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# 68: Schnitzel, Bommerlunder und Bier

As Time Goes By# 68: Schnitzel, Bommerlunder und Bier

Rolf Michael hatte sich in Kehdingen angesagt. Es war am nächsten Tag ein Treffen geplant und wir wollten uns noch ein wenig austauschen. Er fuhr damals schon längst nicht mehr den Daimler, sondern den wesentlich bescheideneren "Yugo", einen Fiatnachbau aus Jugoslawien, der im Zuge des Bürgerkriegs den Bach runterging, weil Panzer statt PKW gebraucht wurden. Aber: In Kehdingen, genauer gesagt in Bützfleth, hatten wir eine Werkstatt der Marke. Sie wurde nicht gebraucht, aber es war gut zu wissen, dass die Exoten unter den Automobilen Einzug gehalten hatten in die tiefe norddeutsche Provinz.


Als er bei mir eintraf, hatte ich gerade meine Beiträge für die Zeitung der Fußballabteilung meines Sportvereins, die SVD-News (wo ich unter Pseudonym "Cäpt'n Nuss" – benannt nach einem Nuss-Nougat-Brotaufstrich der Siebziger, die dem Produktrevival aus dieser Zeit bisher entgangen ist – fungierte), fertig und um Rolfs und dem Hund seines Bruders einen Gefallen zu tun, machten wir uns per pedes auf die Socken, um die Materialien abzugeben.

Als das geschehen war, sagte ich, wir könnten eben in das Vereinslokal "Gasthaus Offe" in Dornbusch gehen, um ein oder zwei Gerstenkaltschalen und ein Schnitzel mit Fritten einzufahren. Heiner Offe, der Wirt, ist ein Guter und mir hat es da immer Spaß gemacht. Er ist für jeden Gag zu haben. Man muss da sehr vorsichtig sein. Wer Heiner sagt, er hätte so einen Durst, er könne ein Eimer Bier trinken, der kriegt dann auch einen. Ein anderer meinte mal, er könne noch einen Riesenpfannkuchen verzehren, woraufhin Heiner seine Paellapfanne bemühte ...

Wir also die paar Schritte vom Sportplatz gemacht und mit Hunden ab in die Kneipe. Das Essen wurde geordert. Das erste Bier bestellt und weil wir vom langen Marsch Durst hatten, sehr schnell getrunken. Dann brachte Heiner das zweite Bier und alsbald auch das Essen (und seine Teller sind wohl gefüllt). Das dritte Bier nach dem Essen und einen Aquavit aus medizinischen Erwägungen zur Verdauung geordert. Man stellte jedoch fest: Es schmeckte. Ein Bier noch, ach ja und noch einen Aquavit (den guten Linie, der über den Äquator fuhr) und dann noch ein Bier und zur Abwechslung mal einen Bommi mit Pflaume. Und weil er so scheußlich schmeckt, noch ein Helles zum nachspülen.

So ging das eine ganze Zeit und wir arbeiteten heftig daran, betrunken zu werden. Dazu sabbelten wir in einer Tour. Mittlerweile waren auch die Sportskameraden von der Redaktion und der Mannschaft eingetroffen. Störte uns nicht weiter. Wir waren mittlerweile ziemlich dicht.

Und dann erschien Heiner am Tisch mit einer Flasche, die ich nur allzugut kannte.

Grün!

Das war eine Signalfarbe. Den Trank haben wir immer bekommen, wenn wir verloren hatte. St. Margarethen – ein Darmlikör mit ca. tausendfünfhundert ganz üblen Kräutern und jeder Menge Alkohol. Schmeckt scheußlich und hat üble, ganz üble Folgen. Grausig. Ich winkte ab und bekam einen Bommi mit Pflaume, aber Rolf griff begeistert zu, und nach dem St. Margarethen seine Zunge berührte, kämpfte sein Schnitzel um den Weg nach oben. Aber noch konnte er sich beherrschen. Mir war inzwischen klar, dass ich über die Zunge lachen würde (ich konnte klaren Alkohol, mit Ausnahme von Wodka, nie in größeren Mengen ab). Aber nun war klar, dass es auch den Rolf erwischen würde.

Wir sind zu Fuß unter Absingen von Liedern aus dem 1. Weltkrieg nach Hause gegangen. Ich legte mich hin, aber nach zwei Stunden mehr oder minder schlechten Schlafes siegte der Alkohol, der klare, und ich mußte mich heftigst übergeben. Als ich den Locus stürmte kam mir der erbleichte Rolf Michael entgegen, dessen Magen vor meinem aufgegeben hatte.

Unser Termin am nächsten Tag sah zwei müde Krieger und das wars dann auch. Richtig produktiv waren wir nicht ... Aber wir haben am nächsten Tag bei Heiner gegessen: Wildragout, sein Mittagstisch an diesem Tag. Für vier Personen, inkl. Getränke, kostete der Spaß 54,00 DM. Andernorts wäre das Drei- bis Vierfache fällig gewesen und beim Essen kam das Leben zurück zu mir.

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