Der Gott der Nebelinsel - »King Kong« (1976)
Der Gott der Nebelinsel
»King Kong« (1976)
Initialzündung für Dino De Laurentiis‘ (1919-2010; „La Strada – Das Lied der Straße“) Version der Geschichte dürfte vermutlich Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ gewesen sein, der anno 1975 das Blockbusterkino aus der Taufe hob und mit einem publikumswirksamen Spannungsstoff die Massen begeisterte und auf der Leinwand ein neues Zeitalter einläutetet. Auch John Guillermins Version von „King Kong“ ist ein astreines Beispiel für diese frühe Form des Popcornkinos, bei der die Schaueffekte den Inhalt überlagern und das Publikum wie auf einem Jahrmarkt unterhalten wird. Aber das war seinerzeit auch schon die Intention von Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsacks Film, der mit herausragenden Stop-Motion-Animationen von Willis H. O’Brien (1886-1962), dem Lehrmeister von Ray Harryhausen („Sindbads gefährliche Abenteuer“), sein Publikum in Angst und Schrecken zu versetzen verstand. Rund 40 Jahre später gab es zwar noch immer Filme, in denen Stop-Motion-Animationen eingesetzt wurden, doch um King Kong lebendig werden zu lassen, entschied sich John Guillermin für eine andere Variante. Teile des gigantischen Körpers des Affen wurden animatronisch zum Leben erweckt, während in den Nahaufnahmen Rick Baker in das detailreich gestaltete Affenkostüm schlüpfte.
Der Industrielle Fred Wilson (Charles Grodin) hat im Stillen Ozean eine Insel entdeckt, die stets hinter einem mysteriösen Nebelschleier verborgen bleibt. Er vermutet dort große Erdölvorkommen und möchte die Insel als erster Mensch betreten, um die dortigen Reserven von seinem Ölkonzern in Beschlag nehmen zu lassen. An Bord seines Schiffes hat sich auch der Biologe Jack Prescott (Jeff Bridges) geschmuggelt, der auf der Insel einen Riesenaffen vermutet, den er gern fotografieren und studieren möchte. Noch bevor das Schiff die Insel erreicht, sammeln sie auf dem Meer die Schiffbrüchige Dwan (Jessica Lange) ein, die als Einzige die Explosion ihrer Jacht überlebt und auf einem Rettungsboot entkommen konnte. Die angehende Filmschauspielerin war gerade dabei, ihre erste Rolle zu übernehmen, als sich das Unglück ereignete. Auf der Insel entdeckt die Mannschaft zunächst Spuren einer Zivilisation. Kurz darauf werden sie Zeuge, wie Eingeborene ein junges Mädchen opfern wollen und dieses dafür hinter einen hohen Zaun bringen wollen, den sie wohl zum Schutz um ihr Dorf herum gebaut haben. Sie entdecken aber die Eindringlinge und brechen die Zeremonie ab. In der Nacht wird Dwan vom Schiff von den Ureinwohnern der Insel entführt und anstelle des eigentlich hierfür vorgesehenen Mädchens King Kong dargebracht. Der ca. zwölf Meter große Gorilla greift sich die blonde Frau mit der weißen Haut und bringt sie in seinen Unterschlupf. Jack möchte Dwan aus den Klauen der Kreatur retten, während Wilson weiter auf seinen persönlichen Vorteil bedacht ist und im Landesinneren nach den Ölvorkommen suchen lassen will.
Die „King Kong“-Version von 1976 kann sich auch heute noch sehen lassen, weil sie sehr klug und spannend entwickelt wurde. Erst nach rund einer Stunde kommt die Titelfigur das erste Mal ins Bild. Auch bei der Tricktechnik hat man Einfallsreichtum bewiesen und sehr überzeugend gearbeitet, lediglich die Rückprojektionen sind heute allzu deutlich als solche erkennbar. Manche Szene mag nach heutigen Sehgewohnheiten vielleicht etwas zu breit ausgespielt sein, aber langweilig wird es in den gut zwei Stunden eigentlich nie. Dafür sorgen die exzellenten Schaueffekte, nette Verweise auf die Entstehungszeit und die große Emotionalität, die man der Titelfigur durch die exzellente Maske angedeihen lassen konnte. Für die BluRay-Wiederveröffentlichung hat man den Film nun erstmals in der 2022 durchgeführten 4K-Restaurierung auf Scheibe gebannt. Das Bild (im Widescreen-Format 2,35:1) weist zwar noch recht deutlich Filmkorn auf, ist aber ansonsten sehr detailreich und bietet kräftige, aber natürliche Farben. Der Ton liegt lediglich in der amerikanischen Originalfassung im DTS HD Master Audio 5.1 vor, die deutsche und französische Synchronfassungen sind im PCM 2.0 Mono aufgespielt (alternativ gibt es auch noch die englische Originalfassung in PCM 2.0 Stereo, optional sind Untertitel in diesen drei Sprachen anwählbar). Zu den Extras gehören geschnittene Szenen (17 Minuten), ein Audiokommentar mit Filmhistoriker Ray Morton, ein weiterer mit King-Kong-Darsteller und Maskenbildner Rick Baker, der englische Originaltrailer sowie brandneue Interviews mit Barry Nolan (7 Minuten), Bill Kronick (6 Minuten), Scott Thaler und Jeffrey Chernov (14 Minuten), David Mcgiffert und Brian E. Frankish (12 Minuten), Jack O'Halloran (6 Minuten) und Steve Varner (6 Minuten).
Kommentare
Die Dreharbeiten sollen sehr chaotisch gewesen sein - auch weil der große Kong-Robo nicht richtig funktionierte und nur in ein paar kurzen Szenen im Stadion zu gebrauchen war. Der Mann im Affenkostüm (hauptsächlich Rick Baker - und beim Fall in die Grube Stuntman William Sheppherd..) war angeblich nicht mehr als eine Notlösung.
Aus eben diesen Gründen braucht der Streifen wohl auch so lange, bis "King Kong" endlich erscheint.
Universal hatte zeitgleich eine Remake im Sinn, das in den 1930ern spielen sollte. Peter Falk war als Denham vorgesehen und Susan Blakeley als Ann. Den Laurentiis hätte gerne Bette Midler oder sogar Barbra Streisand gehabt - und John Guillermin soll nur zweite Wahl für die Regie gewesen sein. Es gab da viele Gerüchte, unter anderem war angeblich Steven Spielberg für die Regie vorgesehen.
Der italienische Produzent hätte auch gerne ein paar Dinos im Film gehabt und dafür dem Stop Motion Experten Jim Danforth einen Job angeboten, aber der lehnte -aus Verbeugung vor dem Original- ab.
De Laurentiis soll übrigens beim Anblick eines alten "Kong-Posters", im Zimmer seiner Tochter, auf die Idee für ein Remake gekommen sein.
Es gibt zu diesem Film noch so einiges zu erzählen, aber das würde hier jetzt den Rahmen sprengen.
Was das Original betrifft, so sah der Entwurf von Edgar Wallace noch ganz anders aus. Darin ging es um eine Krankenschwester namens Shirley die von Sträflingen entführt wird. Und Denham war kein Filmregisseur sondern ein Mann vom Zirkus.