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Star Trek Discovery: Teppichböden und Sicherheitsplanken

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneStar Trek Discovery
Teppichböden und Sicherheitsplanken

Es gibt Serien, die nach der ersten Staffel besser werden. Für die meisten Star-Trek-Fans wird das wohl Discovery sein - dass dies kein Star-Trek mehr ist, das hat man ja in Bezug auf die erste Staffel schon weitaus öfter gelesen und gehört als es einem lieb gewesen wäre. Jetzt läuft die zweite Staffel allmählich schon aufs Finale zu und obwohl ich die Serie immer noch generell mag, sehe ich auch die verpassten Chancen und das, was aus hier hätte werden können.

Anstatt dass die Produzenten dorthin gehen, wo noch nie eine Serie gewesen ist, ziehen sie sich auf die Standardformularität des Franchises zurück.

Der Tod eines Charakters in einer Serie kann schockierende Nachwirkungen haben. Wer Joss-Whedon-Serien gesehen hat, der wird das wissen. Da wird in der zweiten Staffel von Buffy die Freundin von Giles ausgerechnet von Angelus umgebracht und dieser wird in die Hölle geschickt. Daran haben die Charaktere die nächste Staffel noch zu knabbern. Ebenso beim Tod von Buffys Mutter. Dinge haben bei Joss Whedon immer Konsequenzen. Und sieht man sich die Serien von Bryan Fuller an, der ja für die erste Staffel immerhin bis fast zum Ende als Produzent dabei war, dann ist das bei ihm auch so. In <Dead Like Me> handelt die gesamte erste Staffel ja fast nur ausschließlich davon, wie der Tod eines Familienmitglieds die Familie beeinflusst und wie man damit umgeht. Dass Dinge Konsequenzen haben verleiht ihnen eine gewisse Gravitas.

Deswegen sollte man nicht dem Rose-Effekt erliegen. In <Doctor Who> schob man Rose als Companion in ein Paralleluniversum ab um ihr später dann ein Happy-End zu gewähren. Was den Moment, der die Fans bis in Innerste erschütterte - und an Dramatik nicht zu überbieten war - aufhob und für Null und Nichtig erklärte. Genau das aber tun die Produzenten von Discovery und holen den toten Dr. Culber aus dem - ähm - ja - Paralleluniversum? - zurück. Damit stellen sie klar: Es wird in der aktuellen Folge nichts geben, was wirklich Konsequenzen haben wird.

Und das trifft auch auf den Handlungsbogen um Spock zu. Wenn Sarik in der ersten Staffel unter Beschuss von Terroristen gerät, dann weiß ich als Zuschauer: Ich brauche mir um den Charakter nicht die Sorgen zu machen, weil der später in den anderen Serien auftritt. Genauso brauche ich mich um Spock nicht zu sorgen, weil der später in den anderen Serien auftreten wird. Womit die Frage, ob Spock nun wirklich jemanden umgebracht hat total uninteressant ist. Da später in den Serien diese Vorfälle nicht mehr erwähnt werden, interessieren sie mich als Zuschauer nicht. Immerhin: Wir wissen jetzt, warum Spock später nie Michael Burnham erwähnt hat. Die Beiden kamen offenbar nicht gut miteinander aus. Und dieser Red Angel? Erinnert mich an Elemente bei Captain Archer mit dem Zukunftskriegsgedönse. Mal ehrlich: So interessant ist das nun auch wieder nicht und es würde mich wundern, wenn die Auflösung wirklich einen Show-Faktor haben sollte.

Wobei ich mir wirklich wünschen würde, die Produzenten hätten mehr auf diese Beziehungsebene abgestellt. Vor allem sind die Konflikte innerhalb der Mannschaft komplett beseitigt. Man merkt: Die Produzenten gehen auf Nummer sicher. Kaum ist Pike an Bord - der soviel Charisma wie der Mann aus der Zahnpastawerbung hat, wie hieß der noch... - wissen wir die Namen von allen Charakteren, kommen alle supergut miteinander aus, Konflikte innerhalb der Crew? Undenkbar. Das Übel und das Unheil kommen von Außen. Irgendwoher kenne ich das und es war damals charmanter.

Was ich den Produzenten besonders übelnehme: Warum holen sie Ash zurück an Bord des Schiffes? Seine Geschichte war mehr oder weniger mit der ersten Staffel auserzählt. Also ich fand die Folge mit ihm jetzt in der zweiten Staffel nicht uninteressant, vor allem könnte man da Einiges über das Thema Identität, Migration, Fremdenhass erzählen. So in bester Star-Trek-Manier aufdröseln, was die Gesellschaft momentan beschäftigt. Aber: Anstatt kosquent zu sein und Ash einfach umzubringen - nein, da wird er erst zur Section Einunddreißig versetzt und danach fast sofort wieder an Bord der Discovery. Und seitdem ist er halt da, aber mehr auch nicht. Er hat keine Funktion. Vor allem: Er kommt an Bord und für Michael ist das mehr oder weniger okay? In der ersten Staffel hatten wir eine Liebesgeschichte zwischen denen - die auch etwas überhastet gewesen sein mag, aber dennoch, hat jemand noch die Reaktion von Michael im Gedächtnis als Ash seine Herkunft offenbart? Und jetzt arbeiten die täglich miteinander und alles ist gut? Mann, muss die Zukunft bei Star-Trek starke Medikamente gegen Herzschmerzen haben.

Was die mit Saru bisher gemacht haben, darüber breite ich mal den Mantel des Schweigens. Nur: Dass er auf einmal das Super-Alien der Woche wird, das hat der Charakter echt nicht verdient.

Generell bemerkt man auch: Die Folgen sind wieder so strukturiert und aufgebaut, dass sie keine Überraschungen für den Zuschauer bieten. Bei der ersten Staffel gab es die Stamis-Zeitschleifen-Folge. Abgesehen vom Pilotfilm, der uns ja komplett den Boden unter den Füßen wegzog: Wie, das ist nicht unsere Crew, mit der wir die nächste Zeit verbringen werden? Der Hauptcharakter ist kein strahlender Pike? Staffel Zwei trifft und bedient wieder den Puls, den wir von allen anderen Star-Trek-Folgen kennen: Konflikt der Woche, Monster der Woche, A-Handlung und B-Handlung und am Ende sind alle wieder glücklich und alle haben was gelernt. Einen richten Zweiteiler oder gar Vierteiler wie in Staffel Eins fehlt bisher - und wir sind immerhin bei Folge Sieben.

Der einzige Charakter, der nicht gradegebügelt wurde - das wäre auch schwierig - ist die Imperatorin. Es ist wirklich ein Genuss, Michelle Yeoh zuzuschauen, die gerade das moralische Graue bewahrt hat. Zwar hat auch sie einige nettere Züge bekommen, aber im Großen und Ganzen ist sie immer noch die Hexe, die wir aus der ersten Staffel kennen. Und obwohl der Großteil der Reaktionen auf eine eigene Serie mit ihr eher so: OH NEIN waren - ich würde mich darauf freuen. So lange die Produzenten sie nicht ebenfalls im Lauf der Zeit glattziehen. Sieht aber bisher nicht so aus.

Nun kann ich verstehen, dass die Produzenten die Reißleine gezogen haben nach der ersten Staffel und den Reaktionen des Fandoms darauf. Dass ausgerechnet SF-Fans Angst vor dem Wandel haben ist wohl eine der ungelösten Rätsel der Geschichte. Jetzt habe wir halt Mehr-Desselben. Wir haben einen Captain, der Picard sein könnte - leider hat der keinen Charme und ist nach sieben Folgen wirklich nicht als Figur, als Charakter hervorgetreten. Es gibt keine Konflikte innerhalb der Crew, es gibt nichts, woran man sich reiben könnte als Zuschauer. Sicherheitsplanken sind eingezogen worden: Tilly ist halt immer noch Tilly. In der ersten Staffel gab da wenigstens etwas Entwicklung. Stamis, der eigentlich gehen wollte, geht natürlich nicht. Saru liegt im Sterben - nee, halt, doch nicht. Die zweite Staffel ist für mich ein wundervolles Massaker. Während die erste eine überfließende Offenbarung war. Ich hoffe, ein wenig mehr von der ersten Staffel noch bis zum Ende der zweiten zu sehen. Allerdings ... seufz.

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