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Lichtspiele, Schattenrisse und die Unheilige Messe - Eine Kurzgeschichte

StoryLichtspiele, Schattenrisse und die Unheilige Messe
Eine Kurzgeschichte

Ohne Licht gibt es keinen Schatten. So beginnt wahrscheinlich mindestens jeder zweite Text, wenn das Thema Schatten & Licht lautet, also muss ich einen anderen Anfang finden. Aber dieser erste Satz steht ja schon da, da kann man nichts machen, ich bin auch nicht einfallsreicher als die Mehrheit der Autoren.

Egal, sage ich, es geht los.

Der Schatten wird aus dem ausgeschnittenen Licht gebildet. Er ist schwarz, er stellt das Negativ dar. An einem heißen Tag hält man sich gern im Schatten auf, da es kühler ist. Die Temperatur wird auch stets im Schatten gemessen, ebenso wenn es keinen Schatten gibt, wie beispielsweise in der Wüste. Ab 50 °C haben dort die Kinder und die Arbeiter hitzefrei, deshalb hat es dann oft 49,8 °C oder 49,9 °C, im Schatten wohlgemerkt, auch wenn die Baustelle in der prallen Sonne liegt.

Damit ein Schatten entstehen kann, muss ein fester oder wenigstens flüssiges Medium vorhanden sein, daher bildet sich im Weltraum kein Schatten, wenn praktisch nur das eiskalte Nichts hinter dem angestrahlten Körper liegt.

Licht hat keine Masse, ein Photon wiegt nicht 0,0000000000000000000001 Gramm, sondern nichts. Gleichzeitig ist Licht eine Welle. Reist Licht durch den Weltraum, muss dort mehr Materie sein, als wenn der Weltraum schwarz wäre. Das leuchtet ein, nicht? Dennoch besteht Licht aus keinem einzigen Atom.

Im Weltraum treffen sich Physik und Chemie. Innerhalb von Sonnen herrschen so hohe Temperaturen und so hoher Druck, dass immer schwerere Elemente entstehen, je näher sie dem Kern liegen, wo also stoffliche Veränderungen stattfinden, das Wesen der Chemie. Die Sonnen erzeugen gewaltige Energien durch Kernfusion, was man auf der Erde nachzustellen versucht, es jedoch viel mehr Energie verschlingt, als es abgibt.

Das für den Menschen sichtbare Licht reicht von Rot mit 750 Nanometern bis Violett mit 400 Nanometern. Das weiße Licht ist die Summe aller Farben. In einem Glasprisma fächert es sich auf in alle uns bekannten Farben. Menschen haben auf ihrer Netzhaut üblicherweise Rezeptoren für Blau, Gelb und Rot. Manche grünäugige Frauen können seltenerweise auch eine vierte Grundfarbe sehen, es soll eine andere Art von Gelb oder Violett sein.

Das Licht ist die Verheißung, die Wärme, glitzerndes Wasser, und im Film stellt es das Sterben dar. Schwarz ist die Traurigkeit, die Verlorenseinheit, schwarz ist die Nacht bei Neumond. Die Schwärze ist das Fehlen von allem.

Mit den Fingern und Händen kann man Schattenfiguren erzeugen, an denen kleine Kinder Gefallen finden. Je größer der Abstand zwischen dem angestrahlten Teil und der Fläche, die den Schatten zeigt, ist, desto größer wird der Schatten abgebildet. Vielleicht sollte man erwähnen, dass der Schatten immer schwarz ist.

Ich kann hier nicht bleiben, sagt er zu sich selbst. Die Sonne ist zu hell, sie blendet mich, und sie zeigt alles. Sie leuchtet alle Geheimnisse aus. Gleichzeitig ist die Nacht hier zu dunkel. Sie ist für einen Blinden gemacht, aber nicht für mich. Nein, nein, ich werde diesen Ort verlassen, mir einen neuen suchen, dort wird mein Glück sein.

Gespenster sind Schattenwesen. Sie sind durchsichtig. Niemand ist freiwillig ein Gespenst. Gespenster leben nicht, sie sind bereits gestorben, deshalb erscheinen sie auch in keinem Spiegel. So wissen sie auch nicht, wie sie aussehen. Der Zeitpunkt ihres Todes liegt hinter ihnen, aber sie sind nicht in die endgültige Ruhe eingegangen und haben sich aufgelöst, nein, sie sind verflucht und müssen auf der Erde bleiben, bis sie irgendwann durch den Kuss der weißen Jungfrau erlöst werden, was viele, viele Menschengenerationen dauern kann, falls es denn überhaupt passiert.

Wenn in der ganzen Wohnung die Lichter ausgegangen sind, zündet man Kerzen an und betrachtet die Pentagramme an den Wänden. Man feiert mit sich selbst die Unheilige Messe. Ist sonst noch jemand hier?, fragt man sich. Nein, nein, ich bin hier allein. Doch woher stammt dann der Luftzug, denn die Fenster sind alle geschlossen? Er nimmt an Intensität zu und löscht alle Kerzen. Jetzt sieht man nicht mehr die Pentagramme, aber dennoch sind sie hier.


Der Einblick zu Beginn der Nacht von Bright Angel

Zum Autor
Bright Angel (Pseudonym) wurde Mitte der 1960er Jahre in Kärnten geboren. Er ist ein unsteter Geist und ein rollender Stein. Er schreibt Lyrik, Prosa und Hörspiele und fotografiert. Er veröffentlichte Lyrik, Kurzprosa und Fotos in Zeitschriften und Anthologien und bei „Erozuna“, „Zukunftia“, „Gangway“ und „zugetextet.com“ im Internet.

Veröffentlichungen:

  • Gedichte in „Driesch“, Nr. 5  im Jahr 2011.
  • Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 27 im Jahr 2011.
  • Kurzgeschichte in „TrokkenPresse“, Nr. 5 im Jahr 2011.
  • Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 2 im Jahr 2012.
  • Gedichte in und Gedicht auf „Brückenschlag“, Band 28 im Jahr 2012.
  • Miniaturen in „WORTSCHAU“, Nr. 17 im November des Jahres 2012.
  • Gedichte in „Spring ins Feld“, 13. Ausgabe, Dezember des Jahres 2012.
  • Kurzgeschichte in „Brückenschlag“, Band 29 im Jahr 2013.
  • Prosatext in „TrokkenPresse“, Nr. 3 im Jahr 2013.
  • Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 59, 09/2013.
  • Kurzgeschichte in der Anthologie „Mein heimliches Auge, Das Jahrbuch der Erotik XXVIII“ vom konkursbuch Verlag
  • Claudia Gehrke im Jahr 2013.
  • Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 60, 12/2013.
  • Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 61, 04/2014.
  • Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 62, 08/2014.
  • Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 63, 11/2014.
  • Gedichte in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 64, 04/2015.
  • Kurzgeschichte und Gedicht in „DATT IS IRRE !“, Ausgabe 67, 04/2016.

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