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Weiterbildung 4.0: Viel heisse Luft und wenig dahinter

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneWeiterbildung 4.0:
Viel heisse Luft und wenig dahinter

Gestern fand der bundesweite Tag der Weiterbildung statt. An vielen Orten in Deutschland präsentierten sich auf Messen oder anderen Events Weiterbildungsträger. Weiterbildung 4.0 war das Thema - und da heute Bewerbungen über Onlineportale erfolgen oder per Mail oder sogar per Direktnachrichten bei XING und LinkedIn dachte ich mir: Prima. Endlich wird mal über das bundesweit diskutiert, was so wichtig ist. Nämlich die Zukunft!


Nun fand der Tag der Weiterbildung durchaus statt. Allerdings offline.

Fakt ist: Der offizielle Hashtag #wbt2016 hätte eigentlich bei Twitter trenden müssen. Donnerstags ist kein Fussball, kein anderes Event war irgendwie in der Nähe, was auch nur annähernd bundesweite Dimensionen hatte. Das Thema Weiterbildung ist in Zeiten des sogenannten Fachkräftemangels durchaus heiß. Und bei dem steigenden Niedriglohnsektor ist Weiterbildung für den normalen Malocher nun alles andere als unwichtig. Dass das Internet zur Jobsuche und zur Weiterbildung genutzt ist - Schlagworte sind der "umgekehrte Klassenraum", Moodle, Online- oder Blended-Learning, Coursera etc. pp. - braucht man im Jahr 2016 wohl keinen mehr zu verklickern.

Der offizielle Hashtag ist bei Twitter nicht getrendet - und wer nicht gerade mich bei Twitter gelesen hat, der wird den Hashtag auch nicht zu Gesicht bekommen haben. Und auch bei Facebook ist nach intensiver Suche allenfalls auf zwei, drei Seiten mal was zum Thema zu finden. Für eine überregionale Veranstaltung, die ein brandheisses Eisen anfasst ist das bei dem Thema "Weiterbildung 4.0" nun - erbärmlich wäre noch zu nett. Fakt ist: Offenbar haben die wenigstens Weiterbildungsanbieter verstanden, was dieses 4.0 sein soll. Und ehrlich gesagt: Mir ist das auch nicht plausibel.

Weiterbildung 4.0 leitet sich von der Industrie 4.0 ab - und bei der Industrie könnte man das nachvollziehen, wenn man die industriellen Revolutionen nummeriert: Dampfmaschine wäre dann halt die 1.0. Industrie 4.0 ist das vernetzte Arbeiten von Maschinen miteinander, was ein Riesenthema in der Logistik ist. Was jetzt nicht heißt, Menschen werden durch Roboter komplett ersetzt werden, aber es heißt, dass sich neue Berufe entwickeln werden, die wir jetzt nicht gar nicht kennen. Und für die man jetzt auch nicht ausbilden kann, weil es dafür keine Weiterbildungen gibt. Ist klar und war schon beim Social Media Manager so, der Online-Redakteur wurde zwar schon als Studiengang 1998 in Köln angeboten - aber so richtig bekannt wurde der als Beruf erst dann als das mit den Online-Portalen um 2000 losging. Damals wollte jeder ein Portal. So wie Yahoo. Kicher. Verzeihung.

Weiterbildung 4.0 aber ist momentan schwammig - wobei ich aber den Eindruck habe, dass das als Verkaufsargument für das benutzt wird, was schlicht und einfach eLearning, Webinar oder Blended Learning genannt wird. Schlimmstenfalls sind die Teilnehmer dazu verdonnert in einem Seminarraum an Rechnern einem Dozenten per Bildschirm Präsenzunterricht erteilen zu sehen - optimaler ist das natürlich, wenn wie beim "umgekehrten Klassenraum" der Dozent seine Inhalte per Video vorab einstellt und die Teilnehmer dann beim Treffen in der Institution Fragen, Anregungen und selbstständig noch Inhalte erlernen können. Nur: Das ist keine Weiterbildung 4.0 und das richtet sich auch nicht in die Zukunft.

Würde man die Vernetzung als Begriff in die Weiterbildung 4.0 mit reinnehmen - was man meines Erachtens auch wirklich tun muss, sonst kann man das Ganze als Heissluftgebläse einstufen - müsste eine Geisteshaltung vorhanden sein, das Vernetzt-Denken ist bisher bei der Weiterbildung aber nicht angekommen. Nicht, wenn noch nicht mal Twitter dafür genutzt wird das eigene Programm zu promoten. Ja, ich reite da drauf rum, weil Twitter ein extrem gutes Vernetzungstool ist. Und wenn noch nicht mal das genutzt wird, dann ist das mit der Denke nicht weit her.

"TV is easy, Print is hard" - so ein Medienwissenschaftler in den 80gern, der untersuchte inwieweit die Telekolleg-Fernseh-Reihen bzw. die Open University Reihe in den USA wirklich zur nachhaltigen Bildung beitrug. Vom TV, so die schlechte Nachricht, bleibt nicht so viel hängen als wenn man ein Buch durcharbeitet. TV ist eher als Unterhaltungsmedium angesehen und vielleicht kennt man den Effekt ja auch von sich selbst. Deswegen sind intelligente Online-Kurse ja auch immer mit anderen Aufgaben gekoppelt - Fragebögen beantworten, nochmal Sachen durchlesen oder was es sonst noch gibt. Eine Weiterbildung 4.0 müsste darüber hinaus noch irgendwas an besonderem digitalem Mehrwert bieten. Und den gibts momentan nicht. Das Heissluftgebläse mag warme Luft produzieren, aber es ist nichts dahinter. Außer halt dem Online-Learning, aber das gibts schon länger.

Was Weiterbildung 4.0 sein könnte? Keine Ahnung. Es muss auf jeden Fall mehr sein als die bloße Anwendung von Technik bei Schulungen - das iPad-Klassenzimmer ist auch schon wieder passe, heute macht man Snapchat-Lehrvideos oder so... Es muss auf jeden Fall auch mehr sein als digitale Plattformen auf denen Inhalte bereitstehen. Und es muss auf jeden Fall ein interaktiver, intelligenter und fördernder Unterricht sein. Was nicht sein kann: Einfach nur ein Etikett auf Etwas kleben, was es schon gibt und das als die Weltinnovation verkaufen. Leider klappt aber gerade das meistens total super. Leider.

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