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Der Meister der Insel-Zyklus

Der Meister der Insel-Zyklus
Karl Herbert Scheers Meisterwerk


Man schrieb das Jahr 1965, die Perry Rhodan Serie lief inzwischen fast vier Jahre. Aus der erst für 25 und dann nach den Anfangserfolg auf 50 Ausgaben angedachten SF-Serie aus dem Hause Moewig war ein bisher noch nie dagewesener Kassenschlager geworden, der sich nun anschickte, mit einer wöchentlichen Auflage von über 300.000 Heften die Nr. 200 zu erreichen.


Für diese Jubi-Nummer und für die nachfolgende Handlung hatte sich der Chef und Exposeautor KH Scheer etwas Besonders ausgedacht. Seine wackeren Terraner sollten unter der Führung von Perry Rhodan in die Nachbargalaxis Andromeda vorstoßen. Und das dazu nicht einfach profan mit dem in der Sf sonst üblichen: „Dann fliegen wir hat mal da hin“, sondern mittels eines gewaltigen Transmitters, bestehend aus sechs zu einem Kreise angeordneten Sonnen, die ein zunächst unbekanntes Volk in der Nähe des Milchstraßenzentrums installiert hatten. Auf die ersten Spuren diese Volkes waren Rhodan und seine Getreuen schon gut 70 Serienjahre zuvor in den Romanen um den Obmann von Plophos gestoßen. Jetzt führte sie die Suche nach weiteren Hinterlassenschaften in das Zentrum der Milchstraße und dann mehr oder weniger unfreiwillig mit ihrem Raumschiff in einen riesigen Transmitter und auf die Straße nach Andromeda.

Mit dem gleichnamigen Roman der Nr. 200 der PR-Serie beginnt dann auch das bis zu diesem Zeitpunkt größte Abenteuer für Rhodan und Co. und ein Zyklus, der bis heute als der beste der jetzt schon über 60 Jahre laufenden Serie gilt und immer noch bei vielen Leser als Maß aller Rhodan-Dinge angesehen wird. Waren bisher die Handlungszyklen eher in Blöcke von 20 bis 30 Hefte angelegt worden, sollte diesmal der Handlungsbogen gleich über 100 Hefte gehen. Zurückblickend stellt sich aber heute die Frage, ob Scheer die Handlung schon direkt am Anfang über 100 Hefte durchgeplant hatte, oder nach dem Motto, „schauen wir erst mal wie der Zyklus läuft“ auf nur 50, was für damalige Zeiten auch schon eine Heftsensation war. Nie zuvor hatte es etwas Vergleichbares gegeben, d.h. eine fortlaufende wöchentlich erscheinende Serie, an der ein ganzes Autorenteam anhand von Exposes arbeitete.

Scheers Kopf muss geraucht haben, als er der ersten Großzyklus der PR-Serie und Helftromangeschichte entwarf. Seine Frau Heidrun hämmert auf der Schreibmaschine die Abschriften der Exposés mittels Kohlepapier gleich in siebenfacher Ausfertigung zu Papier und dann ging alles mittels Post zu den Autorenkollegen. Legendär dabei Scheers Vollgasfahrten auf den letzten Drücker zum Spätbriefkasten am Frankfurter Hauptbahnhof. Dort parkte er dann gerne in der zweiten Reihe. Während seine Frau dort mit laufenden Motor auf ihn wartet, sprintete er in den Bahnhof um die Exposés einzuwerfen, wobei er auch ab und an dem Postbeamten, der den Briefkasten leerte noch hinterherlief, weil der schon pünktlich seinen Job erledigt hatte.

Dass bei dieser Prämiere und zeitgebundenen Arbeitsweise sich der eine oder andere Fehler, Logikbruch und offener Handlungsfaden einschlich, ist verständlich. Die Kommunikation mit den Autorenkollegen lief weitgehend via Post oder Telefonate, die zum Teil noch aus Telefonzellen anriefen und auch gerne mal in Romanen nicht ganz dem vorgegeben Exposépfad folgten. Aber gerade die kleinen Wiedersprüche und losen Fäden machen den Zyklus auch interessant für Gedankenspiele und weitere Publikationen.

Kaum ein anderer Zyklus findet sich dann auch noch so oft in der PR-Serie wieder. Die mit Abstand meisten PR-TB, damals Planetenromane genannt, spielen in den MdI-Zyklus hinein. Und auch in den PR-Ablegern d.h. Miniserien, der Atlan-Schwesterserie und Taschenbüchern sind die Meister der Insel immer mal wieder zu finden, genau wie immer mal wieder bis heute in den Romanen der Erstauflage. Das berühmteste PR-TB, d.h. der am meisten gesuchte und gekaufte Roman aus der Serie der Planetenroman mit dem Titel der Schmied der Unsterblichkeit, ist ein MdI Roman, den ich persönlich nicht mal für besonders gelungen halte, aber dieser Roman ist ein Beispiel dafür, wie sehr die Legende Meister der Inseln durch die Jahrzehnte die Leser interessiert, obwohl es in der Geschichte der PR-Serie einige sehr gute Zyklen gegeben hat, die aber kaum besonderen Widerhall im PR-Kosmos gefunden habe.

Ich selber war dann an einer PR-Fanserie beteiligt, die es immerhin auf 12 bzw. sogar 14 Taschenbücher gebracht hat, die sich ebenfalls mit dem Mythos MdI beschäftigen und dabei einige der losen Handlungsfäden wieder aufnehmen und zu Ende bringen. Wir lassen dabei sogar auch eine Figur aus dem Schmied der Unsterblichkeit wieder auferstehen, obwohl wir den in diesem Roman angebotenen Erklärungen in Sachen Entstehung der MdI eher fanskeptisch gegenüberstehen.

Aber bevor ich in Fangefilde abschweife, worum geht es eigentlich in dem ursprünglichem Heftzyklus? Für wirklich Interessierte kann ich hier die entsprechenden Seiten in der PerryPedia empfehlen. Aber es wird dann auch nicht jeder verstehen, warum dieser Zyklus selbst heute noch so bekannt ist und gehypt wird. Fakt ist, dass Scheer es damals schaffte, eine Handlung um ein Geheimnis aufzubauen, das dann Stück für Stück gelöst wird. Dabei wird ein Ideenfeuerwerk abgebrannt, aus dem heutige Exposeautoren nicht nur 100, sondern mindestens 200 Romane machen würden.

In groben Zügen geht es um folgendes: Rhodan und seine Getreuen werden in Heft 200 unfreiwillig mit dem Flaggschiff der Solaren Flotte, der CREST II, durch einen Sonnentransmitter in Richtung Andromeda abgestrahlt. Aber die Straße nach Andromeda, wobei Scheer später schrieb, die Sonnentransmitter wären die Idee eines Fans gewesen, ist nicht so einfach zu benutzen, und so kommt die CREST zunächst zwischen den Galaxien in einem Sicherungssystem heraus. Ein Weg aus eigener Kraft ist auf Grund der Entfernung nicht möglich, und so muss sich die Besatzung den Gefahren des Twinsystems und dann der Etagenwelt Horror stellen. Zwar gelingt nach einigen Abenteuern der Rückweg in die Milchstraße, aber die Terraner haben die Wächter der Straße geweckt und bekommen dann gleich eine ganze Raumflotte hinterhergeschickt. Nach einigen Auseinandersetzungen machen sich die Terraner dann die Transmitterstraße zunutze und dringen ihrerseits in Richtung Andromeda vor. Inzwischen haben sie erfahren, dass die Nachbargalaxis von einer Macht, die sich die "Meister der Insel" nennt, beherrscht wird und die gnadenlos nicht nur gegen Eindringlinge, sondern auch alle anderen Völker vorgeht, die irgendwie ihren Unwillen erregen.

Rhodan und seine Flotte, erreichen schließlich die beiden Andromeda vorgelagerten Zwerggalaxien Ando-Alfa und –Beta. Dabei bedienen sich die Terraner u.a. eines ausgehölten Asteroiden als Transportmittel, um ein Hilfsvolk der Herrscher von Andromeda auszutricksen.

Rund 50 Hefte dauert es, bis die Terranische Andromeda-Interventionsflotte, trotz zahlreicher Gefahren und Hindernissen, dann wirklich Andromeda selber erreicht. Der Weg dahin war steinig und auch in der Milchstraße schickten sind alte Feinde an, den Terranern das Leben schwer zu machen, aber es kamen auch alte Freunde zur Hilfe und es wurden neue Freunde und Verbündete gefunden.

Mit seinen neuen Flaggschiff, der CREST III, einem Giganten von Schiff, dringt Rhodan dann in die Zentrumzone, in das unmittelbare Machtzentrum der Meister, vor. Hier wird es dann endgültig ernst für die wackeren Terraner auf ihrem Kreuzzug gegen das Böse. Waren bisher die Anstrengungen der MdI die lästigen Eindringlinge los zu werden eher etwas planlos und automatisch erfolgt, nahmen sich die Herrscher von Andromeda nun endgültig selber dem Problem an. Die Terraner mussten erkennen, dass sie es nicht nur mit einem Gegner zu tun hatten, der über überlegende technische Fähigkeiten und zahlreiche Hilfsvölker verfügte, sondern darüber hinaus noch über, dank der Möglichkeit Material und Lebewesen zu duplizieren, unendlichen Nachschub. Dem nicht genug, die MdI verfügten über Zeittransmitter, die es ihnen erlaubten, in der Vergangenheit Vorkehrungen für Ereignisse in der Gegenwart zu treffen. Eigentlich waren die MdI unbesiegbar, aber wie oft, wenn Mut auf Macht trifft und mit Herz und Verstand kämpfende Männer auf bloße Befehlsempfänger, gibt es kein "eigentlich", und abgerechnet wird immer zum Schluss.

Der Schock für die Terraner ist groß als sie erkennen, dass ihre härtesten Gegner Menschen sind. Anschießend gerät Rhodans Flaggschiff in einer Falle und wird via Zeittransmitter 50.000 Jahre in die Vergangenheit und zurück in die Milchstraße katapultiert. Hier erfahren die Terraner die Geschichte der ersten Menschheit, die zu dieser Zeit vor einem erbarmungslosen Gegner die Ende verlassen und nach Andromeda fliehen musste. Auf der in Trümmern liegenden Ende, weit in der Vergangenheit, kommt es dann auch zur ersten direkten Konfrontation mit einem MdI. Und auch hier stellen die Terraner erschrocken fest, dass sie einen Menschen vor sich haben. Die MdI sind quasi das böse Spiegelbild der unsterblichen Truppe von Zellaktivatorträgern um Rhodan. Sie sind ebenfalls biologisch unsterblich, nur viel älter, grausam und von der Macht durch und durch verdorben.

Mit viel Mühe erreicht die CREST III mit diesem Wissen wieder die Gegenwart. Rhodan ist klar, dass ohne weitere Hilfe sein Imperium dieser Gefahr nicht gewachsen ist. Zu Verbündeten wird dann ein Volk, mit denen die Terraner es schon als Hilfsvolk der MdI ein paar Mal unangenehm zu tun bekommen hatten. Die Maahk setzen ihre lange schon vorbreiteten Angriffspläne gegen die MdI um, allerdings gelingt das letztendlich nur mit Hilfe der Terraner, die Verräter in den Reihen der Maakhs und Vorkehrungen der MdI unschädlich machen können, bevor der Aufstand in einem Desaster endet.

Dann geht es Schlag auf Schlag in Andromeda. Immer mehr MdI treten aus ihrer Denkung und es zeigt sich, dass es nur sieben Unsterbliche sind, die Andromeda seit über 7000 Jahren knechten. Davor waren sie 13.000 Jahre 13 oder 14 Personen, bis nach einem Krieg untereinander nur noch sieben übrigblieben, angeführt bzw. beherrscht von Faktor 1, von dem keiner der anderen MdI wusste, wer diese Person war, oder wie sie aussah.

Den Terraner fliegt ihre Transmitterstrecke um die Ohren und sie müssen über uralte Weltraumbahnhöfe der Maahks ihren Nachschub nach Andromeda sichern. Darüber hinaus greifen die MDI in der Milchstraße an, aber dann fällt in Andromeda ein Meister nach dem anderen und mit ihnen ihre Festungen.

In PR 299 kommt es dann zum Showdown zwischen Altan und Faktor1, der sich als wunderschöne Frau entpuppt, in die sich Rhodans bester Kumpel vorher schon unsterblich verliebt hatte. Aber Atlan schlägt das Angebot auf die die Herrschaft zweier Galaxien aus und tötet notgedrungen Faktor 1, was ihn den Rest seines unsterblichen Lebens dann beschäftigen wird.

Damit endet dann der offizielle MDI-Zyklus, der noch sehr stark den nachfolgenden M87 Zyklus prägt - und ein Mythos entsteht. Ob zurecht und ob die Romane inzwischen Patina angesetzt haben oder schlicht und ergreifend heute veraltet sind und nur damals im Zug der Geheimnisse in der Handlung und der heute unglaublichen PR-Begeisterung damals, muss jeder Leser für sich selber entscheiden. Auch ist immer noch nicht ganz plausibel, wieso die Terraner die mächtigen MDI überhaupt besiegen konnten. Aber genau das ist die Lücke und das Rätsel, in das gewisse … Fanromane passen und eine Lösung anbieten ….

 

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