Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Spielt das eine Rolle? # 004: Wie sicher muss der Spielleiter sein?

Spielt das eine Rolle? # 004: Wie sicher muss der Spielleiter sein?
Die Rollenspielkolumne

In den drei ersten Beiträgen zur Rollenspielkolumne haben wir uns mit einigen Grundsätzen beschäftigt. Was Rollenspiel ausmacht, dass der Anfang eigentlich gar nicht so schwer ist und in der letzten Ausgabe ging es um ein Einsteigersystem, das sogar kostenfrei nutzbar ist.
Aber was, wenn es an größere Systeme gehen soll? Wie regelsicher muss der Spielleiter sein und auf welche Fallstricke sind zu achten?
In diesem Artikel versuchen wir eine Antwort zu finden.

Die Qual der Wahl

Es gibt unglaublich viele Rollenspielsysteme und das Richtige zu finden, kann eine schier unlösbare Aufgabe sein. Dabei erschlagen einen fast schon die namhaften Systeme. „Das Schwarze Auge“ (DAS) ist Deutschlands größtes System, eine Trophäe, die sich weltweit „Dungeons & Dragons“ (D&D) einheimst. Doch auch andere Systeme und Spielwelten locken. Sei es „Midgard“, „Splittermond“, „Vampire“, „Shadowrun“, „Hexxen 1733“, „Star Trek” oder ganz aktuell auch „DUNE“. Fantasy, Horror, Cyberpunk, oder Science Fiction. Jeder kann sein Regelsystem finden und es muss nichtmal eines der hier genannten sein. Wichtig ist vor allem, dass es der Spielgruppe gefällt. Noch wichtiger aber, dass derjenige, der den Job des Spielleiters annimmt, sich auch zutraut, das System zu leiten.

 

Worauf man achten sollte

Die Auswahl an sich ist schon schwierig. Vielleicht ordnet Ihr euch erstmal, in welchem Genre ihr spielen wollt, bevor ihr euch näher mit den Systemen beschäftigt. Erfahrungsgemäß finden insbesondere Fantasyrollenspiele eher Anklang bei Spielern und Spielleitern. Vielleicht, weil man sich eher in die Rolle einfügen kann, wenn es um Schwerter, Orks und Drachen geht, statt um Laser, Zralks und Kristallwesen.

Sobald Ihr euch für das Genre an sich entschieden habt, geht es an das Regelwerk. Nennen wir an dieser Stelle nur mal die beiden bekanntesten Systeme „D&D“ und „DSA“. Beide sind recht komplex, bieten Einsteigern aber auch vergleichbar einfachen Zugang, indem es Schnellstartregeln gibt. Abgespeckte Versionen der Grundregeln. Übrigens etwas, das auch andere Systeme bieten, damit man einen leichten Einstieg findet.

Ist die Entscheidung getroffen, beginnt die Arbeit für den Spielleiter. Ganz wichtig ist es, festzustellen, wie die Regelmechanismen funktionieren. Welche Art von Würfeln werden genutzt? Muss man hoch oder niedrig würfeln? Gibt es Boni, oder Herausforderungsgrade?

 

Grundlagen kennen

Manch ein Spielleiter schüttelt alles locker aus dem Ärmel, während andere Schwierigkeiten damit haben, sich die Basisregeln zu merken. Das ist gar nicht schlimm, denn Rollenspiele sind, anders als Brettspiele, mit den meisten Regeln ausgestattet, die ein Spiel haben kann (eventuell wird das noch von Tabletopspielen übertroffen – aber das ist ein anderes Thema). Sobald ihr das Regelwerk in den Händen haltet, ist es die wichtigste Aufgabe zur Vorbereitung, dass sich der Spielleiter mit dem System auseinandersetzt. Von der Charaktererschaffung, über Entwicklungsmöglichkeiten, bis hin zu Fertigkeits-, Talent- oder Kampfregeln.
Bereitet euch soweit vor, dass ihr gerade am Anfang erstmal etwas Leichtes ausprobiert. Beliebt ist ein Szenario, in dem der Keller einer Taverne von Ratten heimgesucht werden. Natürlich hat die Schankmagd Angst vor den Nagern und die Heldengruppe muss sich der Sache annehmen. Wem ein solcher Einstieg zu klischeehaft ist, kann sich natürlich auch etwas anders ausdenken. Entscheidend hierbei ist, dass die Regeln mit einer sehr einfachen Herausforderung erlernt und erste Erfolge erzielt werden können.
Vielleicht ist im Anschluss der Wirt selbst sauer, weil er bemerkt hat, dass die Helden ihm seine Vorräte gestohlen haben, oder ein Schurke hat die Situation ausgenutzt und schiebt den Helden einfach einen Diebstahl in die Schuhe. Die Charaktere könnten sich versuchern herauszureden, oder die Flucht ergreifen. Im letzteren Fall kann ein beherzter Sprung über eine kleine Mauer reichen, um den fülligen Wirt abzuhängen. Beides bietet jeweils eine gute Möglichkeit, dass sich die Spieler darin üben können, den Wirt von ihrer Unschuld zu überzeugen (Redetalent), oder aber eine körperliche Probe zu bestehen (Springen, Klettern, Akrobatik, etc.)

 

Was ist, wenn es komplizierter wird?

Jeder Spielleiter kommt früher oder später mal in eine Situation, in der er nicht ganz sattelfest mit den Regeln umgehen kann. Der Schurke will plötzlich einen hinterhältigen Angriff starten, der Magier versucht sich an der Kombination verschiedener Zauber, oder eurem Kleriker fällt plötzlich ein, nach Heilkräutern suchen zu wollen, obwohl er das die letzten zehn Spieltage nie gemacht hat.

Es ist ganz normal, dass man im Regelbuch nachsieht, um die Situation klären zu wollen. Lässt sich die gesuchte Regel nicht auf Anhieb finden, ist es auch mal kein Problem, eine kurze Lüftungspause einzulegen. „Kurz“ ist hierbei aber das Stichwort. Lasst die Unterbrechung nicht länger als 5 Minuten dauern.

Es wird auch gerne der Rat gegeben, in solchen Fällen eine Regelentscheidung zu treffen, die von da an dauerhafte Gültigkeit besitzt. Das mag in manchen Fällen gehen.
Um Regeldiskussionen im Rahmen zu halten, gilt stets auch die Regel, dass der Spielleiter das letzte Wort hat. Das ist gut und richtig, kann aber auch zu Unmut bei den Spielern führen, wenn das Machtwort des Spielleiters zu willkürlich ist.

Nichtsdestotrotz sind das einige Werkzeuge, um dem Spielleiter genug Freiraum zu bieten, damit er seine Gruppe gut leiten kann.

Doch hier kommt noch ein weiterer Tipp aus meiner langjährigen Erfahrung, mit der ich seit über 30 Jahren gut gefahren bin.

 

Mach einen Prozentwurf! – Oder: Mach einen Chancenwurf!

Für diese Möglichkeit muss man zwei zehnseitige Würfel haben, wobei einer die Zehnerstelle repräsentiert, der andere die Einerstelle. Hat man solche Würfel nicht zur Hand, kann der Wurf auch mit jeder anderen Würfelart durchgeführt werden.

Das Ziel dieses Prozent-, oder Chancenwurfes ist es, schnell festzustellen, ob eine Aktion gelingt, oder nicht, ohne, dass ihr euch in Regeldiskussionen verstrickt.

Der Spielleiter überlegt vor seinem Wurf, ob der Charakter eine leichte, oder schwere Chance hat. Dann folgt erst sein Wurf. Je nach Ergebnis muss nun der betreffende Spieler selbst einen gleichen Würfelwurf ablegen und das Ergebnis des Spielleiters über-, oder unterbieten. Je nachdem, ob er eine größere, oder kleinere Chance haben soll.

Auf diese Art lassen sich sehr schnell Situationen auflösen, deren Regeln ihr in diesem Moment nicht sicher beherrscht. Ihr solltet aber im Nachgang die Regelfrage klären, um für die Zukunft auch dabei sicher handeln könnt. Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass der Spielleiter eine vorübergehende, schnelle Lösung anbieten kann, die Spieler aber wissen, dass das Thema später, am besten vor dem nächsten Spieltag, nochmal vom Spielleiter genau geklärt wird.

 

Spielt Regelsicherheit also eine Rolle?

Ganz klar: Ja! Aber niemand muss vor großen Regelwerken zurückschrecken. Tastet euch an die Regeln heran. Übt erst im Kleinen, bevor ihr versucht, gleich die ganze Welt zu retten. Helden müssen sich entwickeln können.
Und wenn Ihr eine Situation habt, in der ihr nicht gleich die passende Regel parat habt, helft euch vorübergehend mit dem Chancenwurf und schlagt die entsprechende Regel später nach. Das hat ein bisschen was von: „locker aus dem Ärmel schütteln“.


Habt ihr Themenwünsche? Dann schreibt es gerne in die Kommentare.

 

 

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.