endet mit drei Rezepten für die Herstellung von Siegelwachs. 

 

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