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Meine parasozialen Freunde - Teil Eins: Ryan Holliger

 In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneMeine parasozialen Freunde
Teil Eins: Ryan Holliger

Parasoziale Interaktion, die: Begriff, der in den 1950er Jahren von Horton/Wohl für das Phänomen geprägt wurde, dass Rezipienten fiktive Personen, die sie aus Radio- oder Fernsehsendungen kennen, als reale Kommunikationspartner ansehen und so behandeln. ›Wikipedia‹. In dieser Reihe stelle ich die Persönlichkeiten vor, die konstant durch Youtube meine Freizeit verschönern. Heute: Videoessayist Ryan Holliger.

Das Erste, was ich mit Ryan Holliger verbinde: Tee. Oder was auch immer in seiner Tasse zu finden ist, die auf dem Schreibtisch steht und von der er in den früheren Videos zumindest auch gerne mal einen Schluck während der Analyse von Videos zu sich nimmt. Das Zweite, was ich mit Ryan Holliger verbinde: Horror. Also nun nicht überwiegend, denn Ryan Holliger analysiert zwar auch Horror-Videos - und zwar ohne Scheuklappen, was sehr angenehm ist - aber auch nostalgische Videos. Also Videos, die in uns nostalgische Gefühle erwecken. So gehört das Scooby-Doo-Video zur Zombieinsel sicherlich eher in diese Abteilung. Obwohl … nun, kleineren Kindern hat es damals sicherlich die Hosen vollgemacht.

Ob es das Format das Videoessays schon vor Youtube gab wäre eine Frage, deren Antwort man mittels intensiver Recherche feststellen müsste. Generell kann man aber feststellen, dass Videoessays, Videos, in denen über den Film und verwandte Formen gesprochen wird, mit YouTube erst richtig populär wurden. Denn da Youtube in seinen Genen auch immer noch eine Spur des <<Broadcast Yourselfs>> besitzt, auch wenn die Regeln für das Einstellen und Senden von eigenen Inhalten immer verworrener und seltsamer werden, ist die Plattform auch der richtige Ort für diese Art von Betrachtung geworden. Infotainment mit dem Videoschnittprogramm der Wahl.

Das Dritte, was ich mit Ryan Holliger verbinde: Unprätentiösigkeit. Wer Tee auf seinem Schreibtisch stehen hat, kann eigentlich auch keine gespreizten Manierismen entwickeln. Ryan scheint wie der Nachbarn von Nebenan zu sein, der einem schon mal mit verwuschelten Haaren und verschlafen die Tür öffnet. In Pyjamas. Ein Nachbar, der halt zufällig eine Vorliebe für Filme hat und diese auch analysieren kann. Und einfach ein Nachbar, dem man gerne zuhört.

Dabei hört man ihm gerne zu, weil Ryan seine Videoessays durchaus angenehm ruhig gestaltet. Keine flippigen Effekte, kein ablenkendes Geräuschchaos - nach der Warnung von Spoilern für den gesamten Film und einer Einleitung am Schreibtisch, meist mit dem Filmmotiv auf dem Monitor, läuft größtenteils Material aus dem besprochenen Film ab, unterlegt von Ryans ruhiger und sonorer Erzählstimme. Nur ab und an unterbrochen von Szenen am Schreibtisch, in denen er einen gewissen Punkt nochmal erläutert. In den aktuellen Videos leider ohne Tee-Tasse …

Man hört Ryan auch sehr gerne zu, weil er in seinen Analysen nicht unbedingt immer das Offensichtliche macht. Man kann natürlich einen Film anhand der Kameraeinstellungen oder der Tontechnik abhandeln, aber diese technische Betrachtung ist nicht Ryans Sache. Sein <<Let’s talk about that>> konzentriert sich auf die Motive von Figuren, vergleicht bisweilen die vorhandenen Erzeugnisse - wie bei <<The Ring>> - stellt fest, wie der Horror eigentlich erzeugt wird - also jenseits von technischen Tricks oder Jump-Scares. Nachdem man seine Ausführungen zum <<Exorzisten>> gesehen hat, hat man den ein oder anderen Aha-Effekt, selbst, wenn man eigentlich den Film schon kennt. Es ist eine angenehme Art und Weise zu neuen Erkenntnissen zu kommen.

Gute Videoessaysisten sind nun nicht wie Sand am Meer zu finden. Das mag daran liegen, dass der Essay anders als die Kritik Wissen benötigt, Zeit beansprucht. Der Essay betrachtet das, was hinter den Bildern liegt, während die Kritik die Bilder als solches beurteilt. Wer sich Ryan Holliger anvertraut, der wird eine Menge an Wissen erwerben. Ob mit oder ohne Tee, kann man ja immer noch selbst entscheiden.

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