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Hexensabbat - Das finstere Mietshaus

Hexensabbat

Das finstere Mietshaus

 

Zum Genreklassiker hat es Michael Winners „Hexensabbat“ aus dem Jahr 1976 nicht ganz geschafft, aber seine Verfilmung eines Romans von Jeffrey Konvitz ist aus der Retrospektive als überwiegend gelungen einzuordnen und wird Genrefans auch heute noch gut unterhalten. Nun ist der Film wieder auf BluRay erschienen und nach einer Neuprüfung durch die FSK auch ungeschnitten ab 16 Jahren freigegeben.

Michael Winner (1935-2013) war ein britischer Regisseur, der in Hollywood schließlich als Alleskönner die unterschiedlichsten Filme inszenierte und so ziemlich jedes Genre bediente. Zu Beginn der 1970er Jahre war er sicherlich auf einem künstlerischen Höhepunkt angelangt, denn die Filme, die er in dieser Zeit inszenierte, waren überragende Kassenerfolge und sind seitdem zu wahren Klassikern geworden. Man denke nur an „Scorpio, der Killer“ (1973) mit Burt Lancaster und Alain Delon oder an „Ein Mann sieht rot“ (1974) mit Charles Bronson, der ein ganzes eigenes Genre, den Selbstjustizfilm, begründete. Unmittelbar nach den beiden harten Kriminalfilmen folgte mit „Won Ton Ton – Der Hund, der Hollywood rettete“ eine Komödie, die eine augenzwinkernde Hommage an die Stummfilmzeit darstellte und mit rund 70 Gaststars aus der Goldenen Ära Hollywoods besetzt war. Obwohl dieser Film zu einem veritablen Flop geriet und sicherlich auch qualitativ hinter den Erwartungen zurückbleibt, ist er für Filmliebhaber auch heute noch einen Blick wert. Nach dem Hunde-Slapstick folgte mit „Hexensabbat“ wieder ein vollkommen anderer Winner-Film, seine Verfilmung des 1974 erschienenen Romans „The Sentinel“ (wörtlich „Der Wächter“) des Autors Jeffrey Konvitz, der auch als Produzent und Co-Autor an der Adaption beteiligt war. Für Konvitz war das Buch sein Romandebüt, das er lediglich geschrieben hatte, weil er den Stoff als Drehbuch nicht realisiert bekam. Der Roman indes wurde zu einem Millionenseller und zog 1979 die nicht minder erfolgreiche Fortsetzung „The Guardian“ nach sich. Auch die Filmrechte an seinem Debüt ließ sich Konvitz dann angemessen vergolden.

Model Alison Parker (Cristina Raines) geht durch eine schwere Phase in ihrem Leben. Die Ehefrau ihres Geliebten Michael Lerman (Chris Sarandon) ist auf mysteriöse Weise gestorben, worauf sich Alison die Schuld gibt und einen Selbstmordversuch unternimmt. Mit Michael möchte sie nach wie vor noch nicht in eine gemeinsame Wohnung ziehen und mietet über die Maklerin Miss Logan (Ava Gardner) ein Apartment in einem alten Gebäude in New York. Dort wohnt auch der blinde pensionierte Pater Halliran (John Carradine), der seine Wohnung nie verlässt und kaum Kontakt zur Außenwelt hat. In den ersten Tagen in ihrer neuen Bleibe macht Alison aber die Erfahrung, dass die anderen Hausbewohner deutlich kommunikativer sind. Der alte Charles Chazen (Burgess Meredith) beispielsweise, der sich Alison zusammen mit seinen Haustieren im Gepäck vorstellt, oder die Lesbierinnen Gerda (Sylvia Miles) und Sandra (Beverly D’Angelo), die kein Blatt vor den Mund nehmen. Als Alison auch in ihrer Nachtruhe gestört wird und sich deswegen an Miss Logan wendet, erfährt sie von dieser, dass außer ihr und Pater Halliran überhaupt niemand in dem Haus wohnt. Verliert die junge Frau so langsam den Verstand oder birgt das finstere Mietshaus ein dunkles Geheimnis, das Alison zufällig aufgedeckt hat?

„Hexensabbat“ ist ein von Michael Winner nicht ungeschickt inszeniertes Gruselmärchen mit einer komplexen, zu Beginn nicht zu durchschauenden Handlung. Dennoch bleibt bis zur Auflösung die Spannung gewahrt, der Zuschauer verliert trotz fehlenden Durchblicks nicht das Interesse an der atmosphärisch gruseligen Geschichte, die einen mitunter an „Rosemaries Baby“ denken lässt. Auch wenn die finalen Geschehnisse im Rahmen des Genres logisch bleiben, stellen sie doch einen unangenehmen Bruch mit der unterschwelligen und viel dezenteren Spannung des Anfangs dar. Denn im schockierenden Finale des Films greift Winner nicht nur auf das gruselige Spezial-Makeup von Dick Smith („Der Exorzist“) zurück, sondern bringt auch eine ganze Schar tatsächlich missgestalteter Menschen (der Bekannteste von ihnen dürfte sicherlich Bob Melvin sein, der auch in Filmen wie „The Other“ oder „Die Schwestern des Bösen“ von Brian De Palma bereits Auftritte hatte und als moderner „Elefantenmensch“ galt) zum Einsatz, die auf unschöne Weise vorgeführt und quasi als Ausgeburt der Hölle dargestellt werden. Davon abgesehen ist dies aber ein nach wie vor sehr effektvoller und gelungener Gruselfilm. Die BluRay-Erstveröffentlichung bei One Gate ist ebenfalls ungekürzt, nach neuerlicher FSK-Prüfung nun aber nicht mehr ab 18, sondern ab 16 Jahren freigegeben. Das Bild (im Widescreen-Format 1,85:1) ist sehr gut, Filmkorn ist mitunter noch zu erkennen. Auch der Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 2.0 Stereo, optional mit englischen Untertiteln) ist nicht zu beanstanden. Extras gibt es keine.

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