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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Mount Rushmore?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Mount Rushmore?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 31. Oktober 1941, wurde ein amerikanisches Nationalsymbol, gewissermaßen die amerikanische Walhalla, eröffnet: Mount Rushmore. Die Diskussion, ob es sich um ein gigantisches Kunstwerk oder nur eine technische Meisterleistung handelt, ist seither nie ganz verstummt. Dass die Monumentalskulpturen der 4 bedeutendsten amerikanischen Präsidenten äußerst eindrucksvoll sind, bestreiten aber nicht einmal Kritiker, die den Mount Rushmore besuchen.

1927 hatte der Bildhauer Gutzon Borglum in der Nähe der kleinen Stadt Keystone in South Dakota die Arbeit aufgenommen. 14 Jahre sollte es dauern, bis die Öffentlichkeit die in Granit geschlagenen und gesprengten Köpfe von George Washington (der Vater der Nation), Thomas Jefferson (der das Tor zum Westen öffnete), Abraham Lincoln (der die Nation im Bürgerkrieg zusammenschweißte und die Sklaverei abschaffte) und Theodore Roosevelt (der die USA auf die Weltbühne brachte) bewundern konnte.

Dabei waren die ursprünglichen Intentionen ganz anders gewesen. Der Staatshistoriker von South Dakota, Jonah LeRoy Doane Robinson, hatte 1923 vorgeschlagen, berühmte Persönlichkeiten der Pionierzeit als Touristenattraktion in Stein zu meißeln, um South Dakota touristisch attraktiver zu machen. Er dachte an Lewis & Clark, Red Cloud und Buffalo Bill.

Als der erfahrene Großbildhauer Borglum involviert wurde, änderte sich die Tendenz sofort. Borglum hatte Vorstellungen von historisch übergreifenden Darstellungen. Er war es auch, der die Entscheidung darüber traf, welche Portraits geschaffen werden sollten. Nachdem das alles als Projekt des Staates South Dakota begonnen hatte, wurde es sehr bald von der amerikanischen Bundesregierung als nationales Symbol übernommen.

Der „Mount Rushmore“ hatte seinen Namen erst 1885 erhalten, nachdem der New Yorker Anwalt Charles E. Rushmore eine Expedition zur Erschließung weiterer Goldminen in den Black Hills durchgeführt hatte. Davor hieß er in der Sprache der Lakota „Tunkasila Sakpe = Die Sechs Großväter. Im Umfeld dieses Berges hatte der berühmte Lakota-Spiritualist Black Elk den Höhepunkt seiner Visionsreise erlebt. Ursprünglich waren die gesamten Black Hills Teil der “Großen Sioux Reservation“ gewesen, die 1868 – vor 150 Jahren – im Vertrag von Fort Laramie dem Volk Red Clouds zugesichert worden war. Nach den gewaltigen Goldfunden ab 1874, wurde der Vertrag zunächst von einem Heer gieriger Prospektoren, und letztlich auch von der Armee und der Regierung ignoriert – und dieser Streit ist bis heute nicht abgeschlossen.

Um die 400 Arbeiter bewegten über 400.000 Tonnen Granit. Nicht einer dieser Männer kam dabei ums Leben – was bei einem solchen Projekt, bei dem mit Tonnen von Sprengstoff und schwerstem, damals noch vergleichsweise primitivem Gerät gearbeitet wurde, schon erstaunlich war.

Schon 1933 übernahm der Nationalpark-Service die Verwaltung des Monuments. 1930 war der Kopf von George Washington fertiggeworden. 1939 war auch Theodore Roosevelts Portrait abgeschlossen. 1941 wurde Mount Rushmore öffentlich zugänglich gemacht.

Es sollte allerdings bis in die 1990er Jahre dauern, bis der “Tempel der amerikanischen Geschichte“ die heutige Form angenommen hatte – mit einer Ehren-Allee der Bundestaaten und Flaggen, einem Amphitheater und anderen Einrichtungen.

Inzwischen wird im Grunde permanent daran gearbeitet, die natürliche Erosion des Monuments zu bekämpfen. 2005 übernahm die deutsche Firma „Alfred Kärcher GmbH“ die Reinigung des Denkmals.

Die Interpretation von Mount Rushmore als kritiklose Huldigung der Besiedelungsgeschichte, ist inzwischen einer differenzierten Betrachtung gewichen, die die Indianerkriege um die Black Hills und die Ansprüche der Indianervölker der Region mit einbezieht – dafür hat der erste indianische Direktor von Mount Rushmore, der Arikara Gerard Baker, gesorgt, der 2004 sein Amt antrat. Er verkündete bei seiner Einführung, daß er für mehrere „Darstellungswege“ sorgen werde; die vier Präsidenten seien „nur einer dieser Wege, und nur ein Fokus.“ Und er scherzte: „Ich wollte die Leitung des Monuments übernehmen, weil ich zum Boß dieser vier weißen Burschen werden wollte.“

Im Schnitt besuchen jedes Jahr über 2 Millionen Menschen aus aller Welt Mount Rushmore. Nur ca. 10 Meilen entfernt entsteht die indianische Antwort – das Crazy Horse Monument. Auch dieses Denkmal, das dereinst die größte Skulptur der Welt werden wird, ist nicht unumstritten, hat aber inzwischen fast ebensoviele Besucher wie Mount Rushmore.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2018Die aktuelle Ausgabe

 

 

 

Kommentare  

#1 VM 2019-02-10 17:14
Da hatte man wohl die chronologische Reihenfolge extra geändert, um den Lincoln vorteilhafter zu platzieren.

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