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# 100: Stardust Memories

As Time Goes By# 100: Stardust Memories

Was macht der Verfasser zur hundertsten Ausgabe einer Kolumne über die Erlebnisse im Laufe von mehr als drei Jahrzehnten im Fandom?

Man erinnert sich an den Dreizehnjährigen, der schon längst Fan war, als er sich auf sein Fahrrad schwang und eiligst zum Briefkasten raste, um Mitglied im Dan Shocker’s Fantastik Club „Marlos“ zu werden. Dieser naive Junge, der jeden Dan-Shocker-Roman verschlang, der ihm in die Hände fiel und der auch sonst alles las, was ihm an Horror in die Hände fiel, wollte Fanclubmitglied werden. Der Junge, der sich jeden Montag, wenn die neuen Hefte bei Papier-Kröhnke (der Laden, der Schulbücher, Schuhe, Zeitschriften, Schreibwaren und Romanhefte führte, ist längst geschlossen und durch einen Geschenke-Shop und eine Dönerbude ersetzt) in Drochtersen auslagen, unerlaubt vom Schulgelände entfernte. Er holte dann seine Heftromane, die zurück gelegten. Das waren immer so zehn bis fünfzehn Stück und freute sich, dass seine Mutter das Hobby übers Taschengeld hinaus subventionierte.


Der Junge, der zwanzig Kilometer mit dem Fahrrad nach Stade fuhr, um auch das Fahrgeld im Stader Antiquariat in Heftromane umsetzen zu können. Immerhin musste auch der Dämonenkiller, der Gespenster-Krimi, Vampir-Horror, Monstrula, die Geister-Krimi von Andrew Hathaway und Professor Zamorra und anderes beschafft und Lücken geschlossen werden.

Dieser Dreizehnjährige, der von seinen Freunden den Spitznamen Hexen Hermann verpasst bekam, weil er Horrorromane ohne Ende las: Unter der Schulbank (und trotzdem dem Unterricht folgte), vor dem Schlafen, auf dem Lokus, im Bus, auf dem Weg zu Auswärtsspielen, in diversen Pausen und wo immer sich Gelegenheit ergab.


Ich mochte 15 oder 16 gewesen sein, als ich knapp über tausend Heftromane besaß und meine Kumpels mir Titelbilder zeigten und ich in 99,9 % aller Fälle zu sagen wusste, welcher Roman sich da hinter verbarg und eine kurze Inhaltsangabe geben konnte.

Trotzdem war ich mit diesem Hobby allein in der tiefen Provinz der nördlichen Obstmarschen am niedersächsischen Elbufer, kurzum im Lande Kehdingen. Nur wenige wollten ansatzweise mitmachen und lasen hier und da mal einen, aber der Funke sprang eigentlich bei keinem wirklich über. Ich war absolut einsam, was das anging. Der Außenseiter, eben... Leser, Sammler, Fan...

Immerhin gab es da noch den Fußball und da war ich nicht allein. Ein recht talentierter Torwart war ich (obwohl ich Stürmer sein wollte und im ersten Jahr bei den Knaben (D-Jugend) rechter Verteidiger spielte). Jugendtrainer von mir glauben noch heute, wenn ich das Spiel mit mehr Ehrgeiz betrieben hätte, dann wäre eine Karriere in hohen Amateurligen, der 2. Liga oder gar der Bundesliga denkbar gewesen. – Ja wenn, aber den Ehrgeiz hatte ich nicht. Immerhin spielte ich mit 13 unter anderem Namen in der A-Jugend, mit 14 dann unter eigenem Namen fest (und holte die Kreisplakette mit der Mannschaft; ich hielt einen Elfmeter und der Abschlag leitete das Siegtor ein, wir schlugen die über vierzigmal ungeschlagene Mannschaft aus Freiburg gleich zweimal (im Pokal und im Auswärtspunktspiel und im Heimspiel erkämpften wir ein Unentschieden) und stiegen letztlich in den Bezirk auf. Eine großartige Zeit. Ich wollte zwar immer gewinnen, aber habe immer nur Spaß am Fußball gesucht und gehabt. Da war nicht de Wunsch meinen Heimatverein, den SV Dornbusch zu verlassen (obwohl es Angebote gab). Mit Dreißig beendete ich dort meine ‚Karriere’. Immerhin reichte es im August 1984 zu der Bemerkung, des damals für Fortuna Düsseldorf in der Bundesliga spielenden isländischen Nationalspielers Atli Edvaldson „Dickes Mann im Tor hält alles.“ Dabei wog ich damals nur 95 Kilo. Aber immerhin, ich kassierte in 45 Minuten nur 6 Tore und habe ein paar schwierige Bälle gehalten. – Aber wenn man Profi werden will darf man nix anderes als den Fußball im Kopf haben. Das war bei mir nie so. Immerhin hatten wir im SVD seinerzeit ne geile Zeit und ich denke gern daran zurück. Der Fußball machte aus dem Außenseiter einer, der dazu gehört, ein Zwitterwesen.

Das Interesse am Horror-(Heftroman), der Fantasy (die ich mit Dragon und Terra Fantasy entdeckte) und der SF (die ich durch Perry Rhodan und insbesondere Raumschiff Promet aka Arn Borul entdeckte) konnte ich nicht wirklich mit Jemanden vor Ort teilen.

Da war die Gründung des Clubs durch Dan Shocker etwas ganz besonderes. Dort, egal wo, würde der Junge Gleichgesinnte finden, die auch jeden Roman von Dan Shocker verschlingen würden. Daher raste der Junge wie ein Bescheuerter zum Briefkasten und war seine Anmeldung, zur Sicherheit auch abgezeichnet von seiner Mutter, in den Briefkasten und blieb solange, bis ein Postler sie abholte und mir versicherte, der Brief würde morgen in Altenstadt sein. Der Atlas sagte dem Jungen, dass das irgendwo bei Hanau (eben da, wo Dan Shocker seine „Müll-Monster“ hatte spielen lassen) und Frankfurt lag.

Es entstanden aus dem Beitritt Brieffreundschaften und sie vergingen (meistens durch meine Schuld). Ich bin ein ausgesprochen fauler Briefschreiber. Zum Glück war das Norbert Aichele auch (so nahm er es mir nicht übel), aber er wohnte nur Sechzig Kilometer entfernt. Da traf man sich eben des Öfteren, durchstreifte Antiquariate, sah Videos (Norbert war stolzer Besitzer eines Beta-Max und ich erinnere mich an mindestens zwei Raumpatrouille Marathon, an Sindbads 7. Reise, an Am Wannsee ist der Teufel und andere Filme,) oder gründete den Zauberspiegel. Aber das kam alles in den nächsten fünf Jahren – bis zum 18. Lebensjahr.

Das wusste der Junge alles nicht, als er dreizehn war und vom Briefkasten nach Hause radelte. Doch er hatte die geheime Hoffnung, dass es so kommen würde.


Ich wollte auch Treffen besuchen und wäre Unterwössen zeitlich nicht so mies gelegen (die Saison ging los und ich war Stammtorwart der A-Jugend und wir waren in den Bezirk aufgestiegen), wäre ich Norbert schon früher begegnet, denn Gustav Gaisbauer veranstaltete dort den 1. Marlos-Con (parallel zum Fest der Fantasie und zum Jahrestreffen des SFCD). Auch 1980 lag der Marlos-Con ungünstig. Er kollidierte mit dem Spitzenspiel der A-Jugend-Bezirksklasse IV JSG Cuxhaven gegen den SV Dornbusch... Aber 1981 passte alles, spielfrei und auch sonst nichts vor. Uwe Schnabel lud nach Frankfurt.

Dort lernte ich dann Dan Shocker kennen. Zum Glück war ich schon ein wenig abgeklärter als noch mit dreizehn Jahren. Sonst hätte ich wohl nur bewundernd auf den Meister geblickt und wäre vor Freude High gewesen. Und ich wage mir gar nicht vorzustellen, wie der neun- oder zehnjährige Junge reagiert hätte.

In Frankfurt 81 traf ich dann neben Dan Shocker und Norbert auch auf Hans Klipp, Rolf Michael und W. K. Giesa und erlebte wie Jürgen vom Herrscher von Helleb (Hans), dem Statthalter (Rolf) und dem Reichsbaron (W. K.) in den Stand eines Reichsbarons erhoben wurde (was Helleb war, wird Euch Rolf mal in einer Teestunde erklären). Nicht ahnend, dass ich 1990 ebenfalls zum letzten Reichsbaron werden sollte.

Ja, hätte ich das alles gewusst, als ich Dreizehn war... Ich hätte mir Vorfreude ein Loch in den Bauch gefreut.

Dann kam das Frühjahr 1982 und der legendäre Wohnungscon bei Dieter Hoven, wo Norbert und ich die Ehre hatten, Jürgen Grasmück und seinen Rollstuhl die Treppen hoch zu wuchten. Wo ich Jason Dark interviewte und das Tondokument leider vernichtet wurde. Und das war erst der Beginn für viele weitere Erlebnisse von denen ich schon neunundneunzig Mal erzählt habe und wohl noch etwa hundertfünfzig Mal erzählen werde…

Davon träumte der Junge noch, als er das Fahrrad im zarten Alter von Dreizehn wieder auf die Auffahrt lenkte. Da waren diese Autoren für ihn ferne Gestalten im Olymp. Die hätten auch auf dem Mond wohnen können… So fern waren sie. Mit Dreizehn standen diese Menschen noch in einer Reihe mit den noch ferneren US-Filmstars. Sie waren für ihn Giganten.

Das ist lange her und der Dreizehnjährige ist mittlerweile vierundvierzig und hat jede Menge erlebt gesehen, Sachen für mich behalten müssen (obwohl ich gestehe: Meiner Mutter habe ich so manches erzählt, aber die interessierte das nicht und hatte die Geheimnisse gern und oft binnen Tagesfrist vergessen.), habe mich gezofft, gefeiert Fanzines gemacht, mittlerweile auch professionell geschrieben. Das ist ein toller Teil meines Lebens. Und das soll das Fandom auch bleiben, auch wenn ich mit meinen Mitfans alt werde.

Aber: Das Fandom, Cons und alles was dazu gehört ist ne tolle Erfahrung. Macht mit...

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