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Gekeife um Nichtigkeiten: »The Real Housewives of Beverly Hills«

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGekeife um Nichtigkeiten
»The Real Housewives of Beverly Hills«

High, high, high society. Die Welt der Schönen und Reichen fasziniert uns. Auch, wenn wir selbst feststellen, dass wir eigentlich nichts mit dem Klatsch und Tratsch zu tun haben wollen - irgendwie erfahren wir es ja doch, wenn die Reichen und Schönen sich vermählen, sich trennen, pleite gehen, neue Geschäfte starten oder einfach nur ein paar Kilo zu- oder abnehmen. Und sei es, dass man im Bahnhof an der Ströer-Werbesäule vorbeiläuft …

Kein Wunder also, dass im Fernsehen sich zahlreiche Real-Housewifes-Of-Formate tummeln. Dass Netflix, deren Anspruch es ja eigentlich etwas - nun - qualitätsvoller zu sein als der Rest sich jetzt einige der Staffeln geschnappt hat … vielleicht muss man das, um einigermaßen attraktiv zu bleiben.

Das Format ist wohl bekannt: Der Sender sucht sich einige hübsche, erfolgreiche und reiche Frauen aus, die einen Freundinnenzirkel bilden - die Männer haben wenn  nur einen Seitenauftritt ab und an - und die Kamera verfolgt das „Leben“ dieses Frauenzirkels in gehobener Gesellschaft. Sehr gehobener Gesellschaft. Dabei entspricht dieses „Leben“ - schließlich sind wir in einer Reailty-TV-Show, die bewußt Dinge inszeniert und auswählt und nicht in einer Doku - eigentlich dem, was man so schon im Kopf hat, wenn man über die High Society nachdenkt. Man trifft sich öfters auf Partys. Man geht einkaufen. Man fährt zu Kurztripps nach Paris oder in die Umgebung. Man lebt in Gated-Communities oder in auserlesenen Villen. Man hat eigentlich überhaupt gar keine Probleme … Also eigentlich. Denn wenn man keine Probleme hätte, wäre das Ganze uninteressant und würde wohl auch nicht in der momentan 10. Staffel laufen. 

Es passiert im Grunde genommen nicht unbedingt viel. Also nichts, was wirklich wichtig wäre. Wirklich nicht. Allerdings frage ich mich auch die ganze Zeit: Warum eigentlich schaue ich mir das Ganze an? Wenn es doch um Nichts geht? Und es geht wirklich um Nichts. Es geht in erster Linie darum Frauen zuzuschauen, die sich gegenseitig wegen kleinen Bemerkungen in einen Zickenkrieg der Extraklasse stürzen. Jedenfalls in der Beverly-Hills-Version vergeht keine Folge, in der nicht irgendwie ein Versöhnungsdinner letztendlich wieder ausartet, in der der Zirkel sich rasch aufspaltet, in der die Gruppenbildung so schnell passiert. Kaum denkt man, Lisa und Kyle hätten sich ausgesprochen genügt eine Bemerkung am Tisch und schon fliegen wieder die Fetzen.

Dass Ganze wird natürlich dann bei der Ausstrahlung in den USA noch von den Medien selbst begleitet und Vorwürfe aus den Tabloids oder von Paperazzi werden zu neuen Konfliktherden, die gerne über Folgen hinweg angefacht werden. Wenn es mal nicht um das Gekeife geht, dann allerdings auch gleich um Dinge, die zum Drama aufgeblasen werden: Der Ehemann bekommt eine neue Hüfte - der Lieblingshund verschwindet und die Dame ist völlig am Boden - ein neues Restaurant wird aufgemacht und prompt muss es gay-freundlich sein. Dass diese Dinge aufgebissen werden wundert einen nun nicht. Sonst hätte der Sender keine Quoten.

Was aber in diesem Format auch noch liegt und was vielleicht auch eine Komponente beim Zuschauen ist: Ach, guck, die haben auch dieselben Probleme wie wir. Die sind ja auch nur Menschen. Klar, die haben Millionen auf dem Konto, aber eigentlich sind die ja auch nicht besser dran als wir. Und deswegen können wir natürlich mit einem überlegenem Lächeln auf dem Sofa verweilen. Weil es denen halt auch nicht gut geht, nur weil sie reich sind. Allerdings: Wir würden natürlich anders sein, wenn wir solche Millionen auf dem Konto hätten. Zudem: Kein Wunder, dass bei denen alles so sauber aussieht, die haben ja Personal zum Putzen und eine Nanny für die Kinder. Wirkliche Hausfrauen? Also wirklich …

Einen Vorteil hat diese Serie jedoch: Da es um Nichts geht, ist es nicht weiter schlimm, wenn man was verpasst. Einige Folgen auszulassen oder nur die Folgen sich anzuschauen, die dem Titeln nach einen ansprechen - kein Problem. Ebenso ist es tatsächlich auch so, dass für den Fall, dass das eigene Gehirn mal abschalten möchte eine Folge von dieser Serie total reicht. Wenn man nicht arbeiten kann, weil es zu warn ist: Voila, eine Folge anschauen, zack, fertig, Erholung. Vielleicht wird man sich die Favoritinnen aussuchen, an denen man etwas Interesse zeigt, aber im Grunde genommen sind die Frauen ja so beliebig und so charakterlos - da kann man getrost das ganze Drama sich antun ohne, dass man was verliert. Schön, auf Dauer verliert man sicherlich die ein oder andere Verstandeszelle. Aber so in Maßen ist The Real Housewives of Beverly Hills zum Abschalten grandios. Außerdem ist ja auch nicht immer Dschungelcamp.

Kommentare  

#1 Cartwing 2021-09-10 12:22
Witziger Beitrag.
Mich würde interessieren, ob du dir das angesehen hast, um ihn schreiben zu können, oder ob du es dir sowieso antun musstest...

Auf jeden Fall bin ich neugierig geworden, und weil ich gerade Bock auf ein "überlegenes Lächeln auf dem Sofa" habe, werde ich es mir jetzt anschauen... ;-)

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